Dienstag, 19. März 2024

Alles nicht so (ge)wichtig?

 Da staunte ich aber nicht schlecht, als A. nicht nur sogar etwas früher als erwartet (der Bus war megapünktlich gewesen) vor der Tür stand, sondern auch, weil ich zweimal hinsehen musste, ob sie es auch wirklich war.

Als sie nach rund 40 Jahren wieder in meinem Leben auftauchte, tat ich mich schwer, sie wiederzuerkennen, allzu faltig war ihr Gesicht, während ich doch das blutjunge Mädel vor meinem inneren Auge hatte.

Tatsächlich war es hauptsächlich ihre Stimme, später dann auch ihre Art zu reden, die die alte Vertrautheit rasch wieder aufkommen ließ, irgendwie zumindest, denn natürlich hat jede von uns in den Jahrzehnten dazwischen viel erlebt und sich dementsprechend verändert oder auch weiterentwickelt. (Hoffe ich zumindest ... 😁)

Gestern aber stand da auf einmal wieder die alte A., na ja, nicht ganz, aber doch sehr viel mehr, denn ihr Gesicht wirkte nun deutlich glatter.

Erst dachte ich, es läge am Gegenlicht, später wurde mir bewusst, dass dem wirklich so war, und ich kam auch auf des Rätsels Lösung, aber zunächst stand natürlich die Begrüßung an.

"Ist Rex gar nicht da", fragte sie, weil er nicht wie sonst hinter mir stand, und ich erklärte, dass er sich in Erwartung unseres sonst um diese Zeit üblichen Mittagsschläfchens wohl schon nach oben verkrümelt hatte.

"Der wird gleich auftauchen ...", kündigte ich an und schon kam er angesaust.

A. hat überhaupt keine Erfahrung mit großen Hunden, ist zwar schon von Haus aus ungeheuer tierlieb, doch vor Rex hatte sie zunächst etwas Respekt. Wohlgemerkt, Respekt, nicht etwa Angst, und Ersterer ist ja auch durchaus angebracht, zumal sie bei einem ihrer Besuche die Erfahrung machte, dass er sie anknurrte, als sie eines seiner Leckerlis vom Boden aufheben und für ihn werfen wollte.

Sie verstand damals selbst, dass es ausschließlich mit seinem Futter zusammenhing, von dem sie künftig die Finger lassen sollte - da zeigt sich eben, wenn jemand über einen gewissen Tierverstand verfügt und bereit ist, auf sie einzugehen.

Ansonsten gab es nie Schwierigkeiten, aber nun waren die beiden schon fast ein Jahr lang nicht mehr aufeinandergetroffen und ich war gespannt, wie es laufen würde.

Überhaupt kein Problem, s' Büble kam gesaust, wurde von ihr sofort mit Streicheln begrüßt, und weil das so einladend wirkte, stellte er sich auch gleich noch an ihr hoch und sah ihr direkt in die Augen. 😁

"Höyyy, lass das, mein Freund ...", wollte ich sie von ihm befreien, aber sie meinte nur lässig, "lass ihn doch, wir müssen uns doch auch ordentlich guten Tag sagen."

Goldrichtig so, will sagen, das ist natürlich der Idealfall, dass jemand reinkommt, der sich nicht gleich inne Büx macht vor lauter Angst, denn wenn ich dann anfangen muss, den Hund die ganze Zeit fernzuhalten, wird diese Person dadurch natürlich immer interessanter. 

So aber war die Nummer schnell durch, auch wenn sich Rex durch die liebevolle Hinwendung und vor allem auch die Leckerlis, die sie ihm mitgebracht hatte, ab und zu noch einmal zu ihr hinzutrottete, um sich die ein oder andere Streicheleinheit abzuholen, die er auch gerne bekam.

Im ausnahmsweise mal muckelich warm aufgeheizten Wohnzimmer tranken wir Kaffee und ich servierte Apfel-Birnen-Strudel mit Vanilleeis und Schokostreuseln, doch lange hielt es uns nicht im Haus, kam doch die Sonne hervor und wir stellten im Garten bald fest, dass sie schon ordentlich Kraft hat, so sie sich denn einmal zeigt.

Schön fand ich, dass A. nicht wie sonst von innerer Unruhe geplagt schien, kein Sitzfleisch hatte, sondern wir verquatschten vier Stunden, lachten viel, sprachen aber auch über ernste Dinge, das ganze Spektrum eben.

Und nun im Tageslicht bestätigte sich mein erster Eindruck, sie sah sehr viel jünger aus auf einmal, ein Großteil der Falten im Gesicht ist tatsächlich verschwunden, selbst die an den Armen und überhaupt kam sie mir im Ganzen sehr viel jugendlicher vor, was ich ihr auch sagte und dabei gleich feststellte: "Du hast endlich bissl zugenommen, nicht wahr?"

Jawoll, das war des Pudels Kern, als sie kürzlich für zweieinhalb Wochen in der Klinik war, ließ sie das Gewicht, um das sie sonst mehr als überbesorgt ist, unbeabsichtigt schleifen, nun hat sie 64 Kilo, bei einer Größe von 1,70 m absolut in Ordnung und es steht ihr sooo gut.

Scheiß doch auf die winzige Speckrolle, die sie mir über dem Hosenbund zeigte mit dem Hinweis, sie müsse nun dringend wieder abnehmen.

Mit Engelszungen redete ich auf sie ein und konnte es mir nicht verkneifen, ihr immer wieder mal ein Kompliment zu machen, denn sobald die Sonne wieder hervorlugte, sprang mir das veränderte Aussehen ins Auge.

Da kann man mal sehen, was ein paar Kilos ausmachen können. So drastisch habe ich das noch nie gesehen, werde es mir aber hinter die Ohren schreiben, denn zwar halte ich es nach wie vor für erstrebenswert, kein Übergewicht mit mir herumzuschleppen, aber ganz so eng wie mit 18 Jahren müssen wir es auch nicht mehr sehen.

Prompt erinnerten wir uns an etwas von damals, d.h. ich erinnerte mich und musste ihr etwas auf die Sprünge helfen.

Wir waren im Kino gewesen und im Film waren zwei Frauen in einem Wagen mit Flügeltüren unterwegs. Immer wenn sie ausstiegen, kam der Aha-Effekt, denn sie hatten Bombenfiguren und diese in hautenge Lederoveralls gesteckt.

Beide wogen wir damals 62 Kilo und kamen uns damit auf einmal unendlich fett vor.

Das wollten wir ändern, beschlossen, dass uns 56 viel besser stehen würden, dann könnten wir mit den Filmtrullas mithalten. 😁

58 schafften wir, dann war Schluss, anderes wurde wichtiger und gestern stellten wir fest, dass die Zeit nun endgültig vorbei sein muss, in der wir meinten, irgendwelchen Modeidealen entsprechen zu müssen. 

Wozu denn auch? Die Typen, die die schicken Ladys aufrissen, würden uns ja eh nicht mehr angucken ... 😂🤣😂

So war das also ein sehr vergnüglicher Nachmittag und ich hoffe, wir werden es hinkriegen, uns jetzt endlich öfter zu sehen, mit dem kleinen Nebeneffekt, dass ich dann auch besser mitbekomme, ob sie ihre Pillen nimmt, denn die scheinen ihr gutzutun.


Da der Kleine der anderen A. schon wieder kränkelt, haben wir unser Treffen auf nächste Woche verlegt, dadurch habe ich nun endlich Zeit, mich weiter um die Teichumrandung zu kümmern.

Schaun mer mal, wie weit ich komme ...


Habt einen schönen Tag und ... bleibt bitte gesund! 😉

 



4 Kommentare:

  1. 64 kg bei 172 cm hätte ich au mal gerne wieder. Das scheint mir aber ein unerfüllter Traum zu sein. Und was hat man nicht alles nach 40 Jahren zu quatschen, das verstehe ich sehr wohl. Bei solchen angeboten zum Kaffee, wer kann da schon "NEIN" sagen, ich jedenfalls NICHT !! Du hast vollkommen recht wie 18 brauchen wir nimmer aus zu sehen. Die Zeiten sind längst vorbei. Ehrlich gesagt. ich wünsche mir sie auch nicht wieder zurück.

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    1. Besser nicht, lieber Helmut, ich glaube 64 Kilo würden einen Mann ziemlich spirgelig wirken lassen, da kommt eben doch der unterschiedliche Körperbau zum Tragen.
      So aussehen wir damals kann man eh nimmer, es liegen ja doch einige Jahrzehnte dazwischen, aber was ich A. unbedingt klarmachen wollte, war auch, dass man sich auch von den damaligen Idealvorstellungen verabschieden sollte, denn wenn die Haut nicht mehr ganz so elastisch ist, schlägt sie nun mal Falten, wenn nix zum Stützen drunter ist.
      Ich selbst hab zum Glück noch so gut wie kein Problem damit, aber bei ihr war es wirklich nicht zu übersehen, wie viel jünger es macht, wenn man nicht klapperdürr daherkommt.

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  2. Hallo, Liebe "Rex-Mama!"

    Mit vielem hatte ich gerechnet, was du wohl über den Besuch mit "A" zu berichten hättest, das war jedoch meiner Meinung nach nicht absehbar.

    Man freut sich Mega mit, dass "A" es offenbar guttut, sie zu sich gefunden hat, ihre Pillen nimmt und auch sonst der erhoffte Mensch und Freundin ist, die sie offenbar war.

    Bleibt zu hoffen, dass es so weitergeht mit ihr und sie an die tolle Form, die sie derzeit hat, auch in Zukunft anknüpfen kann.

    Schön, dass ihr euch so viel zu erzählen habt.

    Bleibt zu hoffen, dass "F" auch ein Stückchen Kuchen bekam :) nur mit seinem "Oh" und "hmm" ist in einem Eintrag, wo Kuchen und Essen erwähnt wird, der Eintrag auch vollständig ;)



    Liebe - vergnügliche Nachmittage mit Freunden sind stets etwas Besonderes - Grüße
    Vom lifeminder

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    1. Na klar hat auch F. etwas abbekommen, lieber lifeminder, und das "Ahh" ertönte vom Schreibtisch her, wo er Kaffee und Strudel zu sich nahm, während wir Weibsen ja zunächst im Wohnzimmer waren und dann eh in die Sonne im Garten wechselten.
      A. und ich erlebten ja eine wichtige Lebensphase sehr intensiv zusammen, nämlich die Jugend. Teilweise wurden wir sogar Zwillinge genannt, weil wir ständig gemeinsam unterwegs waren.
      Schule, Freizeit, das erste Ständig-in-irgendwen-Verknalltsein, später sogar die Aus- bzw. Weiterbildung, alles teilten wir bis hin zu Klamotten und irgendwie sogar den Elternhäusern.
      Noch heute kann ich ihre damalige Telefonnummer auswendig und wenn wir vorgestern über ihre Mutter sprachen, fiel es mir auf, dass auch ich dabei der Einfachheit halber immer von "Mama" sprach.
      Das war schon sehr, sehr dicke mit uns und natürlich sind da jede Menge Erinnerungen aus der prägendsten Zeit, die uns verbinden.
      Abwarten, wie es weitergeht, auf jeden Fall wäre ich froh, wenn es mit den Tabletten weiter so gut ginge.

      Liebe Das-Besondere-sollte-man-genießen-Grüße zurück! ;-)

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