Dienstag, 4. Juli 2023

Durchaus spannender, als es ...

 ... das TV-Programm, für das wir uns entschieden hatten, zu werden versprach, wurde mein Abend, weil sich um viertel nach acht meine liebe U. über WhatsApp meldete.

Seit die einstige Partyhütte als für alle Nachbarn offener Begegnungspunkt wegfiel, treffen wir beide uns meist, wenn bei ihr ein Bedürfnis nach bissl Quatschen auftaucht, und da sie so viel um die Ohren hat, richte ich mich da gern nach ihr, d.h. wenn ihr danach ist, macht sie Piep und wenn's bei mir passt, gehe ich rüber zu ihr, wenn nicht, dann halt nicht.

Genauso mag ich es, ganz spontan und vor allem ohne jedes Brimborium, kein gegenseitiges Bekochen, denn es geht uns ja ums Reden, und dafür ist echt kein Aufwand nötig. 

Oh, dachte ich, als nun mein Handy piepste, so mitten unter der Woche? Hoffentlich ist nix passiert, denn normalerweise treffen wir uns nur am Wochenende, weil es grundsätzlich ziemlich spät wird, wenn wir erst mal zugange sind. 

Den gleichen Gedanken hatte sie wohl auch, denn da sie heute früh rausmusste, schlug sie vor, ob wir nicht mal telefonieren könnten - na klar, warum denn auch nicht.

Und schon war ich für die nächsten zwei Stunden beschäftigt, ging mit ihr am Ohr in den Garten und überließ F. alleine dem Fernsehprogramm.

Teilweise sehr erschreckend, was sie zu erzählen hatte, z.B. über ihren Sohn.

Das Gymnasium hat er, kaum volljährig, in der zwölften Klasse abgebrochen, die dann begonnene Lehre ebenfalls.

Nun befindet er sich in einem Q-irgendwas-Jahr, setzt zweimal in der Woche die Berufsschulausbildung fort und hat auch einen Lehrvertrag des Betriebes bekommen, in dem er ansonsten untergebracht ist.

Am 1.9. soll dort die Ausbildung starten, doch nun geht dem jungen Herrn durch den Kopf, dass ihm das Gehalt etwas zu niedrig erscheint und er so recht gar keine Lust darauf habe.

Er spielt mit dem Gedanken, alles zu canceln, was U. in eine verflixte Situation bringt, der nichts anderes übrigbleibt, als mit Engelszungen auf ihn einzureden.

Immerhin wohne er doch bei ihr, habe dort alles, was er brauche, müsse keinen Cent dazugeben und er wisse genau, wenn es irgendwo klemmt ... Mama hilft. 🙄

Was ihm natürlich alles bekannt ist, ihm aber trotzdem nicht zu genügen scheint ... 🤨

Und das deckt sich ziemlich mit dem Bild, das ich auch sonst vielfach wahrnehme - für viele jungen Leute ist Arbeiten out oder zumindest ganz weit unten auf der To-do-Liste, und wenn, dann möchte man königlich behandelt und entlohnt werden.

Von meinem Schornsteinfeger weiß ich ja, dass er inzwischen versucht, Lehrlinge zu finden, indem er ihnen u.a. einen kostenlosen "Dienst-"Wagen anbietet, den sie auch privat uneingeschränkt nutzen könnten.

Vergeblich, die haben einfach keinen Bock, sich die Hände schmutzig zu machen, also jammert die Wirtschaft weiter nach Fachkräften, während es mir auf den Straßen mehr junge Menschen zu geben scheint als jemals zuvor. 

Und mit dem Thema junge Männer ging es gleich weiter, als ich nun aus erster Hand erfuhr, was ich bisher nur in den örtlichen Gruppen der sozialen Netzwerke gelesen hatte.

Nachdem unser Freibad nun doch noch eröffnet hat, weil es dafür ein Hallenbad schloss und die Mitarbeiter zwangsversetzte, war U. mit ihren beiden Töchtern gleich hingeeilt und unterhielt sich dort länger mit der Bademeisterin.

Sie hätten alle Schiss, erzählte ihr diese, denn "sagste was oder wagst dich zu pfeifen, baut sich gleich ein ganzer Trupp drohend vor dir auf".

Besonders als Frau wohl extrem blöd, aber auch die Männer haben schlicht Angst, haben diesen Gruppen und ihrer hohen Gewaltbereitschaft einfach nichts mehr entgegenzusetzen. 

Und dann kam es auch noch zu einem Vorfall, den U. mir so beschrieb:

"Auf einmal reißt die sich Brille und T-Shirt runter und stürmt los, mit einem Satz ins Wasser, um einen rauszufischen. Der hatte am Beckenrand gestanden und ein anderer ging vorbei und verpasste ihm einen heftigen Stoß ... Kannste dir so was vorstellen? Die wissen sehr gut, dass sie fast alle nicht schwimmen können ..." 

Klar, diese Gruppen sind oft untereinander verfeindet, aufgrund unterschiedlicher Herkunft, verschiedener Glaubensausrichtung, wegen der Familien oder was auch immer, ein Grund für Randale findet sich offenbar immer, was mich unweigerlich an die Unruhen in Frankreich denken ließ und an die Gewaltexzesse, von denen man auch in deutschen Großstädten immer öfter liest.

Nicht gut, was sich da zusammenbraut und sicher nicht besser wird, wenn unsere Wirtschaft weiter in die (größtenteils hausgemachte) Rezession schlittert, und was sie dann noch berichtete, klang auch nicht erfreulicher.

Sie arbeitet in einem Ärztehaus im Nachbarstadtteil, in dem sich auch einer der vielen so genannten sozialen Brennpunkte befindet.

"Wenn ich abends in mein Auto steige, ist es oft das letzte auf dem Parkplatz", erzählte sie, "und dann verriegele ich sofort alles von innen, sobald ich sitze, denn ich habe einfach Angst. Die reißen dir die Tür auf, wollen dein Handy und noch mehr haben ..."

Hallo, war das noch meine U.?

Sie ist eine eher resolute Person, weiß sich ihrer Haut durchaus zu wehren und noch den letzten Samstag verbrachte sie bis morgens um sechse mit ihrer Nichte und deren Klique in einer angesagten Disco, steckt also sozusagen noch mittendrin im jugendlichen "Kampfgetümmel".

Und trotzdem fühlt auch sie sich inzwischen unsicher im eigenen Auto - das will schon was heißen ... 🤨

Interessant übrigens, wie gut unser "Rechts-"Staat dann aber doch funktioniert, wenn es um andere Dinge geht, denn ihr Ex wird wohl nicht in sein eigens angeschafftes Mobilheim einziehen dürfen, im Gegenteil, es muss vermutlich weg, genau wie die Hütte, die sich sein bester Freund und Mieter auf der ihm überlassenen Hälfte des Geländes errichtet hat.

Die Stadt hat ihn auf dem Kieker - scheint wichtiger zu sein, als sich um die Sicherheit der Bürger zu kümmern - und nun steht er mehr als blöd da, denn zwar besitzt er noch ein Haus auf unserer Parallelstraße, hat dies aber an besagten Freund vermietet, der in der kleinen Einliegerwohnung seine Mutter untergebracht hat.

Diese könnte er nun selber gut gebrauche, also die Einliegerwohnung, nicht die Mutter 😂, nur ... wohin dann mit der Frau? Der Wohnungsmarkt ist wie leergefegt und weder Rentnerinnen noch geschiedene Männer scheinen eine Lobby zu haben. 

Hauptthema unseres langen Gespräches war dann aber wieder ihr Studium, dass sie ja neben (!) ihrem Vollzeitjob durchzieht. (Da sollte sich die Generation unter ihr mal ein Beispiel dran nehmen!)

Für ihre bald anstehende Bachelorarbeit hat sie sich für das Thema "Alkoholismus in Familien" entschieden, schon seit Wochen diskutieren wir es, aber je mehr wir es zu beleuchten versuchen, umso mehr Richtungen öffnen sich und wir merken beide, wie schwer es auf bestimmte Fragen einzugrenzen ist.

Da fiel mir ein Mann ein, den ich (nur übers Internet) kenne durch Anthologien mit Hundegeschichten, an denen wir vor einigen Jahren gemeinsam mit anderen arbeiteten, und dessen Hauptaugenmerk noch viel mehr beim Thema Alkohol liegt.

Er ist ständig unterwegs, hält Vorträge darüber usw., hat also noch mal einen ganz anderen Zugang dazu, und nun versuche ich gerade einen Kontakt zwischen den beiden herzustellen, denn womöglich hat er gute Tipps für sie. 

Ja, so war das gestern, ein anregender Ausklang nach einem arbeitsreichen Tag, der mich aber leider nicht davor bewahrt, dass ich mich heute mal wieder um unsere Hecke kümmern muss, die dank des Regens heftig ausgetrieben hat.

Und weil ich mich (zumindest jetzt noch 😁) gut gestärkt fühle, werde ich mein Glück erneut mit der neuen Teleskopschere versuchen, wenn auch nur für obendrauf, denn um auch noch die Seiten damit zu bearbeiten, ist sie wirklich viel zu schwer für mich.

Schaun mer mal ... 😀

 

Habt einen schönen Tag und ... bleibt bitte gesund! 🙂


3 Kommentare:

  1. Nun was du uns da berichtest, erinnert mich an meine erste Lehre. Damals wollte ich unbedingt etwas mit Autos zu tun haben. Nach einer Ausbildungszeit machte mir eine schwere Nierenbeckenentzündung einen Strich durch die Rechnung. Damals war die Ausbildungsvergütung so, dass die Jugendlichen von heute nicht angetreten wären. So so der junge Mann will nicht arbeiten, weil er als Azubi zu wenig Geld bekommt? Was stellt er sich denn vor ?? 5.000 Euro im Monat oder was? Das wort Facharbeitermangel scheint er nicht zu kennen? Grundlage dafür, dass es gut Facharbeiter gibt ist eine gute Ausbildung. wir brauchen keine 1,5 Millionen Zuwanderer jährlich, wie eine sogenannte Exprtin behauptet. Rex-Mama, meine Frieda hat mir immer wieder gesagt: Heinzelmännchen gibt es nicht, wenn ich mir über ihre Anlernkunst beim Bügel beschert habe.

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    1. Ich denke, das ist eine direkte Folge der seit Jahrzehnten angesagten "Erziehungs-"Trends. Die Kinder möglichst von Verantwortung fernhalten, sie vor allem beschützen, sogar Noten hält man teilweise nicht für zumutbar und am Ende kommen junge Menschen dabei heraus, die mit möglichst wenig Arbeit so viel wie nur möglich verdienen wollen, am liebsten natürlich gleich als "Influencer", denn auch das Internet trägt wohl dazu bei, dass Pflichterfüllung und Arbeit schlicht nicht mehr angesagt sind.
      Wer hat denn bei euch eigentlich wen so schlecht angelernt beim Bügeln? 😅

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  2. Liebe Rex-Mama, meine Frieda hat mir das Bügeln beigebracht und ihre Methode war nicht immer so lustig. Pausen gab es keine mit dem Hinweis, s Eise werd haiß !!!

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