So richtig von Erfolg gekrönt war mein gestriger Ausflug in die Stadt nicht und als ich nach knapp vier Stunden - fĂŒr nix und wieder nix k.o. - zurĂŒckkehrte, war meine Stofftasche kaum gefĂŒllt und das Fahrgeld fast, wenn auch nicht ganz der teuerste Einzelpolsten, fĂŒr den ich Geld rausgehauen hatte.
Bevor ich startete, hatte ich noch schnell Fotos eingescannt, weil ich die Originale endlich mal im wohl Àltesten Traditionsspielwarenladen der Stadt abliefern wollte.
Mein GroĂonkel war dort der Hausgrafiker, noch unter dem GroĂvater des jetzigen Inhabers, einem gestrengen Patriarchen, vor dem ich mich immer ein wenig fĂŒrchtete.
Zu Unrecht, denn eigentlich war er sehr nett und erlaubte mir auch immer, den Laden als mein persönliches Spielzimmer anzusehen, wobei ich aber auch so wohlerzogen war, dass ich niemals etwas durcheinandergebracht hÀtte.
Im hinteren Teil des Ladens gab es eine SchiebetĂŒr mit der Aufschrift "Bureau", die meine vermeintlichen Rechtschreibkenntnisse ganz schön ĂŒber den Haufen warf đ€Ł, und noch immer meine ich den Kaffeeduft in der Nase zu haben, der einem unweigerlich entgegenschlug, wenn man den Raum hinter dieser TĂŒr betrat.
Links gab es eine Art Theke und auf der rechten Seite standen zwei Schreibtische, einer fĂŒr den "Alten" und einer fĂŒr den jungen Herrn "Klaus", wie der Onkel ihn nannte.
Klar, er hatte ihn ja schon als Kind erlebt und war dann irgendwann zum Sie ĂŒbergegangen, aber beim Vornamen geblieben, als er mit ins GeschĂ€ft einstieg.
Der "junge Herr Klaus" besuchte uns einmal mit seiner Frau und den Kindern, alle etwas jĂŒnger als ich, im Dörfli und ich weiĂ es noch sehr gut, wie er dem Onkel den antiken BĂŒcherschrank abkaufen wollte, der sich nun in meinem Besitz befindet.
Inzwischen fĂŒhrt der Sohn des "jungen Herrn Klaus" seit vielen Jahren das Familienunternehmen und nun hatte ich vor, ihm die uralten Fotos zu ĂŒbergeben, u.a. von seinem Opa in Patriarchenpose, aber auch andere, auf denen er selbst als kleiner Fuzzi mit drauf ist, alles hinten liebevoll von seiner Mutter beschriftet.
Keine Ahnung, ob er an solch alten SchĂ€tzkes ĂŒberhaupt Interesse hat, aber wenn, könnte ich ihm sicher auch noch ein paar Einzelheiten von damals erzĂ€hlen, an die er selbst keine Erinnerungen haben kann.
U.a., was mit dem Teil der Möbel aus der Villa seiner GroĂeltern geschah, die mein Onkel seiner "Oma Li" abkaufte, als diese nach dem Tod ihres Mannes in ein Altersheim ĂŒbersiedelte.
Der mĂ€chtige Kronleuchter schmĂŒckte fortan das Wohnzimmer meiner Eltern und der riesige Perserteppich, der mich mit seinen Farben seit jeher in den Bann gezogen hatte, landete am Ende bei mir, leider erst, nachdem meine Mutter ihn mehrere Jahre eingerollt auf den Speicher verbannt hatte.
Zu spĂ€t, denn nun war er von Motten befallen und ich merkte es zu spĂ€t, als nichts mehr zu retten war. đ„
Eines von "Oma Lis" Tischchen fand seinen Weg ins Zimmer meines Bruders, und was der zu seinen wilden Zeiten darauf zubereitete, darĂŒber schweige ich mal lieber đ, auf jeden Fall lebten die Dinge noch sehr lange weiter und man hielt sie in Ehren.
Tja, all das wollte ich dem Sohn des "jungen Herrn Klaus" gerne erzĂ€hlen gestern, auch, wie liebevoll damals jede vom Onkel gebastelte Hinzweistafel, wie sorgsam mit Plakafarben auf Karton gemalt jedes einzelne Preisschild war, aber wie das mit meinem HĂ€ndchen fĂŒrs richtige Timing nun mal ist, eine seiner Mitarbeiterinnen verriet mir, dass er fĂŒr mehrere Wochen abwesend sei, da er seinen mehr als verdienten Jahresurlaub gerade antetreten habe.
Also packte ich meinen Umschlag wieder ein und zog weiter, um kurz darauf in einer Einkaufspassage zu landen, fĂŒr die man vor gar nicht sooo langer Zeit die usprĂŒngliche Bebauung abgerissen hatte.
Ein Mordsbrimborium machte man damals rund um die Eröffnung, mit dem Ergebnis, dass nun alles leersteht, abgesehen von einer Postbankfiliale im Erdgeschoss, wo ich mich als Mitarbeiter ziemlich einsam fĂŒhlen wĂŒrde:
Ansonsten wie gesagt alles tot, die Rolltreppen nach oben sind komplett abgesperrt, man findet einfach keine Mieter mehr. đ
Ein StĂŒck weiter kam ich dann aber immerhin mit der Frage weiter, wo sich muslimische Frauen ihre Haare schneiden lassen, die ich mir ja schon seit geraumer Zeit stelle.
Da mich das Thema Friseur seit Corona intensiv beschĂ€ftigt, hielt ich wieder die Augen offen und sah erneut, dass es an jeder Ecke Barbershops gibt, die wie Pilze aus dem Boden sprieĂen, nichts aber fĂŒr Damen.
Bis auf einen einzigen Laden, der sein Können in Bezug auf Haut, Haare und NĂ€gel anpries und ein groĂes Schild im Schaufenster hatte, dass man ĂŒber einen "extra Hijab-Raum" verfĂŒge.
Aha, so lĂ€uft es also. Die Frauen mĂŒssen ins Verborgene, bevor sie das auspacken dĂŒrfen, was Allah oder auch einfach die Natur ihnen mitgab.
Einen Moment spĂ€ter fiel mir wieder auf, dass tĂŒrkische Brautmoden sich gut zu verkaufen scheinen, denn die anbietenden LĂ€den nehmen zu, genau wie die mit billigen langen GewĂ€ndern:
Nur fĂŒr meinen eigenen Bedarf sah es eher mau aus, zumal nun ja auch noch Galeria Kaufhof seine Standort geschlossen hat.
Immerhin gibt es noch eine Esprit-Filiale, fĂŒr mich selbst zu teuer und auch nicht mein Geschmack, aber da meine SchwĂ€gerin auf Namen und "es darf ruhig was kosten" steht, ergatterte ich dort fĂŒr sie ein erstes Weihnachtsgeschenk und fĂŒr F. fand ich spĂ€ter noch drei Kleinigkeiten, die er sowieso gebraucht hĂ€tte, als nix zum groĂartigen Sich-Freuen, aber immerhin hat er was zum Auspacken. đ
Dann trottete ich ein wenig unbefriedigt zum Bus, wo ich die nÀchsten 20 Minuten in unbeschreiblichem LÀrm verbrachte.
Direkt vor mir stand eine Frau, die tatsĂ€chlich von der ersten Sekunde an laut auf vermutlich RumĂ€nisch in ihr Handy brĂŒllte. Selbst als sie kurz vor mir ausstieg, sah ich sie auf der StraĂe weiterquatschen und dachte an das, was mir der Busfahrer beim Einsteigen erzĂ€hlt hatte.
Kurz zuvor habe er fast jemanden ĂŒberfahren, weil der, ohne ĂŒberhaupt auf irgendetwas zu achten, hinter einem anderen Bus hervorkam und nur auf eines konzentriert war, nĂ€mlich auf sein Handy. đ
Hinter mir saĂen in einer Viererecke zwei Frauen und zwei MĂ€nner, die sich sehr laut auf Arabisch unterhielten, schrĂ€g vor mir drei vollverschleierte Afrikanerinnen, von denen man nur die Augen sah und die munter miteinander plauderten und versuchten, dabei ihre Kleinkinder zu ĂŒbertönen, die herumkrĂ€hten, als wĂŒrden sie dafĂŒr bezahlt, und weiter vorn noch zwei grell blondierte Damen, die sich nicht weniger laut auf Russisch austauschten.
ZusĂ€tzlich klingelten immer wieder Handys, auf der anderen Seite des Ganges nahm ein Mann ein GesprĂ€ch entgegen und erklĂ€rte daraufhin seiner Begleiterin empört, nun habe ihm doch tatsĂ€chlich soeben seine Versicherung den Vertrag gekĂŒndigt - eine fast nette Abwechslung, weil ich ausnahmsweise mal verstand, worum es ging, denn er sprach Deutsch, aber am Ende war ich nur noch froh, als ich den Bus verlassen konnte, und mein vollestes MitgefĂŒhl gilt den Busfahrern, die solches Chaos den ganzen Tag ertragen mĂŒssen.
SpĂ€ter am Tag war ich nicht weniger fassungslos, als es im TV um Convenience-Produkte ging und ich erfuhr, dass man nun sogar schon tiefgefrorene Spiegeleier zu kaufen bekommt.đź
Was fĂŒr ein Irrsinn, wĂ€hrend man uns gleichzeitig erzĂ€hlt, wie dringend man doch mehr fĂŒr die Umwelt tun muss ...
Wie faul oder blöd kann man eigentlich sein, wenn man noch nicht mal mehr in der Lage ist, selber ein Ei in die Pfanne zu kloppen?
Eine ganz interessante Sendung ĂŒbrigens, die darauf hinwies, wie viel KĂŒchenwissen inzwischen verlorengeht, weil es zum einen nicht mehr von den MĂŒttern an ihre Kinder weitergegeben wird, zum anderen aber auch von Köchen in ihrer Ausbildung kaum noch gelernt wird, weil auch in den Lehrbetrieben vermehrt auf Convenience-Produkte zurĂŒckgegriffen wird, so dass die Azubis gar nicht mehr mitbekommen, wie man eine Kartoffel schĂ€lt, KrĂ€uter hackt oder Rouladen von Hand wickelt.
So, und nun ab in die KĂŒche mit mir, heute soll es Curryreis mit Röstzwiebel-Topping geben, dazu Fischfilet und Gurkensalat in KrĂ€unterjoghurt, fĂŒr den ich noch so einiges hacken muss, um beim Thema zu bleiben. đ
Habt einen schönen Tag und ... bleibt bitte gesund! đ
Auch hier gibt es einige LeerstĂ€nde. vor Ort und in der Innenstadt. Hier am Ort hat eine Metzgerei geschlossen und ein BĂ€cker hat sein Ăffnungszeiten deutlich reduziert. Ăltere herrschaften und ein Nachfolger fehlt. In der Innenstadt reiht sich ein Handyladen am anderen. An Weihnachstgeschenke denke ich noch nicht. Verschenkt habe ich trotzdem was: ein Trittleiter mit zwei Stufen. Ein junges Paar das erst vor kurzem geheiratet hat beschenkte ich mit einer Trittleiter, die ich weg geworfen hĂ€tte. Die junge Frau zeigte sich begeistert. Telefonieren auf der StraĂe scheint heute fĂŒr die jungen Leute kein Problem zu sein. Hier vor Ort wollte ich den Friseur aufsuchen. Pech fĂŒr mich. Es werden keine neuen Kunden mehr angenommen. In der Carola-Zeit haben zwei Mitarbeiterinnen sich einen andern Job gesucht.. Die Inhaberin arbeitet allein.
AntwortenLöschenDas mit den nun fehlenden Friseuren ist hausgemacht, denn wĂ€hrend man in der Coronazeit zwar dichtgedrĂ€ngt in der StraĂenbahn sitzen durfte, wurde ihnen das Arbeiten untersagt und viele trieb man damit in die Pleite.
LöschenDeine Friseurin hatte immerhin mehr GlĂŒck als meine, dass sie ihren Laden ĂŒberhaupt halten konnte, aber natĂŒrlich doof fĂŒr dich, wenn du nun nicht mehr hingehen kannst.
Stimmt, die HandylÀden hatte ich vergessen, die gibts hier auch wie Sand am Meer, sie scheinen die kleinen Import/ExportlÀden ersetzt zu haben.
Das mit der Trittleiter finde ich prima, ich bin ja sehr dafĂŒr, Dinge nicht einfach wegzuwerfen.
Hallo, Liebe "Rex-Mama!"
AntwortenLöschenIn Worms ist bereits seit 2020 der Kaufhof aus besiegelt.
2023 soll das ehemalige KaufhofgebĂ€ude zu einem BĂŒrokomplex mit kleineren GeschĂ€ften und Wohnungen in Betrieb und Besitz genommen werden können.
Ja, man muss aufpassen. Das die InnenstĂ€dte nicht aussterben. Ich wĂŒrde es wirklich sehr vermissen, nicht mehr durch die KaufhĂ€user bummeln zu können.
Dass man Spiegeleier kaufen kann, hatte ich bisher auch nicht wahrgenommen, nun ist jedoch meine Neugier geweckt.
Mir hat die erlebte Geschichte und die ZusammenhÀnge rund um den Spielzeugladen sehr gefallen. - Diese kleine Geschichte, sind immer was ganz Besonderes!
Liebe - unverschleierte - GrĂŒĂe
Vom lifeminder
Bei uns stehen die alten Kaufhausriesen bis jetzt leider alle leer herum, lieber lifeminder, das C&A-GebÀude z.B. schon seit sehr, sehr vielen Jahren und gleichzeitig gibt es einige BrachflÀchen mitten in der Stadt, wo man teilweise sogar sehr schöne alte Bebauung einfach abriss, dann sprangen offenbar die Investoren ab und nun gammelt alles vor sich hin.
LöschenDie fertigen Spiegeleier gibt es tiefgefroren zu kaufen, in meinen Augen der helle Wahnsinn, fĂŒr so etwas so viel Energie zu verpulvern, denn das sollte wirklich jeder irgendwie selber hinbekommen, ganz ohne den Umweg ĂŒbers Einfrieren, oder?
Der Spielwarenladen, ja, ich bin extra mal kurz darauf eingegangen, um daran zu erinnern, wie anders die Welt zur Zeit meiner Kindheit doch noch war und wie liebevoll man sich mit Details beschÀftigte, einfach um der Schönheit willen, wÀhrend heute jede Kleinigkeit durchdacht ist, um den Leuten so viel Geld wie möglich aus der Tasche zu ziehen.
Ich liebte es, mit dem Onkel am Schreibtisch zu sitzen, er hantierte mit groĂen Kartonbögen in verschiedenen Farben und ĂŒber allem schwebte immer der Duft von Plakafarben.
Einmal schnitt er z.B. aus Styropor einen ca. 1 Meter langen Pfeil zurecht, der dann mit Kartonagen beklebt und beschriftet wurde, als Hinweisschild auf die Kasse.
So hĂŒbsch hatte er das gemacht, sogar den ganzen Pfeil noch mit andersfarbigem Karton umrandet und er hing dann einige Jahre im Kassenbereich.
Schön war es damals im alten GebÀude, das auf mich mit seinen vielen NebenrÀumchen und vielen Ecken und Winkeln wie ein geheimnisvolles Zauberland wirkte wÀhrend der Neubau einfach offene FlÀchen auf zwei Etagen prÀsentiert.
Auf QualitĂ€t legte auch der GroĂvater schon groĂen Wert, inzwischen allerdings wirkt alles so politisch, moralisch und ethisch korrekt, dass sich in meinem durchaus innendrin noch vorhandenen Kinderherzken gar nichts mehr rĂŒhrt, denn es wirkt nicht so, als gĂ€be es dort ĂŒberhaupt noch etwas just for fun, sondern es scheint alles einem wohldurchdachten Lernzweck zu dienen.
Liebe Unverschleiert-ist-echter-GrĂŒĂe zurĂŒck! :-)