Wenn ich schon in die Stadt gehe, könnte ich ja auch dort mal nach einem Frisör Ausschau halten, dachte ich mir, nachdem der Besuch bei der Nachfolgerin meines langjährigen Stammladens ja vor einiger Zeit kein gutes Ergebnis brachte.
Um kurz nach zehn stand ich an der Haltestelle, um sieben nach sollte der Bus kommen, was er aber nicht tat, und als ich nach fast einer halben Stunde immer noch direkt an der vielbefahrenen Straße herumstand, wurde es mir zu blöde, zumal ich sah, dass sich am Himmel mehr zusammenzubrauen schien, als ich es dem zuvor angeschauten Wolkenradar entnommen hatte.
Ihr könnt mich alle mal kreuzweise, und das im wahrsten Sinne des Wortes, denn nun spürte ich auch, dass mir mein Rücken, den ich ja in den letzten Wochen reichlich strapaziert hatte, mir die lange Steherei übelnahm.
Nee, keinen Bock mehr auf Stadt, Thema erledigt, aber ... hm, vielleicht sollte ich mal bei dem letzten Frisörladen vorbeigehen, den es hier noch gibt und den ich noch nicht ausprobierte?
Etwa einen Kilometer musste ich tippeln bis dorthin und eine nette, hellblond gefärbte Dame, die perfekt dem Klischee der "Ruhrpottfriseuse" zu entsprechen schien, gab mir einen Termin für viertel nach zwölf.
Okay, also den Kilometer wieder zurück nach Hause, schnell eine Stunde lang Umfragen abgearbeitet, dann wieder los.
"Ich hab sie heute früh frisch gewaschen", erklärte ich ihr, "machen Sie es ruhig so billig wie möglich. Nur schneiden, mehr brauche ich nicht."
Fand sie in Ordnung und schon waren wir mitten im Gespräch, denn tatsächlich kommt sie aus meinem alten Stammladen und wir wunderten uns beide, dass wir uns dort nie über den Weg liefen.
"Ja, ich war meistens bei Nadine", sagte ich und erfuhr, dass diese gar nicht mehr arbeitet, weil sie angeblich eine Corona-Impfung nicht gut vertragen habe.
"Na so was, wir haben fünf Stück davon intus und überhaupt keine Nebenwirkungen gehabt."
"Waaaas, fünf Mal haben Sie sich impfen lassen?" 😲
"Jo, immer rin, watt ringeht", antwortete ich lachend, erklärte ihr dann aber, dass ich das natürlich gut abgewogen und in Anbetracht von F.s Vorerkrankung für das kleinere Übel gehalten hatte.
Ihre Chefin habe die ganze Panikmache leider gar nicht verkraftet, erzählte sie nun. Sie sei schier daran verzweifelt, dass die Leute sich in Bussen und an Supermarktkassen knubbeln durften, ihr aber die Ausübung ihres Geschäftes verboten worden sei.
Die Miete lief weiter, die Schulden häuften sich an, dazu der massive psychische Druck, von einen Tag auf den anderen habe sie beschlossen den Laden dichtzumachen und sie selbst sei dann hier in diesem untergekommen, aber ... pssst, der neue Chef sei leider niemand, mit dem man wirklich warm werden könne.
Schad drum, denn wir alle waren über viele Jahre verwöhnt worden von der tollen Atmosphäre, die an ihrem alten Arbeitsplatz einst herrschte.
Wer mir denn eigentlich zuletzt die Haare geschnitten habe, wollte sie nun wissen und ich berichtete von meinen Erfahrungen bei der Nachfolgerin ihrer ehemaligen Chefin und dass ich dort sicher nicht wieder hingehen würde.
Oh, meine Strähnchen seien aber auch schon ziemlich alt und herausgewachsen, fiel ihr dann auf.
"Jo, aber datt war ich selber ..."
"Wiiiiieeee? Sie haben sich selber Strähnchen gemacht, wie geht datt denn???" 😲😲😲
"Na, solche Sets kann man im Drogeriemarkt kaufen und dann legt man einfach los ..."
Lachend erzählte ich von meiner damaligen Not und wie ich mein Glück einfach versucht hatte.
"Ja, manchmal muss man sich wohl einfach etwas trauen", meinte sie und fand mein Werk gar nicht mal so schlecht. 😂
"Och, das mach ich sowieso, meinem Mann schneide ich die Haare schon seit vielen Jahren selber."
Nun war sie vollends baff, erst recht, als ich dann auch noch von meinen Haussanierungen anfing ... 😂🤣😂
"Meine Mutter hat immer gesagt, wenn man will, dann kann man auch", meinte sie und nun lachte ich wirklich laut, denn genau diesen Satz bekam ich von meiner auch oft zu hören, und es steckt ja tatsächlich viel Wahres drin.
Gerade fing ich an zu erklären, dass neue Strähnchen im Moment noch warten müssen, da wir ja kein warmes Wasser haben, als mir im grellen Licht im Spiegel plötzlich etwas massiv in die Augen sprang:
"Verdammt noch mal, was ist das denn? Beginne ich etwa grau zu werden?" 😲😮😲
In der Tat, es war nicht zu übersehen, da ändert sich massiv etwas an meiner Naturfarbe. 😕
"Hm, da werde ich mir wohl keine Gedanken mehr machen müssen über helle Strähnchen?", grübelte ich laut und nun war sie es, die zu lachen anfing.
"Da wird Ihnen sicher was einfallen. So wie ich Sie bisher kennen gelernt habe, mache ich mir da überhaupt keine Sorgen", meinte sie und so ging es vergnüglich weiter.
Am Ende wollte sie nur 21,50 Euros von mir haben, fand ich mehr als einen fairen Preis, schnappte mir meinen Schirm, den ich schon auf dem Hinweg gebraucht hatte, und kämpfte mich erneut durch den Regen, der nun richtig heftig fiel.
Ein Hoch auf unsere unzuverlässige Verkehrsgesellschaft, ich hätte in der Stadt wahrlich keinen Spaß gehabt, denn es hörte bis zum Abend nicht mehr auf zu schütten.
Daheim empfing mich ein etwas missmutiger Mann, der es ja sehr liebt, wenn ich meine Haare hochstecke, was nun dank der neuen Kürze garn nicht mehr geht, aber da muss er durch. 😁
Sofort stürzte ich mich in die PC-Arbeit, hatte auch noch einige andere Dinge zu tun und beschloss gegen drei Uhr, nun unbedingt ein kurzes Päuschen im Bett verdient zu haben.
Nanu, kein Rex oben?
Jesses, wo war der Hund überhaupt?
Wenn ich es recht überlegte, hatte ich ihn gar nicht mehr gesehen, seit ich um zehn Uhr das Haus erstmalig verließ?
Oder doch?
Nein, ich entsann mich nicht, dass er mich an der Tür wie sonst begrüßt hätte und auch sonst war er mir eigentlich nicht über den Weg gelaufen ...
Hmmm ... *grübel*
Raus in den Garten: "Reeeex? Büüübiiii?"
Nix!
"Leeeeckerliiiiii!!!"
Nix, kein Hund weit und breit und trotz des Regens ging ich hinaus, schaute hinter den Bäumen und Büschen nach - nichts. 😲
Noch einmal durchs Haus, nee, weder in der Küche noch im Bad oder in Wohn- oder Esszimmer war er und auch oben im Flur hatte er ja nicht gelegen.
Wo um alles in der Welt steckte der Bursche?
Nun wurde auch F. langsam panisch: "Oben kann er nicht sein?"
"Da war ich doch gerade, im Flur isser nicht und die Türen sind ja zu ..."
Jetzt kam mir eine Idee: "Warte mal, ich gucke noch was ..."
Schon war ich wieder die Treppe hinaufgeklettert, öffnete auf Verdacht die Schlafzimmertür und ... tatsächlich, wie ein Blitz kam ein recht erregt wirkender Hund herausgestürmt.
Ein Novum, denn bisher hat er es noch nie geschafft, die rund nach unten gebogenen und sehr glatten Türgriffe bedienen zu können, aber jetzt also wohl doch.
Vermutlich hat er wieder mal mehr gehört als wir, dass es also irgendwo in der Ferne donnerte - ich war nicht zu Hause, und hat er in seinem Schrecken so lange an der Schlafzimmertür herumprobiert, bis er sie offen hatte.
Sein Pech, dass diese Tür von allein wieder zufällt, wenn man sie nicht bis ganz hinten drückt, und so war er dann eingesperrt dort.
Was für ein Döskopp, statt sich zu melden, hat er es sich - obwohl er genau weiß, dass das strengstens verboten ist - auf unseren Betten gemütlich gemacht und sie leider auch markiert. 😠
Tja, das war's dann mit Mittagsschläfchen.
Stattdessen begann ich die ja gerade erst frisch bezogenen Betten erneut abzuziehen, immerhin hatte er aber wirklich nur die Decken erwischt (und es war auch nicht viel) und nun stand ich vor dem nächsten Problem, nämlich dem Trocknen.
Der Ständer im Bad war noch belegt, in der Maschine wartete schon die nächste Ladung aufs Angestellt-Werden und nun kam ich mit einem weiteren Arm voll an.
Grrrr ...
Zweimal hätte ich einen Wäschetrockner von meiner Mutter geschenkt haben können, lehnte es aber jedes Mal aus Umwelt- und Kostengründen ab, weil ich diese Dinge für überflüssige Stromfresser halte, doch nun hätte ich mir ausnahmsweise wirklich mal einen gewünscht.
Es blieb mir nix anderes übrig, als die Maschine auszuladen, das Pisszeug hinein und Abmarsch.
Doch wohin dann damit?
Zur Not stelle ich ganz selten mal einen zweiten Ständer im Esszimmer auf, doch dort herrscht immer noch etwas Chaos durch meine Bücheraktion, also kein Platz.
Blieb nur noch die Küche, auch das ein Novum, denn noch nie habe ich dort einen Wäscheständer stehen gehabt.
Zum Glück ist sie sehr groß, also ging es, aber ich ärgerte mich sehr über mich selber, als ich merkte, dass ich zwar 60° gewählt hatte, aber in der ganzen Hektik versehentlich ein Programm mit niedrigerer Schleuderzahl, denn nun kam der Kram viel zu nass aus der Maschine.
Nun ja, es ging alles gut, zumal ich genügend Bettzeug habe, so dass ich Ersatzdecken auffahren konnte, trotzdem natürlich alles überflüssig wie ein Kropf. 🙄
Inzischen hängt der Kram längst im Garten und ich hoffe, dass Petrus mir heute wohlgesonnen ist, denn einen neuen Anlauf für die Stadt möchte ich gleich auch noch starten.
Sofern denn nicht doch wieder alles sehr anders kommt ... 😂🤣😂
Habt einen schönen Tag und ... bleibt bitte gesund! 😊