Heute hätte mein Papa ihn gefeiert, wenn er ihn denn noch hätte erleben dürfen, und natürlich denke ich an ihn, auch wenn er uns schon vor über 14 Jahren verlassen hat.
"An seinem Geburtstag kommen die Schwalben immer und zu meinem sind sie dann wieder verschwunden", sagte meine Mutter oft und Recht hatte sie, denn gestern sah und hörte ich diese Vögel erstmalig in diesem Jahr und weiß jetzt schon, wie lange ich das Vergnügen haben werde, nämlich bis Ende Juli.
Die letzte Nacht war ziemlich kurz für mich, denn erst gab Rex keine Ruhe, weil sich zwischen 23 und 2 Uhr eine Gewitterfront über uns austobte, und um halb vier begann dann F. zu stöhnen, ihm sei sooo schlecht, dass er umgehend einen Eimer am Bett benötige.
Den ich natürlich prompt lieferte, d.h. seitdem bin ich auf, während meine beiden Helden nun selig schlummern, was mir aber immerhin die Zeit lieferte, mich in alte Fotos meines Vaters zu vertiefen.
Dies hier fiel mir dabei in die Hände:
Es ist Teil eines halbseitigen Artikels in der NRZ gewesen, der vermutlich Ende der achtziger Jahre geschrieben wurde und meine Eltern zeigt vor Papas Sammlung historischer Bierflaschen.
Die Bildunterschrift dazu lautet: "Er will jetzt endlich eine Vitrine für seine Kostbarkeiten. Ihre Antwort dazu: 'Dann besorg dir auch wen zum Staubwischen.'"
Hihi, ganz passend zu ihrem angesäuertem Gesichtsausdruck, den ich so gut kannte und der immer darauf hinwies, dass ihr mal wieder eine Laus über die Leber gelaufen war.
Weiter unten im Artikel erzählt Papa dann, wie er während des Studiums auf dem Abbruch gearbeitet hatte und dabei mal auf eine völlig unversehrte alte Bierflasche stieß.
Etiketten gab es damals noch nicht, sondern der Name der Brauerei war erhaben im meist dunkelgrünen Glas dargestellt und wiederholte sich auf den Porzellanverschlüssen, auf die er ebenfalls sehr scharf war.
Das erschien ihm als etwas Besonderes, denn die vielen alten Brauereien gab es auch da schon längst nicht mehr und fortan machte er es sich zur Aufgabe, ihre Geschichte wachzuhalten.
Wie oft erklärte er, irgendwo im Stadtgebiet eine frische Baustelle entdeckt zu haben, so dass er jetzt unbedingt noch einmal losmüsse, um dort nach dem Rechten zu sehen.
Dabei fand er dann nicht nur Bierflaschen, sondern auch beispielsweise römische und mittelalterliche Hinterlassenschaften und einmal entdeckte er sogar im Rahmen des U-Bahnbaus den Ort, an dem vor langer Zeit eine Art Vorgängerin der Schule, an der er nun selbst unterrichtete, gestanden hatte, und noch heute kann man diese Stelle als "archäologische Stätte" bewundern.
So war er, mein Papa, und da sein Zwillingsbruder genauso tickte, bekamen sie irgendwann beide vom Bundespräsidenten feierlich den "Rheinlandtaler" überreicht für Verdienste um die Geschichte ihrer Heimat. (Der sich heute wie so vieles anders in meinem Besitz befindet, also der Taler, nicht der Bundespräsident. 😁)
Wie er manchmal aussah, wenn er von seinen Streifzügen zurückkehrte, ist keine Frage, oder?
Der Artikel weiß dazu Folgendes zu berichten: "Nach einem solchen Beutezug musste xxx noch in die Apotheke, um Tropfen zu kaufen. Er muss furchterregend ausgesehen haben, denn der Apotheker gab ihm gleich noch ein Stück Kernseife mit. 'Damit sie sich mal ordentlich waschen können', meinte er." 😂🤣😂
Hier habe ich noch ein ganz typisches Foto von ihm aus der Mitte der Siebzigerjahre.
Es war die Zeit, als meine Eltern ständig in der Abfallgrube unter dem Küchenfenster eines alten Bauerngehöftes gruben, woraus dann nach Tausenden von Arbeitsstunden die Keramiksammlung entstand, von der ich ja immer noch etliche Teile hier stehen habe.
Die Zeit drängte damals, weil das ganze Gebiet ausgekiest werden sollte, und Papa wäre nicht Papa gewesen, wenn er bei dieser Gelegenheit dort nicht gleich noch auf eine Stelle gestoßen wäre, an der man Überreste aus römischer Zeit vermutete.
Die örtlichen Museen waren involviert, mehrere Doktoren Dingenskirchen, Pastor xxx, etliche andere Männer und auch einige Schüler von Papa halfen bei der Ausgrabung und natürlich waren auch wir Kinder immer mit dabei. Herrlich war das, abends wurde immer noch ein Feuer gemacht, auf Stöcke gespießte Würstchen gegrillt und ich - schon ganz die kleine Hausfrau - bemühte mich, den Bauwagen, den man für die Gerätschaften und auch zum Sitzen organisiert hatte, etwas sauberzuhalten.
In diesem Wagen sitzt Papa hier und schmökert sein Pfeifchen:
Keine Frage, dass im Inneren auch immer ein Kasten Bier stand, denn so viele Männer entwickelten auch ganz ordentlich Durst und einmal geschah es, dass mir meine kleine Schwester, die ich wie immer auch dort zu hüten hatte, entfleucht war.
Jesses, wo war das kleine Biest denn nun wieder? 😮
Die Gegend um den Bauwagen herum sah ein bisschen wie eine Mondlandschaft aus, überall waren Erdwälle aufgetürmt, so dass ich erst mal kraxeln musste, um die Lütte zu suchen.
Und was sehe ich, als ich einen von ihnen erklommen hatte?
Hihiiii, es hatten sich alle schon rund ums Feuer versammelt, nur sie war noch auf Abwegen und jetzt endeckte ich sie - mutterselenallein zwischen den Erdbergen auf dem Acker, wie sie gerade eine der stehen gebliebenden Bierflaschen ansetzt und sich einen kräftigen Schluck gönnt, mit gerade mal drei Jahren. 😂🤣😂
Muss ich ihr bei Gelegenheit mal erzählen, denn daran hat sie mit Sicherheit keine Erinnerung mehr ... 😀
Früher kam Papa mindestens jeden Sonntagvormittag bei uns vorbei auf ein Käffchen, eine Tasse Hühnersuppe, ein Stückchen Apfelkuchen - irgendetwas hatte ich meist für ihn, von dem ich wusste, dass er es besonders gern mochte, und natürlich zeigte ich ihm dann auch gerade im Frühjahr die neuesten Blühfortschritte im Garten.
Da das nun auf diesem Wege nicht mehr geht, hier die erste Rose für dieses Jahr und die frisch aufgeganenen Iris:
Ein kleiner Geburtstagsgruß - vielleicht sieht er ihn ja von irgendwoher?
Wer weiß ... 😉
Habt einen guten Start in die neue Woche und ... bleibt bitte gesund! 😊
"
Meine Mutter würde heute stolze 102 Jahre alt wäre sie noch unter uns. Ich habe heute früh begonnen ein sehr interessantes Buch zu lesen, welches auch dich in den Bann gezogen hätte. Gehen wir beide doch mal ein paar Jährchen zurück von verfolgen wie im Jahre 1098 ein Mädchen geboren wird. Sie ist das zehnte Kind einer adligen Familie. Im Jahre 1106 wird sie als Dankbarkeit dem Kloster überlassen. Bekannt ist sie auch bis in die heutigen Tag unter dem Namen Hildegard von Bingen. Es ist immer gut seine Lieben mit dem zu verwöhnen was sie am liebsten haben. Das mache ich überigens auch bei mir selbst. Heute wollte ich mir neue Stuhlkissen für meine Gartenstühle kaufen, doch montags hat das Möbelhaus geschlossen. seit Januar. Diese Blumen habe ich auch fotografiert, allerdings weiß ich nicht wie sie heißen.
AntwortenLöschenDann hat deine Mutter aber wirklich ein stolzes Alter erreichen dürfen und ist ja ein Ding, dass sie am gleichen Tag Geburtstag hatte wie mein Vater.
LöschenHildegard von Bingen muss eine sehr interessante Frau gewesen sein, nicht nur wegen ihres Kräuterwissens, sondern auch, weil sie sich gegen den Männerklüngel ihrer Zeit so gut durchzusetzen wusste.
Sicher ein lesenswertes Buch!
Die Blume ist übrigens eine Iris, bei deinem Foto staunte ich ja noch, dass sie bei euch früher dran sind als bei uns, aber schon hat meine aufgeholt. :-)
Danke für deine Unterstützung.
AntwortenLöschenLiebe Rex-Mama,
AntwortenLöschenInteressantes Sammelobjekt, die alten Bierflaschen! Selber habe ich seit Jahren eine Retro-Flasche, auch mit eingeprägtem Namen und mit Keramikverschluss. Verwende ich immer wieder für meine Säfte.
Mein Cousin hat übrigens oft die Weinreste in den Gläsern der Familie ausgenuckelt, und ihm ist auch nicht gröber was passiert ...
Lieben Gruß
Hihi, früh übt sich eben, aber bei meiner Schwester ergaben sich auch keine längerfristigen Folgen daraus. :-))
LöschenLieben Gruß zurück!
Natürlich sieht dein Papa deinen Blumengruß und weiß, dass du an seinem Geburtstag besonders intensiv an ihn denkst, liebe Rex-Mama.
AntwortenLöschenWäre ja noch schöner, wenn dem nicht so wäre! Diese Illusion stelle ich niemals infrage :-)
Lieben Gruß!
Grins, gestern Nachmittag überkam mich sogar der Verdacht, dass er nicht nur guckt, sondern auch mit den Blumen unzufrieden war, denn prompt erinnerte er mich daran, wie sehr er gerade jetzt fehlt.
LöschenSämliche Sanitär- und Heizungsinstallateure und auch die Meister dieser Stadt waren ja alle durch seine Hände als Berufsschullehrer gegangen.
Er hätte jetzt vermutlich guten Rat für uns gewusst.
Hallo, Liebe "Rex-Mama!"
AntwortenLöschenViel mehr glaube ich kann man den eigenen Vater nicht ehren, wie mit diesem Blog.
Das hat richtig Spaß gemacht, hier neues zu entdecken und zu bestaunen.
Das Foto auf dem dein Vater die Pfeife raucht, hatte ich definitiv schon einmal gesehen, die anderen Fotos waren mir neu.
Die Geschichte mit den Bierflaschen, der Beweggrund warum sie gesammelt wurden, toll.
Dein Blog macht aber auch deutlich, wie sehr man schätzen sollte, wenn man noch einen Vater hat, auch wenn es noch einige Jährchen zum halben Jahrhundert, das ich auf Erden sein darf, hin ist, ich kann mir bisher kaum vorstellen, dass Mama oder Papa mal nicht mehr sind.
Ich hoffe, Rex hat sich mittlerweile beruhigt und "F" geht es wieder gut? ... allerdings hoffe ich auch, dass du mittlerweile einige Ruhestündchen für dich gefunden hast.
Ich freue mich bereits jetzt auf neue Blog-Abenteuer von "deinen 2 Helden" und dir!
Liebe - heldenhafte - Grüße
Vom lifeminder
Ja, lieber lifeminder, man sollte wirklich jeden Tag des Zusammenseins genießen, der einem vergönnt ist.
LöschenAn meinem 48. Geburtstag hatte mein Vater noch für die ganze Familie gekocht, nachdem er kurz zuvor die über 500 km in den Schwarzwald und auch wieder zurück in einem Rutsch durchgefahren war. Außerdem hatte er sich noch für einen Schwimmwettbewerb angemeldet, war also eigentlich wirklich topfit, trotzdem starb er nur drei Wochen nach meinem Geburtstag - immer noch ein Schock für mich.
Gut möglich übrigens, dass ich das Bauwagenbild schon einmal gezeigt hatte, nachdem ich es abscannte, aber das war dann noch im alten Blog und so manches halte ich hier nun erneut fest, für den Fall, dass meine Nichten eines Tages mal hineinschauen und mehr über die Vergangenheit unserer Familie erfahren sollten.
Liebe Heute-recht-wenig-heldenhaft-fühle-Grüße zurück! :-)
Hallo, Liebe "Rex-Mama!"
AntwortenLöschenDas weiß ich ja, dass du hier nochmals einiges aufgreifst.
Ich wollte dich nur loben für deinen schönen Blog und zeigen, dass auch vieles von dem, was du schreibst und zeigst, doch bei mir hängen bleibt ;) - Ja, das Bild war noch im "alten Blog" .
Liebe Grüße
Vom lifeminder
Dann vielen Dank für das Lob! :-))
LöschenIch selbst sehe das Foto übrigens noch viel öfter, weil ich es nämlich in einem kleinen Rähmchen und von anderen umgeben an der Wand hängen habe. :-)