Mittwoch, 30. August 2023

Auf dem Weg ...

 ... zu A. schaute ich mir mal an, welche Fortschritte die Umbaumaßnahmen auf dem Marktplatz machen, sah erneut nur still herumstehende Baumaschinen, aber ein bissl was hat sich doch schon verändert:


Soll das Kunst sein oder die Jugendbanden zum Verweilen einladen? 😲

Keine Ahnung, auf jeden Fall mussten dafür die so dringend benötigten Parktaschen weichen, vermutlich will man die letzten noch verbliebenen Geschäfte nun auch noch in den Ruin treiben?

Kurz ging ich auch noch beim ehemaligen Secondhand-Laden vorbei. Ehemalig nur insofern, als dass man nun dort kein Geld mehr für abgebene Dinge bekommt. Man muss sie spenden und dann werden sie für wenige Euros abgegeben.

Knallvoll war es dort, es herrschte munteres Sprachgewirr und ich hatte Mühe, die ehrenamtliche Mitarbeiterin ansprechen zu können, aber dann gelang es mir doch noch.

Der öffentliche Bücherschrank ist ja immer noch außer Betrieb, aber nun konnte ich abklären, dass ich auch dort Bücher hinbringen kann. Zwar spricht der größte Teil der Kundschaft kein Deutsch, doch einige der Rentner, die den Laden ebenfalls stark frequentieren, werden sich vielleicht trotzdem über kostenlosen Lesestoff freuen. 

A. erwartete mich bereits mit gedecktem Tisch - sie habe noch nicht gefrühstückt und mächtig Hunger, also aßen wir Pizzastücke und Pommes aus der Heißluftfritteuse.

Letzteres neu für mich und ich glaube, ich bleibe doch lieber beim Backofen, denn zwar werden sie darin nicht wirklich kross, aber diese hier erschienen mir doch sehr trocken.

Einen Espresso servierte sie mir, während sie selbst Tee trank, und dann gab es ein Glas mit einem selbstgemachten leuchtend roten Saft - leider kam ich erst auf die Idee, es zu knipsen, als ich es schon fast leergetrunken hatte, denn nun waren wir erst mal damit beschäftigt, zu klären, worum es sich dabei überhaupt handelte.

Einen großen Beutel mit tiefschwarzem Zeugs zeigte sie mir, das habe ihre Schwester für sie getrocknet.

"Rotes Basilikum" schlug ihre Übersetzungsapp vor, aber das kam uns beiden seltsam vor, also versprach ich später daheim noch weiter nachzuforschen.

(Die App hatte tatsächlich Recht gehabt, es war Basilikum und zu meinem Erstaunen ergibt das mit Zitrone und Honig einen wirklich leckeren Saft.)

Wieder arbeiteten wir intensiv mit ihrem Deutschkurs-Buch, übten uns in diversen Rollenspielen und gingen den Zettel durch, den ich mitgebracht hatte.

Diesmal hatte ich mir das Wort "gehen" herausgepickt und es mit allen Präfixen versehen, die mir einfielen und die es dann für sie zu erklären galt.

Niedlich fand ich, dass ich meinen Vornamen an etlichen Stellen in ihrem Buch fand. Sie hatte ihn dort neben anderen Notizen handschriftlich vermerkt als Erinnerung, dass sie diese Punkte mit mir besprechen wollte.

Klar, ihr (ebenfalls türkischer) Lehrer hat gar nicht die Zeit, auf alle Fragen der Schüler einzugehen, die aus ganz verschiedenen Ländern kommen und sehr unterschiedliche Voraussetzungen mitbringen.

Manche haben - wenn überhaupt - nur zwei oder drei Jahre eine Schule besucht, erzählte sie, sie könnten kaum lesen und schreiben, schon gar nicht unsere Schrift, was es natürlich sehr schwierig macht, und im Grunde ist es absehbar, wie es enden wird mit diesen Mitschülern, die dort mehr oder weniger nur ihre Zeit absitzen.

Es fehlt schlicht an Kapazitäten, jeden von ihnen einzeln an die Hand zu nehmen, um das aufzuholen, was in den Herkunftsländern versäumt wurde. 

Wo eigentlich die ganzen Afrikaner herkämen, fragte sie dann - im Bus würde es ihr immer auffallen, dass hier so viele leben ...

"Na, aus Afrka vermutlich", antwortete ich, was hätte ich auch sonst sagen sollen? 🤣

Auf einmal wurde es laut im Haus, dröhnende Hammerschläge, und als ich sie fragend anschaute, meinte sie, da würde wohl jemand Neues einziehen.

Wie es denn überhaupt um die Hausgemeinschaft bestellt sei, wollte ich nun wissen.

Hm, nicht so gut, erfuhr ich. Es gäbe acht Parteien, darunter zwei deutsche, eine weitere türkische, eine rumänische, eine arabische und zwei ukrainische, aber es gäbe keinerlei Kontakt untereinander.

Bekanntes Großstadtphänomen natürlich und wenn dann auch noch alle verschiedene Sprachen sprechen, wird sich kaum etwas daran verändern.

Zusammenhalt in der Gesellschaft?

Babylon fällt mir dazu eher ein, obwohl wir ja gerade beweisen, dass es auch anders geht.

Nur wird sich das leider nicht aufs große Ganze übertragen lassen, denn selbst wenn man - sofern überhaupt - gemeinsam arbeitet, trennen sich danach in der Regel die Wege wieder, jeder kehrt zurück in die eigene Gemeinschaft, wo dann Sprache und Gebräuche der eigenen Kultur weitergepflegt werden.

Wie dem auch sei, es waren wieder sehr angenehme zwei Stunden mit viel Herzlichkeit und Lachen, besonders als ich dann ging und in ihren Hauspuschen zur Treppe losstapfte.

"Deine Schuhe???", rief A. mir hinterher, ich langte mir an den Kopf und eilte zurück, um sie auszutauschen.

Hihi, wäre ja auch mal nett gewesen, mit nackten Füßen in Kuschelpantoffeln bei Aldi aufzulaufen. 😂🤣😂

Wo ich mich dann darüber ärgerte, dass man beim Kaffee prompt nachgezogen hat und sogar noch 10 Cent draufpackte.

Da sind sie schnell, die Discounter, wenn es darum geht, sich bei drastischen Preiserhöhungen gegenseitig zu überbieten. 😡


Ach so, nun hätte ich beinahe die Gläser vergessen.

A. zeigte mir stolz einen Satz von 18 Stück, die sie in besagtem Sozialladen für nur 4 Euro erstanden hatte, im einen der Rest vom Basilikumsaft, im anderen ein Nachtisch mit Lotus-Creme, sehr süß, aber wirklich lecker:


So, und nun werde ich mich fertigmachen, um mit dem Bus in die Stadt zu fahren.

Ungern, zumal auch noch der Durchzug einer Gewitterfront angekündigt ist, aber anders bekomme ich es zeitlich nicht hin, zumal auch F. in anderthalb Wochen Geburtstag hat und sich sicher über "feine Sächles" freuen wird. 😀


Habt einen schönen Tag und ... bleibt bitte gesund! 😉

6 Kommentare:

  1. Guten Morgen,
    das mit dem Basilikumsaft finde ich ja interessant! Von selber hätte ich diese Kombination auch nie probiert.
    Sehr nett von A, dass sie dir einen Kaffee macht! Im Kännchen eigentlich, auf türkische Art, oder aus einer Maschine?
    Lieben Gruß

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    1. Guten Morgen, meine Liebe,

      das mit dem Kaffee - in einer winzigen Tasse - ist wohl eher dem Umstand entsprungen, dass sie kürzlich von einer Freundin diesen Kaffee nebst dazugehöriger Maschine geschenkt bekamen, ihn selbst aber gar nicht trinken.
      Also muss ich nun herhalten, ob ich will oder nicht ... 😂, denn an sich trinke ich ja nur entkoffeinierten.
      Dieser Saft hat wirklich interessant geschmeckt, vom Geruch her tippte ich immer wieder auf so etwas wie Wacholder, konnte es ansonsten gar nicht definieren, wobei ich aber auch gar nicht weiß, ob ich jemals rotes Basilikum sah?
      Sie hatte das Rezept von einer türkischen Youtuberin, aber auch auf Deutsch findet man einiges dazu, z.B. auch Sirup.
      Aus meinem Besuch der Innenstadt wurde übrigens nix ...

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  2. Liebe Rex-Mama, es ist doch gerade Urlaubszeit, da müssen auch Bauarbeiter mal auftanken, damit sie anschließend frisch ans Werk gehen können. Vor dem eines Bekannten gibt es auch so ein Stilleben. Deine Frage ist deshalb berechtigt: Ist das Kunst, oder kann das weg. Kuschelpantoffeln habe ich NICHT dafür Barfußschuhe. Bisher habe ich sie zwei Tage mit Socken getragen, heute erstmals ohne. Das ist schon ein anderes Gefühl. Eine Teilehmerin in der Wandergruppe - sie war Krankenschwester - trägt diese Schuhe auch und schwört darauf. Nun ja, hier in dem Haus in dem ich wohne gibt es keinen großen Kontakt. Mit dem Menschen, de gleich zu Beginn Kontakt zu mir suchte und mich mit Tipps versorgte, mit dem habe ich auch heute noch Kontakt. Pakete und Päckchen nehme ich auch an für manche lege ich sie abuch in den Hausgang, so dass sie für die entsprechenden Personen verfügbar sind.

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    1. Lach, es waren ja nicht mal meine eigenen Puschen, sondern die Zwangspantoffeln, die ich bei A. und M. tragen muss.
      War natürlich ein heftiger Frevel, damit das Treppenhaus zu betreten. 🤣
      Barfußschuhe sind geschlossene, oder?
      Dann wären sie für mich schon mal nix, denn meine Füße sind genauso freiheitsliebend wie die ganze Person, die dranhängt, sprich, nach Möglichkeit bin ich den ganzen Sommer über barfuß unterwegs, nur in irgendwelchen "Schlappen", und im Winter meist in Crocs. Wenn ich dann doch mal feste Schuhe anziehen muss, fühle ich mich immer wie in ein Korsett gequetscht.
      Schön, dass du zumindest zu einem der Hausbewohner Kontakt hast, ich fnde es nämlich schade, wenn alle nur nebeneinanderherleben.

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  3. Hallo, Liebe "Rex-Mama!"

    Da ist ja echt was los bei Euch. In sachen Baustellen. In Worms wird es ganz langsam zumindest in der Innenstadt besser, wobei die Tageszeitung fast täglich von neuen Bauvorhaben berichtet.

    "A" scheint eine wirklich kluge Frau zu sein.
    Die, so habe ich den Eindruck, nicht immer ihre volle Cleverness zeigt, wenn ihr Ehemann bei Euch dabei ist.

    Mit dem sprach Unterricht kommt ihr offenbar gut voran.
    Die Herzlichkeit zwischen Euch ist was Tolles. Ich hätte mir nach den ersten Wochen nicht mal ansatzweise so vorstellen können, wie gut das zwischen Euch zwei laufen würde. - Das, obwohl ich Optimist bin

    Ja, die Discounter. Manchmal habe ich so ein wenig das Gefühl, die würfeln mittlerweile - auch wenn sie die Kosten von Energie und Co. an die Kunden weitergeben müssen - aus.

    Ich freue mich bereits jetzt auf den Blog über "F"'s Geburtstag. :)



    Liebe - hoffentlich bist Du trocken nachhause von Deinem Stadtaufenthalt nachhause gekommen - Grüße
    Vom lifeminder

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    1. Das hast du gut beobachtet, lieber lifeminder, denn unsere ersten Treffen strotzten ja vor steifer Förmlichkeit, zumal es besonders für M. vermutlich auch eher ungewohnt war, mit einer unverschleierten Frau auf Augenhöhe zu kommunizieren, noch dazu in den eigenen vier Wänden.
      Mich wiederum irritierte es deutlich, dass A. zwar auftauchte und wie eine Dienerin das Essen für uns servierte, sich dann aber still zurückzog, und ich ließ sie das spüren, obwohl es natürlich genau zum streng religiösen Eindruck passte, den ich gleich bekam.
      Vermutlich habe ich besonders bei ihr etwas wachgekitzelt, denn ich merkte ja genau, wie sie kämpfte zwischen ihrer traditionellen Rolle und der der studierten und womöglich emanzipierten Frau.
      Inzwischen läuft es alles sehr locker und entspannt und in unseren Rollenspielen arbeite ich daran, ihr zu zeigen, dass man sich weder am Telefon noch z.B. in Zusammenspiel mit Verkäuferinnen steif wie ein Beamter geben muss.

      Zur Stadt gleich mehr, denn das lief ganz anders als erwartet. 🤣

      Liebe "Erstens kommt es anders und zweitens, als du denkst"-Grüße zurück! :-))

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