Dienstag, 6. Februar 2024

Auf unserer Hochzeitsreise in Tunesien ...

... lernten wir Iris kennen, eine junge Frau, die einer evangelischen Freikirche angehörte, wir freundeten uns an und da sie in der Nähe von Stuttgart lebte, begannen wir uns hin und wieder zu treffen.

Irgendwann tauchte sie unvermittelt mit Dietmar auf, einem Berliner, ihr neuer Freund, den sie auch mitnahm, als wir im Jahr drauf gemeinsam wieder ins gleiche Hotel am Strand von Hammamet starteten.

Auch er Angehöriger ihrer Kirche und was wir erst nach und nach herausfanden, war, wie stark ihr Einfluss auf das Privatleben der beiden war.

Beispielsweise teilten sie sich einen Bungalow, wären aber nie auf die Idee gekommen, vorehelichen Geschlechtsverkehr zu haben, war dieser doch streng verboten, genau wie einige andere Dinge, und obwohl sie in ihrem Beruf nicht viel verdiente, war es selbstverständlich für sie, jeden Monat ein Zehntel ihres Einkommens in einem Umschlag in den Briefkasten ihrer Gemeinde zu werfen.

Sektencharakter, anders kann ich es nicht beschreiben und ganz ähnlich erlebe ich es bei einem Cousin von mir, der durch seine Frau ebenfalls in eine Freikirche geriet. Ihr ganzes Haus wimmelt von Hinweisen auf Jesus und seine allumfassende Güte und so hart sie auch arbeiten mögen, sie stehen jeden Morgen einige Stunden früher auf, um mehr oder weniger mitten in der Nacht gemeinsam mit ihrer Gemeinde in der Bibel zu lesen. 

Mein Ding ist das nicht, absout nicht, aber okay, sollen sie halt so leben, wenn es sie glücklich macht und sie niemandem sonst damit schaden, zumindest hier in Deutschland nicht.

Anders sieht das in den USA aus, wo die Evangelikalen ja erheblichen Einfluss auf die Politik haben können, z.B. indem sie dafür sorgen, dass jemand wie Trump erneut an die Macht kommen könnte, und dann wird es gefährlich ... für die ganze Welt.

Durch A. werde ich nun immer wieder mit der Gülen-Bewegung konfrontiert, die für mich einen ähnlich sektenartigen Charakter mit zunehmend weltweitem Einfluss zu haben scheint und vermutlich mindestens genauso fundamental ist.

Gestern bereichnete sie sich selber als Gülenistin, verwies aber gleichzeitig vehement darauf, keine Terroristin zu sein, was ich zum Anlass nahm, endlich etwas gründlicher zu recherchieren.

Wen es interessiert, hier kann man nachlesen, was Wikipedia dazu zu sagen hat.

Besonders der Absatz weiter unten über die Indoktrination von Kindern und Jugendlichen hat es in sich und hier ist es gut erklärt, wie das mit den inneren und äußeren Kreisen funktioniert. 

Genau in solchen Wohngemeinschaften lebten M. und A. als Studenten und hier in der Stadt war ich ja selbst schon dabei, als ihr "Bildungsverein" ein Grillfest veranstaltete.

Dies sei alles völlig undogmatisch, betont A. immer wieder, Gülen sei einfach ein "sehr guter Mensch" (genau wie auch Mohammed), und sie sagt es so, als würde sie von mir irgenwie Zustimmung erwarten.

In Punkto Selbstoptimierung sehe ich Parallelen zu Scientology, nur dass es in diesem Falle um einen sehr fundamental ausgelegten Islam geht, der wohl mit den Errungenschaften der modernen Welt verbunden und natürlich auch weiterverbreitet werden soll.

Seufz, da sind ja wirklich die Richtigen aneinandergeraten, denn ich selbst habe mich von Kindheit an bemüht, mir keine "ismen", keine Religionen, keine Ideologien jedweder Art aufs Auge drücken zu lassen - mein Kopf kann und will selber denken und mag es nicht, kritiklos das zu übernehmen, was andere ausbrüteten und ihm überstülpen wollen.

Was ich ihr gestern auch so zu sagen versuchte, aber ihre Deutschkenntnisse reichen für Diskussionen dieser Art noch nicht ganz aus, also denke ich nun darüber nach, wie ich das Ganze am Donnerstag so rüberbringen kann, dass sie versteht, worauf ich hinauswill, denn eines ist mal klar, ich mag sie sehr und möchte sie nach Kräften unterstützen, nicht aber natürlich ihre Bewegung.

Ich finde es ziemlich gut, dass die Macht der Kirchen in Deutschland infolge der Aufklärung stark beschnitten wurde, sehe aber auch das Vakuum, das dadurch entstand und das besser nicht vom Islamismus gefüllt werden sollte. 

Ansonsten war es gestern wieder sehr nett mit uns beiden, auch wenn die Konzentration vom Kleinen herausgefordert wurde, der auch diesmal zu Hause statt im Kindergarten war.

Noch viel Stoff zum Grübeln für mich, aber nun sollte ich erst mal bissl was schaffen gehen. 🙄


Habt einen schönen Tag und ... bleibt bitte gesund! 😉


PS: Heute ist es übrigens genau ein Jahr her, dass ich mich mit M. zu einem ersten, vorsichtigen Beschnuppern im Café traf.

6 Kommentare:

  1. Liebe, ich bin überzeugt, dass alles wirkt. Du veränderst A., aber auch sie verändert dich, weil alles was einwirkt, wirkt. Spannend wird sein, wie das bei zwei derartigen Intelligenzbestien zutage tritt. 😎

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    1. Ich fürchte, mein Lieber, Intelligenz kann sehr gefährlich sein, wenn sie sich, statt sie zu hinterfragen, in den Dienst von Ideologien stellt, unter Umständen viel gefährlicher als Dummheit, wobei mir die Grenzen oft fließend erscheinen. ;-)

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  2. Ich habe im vergangenen Jahr die Amtkirche verlassen, weil sie sich politisiert hat. Ich habe jetzt dem evangelischen Pfarrrer von hier vorgeschlagen die Panzer zu segnen bevor sie in das neue Bundesland
    Ukraine geschickt werden.
    Was du als Beispiel schreibst, so gebe ich NICHT den Zehnten als Opfer, weil ich mir das gar nicht leisten kann. Ich lasse mich nicht in meinem Privatleben einschränken. Ich lebe so wie ich das für mich richtig finde.

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    1. Denkst du, Ländern, die überfallen werden, sollte grundsätzlich nicht geholfen werden oder gilt das nur, wenn der Angreifer Putin heißt?
      Ansonsten, jep, die Religion sollte sich aus Politik heraushalten, doch leider geht der Trend weltweit in die andere Richtung.

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  3. Hallo, Liebe "Rex-Mama!"

    Lass uns hoffen, dass du verschont bleibst von Sekten und Co.
    Außerdem bleibt zu hoffen, dass du deinen Einfluss auf "A" geltend machen kannst bei diesem ernsten Thema.

    Schön, dass du "A" weiterhin magst, ihr einen schönen Nachmittag hattet und du sie nicht fallen lässt.

    Ich hoffe, dass die Kirche ihren Ruf aufpolieren kann und hoffentlich nicht nur mit den schlimmen Dingen noch in Verbindung gebracht werden wird. - Nicht die Kirche, die Menschen die für sie tätig waren haben grausame Verbrechen verübt.

    Dennoch ist die Kirche finde ich eine wichtige Institution, die viel Gutes tut und die gerade hier in Deutschland einen festen Platz haben soll. Mitgliederschwund - ist vielleicht auch zu stoppen, nach einer lückenlosen Aufklärung

    Selbst wenn man nicht mit der Kirche anfangen kann, "die 10 Gebote" sind etwas, nachdem man einigermaßen leben kann, regeln die nichts Schlimmes verheißen und sogar ein Zusammenleben durch ihren Inhalt regeln können.

    Überzeugung und Vertrauen, wichtige Dinge, die ihren Wert nicht verlieren dürfen. Sondern etwas sind, dass man (fast) überall antreffen könnten, sollte. - Wenn wir so weit sind, wird unsere wunderschöne Welt auch nochmals ein besserer Ort sein wie ohnehin.



    Liebe - was wohl aus Iris wurde? - Grüße
    Vom lifeminder

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    1. Hallo lieber lifeminder,
      ich meinte nicht die abscheulichen Missbrauchsfälle, die nach und nach aufgedeckt werden, sondern das Zeitalter der Aufklärung, das dazu führte, das dazu führte, dass der politische Einfluss der Kirchen stark zurückgedrängt wurde.
      An der islamischen Welt ging sie leider spurlos vorüber, dort vermischen sich Religion und Politik und zumindest ich kenne kein einziges muslimisches Land mit einer funktionierenden Demokratie.
      Neben dem Umstand, dass Religionen manche ihrer Anhänger sicherlich einen vermeintlichen Halt zu geben in der Lage sind, sind sie immer und in erster Linie ein Machtinstrument, das sollte man nie vergessen, wenn man hier so vehement nach Toleranz und Weltoffenheit schreit, denn man kann sich buchstäblich kaputttolerieren, wenn man Parteien wie der neuen türkischen DEVA und natürlich auch dem Iran immer mehr Mitmischen in Europa gestattet.
      Das, was die zehn Gebote besagen, ist eigentlich nichts Besonderes, sondern im Grunde die Grundregeln, nach denen Gesellschaften im großen Ganzen immer schon zusammenlebten, weil es anders ja gar nicht funktionieren kann, und "das Gute", was die Kirchen tun, recherchierte ich vor einigen Jahren mal und fand heraus, dass zumindest damals soziale Einrichtungen, wo Kirche draufstand, in Wirklichkeit nur zu etwa 10% von ihr finanziert wurde, der Rest kam eh vom deutschen Staat.

      Liebe "Das wüsste ich auch gern, denn ich weiß nur noch, dass Iris innerhalb ihrer Freikirche heiratete und in den Schwarzwald verzog, danach verloren wir uns aus den Augen"-Grüße zurück! :-)

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