Samstag, 20. April 2024

Mamaessen

 Es geht aufwärts, toitoitoi.

Die Entzündungswerte gehen zurück, nur mit dem selbstständigen Atmen sind sie immer noch nicht zufrieden, deshalb bleibt er übers Wochenende auf jeden Fall noch weiter auf der Intensivstation.

Gestern lief es wie am Schnürchen mit den Bussen, deshalb war ich fast 40 Minuten zu früh im Warteraum und traf dort auf einen jüngeren Mann, der mich an M. erinnerte, auch wenn er nicht aus der Türkei, sondern dem Iran - Persien nannte er selbst es - geflohen war.

Auch er gemeinsam mit seiner Frau, auch er ohne jede weitere Familie hier vor Ort, doch im Gegensatz zu M. und A. arbeiten beide schon seit zwei Jahren, obwohl beide Familien ähnlich lange hier sind.

Und ... sie haben die gleichen Probleme, Deutsch zu lernen, da auch sie eine riesige Community der eigenen Herkunft vorfanden und kaum Kontakt zu Deutschen haben.

Die Frau wohl immerhin ein wenig, da sie in einem Altenheim arbeitet, er selbat aber habe, so sagte er, nur ausländische Kollegen, aus aller Herren Länder kämen sie, nur Deutsche seien nicht darunter.

Ich erzählte von meinen Erfahrungen mit M. und A. und dann kamen wir natürlich auf den Grund seines Hierseins zu sprechen.

Schon seit zwei Stunden warte er, denn sie seien gestern Eltern geworden und seine Frau nun sicherheitshalber auf Intensiv, da sie nur eine Niere habe, ansonsten sei aber alles in Ordnung.

Seine Mutter hatte ihm Anweisungen gegeben, ein "Mama-Essen" zu kochen, das die junge Mutter unbedingt heiß verspeisen müsse, doch nun ließen sie ihn nicht hinein zu ihr und das gute Essen war längst kalt. 

Was für ein angenehmer Mensch, dezent, humorvoll, intelligent ... und was für ein Kontrast zu der türkischen Großfamilie, die nun im Wartebereich aufschlug.

Zu fünft oder sechst waren sie angerückt, einer dicker als der andere, eine ältere Frau mit derart ausladendem Hinterteil, dass sie sich nur noch höchst mühsam auf Krücken fortbewegen konnte.

Und was für einen Lärm die veranstalteten, unvorstellbar und ich war ziemlich erstaunt, dass sie die tatsächlich später alle einließen, denn normalerweise ist die Besucherzahl pro Patient auf zwei begrenzt.

Kurz vor Ende der Warterei trudelte dann auch noch meine Gesprächspartnerin vom Vortag ein, aber wir hatten keine Zeit mehr zu reden und auch auf dem Rückweg trafen wir nicht mehr aufeinander. 

Eigentlich war's mir ganz recht so, bin das Reden immer weniger gewöhnt, denn anrufen tut kein Mensch, lediglich F.s Schwester meldete sich, kaum dass ich abends die Haustür aufschloss, aber da sie bezüglich F. eh auf dem Laufenden war, ging es nur um die Probleme, die sie gerade beim Einrichten von Magenta TV haben.

Dann kümmerte ich mich weiter um die zerlegten Betten - wenn F. heimkommt, möchte ich nach dem Infekt alles hygienisch sauber wissen, und so kämpfe ich mit zwei Wäscheständern und Heizkörpern, um alles irgendwie trocken zu bekommen, denn draußen lässt Petrus es ja nicht zu.

Noch ein paar Umfragen abgearbeitet und schon war es Mitternacht - immerhin Let's Dance hatte ich mit einem halben Auge nebenher verfolgen können und dann fiel ich nur noch platt auf mein Sofa - den aufgeklappten Läppi mit WhatsApp immer im Blick.

Heute früh bin ich dann beizeiten los zum Einkaufen - F. gelüstet es stark nach Zitronensprudel und ... hihi, immer noch nach Bier, das ich besorgte, aber wohl eher nicht mit zum KH nehmen werde Muss da noch mal Rücksprache halten ...

Und Schuhe, herrjeee, was war eigentlich mit den Crocs passiert, die er zurzeit als Hausschuhe trägt?

Hier sind sie nicht, als muss er sie wohl an den Füßen gehabt haben, als der Notarzt ihn am Sonntag mitnahm, doch ... hatte ich die nun im KH irgendwo gesehen?

Nein, und auch F. wusste nichts darüber, stellte fest, dass er keinerlei Schuhe dort hat.

Also bin ich noch schnell zu Tedi, habe neue besorgt - mit Maßband ausgemessen, weil ja auf die Größenangaben kein Verlass ist, und nun sollte ich nachher nicht vergessen sie mitzunehmen.

Und nun rasch hier noch alles Nötige erledigen und mich noch etwas dem armen Rexibubi widmen, bevor er ab halb zwei wieder alleine hier herumsitzen muss.


Habt einen schönen Tag, genießt das Leben und ... bleibt bitte gesund!

 


2 Kommentare:

  1. Hallo, Liebe "Rex-Mama!"

    Wie du dieses Tagespensum abarbeitest bewundere ich sehr. Dazu erst gegen Mitternacht ins Bett, sicher nun schon wieder bei "F".

    Bleibt zu hoffen, dass die Crocs doch noch auftauchen und die neuen "Schlappen" passen?

    Verwundert bin ich immer wieder aufs neue, wie leicht du mit allen möglichen Menschen in Kontakt kommst.
    Schmunzeln musste ich über die türkische Großfamilie.

    Bleibt zu hoffen, dass die Entzündungswerte in "F" weiter zurückgehen, ich bin da auch voller Hoffnung.

    Dass die Politik dieses Problem noch nicht erkannt hat, wundert mich sehr, wie bringt man die Völkergruppen in unserem schönen Land einander näher? - Es heißt doch, der Mensch sei ein Herdentier.


    Letztendlich bleibt zu hoffen, dass "F" nach dem Wochenende schon vielleicht wieder bald nach Hause darf, und somit zumindest eine kleine Sorge weniger bei euch vorhanden ist?



    Liebe - bewundernde - Grüße
    Vom lifeminder

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    1. Zum Schmunzeln war es leider nicht, lieber lifeminder, denn wie wir heute erfuhren, war der Sohn, Bruder, Neffe, Enkel in eine Messerstecherei verwickelt und nun munkelte man sogar von Polizeischutz, was unser eigenes Sicherheitsgefühl nicht eben verstärkte.
      A. erzählte auch schon davon, dass es bei ihnen üblich ist, mit der ganzen Familie zu Krankenbesuchen aufzuschlagen, und zwar mit sehr, sehr viel Essen.
      Familientreffen im Krankenhaus halt und das wird in der Regel sehr, sehr laut und macht sowohl dem Personal wie auch den Mitpatienten das Leben nicht unbedingt leichter.
      Das Zauberwort wäre Integration bzw. sich an die Gepflogenheiten im neuen Land anzupassen, doch wozu, wenn die eigene Community doch in großem Umfang vorhanden ist?
      Da kann die Politik gar nix machen, es besteht doch in der Regel gar kein Interesse, sich zu vermischen.
      Du sagst es, der Mensch ist ein Rudeltier und natürlich zieht man das eigene Rudel einem fremden vor, weil es da viel mehr Verbindendes gibt.

      Liebe "Etwas müde, aber trotzdem noch mal für zwei Stündchen die Ärmel hochkrempeln"-Grüße zurück! ;-)

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