Montag, 20. November 2023

Wo ist es hin, ...

 ... das Wochenende?

Irgendwie ist es an mir vorbeigerauscht, bevor ich es überaupt als solches richtig wahrnehmen konnte.

Klar, den ganzen Samstag über die laute Baustelle und gestern war ich auch den ganzen Tag gut beschäftigt, aber immerhin mit der Folge, dass ich nun einen glücklichen Mann habe, und zwar deswegen:


Etwas früh?

Na klar ist es viel zu früh, aber ... scheiß drauf, wenn F, sooo viel Freude daran hat, und mir selbst gefällt es auch, wenn er abends leuchtet (der Baum, nicht F. 😂), zumal es dank LED-Ketten vom Stromverbrauch her überhaupt keinen Unterschied macht, denn andere Lampen bleiben dafür selbstverständlich aus. 😊

Und was gab es sonst noch?

A., also die "alte", nicht die junge 😁, meldete sich, nachdem sie wegen der Hose offenbar einige Zeit lang verschnupft war.

Ich hatte ihr ja vor etlichen Wochen eine schwarze Jeans ins Krankenhaus gebracht, weil ihr die Klamotten ausgingen. Irgendwann fragte sie, ob ich die zurückhaben wolle, und ich sagte, ja klar, was denn sonst?

Hm ... Bei Büchern, die sie sich von mir im letzten Jahr mal mitgenommen hatte, war die gleiche Frage gekommen, irgenwie seltsam, geht sie bei allem, was sie sich ausleiht, davon aus, dass es Geschenke seien?

Da merkt man die 40 Jahre, die wir uns aus den Augen verloren hatten, ich habe nur grob eine Vorstellung davon, wie sie in dieser Zeit lebte, und offenbar gibt es nichts Materielles, das ihr ans Herz gewachsen wäre.

Die Wohnung ist kahl, eingerichtet mit ein paar billigen Möbeln und Gegenständen aus dem großen Sozialkaufhaus, das damals schon den Umzug meiner Mutter erledigte und viele Dinge aus dem Elternhaus übernahm. Viel mitgebracht kann A. nicht haben aus Süddeutschland, erzählte sogar, dass sie nur jeweils zwei Teller, Tassen, Gabel, Messer usw. besitze, deshalb lohne es sich gar nicht, die Spülmaschine, die bereits vorhanden war, zu benutzen.

Alles andere habe sie vor dem Umzug weggeschmissen - Wegwerfgesellschaft halt, Dinge werden nicht wertgeschätzt und leider wohl auch Menschen nur in sehr begrenztem Umfang.

Keine Hobbys, keine wirklichen Interessen, das ist nicht viel, was dann ein Leben ausmacht, wenn man auch überhaupt nichts zu tun hat außer gelegentliche Besuche bei der immer dementer werdenden Mutter und ansonsten immer wieder in depressiven Phasen versinkt, die die Bipolare Störung begleiten.

Fatal, und nun musste ich sie gestern auch noch vertrösten, als sie ein Treffen in dieser Woche vorschlug.

Erstens habe ich bereits jeden Tag verplant und zweitens habe ich absolut keine Lust, mich schon wieder dem Stress mit den nicht fahrenden Bussen auszusetzen und stundenlang an irgendwelchen Haltestellen herumzustehen, womöglich auch noch im Regen, nur um dann in der Stadt auch noch Kohle rauszuhauen für eine Tasse Kaffee.

Da ist es mir sehr viel lieber, sie kommt her, doch das macht natürlich im Moment ohne Heizung keinen Sinn, denn so wirklich gemütlich ist es ja nicht bei uns. 

Also schlug ich ihr vor, das auf die Woche nach dem 5.12. zu vertagen, sie willigte auch ein, nun ist nur noch die große Frage, ob sie bis dahin noch Lust dazu hat, denn diese Stimmungsschwankungen haben es echt in sich. 

Und dann ging mir noch die letzte Begenung mit der anderen A. durch den Kopf.

In einem bodenlangen weißen Baumwollrock hatte sie mich empfangen, ungewohnt luftig, dafür war dann allerdings das lilafarbene Kopftuch noch größer als sonst und bedeckte auch die Schultern.

Ich hatte ihr ein Kompliment gemacht und später kam sie auf das Thema zurück, erkundigte sich, ob ich eigentlich auch Röcke trüge.

"Na klar, im Sommer sehr gerne und ich habe sogar einen ganz ähnlichen wie du, nur wesentlich kürzer und vorn mit Schlitz."

Mit den Händen deutete ich rund um meine Knie an, was ich meinte, und mir fiel auf, wie nachdenklich sie mich anschaute, als sie nun ihrerseits berichtete, auch sie trüge sehr gerne Röcke, aber ausschließlich zu Hause.

Immer wieder versuche ich mich in sie hineinzuversetzen und tue mich doch so unendlich schwer damit.

Wie mag es sich anfühlen, wenn man in eine Kultur hineingeboren wird, in der die Frau traditionell als Eigentum des Mannes und der Familie gilt, gerechtfertigt damit, dass der angebetete Gott dies angeblich so verlange?

Die Männer dürfen herumlaufen, wie sie wollen, im Sommer fröhlich mit T-Shirt, doch die Frauen müssen sich immer einpacken, außer an Gesicht (wenn überhaupt) und Händen darf keine Haut sichtbar sein, jede Haarspitze wird sorsam versteckt und das fehlende Vitamin D nimmt man halt in Pillenform zu sich.

Dann zieht man um in ein westliches Land mit ganz anderen Traditionen, zumal dort die Frauen dank der Zeit der Auflärung und ihres eigenen Kampfes gesellschaftlich eine völlig andere Rolle einnehmen, und landet doch sofort wieder in der eigenen Community, die die heimatlichen Gebräuche emsig fortsetzt.

Auf der anderen Seite sieht man, wie die einheimischen Frauen sich das Recht herausnehmen, selbst über ihr Leben zu bestimmen und allein zu entscheiden, was sie anziehen mögen, etwas, dem eigentlich Verachtung gebührt, zumindest hat man es so gelernt.

Genau an diesem Punkt waren die beiden offenbar, als wir uns kennen lernten.

Nie vergessen werde ich, wie M. bei unserem ersten Treffen im Café fast empört auf meine Frage reagierte, als ich mich erkundigte, ob seine Frau Kopftuch trüge: " Ja selbstverständlich, sie ist doch Mulima!"

Dann immer wieder seine Grübeleien über gute und schlechte Menschen und dass dies offenbar wohl doch nicht nur von der wahren Religion abhinge?

Gleichzeitig bezeichnet A. sich selbst als Frauenrechtlerin, ich kann nur ahnen, welche Kämpfe da wohl gerade in ihr ablaufen mögen, und bin wirklich gespannt, wie das alles weitergeht.

Eigentlich ist das ganze Leben doch ein riesiges Puzzlespiel, eine Art Mosaik, oder?

Ständig entdeckt man neue Teilchen, die mitunter erst mal gar nicht zu passen scheinen, sich bei näherem Hinsehen dann aber doch noch irgendwie einfügen lassen, und so rundet sich das Bild langsam, aber stetig.

Schön finde ich das und nachdem ich nebenher schon einen großen Topf Spaghetti-Soße nach Art des Hauses anfertigte, werde ich mich nun mal an das Loch in der Jeans machen und sehen, ob da noch was zu retten ist. 😀


Habt einen schönen Tag und ... bleibt bitte gesund! 😉

 


 



4 Kommentare:

  1. Liebe Rex-Mama, angesichts des Herbst- und Winterwetters würde ich, wenn ich Frau wäre, in Hosen rumlaufen und nicht in Röcken. Nun ja, wenn ich etwas ausgeliehen habe, dann kann ich nicht davon ausgehen, dass das ein Geschenk für mich ist. Mir ist vor langer langer Zeit etwas ähnliches passiert. Ich hatte ein Liederheft mit Liedern von Joan Baez verliehen und wollte es natürlich eines Tages wieder zurück haben. Die Antwort, die zu hören bekam, ich kann das leider nicht mehr finden. Ich gestehe aber, dass ich Bücher verleihe und mir nicht aufschreibe, wem ich die Bücher geliehen habe. Und dann sind sie weg. Ich bin so gestrickt, dass ich mich ständig daran erinnerne da ist noch ws bei dir, das dir nicht gehört. Im Augenblick habe ich wissentlich ein Buch verliehen. Langsam gibt es Licht im Tunnel, was die Feuchtigkeit im Polo betrifft. Heute habe ich einen Bekannten getroffen, der ein ähnlichrs Problem hat, aber nicht lokalisieren konnte woher das Wasser kommt.

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    1. Da drücke ich dir weiter feste die Daumen, lieber Helmut, dass du das mit der Feuchtigkeit in den Griff bekommst.

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  2. Hallo, Liebe "Rex-Mama!"

    Das Bäumchen ist wirklich ein Träumchen.
    Ob man nicht an die Decke so eine LED Lichterkette anbringen könnte?

    Meiner Meinung nach sollten Frauen tragen, was sie möchten, ob kurze Röcke, Kleider oder was auch immer. - Eigentlich müsste man ja sonst im Namen der Gleichberechtigung auch jedem Mann jede kurze Hose verbieten.

    Ich finde dieser Mischmasch zwischen Frauen und Männern prägt auch ein Stadtbild und trägt viel dazu bei, dass vieles nicht wie ein Einheitsbrei wirkt. Lasst Frauen sein und Männer, und insgesamt alle Menschen, was sie wollen und wie sie wollen (solange es legal ist).

    Zuerst hatte ich mich sehr gefreut für dich für deine wieder entdeckte Freundin nach 40 Jahren, jetzt bin ich eher gespannt wie es mit ihr weitergeht. Wobei ich denke, die Zeit mit dir wird ihr guttun und sie kommt wieder so richtig in die Lebensspurt.
    Alles Gute für sie.

    Ist es nicht wunderbar, wir haben, so weit ich das sehe, beide kleine überschaubare Welten und in den passiert doch irgendwie immer wieder etwas und wenn mal nicht, wissen wir auch etwas mit unserem Alltag anzufangen. Irgendwie faszinierend.



    Liebe - faszinierende - Grüße
    Vom lifeminder

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    1. Jep, lieber lifeminder, das ist unser westliches Verständnis, dass Frauen im Stadtbild genauso dazugehören wie Männer und dass sie allgemein und vor allem auch in Bezug auf ihre Kleiderwahl die gleichen Rechte haben.
      In islamischen Ländern sieht das anders aus, diese Sitten werden mit nach hier gebracht und meiner Meinung nach fallen wir vielen Frauen mit unserer alles umfassenden Toleranz geradezu in den Rücken, denn auch wenn es hier nicht das Gesetz ist, das sie einschränkt, so tut es dann die eigene Community und letztlich ändert sich für sie nicht, auch wenn sie nun hier leben.

      Meinst du mit Decke F.s neue oder die Zimmerdecke? 🤣
      An Ersterer würden Lichterketten nicht so arg viel Sinn machen, wenn er dann mit dem Hintern draufsäße 😂, an Zweiterer allerdings und auch an allen möglichen anderen Dingen kann man sie hervorragend aufhängen - ich habe ja im Wohnzimmer das ganze Jahr über welche, weil ich diese Art der dezenten Beleuchtung sehr mag. :-))

      A. - seufz, ja, ich hatte es mir auch anders vorgestellt, als sie wieder auftauchte, wäre schön gewesen, eine etwas "normalere" Freundschaft führen zu können ...

      Und ja, das Leben kann sehr faszinierend sein, wenn man nur richtig hinschaut. ;-))

      Liebe Hingugg-Grüße zurück! :-)

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