Samstag, 23. Dezember 2023

Seit acht Uhr in der Früh ...

 .. stehe ich schon in der Küche und "vergnüge" mich mit dem Weihnachtsmenü herum, was allerdings auch dafür sorgen soll, dass ich die nächsten drei Tage außer Aufwärmen mal Urlaub vom Küchenkram habe, und als ich mir eben ein kurzes Rauchpäuschen gönnte, leider stehend in der Tür zum Garten, weil der ständige Dauerregen nichts anderes zulässt, hörte ich es auf einmal:

Bimm, bimm, bimm ...

Keine Ahnung, was das war, ob überhaupt eine Glocke, aber schlagartig fühlte ich mich zurückversetzt in meine Kindheit, an den ziemlich weiten Schulweg, der oftmals davon ausgebremst wurde, dass der Bahnwärter die Schranken hinabließ und dazu sein Glöckchen bimmelte.

Wie lange stand ich dort oft herum, denn bis die behäbige Dampflok 53 oder noch mehr Waggons - vor lauter Langeweile zählte ich meistens mit - weiterbefördert hatte, das konnte dauern, zumal sie auch ausgerechnet dort mitunter noch zu rangieren anfing.

Wo sind sie nur alle geblieben, die Schrankenwärter, die Schaffner in Bussen und Bahnen, die Männer, die in ihren Häuschen im Bahnhof Bahnsteigkarten verkauften, weil man ohne gar nicht nach oben durfte?

Wo sind die Fahrstuhlführer in den Kaufhäusern, die einem in jeder Etage verkündeten, welches Warenangebot dort auf einen wartete, und wo die vielen anderen Mitarbeiterinnen (meist waren es ja Frauen im Verkauf), von denen man jederzeit eine ansprechen konnte, wenn man Fragen hatte?

Wie mag man diese Jobs, in denen Ungelernte ihr Auskommen fanden und oft auch Rentner noch ein gutes Zubrot verdienen konnten, damals finanziert haben, wenn es doch heute für gar nichts mehr zu reichen scheint und die Arbeit zunehmend von Maschinen erledigt wird, weil das billiger ist?

Gerade mal nachgeforscht, allein im Thyssen-Werk fanden 1972 mehr als 92.000 Menschen ihr Auskommen, so viele wurden benötigt, dass man sie in großer Zahl aus der Türkei und auch anderen Ländern holte.

Vor ein paar Jahren begleiteten wir mal einen Freund, der dort arbeitete, auf einer Besichtigungstour, hielten uns in riesigen Hallen auf, in denen flüssiger Stahl gleich goldenen Wasserfällen durch die Gegend rauschte, und als er erzählte, wie es dort einst vor Menschen nur so gewimmelt hatte, wurde mir ganz anders, denn nun  sah man in der ganzen Halle gerade mal drei, die die Maschinen bedienten, die wiederum alles andere erledigten.

Das waren die Gedanken, die durch mein Päuschen bzw. das Bimmeln verursacht wurden, aber weiter ging es dann mit einem anderen Thema, weil ich mir in der Küche den kleinen Fernseher eingeschaltet hatte, damit ich bei der langweiligen Schafferei Ablenkung hatte.

Wie immer ein Doku-Sender und nun geriet ich in eine Reportage über die letzte Eiszeit und das Verhalten der damaligen Menschen.

Traditionelle Jäger und Sammler prallten auf die, die schon angefangen hatten sesshaft zu werden, und das voller Unverständnis, denn wenn man irgendwo eine "Kuh" sah, dann war die selbstverständlich zum Abschuss und Verzehr freigegeben, nicht aber dafür gedacht, hinter einem Zaun auf ihre "Besitzer" zu warten, die dann auch noch so blöd waren, sich die Rücken krummzumachen, um zu säen und ernten.

Das ließ mich an heutige links-grüne Kreise denken, aus denen ja auch gerne mal verlautet, dass das Besitzen von Land ja mal gar nicht gehe, sondern dass jeder Mensch auf der vollen Welt das Recht habe, hin und her zu ziehen und sich niederzulassen, wie und wo es ihm gerade beliebt.

Kopfkratz, wie stellen die sich das vor?

Sollten wir wieder zu Jägern und Sammlern werden, denn es würde sich doch wohl kaum einer die Mühe machen, ein Stück Land zu bebauen, wenn er genau wüsste, morgen könnten andere kommen, die sich genau darauf abgesehen haben?

Dumm nur, dass wir die Wildtiere zum großen Teil ausgerottet haben, denn dann wird es eng mit dem Jagen und ... von der schönen neuen veganen Welt will ich mal gar nichts sagen, denn wenn kein Ackerbau mehr betrieben wird, ist es damit ja auch Essig ...

Nun ja, nebenher werkelte ich selbstverständlich emsig vor mich hin und konnte mir den ein oder anderen Fluch nicht verkneifen, weil das Aufrollen von 12 Rouladen mächtig nervig sein kann, wenn sie nicht so wollen, wie man es sich vorstellt ... 🙄

Aber irgendwann war es dann geschafft und sie wanderten nacheinander zum Anbraten in die Pfanne:


Inzwischen schmurgeln sie im Topf auf dem Herd, aufgegossen mit dem gestrigen Kochwasser von Sellerie und Möhren, so habe ich gleich einen kräftigen Gemüsegeschmack an der Soße und mir scheint, da könnte eine leckere Geschichte werden, wenn auch nicht vor einse, so lange wird F. sich heute gedulden müssen.

Und immerhin gelang es mir mit dem ganzen Gedöns, die etwas trüben Gedanken zu vertreiben, die mich schon gleich nach dem Aufwachen umfingen, denn als wirklich prickelnd empfinde ich Weihnachten ganz ohne Familie nicht. 😔

Wie immer halt das Beste draus machen und damit auch genug, denn nun wollen die Klöße noch ins Wasser.

Hm, oder mach ich heute lieber Nudeln und morgen erst Klöße? 😂


Habt einen schönen Tag und ... bleibt bitte gesund! 😉


8 Kommentare:

  1. Hm. Zu deinem Eintrag fallen mir einige Sätze ein.
    Als du gestern schriebst, du hättest Rouladen aus dem Tiefkühler genommen, dachte ich tatsächlich an fertig gerollte Dinger, vielleicht sogar schon essfertig.
    Was die Arbeiter in der Stahlindustrie betrifft (gilt auch für Bergwerke), sehe ich es als positive Entwicklung, dass nicht mehr zigtausende Männer verfrüht sterben oder zumindest gravierende gesundheitliche Einschränkungen erleiden müssen. An die Schaffner in Tram und Bus erinnere ich mich, die würde ich mir manchmal wieder wünschen.
    Links-grüne Ansichten zu Grundbesitz gehen, zumindest bei uns, in Richtung Allmende, was ich für sehr vernünftig halte, wenn ich sehe, wie viele Grundstücke z. T. aus Spekulationsgründen von einer sinnvollen Nutzung ferngehalten werden. Auch euer Garten könnte dem Gemüseanbau dienen :)
    Hast du mit Bruder oder Schwägerin gar nicht mehr über Weihnachten gesprochen? Vielleicht wäre es ja möglich gewesen, einmal euch zu besuchen und vielleicht im Hotel zu übernachten?
    Na, vielleicht nächstes Jahr wieder.

    Lieben Gruß

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    1. Lach, ich dachte dabei mehr an Migration, als dass nun jedes Fitzelchen Erde mit Gemüse bebaut werden sollte, obwohl es darauf vermutlich hinauslaufen wird, wenn wir Menschen uns weiter derartig vermehren.
      In Bergbau und Stahlindustrie gab es letztlich ja gar keine Entwicklung, sondern es wurde alles plattgemacht zugunsten von Importware. Wenn du mitbekommen hättest, wie verzweifelt die Männer damals um ihre Jobs kämpften, seufz, sie haben das größtenteils geliebt, diese eingeschworene Gemeinschaft, die sie waren, den Zusammenhalt und bevor alles in diese menschenverachtenden AGs überging, lebten sie teilweise auch gar nicht schlecht, oftmals in extra gebauten Zechenhäusern, wo jede Familie ihren eigenen Gartenanteil hatte.
      Wirklich krank wurden viele dann vom erzwungenen Nichtstun, nachdem die stolze Tradition, dass der Sohn dort arbeitete, wo schon Opa und Vater gewesen war, zerbrochen wurde.
      Aber es nützt eh nichts mehr, alles weg und vor allem fehlt nun auch dieses enorme Auffangbecken für Leute, die nichts gelernt hatten und dort trotzdem ihr Auskommen fanden, ohne vom Staat alimentiert zu werden.
      Und gut bezahlt wurde da durchaus ...

      Die Rouladen, hihi, das wäre schön gewesen, wären sie schon fertig, aber nun habe ich natürlich einen Teil wieder eingefroren und werde mich dann demnächst freuen, wenn ich nur noch auftauen muss.

      Über Weihnachten haben wir tatsächlich gar nicht geredet, aber bei uns würde es sich im Winter eher verbieten.
      Sie waren schon zu viert hier für ein paar Tage, als die Kinder noch kleiner waren. Schlafensmäßig bringe ich alle unter, nur war es sehr gut, dass wir den Garten für Spiele nutzen konnten, wenn wir nicht gerade Ausflüge machten, und nun ist eh Rex da, deshalb mögen sie nicht kommen.
      Pendelt zwischen Hundehass und -angst, wobei vor allem bei den Damen wohl letztere überwiegt, also ist die andere Richtung sinnvoller, zumal die im Gegensatz zu uns auch ein riesiges Wohn-/Esszimmer haben.
      Egal, nun isses, wie es ist, und wir machen halt das Beste draus. 😉

      Lieben Gruß zurück!

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    2. Dass sie vielleicht nicht schlecht gelebt haben, habe ich nicht bestritten. Ich schrieb von gesundheitlichen Problemen und verkürzter Lebenszeit.
      Dem großen Auffangbecken der Ungelernten will man durch ein neues, umfassenderes Bildungssystem begegnen - die Betroffenen müssen es halt nur auch annehmen.
      Zumindest den Garten würden die Kinder heute nimmer benötigen, heute spielen sie am liebsten mit ihrem Handy ... :)
      Schöne Feiertage!

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    3. Hm, keine Ahnung, ob die nun alle krank waren und früh starben, weil sie hart arbeiteten, mir kam es eigentlich nicht so vor, zumindest nicht übermäßig, aber wenn es bei der Vernichtung der Arbeitsplätze tatsächlich darum gegangen wäre, was ja eh nicht der Fall war, dann hätte man die Betroffenen vielleicht zuvor fragen können, was sie vorziehen ...
      Was das tolle Bildungssystem in Deutschland und die noch tolleren Pläne angeht, nachdem wir bei Pisa ja immer mehr abkacken, dazu fand ich gerade dies hier:
      https://www.focus.de/familie/schule/kolumne-dumm-und-duemmer_id_259520937.html
      Was bei diesen unsäglichen Gesamtschulen herauskommt, bewundere ich seit Jahren und erst die Tage zeigte mir eine Nachbarin einen offiziellen Brief ihrer Tochter, Gesamtschul-Abi und nun einen dieser neuen "Studiengänge" absolvierend, die wie Pilze aus dem Boden schießen und von denen keiner weiß, ob es sie morgen noch geben wird.
      Das Mädel beherrscht die einfachste Rechtschreibung und Zeichensetzung nicht und bekommt gedankliche Zusammenhänge nicht logisch ausformuliert, nichts destotrotz darf sie sich dann "Akademikerin" nennen und der Witz ist, dass sie inzwischen als hochbegabt diagnostiziert wurde.
      Statt sie besonders zu fördern warf man sie mit Normal- oder Minderbegabten in einen Topf und so blieb sie irgendwie auf der Strecke, genau wie es der Artikel auch beschreibt.
      Der Garten, hihi, stimmt, die Mädels brauchen nix mehr außer ihren Handys, aber da ist ja noch Rex und ... ich selber hätte auch deutlich weniger Freude an ihm, wenn ich mir diese paar Quadratmeter mit Kartoffeln statt bunt leuchtenden Blumen in allen Farben vollpackte. :-))

      Dir auch schöne Feiertage! 😉

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  2. Oh ja, willkommen im Club, liebe Rex-Mama. Hier vor Ort gibt es auch einen Bahnübergang. Früher mit Schrankenwärter besetzt und genau wie bei dir gab's ein Klockensignal bevor die Schranken zu gingen. Das Schrankenwärterhäusle steht nicht mehr. Alles geht automatisch. Gebimmelt wird noch immer. Manchmals gelingt es mir die Bahnstrecke zu passieren bevor die Schranken schließen. Früher konntest du Mitarbeiter eines Kaufhauses mal was fragen. Heute sind die alle überfordert. Ich kaufe meine Klamotten hier im Jeans Laden. Warum sollte mich ins Autosetzen und in die Kernstadt zu fahren, wenn ich vor Ort genau so eine Möglichkeit habe.Klar die Vielfalt habe ich nicht. Der Speck für deine Rouladen sieht zum Reinbeissen aus. Deine Idee mit dem Vorkochen finde ich gut. Ich koche frisch, so vergeht auch wieder Zeit. Die Cousine war über meinen Besuch überrascht, weil sie damit nicht gerechnet hatte. Und geratscht haben wir auch ne ganze Zeit.

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    1. Na ja, lieber Helmut, das ist so eine Sache mit den Kaufhäusern.
      Ich machte ja einst meine Aus- bzw. Weiterbildung in einem solchen und weiß noch sehr gut, wie viel Personal es in jeder Abteilung gab und wie gut alle für ihren Fachbereich ausgebildet waren.
      Da gab es noch echte Beratung, während die heute meist nur noch Halbtagskräfte oder gar Minijobber einstellen, die weder von der Ware etwas verstehen noch einen Bezug zu ihrer Tätigkeit, zum Unternehmen haben.
      Und das ja eh nur noch in so geringer Zahl, dass denen echt kaum noch Zeit bleibt, sich um etwas anderes als ums Nachpacken der Ware zu kümmern.
      Oh, deine Cousine wusste gar nichts von deinem Besuch?
      Hihi, dann kann ich mir vorstellen, dass sie überrascht war, denn einen Tag vor Weihnachten hat man ja in der Regel alle Hände voll zu tun, zumindest wenn man Familie hat.
      Oder ist sie alleinstehend?
      Lass es dir gutgehen heute und verwöhn dich mit etwas Leckerem, gell ... ;-)

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  3. Hallo, Liebe "Rex-Mama!"

    Dein Aufzeigen zwischen Vergangenheit und Zukunft hat mich schon zum Nachdenken gebracht. Vor allem über diese vielen kleinen Jobs, die verloren gegangen sind für Rentner und Co. hatte ich mir bisher wenige Gedanken gemacht.
    Du hast absolut recht, da ist eine Menge selbstverständliches verschwunden. Vielleicht wurde damit sogar einiges an Menschlichkeit im Alltag verloren?

    Deine Rouladen sehen ja traumhaft aus, wie aus dem Hochglanz-Kochbuch:
    Wie viel Zeit und mühe du da wohl investiert hast?

    Ob die "Rex-Mama" auch das Radio angestellt hat und einige Weihnachtslieder laut mitschmetterte?




    Liebe - wunderschöne 4. Advent - Grüße
    Vom lifeminder

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    1. Genauso sehe ich das auch, lieber lifeminder, je mehr rationalisiert wird, umso mehr bleibt die (Mit-)Menschlichkeit auf der Strecke, die einstigen Fahrstuhlführer sitzen heute allein zu Hause, reden oft den ganzen Tag kein Wort und haben nicht mehr das Gefühl, noch gebraucht zu werden.
      Unser Weihnachtsmenü hat mich tatsächlich einige Stündchen Zeit gekostet, denn auch das Beiwerk musste ja noch angefertigt werden, und nein, ich habe mir keine Musik angemacht, denn das hätte mich sehr viel mehr gelangweilt als mein Dokusender, der mich ja gut zum Nachdenken brachte, während ich da so lange vor mich hin fummeln musste. ;-)

      Liebe 4.Advent-und-Heiligabend-Grüße zurück! :-)))

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