... dass M. und A. uns beide zum abendlichen Fastenbrechen einluden, damals kannten wir uns erst ein paar Wochen und alles lief noch sehr steif und gezwungen ab zwischen uns.
Kaum hatten wir das Wohnzimmer betreten, reichte M. F. die Hand und legte los:
"Gutten Tack, ich möchte mich Ihnen einmal vorstellen, mein Name ist xxx xxx, ich bin xx Jahre alt und habe Mathematik und Physik studiert und in meiner Heimat Türkei als Lehrer gearbeitet ..."
Wow!!!
Fast einen kleinen Lebenslauf spulte er ab, es wirkte wie auswendig gelernt, war an Förmlichkeit kaum noch zu überbieten und natürlich ging ich davon aus, dass das in der Türkei womöglich so üblich wäre.
M. habe ich seit Beginn des laufenden Schuljahres nicht mehr gesehen, aber mit A. bin ich seitdem mindestens einmal in der Woche zusammen und zwischen uns läuft es inzwischen wunderbar locker. Diese Steifheit ist völlig verschwunden, stattdessen menschelt es zwischen uns und wir lachen sehr viel, so wie es eigentlich sein sollte, egal, von wo auf der Welt jemand stammt.
Und gestern fiel es mir auf einmal wie Schuppen von den Augen, denn nun bekam ich die Erklärung, wo M. diesen Sermon herhatte.
A. war wieder sehr fleißig gewesen und legte mir etliche selbstverfasste Schreiben vor, unter anderem den Versuch einer Bewerbung und darin fand ich nun fast wörtlich das vor, was M. damals zu F. sagte.
Das habe sie so aus dem Deutschbuch abgeschrieben, meinte sie, nun kamen wir wieder auf das zu sprechen, was sie meint, wenn sie so oft sagt: "Oh, ich denke wieder türkisch." und wieder einmal fragte ich mich, wer diese Lehrbücher wohl verfasst?
Es geht mir dabei um leere Worthülsen und ich bin mir nicht ganz sicher, ob sie sie in solchen Schreiben en masse drischt, weil sie eine bestimmte Wortzahl erreichen muss, oder ob das auch mit der wohl etwas blumigeren, orientalischen Ausdrucksweise zusammenhängen mag, die sie natürlich von daheim her gewohnt ist?
- Ich schreibe Ihnen diesen Brief, weil ich mich bei Ihnen bewerben möchte, denn ich habe Ihre Stellenanzeige in der Zeitung gesehen.
Ich würde gerne wissen, wie Ihre Arbeitszeiten sind, deshalb möchte ich Ihnen eine Frage stellen, wie ich arbeiten soll ... -
Dieser Stil zog sich durch ihre Anschreiben, in Punkto Rechtschreibung und sogar Zeichensetzung besser, als so mache Muttersprachler es hinkriegen würden, aber eben extrem aufgebläht mit überflüssigem Blabla und nun hoffe ich, dass sie es wirklich verstanden hat, was ich ihr dazu ausführte, dass das in dieser Form kaum realitätstauglich ist, für die Schule aber okay, wenn man es dort so erwartet und vor allem eine Mindestzahl an Wörtern notwendig ist.
Seufz, irgendwie habe ich das Gefühl, in jeder Hundeschule arbeitet man realitätsnäher, geht mit den Schülern, also Hunden und vor allem ihren Menschen raus und schaut, dass das Ganze über "Trockenübungen" hinausgeht, nur in den sogenannten Integrationskursen verplempert man die Zeit mit Dingen, die mit dem tatsächlich gelebten Alltag im Lande kaum etwas zu tun haben bzw. schlicht an ihnen vorbeigehen.
Schade ist das ...
Am 9. oder 10 Februar wird A. ihre erste Prüfung haben, die ihr mächtig im Nacken sitzt, deshalb haben wir beschlossen uns bis dahin zweimal in der Woche zu treffen, denn es gibt noch eine Menge Themen, die sie zuvor noch mit mir abklären möchte.
Der kleine Sohnemann kränkelte mal wieder, war also zu Hause und knatschte uns einen vor, was uns aber weder vom Arbeiten noch vom Frühstück abhielt, zu dem es Pommes aus der Heißluftfritteuse gab, heiße Brötchen, Frischkäse, Tomaten, Oliven und Marmelade, und zum Nachtisch stellte sie einen Teller auf den Tisch mit Gebäck, das eine Schulkollegin von ihr buk, die zufällig auch in ihrer direkten Nachbarschaft wohnt, eine aus der Ukraine geflüchtete Aserbaidschanerin, die verständlicherweise sehr darunter leidet, dass sie ihren Sohn daheim an der Front weiß.
Was ist das für ein Wahnsinn, den die Autokraten dieser Welt anzetteln!!!
Der Sohn hatte sein Studium daheim bereits abgeschlossen, die Tochter besucht nun hier die Uni - beide hätten es sicher weit bringen können, doch dann kommt jemand daher und beschließt: Ihr dürft euer Leben nicht leben, denn ich will euer Land haben und bringe euch dafür notfalls auch um. 😡
Interessant übrigens, dass diese Frau offenbar sehr gerne arbeiten würde, aber bis jetzt vom Jobcenter noch Steine in den Weg gelegt bekommt, und selbst wenn, ist natürlich auch die Frage, ob es sich überhaut lohnen würde, etwas, das auch gestern bei Lanz zur Sprache kam, denn es ist ungeheuer schwer, im Niedriglohn- bzw. minderqualifizierten Sektor so viel zu verdienen, dass man davon die irren Mieten und Energiekosten tragen kann. Da fährt man mit Bügergeld unter Umständen echt nicht schlechter, ohne sich dafür bewegen zu müssen.
Hat jemand die Sendung gesehen?
Faszinierend, wie viele Worthülsen eine Frau wie Ricarda Lang von sich geben kann, ohne auch nur einmal direkte Antworten auf konkrete Fragen zu geben. Hihi, mit in der Runde saß der Journalist Michael Bröcker und ich kam aus dem Grinsen gar nicht mehr heraus, weil er ständig ratlos den Kopf schüttelte, während sie ihre Phrasen drosch ... 😁
Aber zurück zu diesem Gebäck, das uns beiden vortrefflich schmeckte, es handelte sich um wirklich hübsch verzierte mürbe Teigtaschen, die mit fein gehackten Walnüssen gefüllt waren, und wir meinten Zucker, Honig und Zimt herauszuschmecken.
Eben habe ich mal die Suchmaschine bemüht und stieß auf Shekerbura, aserbaidschanische Teigtaschen.
Das könnte in etwa hinkommen, auch wenn es sich natürlich nicht um Blätterteig handelte, schätze, das ist ein Übersetzungsfehler in diesem Rezept, und außerdem sahen unsere noch wesentlich hübscher aus, viel filigraner.
Auf jeden Fall aber wirklich lecker, mal sehen, ob die Klassenkameradin das Rezept herausrückt und man die Form dafür hier irgendwo zu kaufen bekommt, dann könnten wir uns auch selbst mal daran versuchen.
So, und nun probiere ich mal wieder mein Glück beim Energieversorger, macht vielleicht mehr Sinn, als mich über die Kettensägen zu ärgern, die ich schon seit gestern wieder höre.
Ich fürchte, sie werden nicht eher Ruhe geben, bis nicht auch der letzte der einst so zahlreichen alten Baumriesen um uns herum gefallen ist. 😥
Habt einen schönen Tag und ... bleibt bitte gesund! 😉
Was Bewerbungsschreiben betrifft, habe ich ein bisserl den Faden verloren, höre aber in letzter Zeit immer wieder vom Trend, dass Bewerbungen eher Motivationsschreiben sein sollen, denn die facts stehen eh im CV. Von daher kommen mir einige Formulierungen nicht so abwegig vor.
AntwortenLöschenDie Shekerbura haben mich natürlich interessiert. Lach, da hast du As Kollegin aber gehörig unterschätzt. Die Dinger sind traditionell wohl aus Germteig und komplett handgemacht, da braucht es keine Form dazu. Vielleicht erinnerst du dich, als ich vor Jahren von "russischen" (war vielleicht eine Fehleinschätzung meinerseits) youtube-Videos geschrieben hatte, von denen ich hin und weg war. Die Shekerbura fallen in dieselbe Kategorie.
Wenn du bei youtube den Begriff "Shekerbura" eingibst, findest du einige Videos zur Herstellung. Besonders gut fand ich das von Little Strawberry Kitchen (etwa 7 Minuten), da werden die Zutaten auch auf englisch eingeblendet.
Gutes Gelingen, und lieben Gruß!
Hast recht, hier habe ich es noch viel kürzer gefunden, wie die ganz ohne Form das schöne Muster herstellen, wobei es bei den gestrigen noch filigraner wirkte: https://www.youtube.com/shorts/GbPhy9BAqG0
LöschenBewerbungen, ja klar muss da nicht mehr der ganze Lebenslauf im Anschreiben stehen, wenn er ja eh separat dabei ist, und mir vielen die ganzen Worthülsen auch gar nicht mehr ein, die sie da zusammengebastelt hatte, aber auf jeden Fall waren sie dazu geeignet, dass jeder Personalchef das gleich mit vielen anderen zur Seite legen würde.
Heute geht es eigentlich darum, Aufmerksamkeit zu erzeugen, und die bekommt man nicht, wenn man Nullachtfuffzehnschreiben verwendet mit dem üblichen, immer gleichen Wortlaut, vor allem aber nicht mit Blablabla ohne jeden Inhalt, denn die wollen ja effiziente Leute.
War aber eh nur ein Beispiel, dass diese Ingetrationskurse wenig Bezug zur Praxis haben. ;-)
Lieben Gruß zurück!
Hallo, Liebe "Rex-Mama!"
AntwortenLöschenPommes zum Frühstück zu Brötchen und Co., das klingt interessant.
Dieser kleine Nervosität vor Prüfungen kenne ich auch, wobei A. doch meiner Meinung bereits jetzt großartig darauf vorbereitet.
Kriege versauen leben.
Mehr fällt mir dazu nicht mehr ein. Man versteht nicht, dass die Welt nicht dazulernt. ... oder sind das vielleicht doch nur einige Verrückte, die solche Dinge immer wieder anzetteln?
Wo war ich nur im April 2023 mit meinen Gedanken.
Ich konnte mich gar nicht daran erinnern, dass "F", A. & M bereits kennengelernt hatte.
Das Gebäck klingt köstlich.
Immer neue Einblicke in die Kultur und vor allem wie "A" auftaut, sind wunderbar zu lesen
Warum man die Baumriesen fällt? ... weiterhin unverständlich. Gerade jetzt.
Na ja wir schütteln die Köpfe und erfreuen uns am Guten!
Liebe - das Frühjahr und der April 2024 sind gar nicht mehr sofern - Grüße
Vom lifeminder
Hihi, lieber lifeminder, "interessant" beschreibt es sehr gut, wie A. ihre Mahlzeiten zusammenstellt, denn die bestehen grundsätzlich aus wohlschmeckenden einzelnen Dingen, zwischen denen aber selten ein Zusammenhang zu bestehen scheint. Da kann dann auch mal Mohnkuchen neben Oliven und würziger roter Soße auf dem Tisch stehen und zum Frühstück eben gerne auch Pommes. 😅
LöschenMit den Kriegen und dem Nicht-dazu-lernen-Wollen ist das so eine Sache.
Man sieht es ja bei mir, mein Schwager ist Afroamerikaner, die Schwägerin aus Thailand, meine Nichten Halbthais, demnächst kommt wohl noch eine aus Madagaskar hinzu und meine türkische Freundin serviert mir Gebäck, das eine aus Aserbeidschan stammende Ukrainerin anfertigte.
Das klappt alles vorzüglich und so könnte es zwischen Menschen eigentlich immer laufen, kämen dann nicht Ideologien, Religionen und die Gier nach Macht und Reichtum ins Spiel.
Wir Menschen sind oftmals unfähig oder einfach nur unwillens, selber zu denken, und dann bereit, Anführern auf den Leim zu gehen, selbst wenn sie uns mit ihren falschen Versprechungen in den Untergang führen. :-(
Und ja, F. war im letzten Ramadan mit mir bei M. und A. zum Fastenbrechen eingeladen, ein sehr schöner Abend, nur das Schuhewechseln im Treppenhaus war zu anstrengend für ihn, also wird sich das so vermutlich nicht wiederholen.
Unsere Stadt und Bäume, seufz, das ist etwas ganz Unerfreuliches, seit man hier die Baumschutzsatzung einfach so kippte.
Als wir damals nach hier zogen, war unser Stadtteil ausgesprochen grün, viele Freiflächen und noch mehr herrliche alte Baumriesen. Davon ist kaum noch etwas übrig, alles wird zugebaut und da man Laub offenbar als störend empfindet, fällt ein Baum nach dem anderen.
Völliger Irrsinnn, aber Umwelt hin oder her, in dieser Beziehung wollen sie nix davon wissen. :-(
Liebe Bald-wird-es-wärmer-werden-Grüße zurück! 😀