Ostersonntag ...

 ... die Sonne lacht und ich freue mich wie Bolle, dass ich nach dem langen Winter gleich zum ersten Mal wieder Söckchen und Sandalen zu meinem Kleid anziehen darf.

Den Gottesdienst in der hübschen und uralten Dorfkirche werden wir besuchen, meine Freundin muss hin, ich begleite sie und werde den schweren Schritten der Männer lauschen, wenn sie hochsteigen auf die hölzerne Empore, während wir Kinder uns vorn in die ersten Bankreihen setzen, von hinten beäugt von den Frauen, die peinlichst darauf achten, dass sich keines von uns danebenbenimmt.

Dann - endlich - ist es vorbei und wir dürfen losstürmen zum Eiersuchen bei den Kleppes.

Fräulein Kleppe ist die gestrenge Dame vom Gemeindeamt, das in der alten Fachwerkschule untergebracht ist - nie werde ich den muffigen Geruch der Akten vergessen -, und gemeinsam mit ihrer Schwester bewohnt sie das Gehöft auf der anderen Straßenseite von dem meiner Freudin und dem, wo ich selbst mit Großonkel und -tante lebe, zumindest immer, wenn ich dort bin.

Vielleicht Mitte 40 mögen sie sein, die beiden Jungfern, trotzdem kommen sie mir gehörig alt vor, macht aber nix, denn die vielen Eier, die sie jedes Jahr in ihrem großen Garten verstecken, machen alles wieder wett.

Sämtliche Kinder des Berges, in dessen Mitte so malerisch die Kirche steht, sind wieder eingeladen und unter großem Hallo suchen wir uns quer durch den Garten, achten dabei immer sorgfältig darauf, keine der liebevoll angepflanzten Blumen niederzutreten.

Anschließend beschenken wir uns noch untereinander, tauschen Eier aus und begutachten dann die gesammelten Schätze.

Auf damit zum Schießgraben, zumindest einen Teil von ihnen müssen wir dringend opfern fürs Eierkuddeln, dass sich besonders auf dem Huppel, also dem steilsten Stück des Berges, so vortrefflich spielen lässt.

Immer wieder lassen wir unsere Eier den Berg hinabkullern, der, dessen Ei am längsten überlebt, hat gewonnen und ich könnte jede Wette abschließen, dass es morgen in so machem Haus eine "Grüne Soße" geben wird, dann natürlich werden keine Lebensmittel verschwendet.

Über 50 Jahre ist das nun her und ich wünschte mir von Herzen, ich könnte es so noch einmal erleben, doch vermutlich würde es schon am Wetter scheitern.

Egal wie sehr heute alle über die Klimaerwärmung jammern, das Thermometer zeigt nur 5° - damals war es deutlich wärmer, und zwar zuverlässig zu jedem Osterfest, denn ich kann mich an keines erinnern, an dem ich nicht auf die Sandalen hätte wechseln dürfen.

Und eh sind fast alle Beteiligten von damals längst tot, selbst den kleinen Bruder meiner Freundin gibt es schon nicht mehr und wer weiß, würden die Frollein Kleppes noch leben, womöglich würden sie uns, politisch auf der Höhe der Zeit und immer korrekt, aus Tofu geformte, vegane Eier servieren? 😁

Okay, okay, so'n ganz kleines bisschen hat sich die Welt seit damals verändert, würden sich nicht die Tulpen und Narzissen im Garten den frostigen Temperaturen so beharrlich widersetzen, würde ich es vermutlich kaum noch mitbekommen, dass Ostern ist, denn geschmückt habe ich im Gegensatz zu früher ja gar nichts mehr, aber immerhin gibts nachher noch Käsekuchen. 😊

Und um mich vollends zu ernüchtern, spielte sich gestern dieser Dialog bei uns ab:

"Du liebe Zeit, ich Depp!"

"Was isch'n los?"

"Aldi hat diese Wochen die Geranien gehabt und ich hab nix gemerkt, weil wir keinen Prospekt kriegten."

"Na, da kannsch dann halt nix mache, ärger dich mal net."

"Doch, ich WILL mich aber ärgern!!!" 😣

Unfassbar, dass mir das passieren musste! *immerweiterärger*

Ich weiß es doch genau, dass die immer viel zu früh dran sind damit, und passe in dieser Zeit eigentlich immer auf wie ein Luchs, denn ohne Geranien geht bei mir an den oberen Fenstern gar nix im Sommer.

So vieles habe ich im Laufe der Jahre ausprobiert, aber besonders an der Schlafzimmerseite sind die Pflanzen der Mittagssonne wie auch jedem Wind und Wetter ausgesetzt. Nichts anderes will da zuverlässig funktionieren, nur Geranien sind so robust, dass ich an ihnen bis zum tiefen Herbst hin Freude habe.

Und nun?

Gestern sah ich im Baumarkt welche zu Wucherpreisen, während ich bei Aldi sechs Stück für 3.99 bekommen hätte.

Verdammter Mist, echt, und nur dem Umstand geschuldet, dass die letzte Woche so vollgepackt war mit Aktivitäten, die mich, selbst wenn sie dann teilweise ausfielen, so ablenkten, dass ich gar nicht daran dachte, mangels Prospekt doch mal im Internet nachzuschauen.

Wirklich ärgerlich, zumal ich nun auch die Blumen verpasst habe, die sie neben den Geranien noch anbieten und die ich dringend für den Garten gebraucht hätte.

Da wird die Badewanne wohl dieses Jahr leer bleiben, nachdem ich sie wie auch die Badkommode sonst immer mit Pflanzen vollpackte, bis es draußen endlich warm genug ist fürs Einbuddeln.

Da habe ich mir also selbst ein ganz spezielles (Oster-)Ei gelegt und bin nun schon mächtig gespannt darauf, ob ich es trotzdem noch bunt bekomme für den Sommer. 🙄

In diesem Sinne Frohe Ostern - möge es bei euch besser laufen als bei mir - und habt Spaß mit euren Familien, sofern vorhanden! 😀