Zurzeit lässt man in TV und Radio sehr gerne die Musik der Achtziger wiederaufleben, schöne Erinnerungen werden dabei wach, aber vor zwei Tagen gab es einen Moment, in dem unvermittelt ein glühender Dolch durch den Leib zu fahren schien und der mir das Wasser in die Augen trieb.
Ein in die Jahre gekommener, dicklicher Herr, nämlich Marian Gold, sang mir aus dem Fernseher entgegen und mit einem Mal befand ich mich in einer Szene, die sich Silvester 1984 abspielte.
Ein gutes halbes Jahr später sollte ich mit F. zusammenkommen, aber das wusste ich natürlich noch nicht, denn noch war ich ja mit Uli zusammen, wobei die beiden sich seit ihrer Kindheit sehr gut kannten - dieser ganze Stuttgarter Stadtteil war im Grunde wie ein Dorf.
Wir feierten im noblen Duplex-Penthouse eines Freundes, im mehr als 60 qm messenden Wohnzimmer gab es u.A. einen Barbereich, ganz in Mahagoni ausgekleidet, und ich hatte das schwarz-weiße Petticoat-Kleid angezogen, das ich mir zum 70. Geburtstag von Ulis Vater gekauft hatte, der feierlich mit dem ganzen Stadtrat begangen wurde:
Irgendwer hatte die Musikanlage ausgestellt, da er unbedingt "Dinner for One" sehen wollte, also lief kurz der Fenseher, wir gerieten zunächst in eine Partysendung und nun kam dieser Moment, der jetzt wieder so lebendig wurde in mir:
"Alphaville" sangen "Forever Young" und damals konnte ich mich nicht sattsehen an den dunklen Augen besagten Marian Golds.
So eindringlich schien er einen direkt anzusehen und weder ihm noch sonst einem von uns gelang es, diesen Satz zu leben, unsere Jugend zumindest optisch festzuhalten.
Vier Wochen zuvor war ich 24 geworden, damit deutlich jünger als die anderen Feiernden und auch wenn das Lied mich nachdenklich machte und ich immer schon zu Grübeleien neigte, war es doch gut, dass ich nicht ahnte, wie ich fast 40 Jahre später daran zurückdenken sollte, diesmal im Bewusstsein, wie verdammt kurz unser ganzes Gastspiel auf Erden doch nur ist.
Uli, hier beim Schneeräumen meines Minis:
... gönnte sich um Mitternacht ein kühlendes Bad in der Springbrunnenanlage auf der Terrasse des Penthouses, während wir die grandiose Aussicht über Böblingen im Farbenmeer der Raketen genossen, so jung waren wir, so unbeschwert, zumindest aus heutiger Sicht, denn wenn man einmal genauer hinschaut, war das Leben natürlich auch damals nicht ohne Tücken.
Kommenden Sonntag hätte Uli seinen 73. Geburtstag gefeiert, er sollte ihn nicht mehr erleben, ist nun schon seit einigen Jahren tot, und genau das ist es, was mir so scharf ins Bewusstsein schoss, als ich den guten Marian im Fernseher sah, jetzt leider ohne seine dunklen Locken und gar nicht mehr geeignet, noch einmal schwärmerische Gefühle in mir zu wecken ...
Und nun lieber flugs zurück zu den Lebenden.
F. ist beim Lungen-Doc, ich hoffe, dass er mit guten Werten nach Hause kommt, dann heißt es Abfüttern und mich später auf den Weg zu A. machen.
... die mir mit ihren gerade mal 36 sooo jung vorkommt und doch schon 12 Jahre älter ist als ich an diesem Silvesterabend.
Habt einen schönen Tag und ... bleibt bitte gesund! 😉
Das wäre toll, wenn du heute deinen Mini noch hättest. Eben habe ich nachgeschaut. Mini , Baujahr 1969 mit 76.000 km wird Momentan mit 42.000 Euro gehandelt. Ehrlich, die heutigen Minis gefallen mir nicht. Vielleicht ist da auch viel Nostalgie dabei. Tja, so war das eben früher mit den Partys. Wir kamen meist am Samstagabend zusammen. Bei einem Bekannten dessen eltern einen Bauernhof hatten. Der Raum in dem wir uns trafen, war weit ab. Es gab meist Cola mit Whiskey oder Asbach. Was um 8 Uhr begann endete meist gegen 23 Uhr oder etwas später. Hin und wieder stand der Abend unter dem Motto: ein Joint und der Tag ist dein Freund. Längst bevor eine Regierung so etwas erlaubt hatte. Nun, es gab damals auch keine Idioten, also Nichtfachleute an der Regierung.
AntwortenLöschenMeiner war Baujahr 71 und ich schätze, wenn ich ihn noch hätte, würde ich sofort wieder Auto fahren, denn mit ihm machte es mir Spaß.
LöschenUnd die neuen haben absolut nichts mehr mit diesem einstigen Kultauto zu tun, das sehe ich genauso wie du.
Um 23 Uhr wart ihr schon fertig mit Partymachen?
Bis ich 18 war, musste ich immer um neune zu Hause sein aber später haben wir dann die Nacht regelmäßig zum Tage gemacht. 😎😀🍻
Hallo, Liebe "Rex-Mama!"
AntwortenLöschenWas für ein sagenhafter, Gänsehaut Blogeintrag!
Man meint wirklich, mit dir im Jahre 1984 gewesen zu sein.
Wie viel doch so ein Musikstück oder ein bekanntes Gesicht in einem auslösen kann, sagenhaft oder?
Auch gefällt mir, wie du die Brücke ins hier und jetzt schlägst, das ist wieder so ein Blogeintrag, da fragt man sich, warum schreibt die Frau keine Bücher?
60qm Wohnzimmer, das ist aber schon fast riesig, oder?
Von einem Barbereich im Wohnzimmer hatte ich auch noch nie gehört, ich kenne höchstens Barfächer, Bar und Co. bei den Menschen, wo ich kenne, steht ausschließlich im "Partykeller".
Wie verrückt und genial ist es denn, sich im Springbrunnen zum Jahreswechsel ein Bad zu gönnen?
Uli war in positiver Weise ein verrückter Vogel?
Forever Young von Alphaville ist ein Klassiker! ... ich meine, es gehört zu den mit am meisten immer wieder neu aufgelegten Hits überhaupt.
Liebe - ich bin der festen Überzeugung, die Rex-Mama wird forever young im Kopf und Herzen bleiben - Grüße
Vom lifeminder
In Punkto Rückblenden, lieber lifeminder, bekam ich mal fast Krach mit der Dozentin, als ich vor vielen Jahren ein Drehbuchseminar besuchte.
LöschenSie gelten auch heute noch eher als verpönt, während ich sie selbst in Büchern und Filmen wirklich liebe, denn wenn alles in chronologischer Reihenfolge erzählt wird, muss man sich - wie im echten Leben - am Ende immer mühsamer zurückerinnern, wie es damals war, während man dies mittels Rückblenden gleich nebeneinanderstellen kann, so dass die Unterschiede viel besser klar werden.
Und ja, dieses Wohnzimmer hatte die Ausmaße einer Halle.
Ulis Clique bestand ausschließlich aus jungen Unternehmern, dieser war der reichste von allen und sein Penthouse war mehr als nobel, ging über zwei Etagen, verfügte über etliche Bäder und Gästeklos, in der Küche gab es Geräte, die ich mein Lebtag noch nicht gesehen hatte, das Esszimmer war im spanischen Stil gehalten mit sehr dunklen, geschnitzten Möbeln usw.
Uli konnte schon sehr "speziell" sein, war aber auch ein wirklich lieber Mensch, der leider vom Vater in den falschen Beruf gedrängt wurde, weil er dessen Firma übernehmen sollte.
Liebe "Im Kopf forever young wäre wünschenswert und nun mal über ein Buch nachdenke"-Grüße zuück! :-))