Sonntag, 5. November 2023

Angeregt durch eine Diskussion im ...

 ... so gern gelesenen "Nachbarblog" geht mir gerade das Thema "Offener Kindergarten" nicht mehr aus dem Kopf und so habe ich mal ein wenig recherchiert.

Montessori-Pädagogik also und der Gedanke, dass Kinder in ihrem eigenen Rhythmus und auf ihre eigene Art lernen sollen, und wenn ich es recht verstehe, gehören sie dann in der Kita keinen festen Gruppen mehr an, sondern können nach Lust und Laune zwischen ihnen hin und her springen?

Mir selbst war es leider nie vergönnt, einen Kindergarten besuchen zu dürfen, dafür wuchs ich aber sozusagen mehrspurig auf. Daheim die überstrenge, alles reglementierende Mutter, die mich schon zur Mitarbeit im Haushalt heranzog, bevor ich in die Schule kam, und das immer weiter steigerte, auf der anderen Seite das Dörfli und der Großonkel, der sehr früh die (Neu-)Gier meines Kopfes erkannte, meine riesige Lust am Lernen, der sich hinsetzte und mit mir das Lesen und Schreiben übte, kaum dass ich vier Jahre alt war, und der mich sanft an Malerei, Musik und Literatur heranführte.

Wie oft mag ich ihn in Verlegenheit gebracht haben, z. B. als ich mit sechs so dringend von ihm wissen wollte, was denn eigentlich Sex sei? 😂

Auf der anderen Seite staune ich, welch großes Vertrauen er in mich und mein Verantwortungsgefühl setzte. Gut 20 Jahre zuvor hatte er sein eigenes Kind durch den Krieg verloren, nun hütete er das anderer Eltern, denen gegenüber er natürlich verantwortlich war für mein Wohl, trotzdem gewährte er mir aber eine ungeheuere Freiheit.

Wann immer ich wollte, durfte ich hinaus und mit den anderen Kindern spielen, wobei nicht nur nichts auf den Bauernhöfen vor uns sicher war, sondern wir auch das ganze Umland erkundeten.

Unermessliche Freiheit war das, allerdings waren wir aber auch alle gut erzogen, wussten genau, was man darf und was nicht und wären nie auf die Idee gekommen, diese Regeln zu verletzen oder uns mutwillig in Gefahr zu bringen.

Diesen "Rahmen" halte ich für sehr wichtig, nicht anders als bei der Hundeerziehung übrigens, sowohl Püppi wie nun auch Rex strahlen diese Sicherheit aus, die sie genau dadurch bekamen, man merkt es einfach, ob und wie geborgen sich ein Lebewesen fühlt.

Und nun zu den Gruppen. 

Meine kleine Schwester war die einzige von uns dreien, die in den Kindergarten ging, ich weiß es noch sehr gut, wie begeistert sie immer wieder von "ihrer Gruppe" erzählte, und auch für uns war es sehr wichtig, welcher Klasse wir angehörten, also a, b oder c.

Später leitete ich im Jugendheim Kindergruppen, war auch selber in einer und auch da spielte die Zugehörigkeit wieder eine große Rolle. Die von Julia tickten ganz anders als wir bei Monika - da kommt zum Tragen, dass auch der Mensch letztlich nichts anderes ist als ein Rudeltier und das Verbindende sucht, und seltsamerweise rissen sich die Kleinen sogar darum, in meine Gruppe kommen zu können, obwohl ich vermutlich durchaus als die "strengste" der Leiterinnen bekannt war. 

Auch später bei meinen Nichten bekam ich es mit, wie stolz sie waren, zur Sonnenblume oder zum Seesternchen zu gehören, warum also hält man es für pädagogisch sinnvoll, Kindern dieses Zugehörigkeitsgefühl nicht zuzugestehen?

Und sind Drei- oder Vierjährige nicht heillos überfordert, wenn sie die ganze Zeit selber entscheiden sollen, wo sie gerade mal teilnehmen möchten?

Macht es nicht mehr Sinn, das, was gerade gemacht wird, so interessant zu gestalten, dass ihr Interesse geweckt wird und sie sich darauf konzentrieren mögen?

Hm ...

Relevant ist dieses Thema im Moment für mich, weil mich A. zunehmend um Rat fragt, auch was die Kinder betrifft.

Der Kleine ist ja seit einiger Zeit im Kindergarten, geht wohl inzwischen auch ganz willig hin, hat aber offenbar erhebliche Probleme, Anschluss zu finden.

Bisher schob ich das darauf, dass er zuvor noch kein Wort Deutsch sprach, aber gestern kam mir ein ganz anderer Gedanke.

A. erzählte nämlich, dass sie oftmals hinkommt und ihn ganz alleine irgendwo auf einer Bank herumsitzend vorfindet, und zwar immer, wenn eine bestimmte Kindergärtnerin nicht anwesend ist.

Bisher schob ich das auf die Sprache, aber gestern las ich, dass genau das in "Offenen Kindergärten" wohl öfter der Fall ist (die Kinder empfinden keine Gruppenzugehörigkeit, schließen sich höchstens einzelnen Betreuern an), also werde ich mal nachforschen, in was für einer Art von Kindergarten der Lütte überhaupt gelandet ist, denn das riecht mir förmlich nach einem "offenen", der bei ihm dann erst mal zu Verunsicherung und Orientierungslosigkeit führt.

Unverantwortlich im meinen Augen, denn ich weiß aus eigener Erfahrung, wie prägend Erlebnisse sein können, die man in diesem Alter macht, und als ich gerade dazu noch ein wenig nachforschte, stieß ich auf diesen Artikel.

Die Ansicht dieses Jugendpsychiaters deckt sich mit meiner, daher danke, lieber lifeminder, dass du mich auf das Thema aufmerksam machtest, denn dadurch wird mir klar, dass A. und M. bei ihrem Sohn einiges werden auffangen müssen, was in der Kita verbockt wird.

(Erschütternd daran finde ich, dass es wohl hauptsächlich um die Kosten geht und man sich das dann mit diesen (Nicht-)Erziehungsmethoden schönredet und wie gut sie angeblich für die Kinder sein sollen.) 

Und nun komme ich grad noch wegen etwas anderem ins Grübeln, denn gestern sagte ich zu F., dass wir heute, also am 5.11. vor 30 Jahren, unser Häuschen gekauft hätten.

Dabei stimmt das so gar nicht, gerade nachgeschaut, den Vertrag beim Notar unterschrieben wir bereits am 6.10., was also habe ich da im Kopf mit dem 5.11.?

Tzääää, nun dachte ich ganz clever, es hat schon seinen Sinn, dass du seit Jahrzehnten Taschenkalender führst und täglich einträgst, was so los war, und wie gut, dass du Ordnung hast und sie auf den ersten Griff findest.

Tat ich auch, stellte aber zu meiner Betrübnis fest, dass ich offenbar erst 1994 damit begann, denn dass wir am 17.3.1984 abends die Stuttgarter Wohnung an den Vermieter übergaben und dann endgültig nach hier abdüsten, das fand ich, nur leider nix über den 5.11.1983. 🙄

Vermutlich bekamen wir an diesem Freitag im November den Schlüssel und durften das Haus erstmals als unser eigenes betreten ... ?

Denn dass da etwas Wichtiges war, zumindest darüber bin ich mir sicher. 😁


Habt einen schönen Sonntag und ... bleibt bitte gesund! 😊


 

4 Kommentare:

  1. Weia, das erinnert mich bissl an F.s Erzählungen, wenn sein Vater seine Vorstellung von Erziehung mittels eines Gürtels an ihm zum Ausdruck brachte.
    Wobei er das aber erstaunlich gut verkraftet hat und vielleicht trugen dazu sogar seine Kindergartenerlebnisse bei, denn im Gegensatz zu dir hat er genau daran wunderbare Erinnerungen, erzählt noch heute oft, welche Bücher oder Geschichten sie dort vorgelesen bekamen.
    Mir scheint, es gehörte immer schon Glück dazu, wo man landete ...?

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  2. Hallo, Liebe "Rex-Mama!"

    Du wärst genau die richtige, um das Thema offenes Konzept mit anderen zu diskutieren. - Deine viele Erfahrungen zeigen mir, dass du nicht nur ein bisschen, sondern genau weißt, wovon du sprichst.

    Du hast mir mit dem "Zugehörigkeits-Gefühl" ein ganz neues Argument geliefert, wo ich nur dachte: "Wie blöde bin ich, dass ich das so offensichtliche bisher nicht so sonderlich wahrgenommen hatte?" - Aber genau das ist es.
    Das erklärt auch vieles, warum manche Kids so verloren wirken.
    Großartig liebe "Rex-Mama!"

    Das mit der Hausübergabe klingt doch plausibel.
    Vielleicht steckt aber doch noch etwas völlig anderes hinter diesem 5.11.1983? - Schon sind wir vielleicht einem neuen Geheimnis auf der Spur :)



    Liebe - konzeptfreie - Grüße
    Vom lifeminder

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    1. Ja, lieber lifeminder, ich denke schon, denn das Thema Kindheit begleitete mich ein Leben lang, auch wenn mir leider keine eigenen vergönnt waren.
      Wohin die (Nicht-)Erziehungsmethoden führen, die seit den Siebzigern propagiert werden, sieht man schon daran, dass in Deutschland so viele Menschen leben wie niemals zuvor, seltsamerweise aber trotzdem über eklatanten Arbeitskräftemangel gejammert wird.
      Wir leisten uns eine riesige Zahl an Schulabbrechern und "Chillern", gleichzeitig fand man es toll, wenn so viele wie nur irgendwie möglich studieren, was ohne ein drastisches Absenken des Lernniveaus gar nicht möglich war, und am Ende ist das Wundern groß, dass keiner mehr als Busfahrer oder Installateur für seinen Lebensunterhalt sorgen mag.
      Und bei den Kleinsten geht es ja nicht nur um Zugehörigkeitsgefühl, sondern indem sie stets frei wählen sollen, wonach ihnen gerade der Sinn steht, stellt man im Grunde auch Verlässlichkeit gegen Beliebigkeit und Eintauchen und Konzentrieren auf bestimmte Dinge gegen oberflächliches Hin- und Herhuschen.
      Hinzu kommen die neuen Medien und die Sucht auch vieler Eltern danach, wieder alles schnell, schnell und von hier nach dort.
      Ich beobachte oft Mütter mit ihren Kindern, die durchaus nach rechts und links schauen, allein, die Großen haben kaum Zeit dafür, weil sie immer wieder auf ihr Handy schauen müssen.
      Als Gegenbeispiel sehe ich immer meinen Bruder vor mir und wie er es handhabte, wenn er z.B. mit der "Großen" Wartezeit verbringen musste, weil seine schwangere Frau gerade beim Arzt war.
      Er nahm sich die Zweijährige auf die Schultern und dann ging es auf Erkundungstour:
      Guck mal, warum ist denn dieser Baum wohl soooo dick geworden? Ob der mehr isst als all die anderen? Aber es ist gut so, siehst du die vielen Vögel, wie sie sich freuen, weil sie nun sooo viele Äste zum Wohnen haben?
      Und schau da, diese riesige Mauer. Ob wir da wohl mal drübergucken müssen? Was mag dahinter wohl kommen und ... ob da wohl auch Zweijährige schon drüberspazieren können oder muss man dafür erst drei sein?
      Und so weiter und so fort, er verstand es immer schon, jede Kleinigkeit zum Abenteuer zu machen und deshalb hatten die beiden viele Jahre lang riesigen Spaß daran, mit ihm auch über Stunden in der Natur unterwegs zu sein, weil eben alles spannend war.
      So weckt man Freude an konstanter Beschäftigung, aber doch nicht, indem man sagt, entscheide mal selber und mache halt alle paar Minuten etwas anderes.
      Noch ein Beispiel aus meinen Kindergruppen. Ich fand es damals schon blöd, dass so viel über materielle Belohnungen ablief, selbst Adventskalender ohne Schoko war kaum denkbar.
      Also schnappte ich mir meine Gruppe und sagte, wir machen uns nun selber welche.
      Ich ließ sie Bilder malen, so wie sie sich eben einen Adventskalender vorstellten, allerdings in hellen Farben. Diese wurden dann in 24 Bereiche aufgeteilt und mit Zahlen versehen. Es gab keine Türchen zum Öffnen, stattdessen vereinbarten wir, dass sie jeden Tag das entsprechende Kästchen übermalen durften, bis von der Zahl und vom Bild nichts mehr zu sehen war.
      So verschwand das ursprünglich Gemalte also täglich ein Stück mehr und sie sahen genau, wie Weihnachten näherrückte.
      Daran hatten sie riesigen Spaß, erzählten mir jede Woche, wie viel schon verschwunden sei, manche brachten ihre Bilder sogar mit und zeigten, dass sie die hellen Farben nun mit dunkleren übermalt hatten, mal ein Ball, mal ein Auto usw.
      Alle hatten ein gemeinsames Ziel, blieben den ganzen Advent über mit Feuereifer dabei und eines war es ganz sicher nicht, nämlich stressig, obwohl sie ja täglich auch ohne meine Aufsicht eine Aufgabe zu erfüllen hatten.

      Liebe Konzepte-sind-etwas-Feines-Grüße zurück! :-))

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  3. Hallo, Liebe "Rex-Mama!" -

    Die Konzept freien Grüße beschränkten sich eigentlich auf uneingeschränkte Grüße und nicht auf das System :)

    Sonst passt das ja mit dem, was ich zuvor geschrieben hatte, nicht zusammen und ich widerspreche mir selbst :).

    Ich bin ja auch weiterhin gegen dieses total "Offene Konzept".
    Zumal ich Kinder aus den vergangenen 20 Jahren miteinander vergleichen kann.

    Auf ähnliche Weise wie dein Bruder mache ich das auch bei meinen kleinsten, um sie für den Sport zu begeistern. "Könnt ihr das schon, oder kann das nur der Übungsleiter?" :)



    Liebe - Konzepte sind wirklich etwas Feines - Grüße
    Vom lifeminder

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