Dienstag, 13. Februar 2024

Gut gelaufen

 Ich wählte nicht die Haltestelle fast direkt vor unserem Haus, sondern nahm einen etwas weiteren Fußweg auf mich, um mehr Auswahl bei den Buslinien zu haben, bei Weitem nicht darauf vertrauend, dass überhaupt einer kommen würde.

Und schon ging es los mit dem Fluchen, denn noch immer ist die betreffende Haltestelle weiter nach vorn verlegt, so dass sich mein Fußweg dadurch noch einmal beträchtlich verlängerte. 

Dann kam die Wende, denn nur drei Minuten später tauchte ein Bus auf, irgendeine Linie, mit der ich noch nie gefahren bin, aber egal, denn mein Ziel deckte er auf jeden Fall ab.

Einst galb dieser Nachbarort als beliebte Wohn- und Geschäftslage, ist inzwischen aber leider längst zum sozialen Brennpunkt verkommen, wie so viele unserer Stadtteile, und wo sich früher die Menschen gern auch abends für einen gemütlichen Schaufensterbummel tummelten, hat man heute im Dunkeln eher Angst und die allermeisten Läden stehen leer.

Immerhin Kik und Takko hatte ich zur Auswahl, um nach einer Jeans zu schauen, begann bei Ersterem und fand nach mehrmaligem Anprobieren gleich zwei, nämlich eine graue Röhre und eine klassischer geschnittene blaue.

Da sie so günstig waren und ich noch jede Menge Zeit hatte, beschloss ich auch den anderen Laden noch aufzusuchen und merkte im Freien, dass ich großes Glück gehabt hatte, denn während ich in der Umkleide steckte, musste es heftig geregenet haben.

Während ich um die Pfützen herumsprang, schellte auf einmal mein Handy.

Oh nein, was für ein Timig, es war dieser Mensch, der mir immer noch die 500 Euro schuldet.

Längst habe ich ihn angezeigt, aber da man bei der Polizei mit dem Dienstweg schluderte, kam die Bestätigung der Staatsanwaltschaft seiner Heimatstadt so spät, dass ich davon ausging, die Verjährungsfrist sei längst abgelaufen und die Sache würde im Sande verlaufen.

Offenbar ein Irrtum, denn jetzt schleuderte er mir entgegen: "Du hast mich also tatsächlich angezeigt...!?!!!???"

Ich solle die Anzeige sofort zurücknehmen, dann würde er umgehend zahlen, meinte er, was ich natürlich rundheraus ablehnte: "Andersherum, zahle umgehend, dann nehme ich sie zurück, und das keine Sekunde eher!"

Der überdachte Eingang eines leerstehenden Ladens war ein denkbar schlechter Ort für solche Gespräche, also bekräftigte ich diesen Satz nur noch mal, schaltete mein Handy aus und begab mich endlich zu Takko.

Wo mir wie schon beim letzten Mal sofort diese Verkäuferin in ihrer braunen Ganzkörperverhüllung ins Auge sprang.

Sie erinnert mich an die Frauen in Afghanistan, nur dass bei ihr ein kleiner Ausschnitt das Gesicht frei lässt, auch die Hände sind sichtbar, aber alles andere verbirgt sie hinter wehenden Stoffbahnen, womit ich wieder mitten in dem Thema war, das mich zurzeit ja eh sehr beschäftigt.

Politischer Islam mitten in einem Jeansladen oder ist es einfach nur die Freiheit, in Unfreiheit zu leben, die hier jedem gewährt wird?

Ich dachte zurück an mein letztes Beisammensein mit A., als wir in Zusammenhang mit dem Weltfrauentag kurz darauf zu sprechen gekommen waren.

Dank einem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes dürfen sogar Lehrerinnen an Schulen in NRW mit Kopftuch unterrichten, was ich für grundfalsch halte, denn damit wird automatisch ein gewisser Druck auf muslimische Schülerinnen ausgeübt, die durch Familien und "Bildungsvereine" eh schon genug unter Druck stehen und Gruppenzwang erleben.

Auf diese Weise hat ein weltoffener europäischer Islam gar nicht erst eine Chance, sich entwickeln zu können, und Menschen wie Seyran Ates können auch weiter nur unter Polizeischutz hier leben.

Ich brauche beim Klamottenkauf in der Regel weder Hilfe noch Beratung, fragte mich aber doch, wie es im anderen Falle wäre.

Würde ich bei einer Nonne einen Bikini kaufen wollen und mich dabei auf ausgerechnet ihren Rat verlassen wollen? Würde ich mir von einer Punkerin mit Irokesenschnitt die Haare machen lassen und darauf vertrauen, dass sie meinen Geschmack verstehen würde?

Nein, eher nicht und ich entsinne mich gerade auch zurück an meine Zeiten im Jugendheim.

Katholisch war es und befand sich im Keller der hiesigen Zweigstelle eines Klosters. 

Bruder Adalbert oder Pater Jochen führten oftmals die Aufsicht, saßen dann ganz gemütlich in den Katakomben mit uns beisammen und tranken ihr Bierchen, aber es machte tatsächlich einen Unterschied, ob sie in Zivilklamotten dort auftauchten oder ihr Ornat trugen, denn man benahm sich automatisch etwas anders, weil die Glaubenskluft eine Distanz zwischen uns aufbaute.

Dieses Vorsichhertragen der Religion verbindet die Glaubenden untereinander, trennt sie aber gleichzeitig von allen anderen ab - wenn jemand das beruflich macht, okay, aber im Privatleben hat es für mich nix zu suchen und ich kann es nicht anders sagen, als dass ich mich unwohl fühle, in Anweseheit der "braunen Dame" körperbetonte Klamotten anzuprobieren.

Etwas, das mir übrigens auch bei M. und A. so geht. Im letzten Sommer, als wir ja noch dabei waren, uns erst mal aneinander heranzutasten, hatte ich deutliche Hemmungen, bei meinen Besuchen die gleichen luftigen Sachen anzuziehen, wie ich sie normalerweise bei großer Hitze trage. 

Mal sehen, wie das im kommenden Sommer wird, sicher lockerer, aber zurück zu gestern.

Ich kaufte nichts in diesem Laden und nun wurde es auch Zeit für den Termin.

Rosenmontag, dementsprechend waren die Praxisräume geschmückt - überall Luftschlangen und Luftballons und die Mitarbeiterinnen trugen alle lustig wippende Haarreifen, na ja, fast alle, die mit Kopftuch natürlich nicht. 🙄

Sogar die beim letzten Mal etwas pampige Dame von der Sehschule war richtig nett, empfand die 200 Euro für meine neue Brille ebenfalls als arg überteuert, konnte mir nur raten, die fürs Lesen bei einem anderen Optiker anfertigen zu lassen.

Dann musste ich noch kurz zu einem Arzt, zur "körperlichen Untersuchung", d.h. er schaute mir durch seine Gerätschaften tief in die Augen und befand, dass das alles sehr gut aussähe, die OPs seien hervorragend gelungen.

In 6 Monaten möchte man mich wiedersehen, leider gab der PC aber so weit im Voraus noch keine Termine frei, also werde ich im Mai deswegen anrufen müssen, und schon stand ich wieder auf der Straße.

Noch kurz bei Kodi hinein, um vergeblich nach einem Sieb zu suchen, und dann hatte ich noch einmal riesiges Glück, denn ich betrat die Straße und sah den Bus ums Eck kommen.

Rappelvoll war er und dann stellte ich grinsend fest, dass irgendwie jetzt fast alle "verkleidet" wirkten, auf der einen Seite die, die ihre Relgion dafür nutzten, auf der anderen Seite die, die auf dem Weg zum großen Karnevalsumzug in der Innenstadt waren und sich teilweise richtig lustig herausgeputzt hatten. 

Schön, dass es so etwas zumindest ansatzweise doch noch gibt - früher brodelte ja die ganze Stadt vor guter Laune - und so kam ich fröhlich wieder daheim an.

Wo übrigens bereits vor meinem Weggehen F.s neues Smartphone angekommen war.

Schon irre, am Samstagmittag bestellt und montagmorgens um halb neun war es schon da.

Nein, alleine traute er sich nicht heran, und da ich gestern im weiteren Tagesverlauf keine Zeit dafür fand, muss ich mich jetzt um die Einrichtung kümmern.

Mal sehen, wie ich das hinbekomme ...


Habt einen schönen Tag und ... bleibt bitte gesund! 😀

 


 


2 Kommentare:

  1. So geht das ja NICHT !!! Nicht zahlen und dann noch einen Kuhhandel vroschlagen! Von was träumt dieser komische Kautz nachts. Meine Devise, wenn ich in einem fremden Land bon, dann habe mich an die Regeln dort zu halten. Nur für die meisten dieser neuen Fachkräfte scheint das nicht zu gelten. Nun ist die Katze aus dem Sack - es gibt eine neue Ölheizung. Wie ich mir habe sagen lassen ist das die zweite Heizung seit das Haus gebaut wurde und das sind inzwischen auch schon 30 Jahre. Nun freue ich auf morgen und auf eine Wanderung.

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    1. Ja, so weit ich weiß, gibt es ja inzwischen die Pflicht, Heizungen nach 30 Jahren auszutauschen, egal wie gut und effizient sie auch noch arbeiten mögen.
      Für mich scheint das eher der Wirtschaft als der Umwelt zu dienen - völlig irre alles.
      Wünsche dir viel Spaß beim Wandern! :-)

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