Freitag, 28. April 2023

Es ist ein bisschen wie mit meinen Hunden, ...

... durch die ich einst begann, mich selber mit anderen Augen zu betrachten, und auch heute noch bewirkt Rex oft, dass ich mein Verhalten auf den Prüfstand stelle und mich frage, wie manches wohl bei ihm ankommen mag. 

Beim Beisammensein mit M. und A. kommt Vergleichbares heraus , denn oftmals wollen sie es so genau wissen, dass ich anfangen muss, die deutsche Sprache regelrecht zu sezieren, und bildete ich mir bisher vielleicht ein, einiges über sie zu wissen, merke ich nun, wie der veränderte Blickwinkel meine Einstellung dazu verändert.

Es geht um die Selbstverständlichkeit, mit der man als Muttersprachler einfach losquatschen kann und die Ausländern natürlich vollkommen abgeht.

Man stelle sich einmal vor, jemand wolle Näheres über das Wort Schlucken wissen.

Schon steht man da, denn wir tun es ja einfach, ohne groß darüber nachzudenken, oder könntet ihr jemandem spontan erklären, in welcher Reihenfolge sich dabei im Rachenraum was genau abspielt, woher die jeweiligen Impulse kommen und wie es dann weitergeht, wenn der Bissen erst einmal im Mund ist? 😮😂

Anderes Beispiel ist der leichte Autounfall, den M. vor einiger Zeit hatte.

Er fuhr langsam eine Straße entlang, vor ihm rangierte ein Wagen in eine Parklücke und zog dann ohne jede Vorwarnung noch einmal auf die Fahrbahn hinaus, so dass M. ihn seitlich erwischte.

"Wie heißt das Wort für das, was mir passierte?", wollte er von mir wissen.

"Du hast ihn angefahren oder gestreift ..."

Anfahren kennt er aber auch als "jemandem verbal die Meinung sagen", seufz, gar nicht so einfach, ihm zu klären, dass in diesem Falle das Anfahren eben ohne physischen Kontakt abläuft, und erst recht kompliziert wurde es, als er meinte, Streifen kenne er vom Handtuch, was das nun mit dem Unfall zu tun habe. 🤣

Und dann sind da die ganzen Präpositionen und die Artikel, die ihn schier in den Wahnsinn treiben, denn die türkische Sprache ist da sehr viel einfacher gestrickt. (Warum sagt man eigentlich gestrickt, was hat das mit Socken zu tun? 😁)

Auf den Wortschatz kamen wir zu sprechen, A. befragte sofort Suchmaschinen dazu und fand heraus, dass das Deutsche im Vergleich zum Türkischen ein Mehrfaches an Wörtern  beinhaltet, und während man dort für ganz verschiedene Tätigkeiten wie z.B. gehen und fliegen, den gleichen Ausdruck benutzt, gibt es bei uns für jede einzelne ganz viele verschiedene.

Gehen, laufen, rennen, wandern, marschieren usw., er will es dann halt ganz genau wissen, was die Unterschiede sind, und bringt mich damit manchmal echt ins Grübeln, wobei wir auch noch etwas anderes herausfanden.

Auf Türkisch heißt Schule "okul" und wenn man sagen will, (ich gehe) in die Schule, dann gibt es eben weder Präposition noch Artikel, sondern das Wort wird einfach zu "okula" verändert.

Türkisch ist eben eine agglutinierende Sprache, d.h. es werden einfach Endungen angehängt, um Mehrzahl, Vergangenheit, Fälle oder Personen anzugeben, was wesentlich unkomplizierter ist, und so ist es wohl auch zu erklären, wie sich die Jugendsprache hier verändert.

Die türkischen Jugendlichen lehnen den Satz an ihre Muttersprache an, lassen dementsprechend Artikel und Präposition einfach weg und so wird "isch geh Schule" daraus. Die deutschen übernehmen es und schon haben wir eine ganz neue Sprachentwicklung.

Spannend finde ich das und da mich das Thema genauso interessiert wie A. und M., haben wir schon diesbezüglich immer reichlich Gesprächsstoff, der sich nun auch noch zusehends erweitert, denn es war eine sehr gute Idee, dass A. und ich unsere Handynummern austauschten und jetzt über WhatsApp verbunden sind.

Gestern schickte ich ihr einen kleinen Blumengruß aus dem Garten, sofort kam ein Herzchen zur Antwort und wie sehr sie sich darüber freue, weil der Frühling ihre Jahreszeit sei.

Auch ich liebe es, wenn alles zum Leben erwacht, und so entstand ein fröhlicher Austausch, von ihrer Seite übrigens in fast tadellosem Deutsch und mit Fotos der Kinder am Baggersee, den ich natürlich dank meiner Hundegänge auch sehr gut kenne, ich zeigte ihr mein Rotkehlchen "Baby" und schließlich endete es damit, dass sie meinte, wir müssten unbedingt einmal zusammen spazieren gehen und auch ein Picknick machen.

Na klar machen wir das, ich freue mich auf gemeinsame Unternehmungen mit dieser Familie, die mir wirklich ans Herz zu wachsen beginnt. 🥰

Ansonsten gab es gestern viel Gartenarbeit - gut so, denn inzwischen regnet es schon wieder und ich habe auch gleich das Koniferenbaby eingepflanzt, nachdem ich den Vorgänger nach langem Kampf aus dem Topf herausbekam. 

(Auch so ein Fall, über den wir lange diskutierten: Kriegen, bekommen ... 😁)


 

Dieser Vorgänger war übrigens einst genauso winzig wie das neue Baby, doch er wuchs so schnell, dass der Topf bei Sturm ständig das Übergewicht bekam und umfiel, was dem Baum auf Dauer so zusetzte, dass er es vorzog, einzugehen.

Mal abwarten, wie sich Baby nun verhalten wird ... 😀


Habt einen schönen Tag und ... bleibt bitte gesund! 😉

7 Kommentare:

  1. Guten Morgen, liebe Rex-Mama,
    ich freue mich schon immer auf deinen Beitrag, wenn du bei der Familie M. und A. warst.
    Das ist ja eigentlich der Traum jeder Einwanderer, einen "Einheimischen" an der Seite zu haben, nicht nur um die Sprache zu lernen und mit Bürokratismus fertig zu werden, sondern Leben und Kultur zu verstehen, reinzuwachsen. Sie brauchen ja keine Piefke zu werden :-)
    So eine Art Leihkinder und -enkel "auszutragen" ist ja auch für dich bereichernd.

    Hast du gefragt, wo türkische Frauen ihre Haare schneiden lassen?
    Im Nachbarstädtchen gibt es seit Kurzem zwei Barbershops auf dem Marktplatz. Der eine hatte anfangs auch Damenpreise auf seiner Tafel, nach einiger Zeit war das überklebt.
    Der andere hatte von Anfang an nur Herrenpreise ausgezeichnet.
    Ich erinnere mich wieder an den Friseur im Kaufland bei uns, der selber nur Männern die Haare schneidet. Wenn keine Friseurin da ist, hat man Pech.
    Dürfen denn die muslimischen Frauen in einem öffentlichen Laden ihren Schleier eigentlich abnehmen? Wohl eher nicht, vermute ich....

    Hier regnet es heute auch wieder, aber am Wochenende soll es schön werden.

    Lieben Gruß :-)

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  2. Mehr oder weniger war das ein glücklicher Zufall, liebe Hermine.
    M. wusste ja zu berichten, dass bereits ein Fünftel der Einwohner unserer Stadt türkischen Ursprungs ist, d.h. wer neu hinzukommt, hat kaum Interesse an Kontakt mit Deutschen, weil man in der Regel hier viele Familienangehörige hat und die Community eh so groß ist.
    Für M. und A. sogar zu groß, wie sie immer wieder betonen, niemals würden sie in Stadtteilen wie Marxloh oder Hochfeld wohnen wollen, denn ihre hier lebenden Landsleute sind größtenteils überzeugte Erdogan-Anhänger, vor dem sie aber ja geflohen sind, so dass sie sich hier eher bedroht fühlen von ihnen.
    Diesem Umstand ist es wohl hauptsächlich zu verdanken, dass M. Kontakt zu Deutschen suchte, denn beide möchten beruflich vorankommen und sind ja so gebildet, dass sie eher nach Betätigungsfeldern suchen, wo man die deutsche Sprache beherrschen sollte, was ansonsten in den einschlägigen Stadtteilen gar nicht mehr nötig ist.
    Ich denke, wir profitieren alle davon und mir machen die Treffen wirklich immer mehr Freude, wobei ich die Friseursache aber noch nicht befriedigend klären konnte, weil ich es nicht richtig verstand, was A. mir sagen wollte, wobei ich aber auch nicht allzu indiskret nachhaken wollte.
    Ich bleibe aber dran. ;-)
    Zu den Barbershops hier mal ein Artikel:
    https://www.dw.com/de/mehr-als-nur-b%C3%A4rte-der-barbershop-boom/a-54899358
    Es deckt sich mit dem, was ich immer wahrnehme, offenbar handelt es sich in erster Linie um Treffpunkte für junge Männer der jeweiligen Nation. Kundschaft sehe ich eher selten, stattdessen sitzt oder steht man beieinander und quatscht, innen oder sehr gern auch vor den Läden, was mir auch das Herankommen an die Augenklinik ein wenig erschwerte, denn in unmittelbarer Nähe befinden sich etliche Barbershops und Kioske, so dass es sogar F. als ziemlich unangenehm empfand, sich immer durch diese Gruppen hindurchschlängeln zu müssen.

    Das Wetter, seufz, ich würde sooo gerne endlich meine Badewanne leeren.
    Die eine Gurke, die ja schon so angeschlagen wirkte, habe ich gestern einfach zur Petersilie gepflanzt, denn es ist letztlich egal, ob sie in ihrem Töpfchen oder an den nächtlichen Temperaturen kaputtgeht, aber beim Rest zögere ich noch und schaue jeden Tag in den Wetterbericht in der Hoffnung, dass ich dort endlich die erhellende Idee bekomme, wann ich mich trauen soll. :-)

    Lieben Gruß zurück! 😀

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  3. Bei uns ist auch wieder Regen im Kommen, liebe Rex-Mama, deshalb habe ich am Vormittag noch ein bisserl im Gemüsebeet gearbeitet, damit die Feuchtigkeit gut in die Erde sickern kann.
    Jetzt muss ich nur schauen, dass ich meine Pflanzerl von der Terrasse noch vorm Regen wieder einräume ...
    Für den Gemüsebau ist das Wetter gar nicht schlecht, aber langsam wäre mir warmes Wetter wirklich wichtig!

    Lieben Gruß

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  4. Übrigens habe ich deinen "verschwundenen" Kommentar zum 17. 4. (Gulasch) gerade aus dem Nirwana gekratzt - danke für die Links! Hattest du mir da irrtümlich eine mail geschrieben?
    Lieben Gruß

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    1. Nein, liebe Sparköchin, das war ein ganz normaler Kommentar, aber ich wunderte mich direkt, dass nach dem Absenden dann die Anmerkung erschien, er müsse erst freigeschaltet werden.
      Bei Hermine und lifeminder ist das immer so, also dachte ich, du hättest diese Funktion nun auch wieder aktiviert, doch am nächsten Tag ging es dann wieder ohne dieses Hemmnis.
      Keine Ahnung, was da geschehen sein mag, auf jeden Fall fand ich es ganz intererssant, wie sich das mit Gerichten und ihren Bezeichnungen verselbstständigt und regional dann ganz unterschiedlich gehandhabt wird.

      Lieben Gruß zurück! :-)

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  5. Hallo, Liebe "Rex-Mama!"

    Unsere deutsche Sprache ist wirklich vielfältig aufgestellt. Wobei mir die türkische nicht weniger spannend erscheint. Genauso bunt, nur auf andere Weisem, offenbar? - Vielleicht kann man damit auch wunderbare Wortverdrehereien machen, sofern man des türkischen mächtig ist?

    Toll, wie du diese Familie annimmst. Diese Familien offenbar auch dich. Nach den ersten Abenteuern war ich mir dessen
    nicht sicher, ob das wirklich gutgeht?

    Schön, dass es so was noch gibt?

    Ich frage mich gerade, wann hatte ich eigentlich zuletzt einen neuen wirklichen Freund in meinem Leben?



    Liebe - freundschaftliche - Grüße
    Vom lifeminder

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    1. Tatsächlich weiß ich noch viel zu wenig über die türkische Sprache, lieber lifeminder, als dass ich das wirklich beurteilen könnte.
      Orientalische Sprachen sind auf jeden Fall sehr "blumig" und daraus resultiert es, wenn nun auch unsere oder Jugendliche anderer zugewanderten Nationen Ausdrücke verwenden wie "Isch küsse deine Augen".
      Was allerdings die Vielfältigkeit angeht, habe ich gewisse Zweifel, darauf beruhend, dass M. ja schier daran verzweifelt, mit welch unterschiedlichen Worten man im Deutschen ein und denselben Vorgang beschreiben kann.
      Legt für mich irgendwie den Rückschluss nahe, dass dem im Türkischen nicht unbedingt so zu sein scheint?
      Neue Freudschaften, neue Entwicklungen gab es in meinem Leben eigentlich immer schon, liegt vermutlich daran, dass ich ziemlich offen bin für alles.
      Oft genügt eine Kleinigkeit, ein purer Zufall, schon tut sich eine völlig neue Richtung auf.
      Z.B. landete ich für 12 Jahre in Stuttgart, nur weil ich an einem Tag ausnahmsweise in die Tageszeitung schaute und diese Stellenanzeige entdeckte.
      Nur weil ich F. zu einer Radtour überreden wollte, leben wir seit 1996 mit Hunden zusammen, ausgerechnet ich, die ja zu großer Angst vor ihnen erzogen wurde, und auch mit M. und seiner Frau war es ein glücklicher Umstand, dass ich ausgerechnet jetzt in diese Nachbarschafts-App hineinschaute, deren Mails ich sonst meist ignoriere.
      Ich finde diesen Mix spannend aus Leuten, die ich seit jeher kenne, welchen von früher, die nach Jahrzehnten auf einmal wieder auftauchen und natürlich aus denen, die frisch hinzukommen.
      Für mich ganz wichtig, denn es gibt nichts Schlimmeres, als mit geschlossenen Augen auf der Stelle zu treten und nie über den Rand des eigenen Suppentellers hinauszulünkern. ;-)

      Liebe Immer-offen-für-alles-Grüße zurück! 😊

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