Sonntag, 3. September 2023

Mein begnadetes Händchen fürs perfekte Timing ...

 ... habe ich gestern mal wieder bewiesen.

Die Tage war ich ja in diesem Soziallädchen, in dem auch A. so gerne einkauft, und fragte, ob man ihnen ins halb leere Büherregal im Eingangsbereich auch etwas hineinstellen dürfe.

"Neiiiin", erfuhr ich mit einem deutlich pikierten Unterton, "das machen WIR doch!"

Aha ..., aber ob ich ihnen denn dann Bücher direkt in die Hand drücken dürfe, damit sie sie dann ins Regal stellen, fragte ich nun und bekam einen positiven Bescheid.

Nachdem mein freitäglicher Einkaufstag ja buchstäblich ins Wasser gefallen war und ich ihn notgedrungen auf gestern verschieben musste, überlegte ich, dass ich den Sack mit dem Altglas noch etwas länger in der Speisekammer stehen lassen würde, um stattdessen eine Ladung der aussortierten Bücher auf dem Küchentisch loszuwerden.

Gesagt, getan, ich belud meinen Trolley mit ca. 15 fest gebundenen Büchern und machte mich gut gelaunt auf den Weg, nur um dann ... vor verschlossener Tür zu stehen: Samstags geschlossen. 😯

Selber schuld, ich hätte mir halt die Öffnungszeiten vorher ansehen sollen, aber nun stand ich wieder einmal blöd da mit meinen Büchern und wusste nicht, wohin damit, denn beim Einkaufen konnte ich sie ja wahrlich nicht gebrauchen.

Wollte ich nicht erst wieder alles nach Hause karren, blieb mir nur noch der Telefonzellen-Bücherschrank, der sich immer noch mitten in der Baustelle befindet.

Wieder hatte ein Mitbürger einfach eine der Absperrungen schräggestellt, so dass ich hineinmarschieren konnte, doch - wie doof - die Arbeiter haben zwar umgeräumt, doch auch danach haben sie sich ausgerechnet die Stelle vor der noch immer halb offenen Tür als Ablageplatz für alles Mögliche ausgewählt.

Noch mehr klettern musste ich dieses Mal, doch irgendwie gelang es mir, nach und nach alle Bücher so auf den Berg, der sich im Inneren bereits angehäuft hat, zu bugsieren, dass mein Trolley leer wurde und ich meiner Wege ziehen konnte.

Was mach ich denn bloß mit den anderen Stapeln vom Küchentisch?

Wenn das so weitergeht, wird es mir echt zu blöd, aber sie einfach ins Altpapier zu geben, da sträubt sich alles in mir gegen. 

Und es wird nicht eben einfacher, machte ich mich doch heute schon sehr früh an den antiken Schrank aus dem gräflichen Schloss, in dem ich als Kind die Ehre hatte, mit dem Großonkel für einige Jahre leben zu dürfen - weil die letzten Gräfinnen nach dem Krieg Räume untervermieten mussten, um zu überleben.

Einen Teil der dazugehörigen Bücher habe ich in eine ebenfalls von dort stammende Truhe umgelagert, um etwas Platz für meinen eigenen Kram zu haben, doch nun entdeckte ich, dass ich in meiner Not nach dem Tod meines Vaters (als so ungeheuer viel den Weg zu uns fand) dort u.a. erst mal seine alten Fachbücher untergebracht hatte, alles zum Thema Installateur, was ja F. ebenfalls betraf und auch schon dessen Vater, der den Beruf auch einst erlernte.

Sogar von ihm gibt es hier noch eine fast hundert Jahre Mega-Schwarte zum Thema.

Ob das nicht alles wegkönne, fragte ich F. ganz unschuldig und hätte es natürlich besser wissen müssen.

Um Gottes Willen, die guten Bücher ...🙄

Nun liegt also ein weiterer Stapel herum und ich grübele, ob es überhaupt noch irgendwen geben könnte, der sich dafür interessiert?

Das aber nur am Rande, denn viel mehr bewegte mich, was mir dann noch begegnete.

Nur ganz wenige der ganz alten Bände öffnete ich, stieß dabei auf die wunderschön verzierte Hochzeitsbibel von Großonkel und -tante vom August 1933.

Da war mein Papa gerade drei Monate alt ... und keiner ahnte, was hier im Lande einige Jahre später an Schrecklichem geschehen würde.

Im Gegenteil, sie hatten den ersten Weltkrieg hinter sich und sahen vermutlich hoffnungsvoll in ihre gerade erst beginnende Zukunft.

Genau wie diese junge Dame, die ihren Namen vorn in die "Nibelungen" eintrug:


 



Erst bekam ich einen Schrecken, weil ich schon befürchtete, es könne sich um die gehandelt haben, deren Totenbuch mir immer wieder so unter die Haut geht:


Dann sah ich mit Freude, dass es eine ganz andere Prinzessin war, wobei diese hier offenbar nicht einmal einen eigenen Vornamen hatte, sondern Prinzessin Wilhelm zu Württemberg hieß ...

Meine Beruhigung darüber, dass zumindest "meiner" Mathilde Prinzessin zu Sayn Wittgenstein ein längeres Leben vergönnt war, sollte leider nicht lange anhalten, denn beim Suchen im Internet stieß ich auf dies hier.

Schätze, dass es sich dabei um "meine" Mathilde handeln dürfte. Sie hat also 8 Jahre nach ihrem Eintrag geheiratet und starb nur ein Jahr darauf im Kindbett. 😢

Nicht uninteressant, dass dieses Antiquariat dieses Hochzeitsbuch für 180 Euro anbietet. 

Was mögen dann meine gesammelten Schätze wohl wert sein?

Wobei mich deren materieller Wert aber tatsächlich kaum interessiert, viel wichtiger ist mir der ideelle.

Wie hübsch sie war und ... ob sie ihren Friedrich, Freiherr von Vincke wohl geliebt hat und was mag aus dem Kind geworden sein, bei dessen Geburt sie starb? 

Wenn ich es richtig ermittelt habe, überlebte ihr Mann sie um 44 Jahre ...

Wie schade, wenn die Hinterlassenschaften all dieser längst Verstorbenen später so auseinandergerissen werden, sofern sie überhaupt noch existieren.

Hach, wie gerne würde ich von jedem, von dem ich alte Schätze besitze, den Lebensweg nachvollziehen und mir zumindest ansatzweise vorstellen können, wie er als Mensch wohl war, was er erlebte.

Und noch ein Büchlein entdeckte ich, ein ganz dünnes nur, aber es brachte mich ganz schön ins Stutzen.

Eine Gretel Wesener hat es wem auch immer geschenkt und vorne vermerkt, es solle eine Erinnerung sein an die netten Plaudereien.

So weit, so gut, doch was mich irritiert, dass Gretel als Ort ausgerechnet den angibt, in dem wir heute leben und der damals noch eine eigenständige Stadt war.

Das Büchlein stammt aber aus dem mehr als 200 km entfernten Grafenschloss in Nordhessen, von dem mir bisher keine Verbindung ausgerechnet nach hier bekannt war.

Was für ein merkwürdiger Zufall ist das nun wieder?

Sollte ich vielleicht mal nachforschen, ob es hier noch Nachfahren jener Gretel gibt? *grübel*


Hach ja, so etwas fasziniert mich ungemein und irgendwie habe ich tatsächlich das Gefühl, indem ich mich Menschen widme, die vor rund 200 Jahren lebten, könnte ich sie wieder lebendig machen - ein ganz klitzekleines bisschen natürlich nur, aber immerhin ... 😉


Und nun merke ich, dass ich mit meinen Träumereien sehr viel Zeit verdaddelt habe, die ich dringend für den Garten benötige, denn heute spielt das Wetter ausnahmsweise mal mit, also sollte ich jetzt hurtig was tun. 😀


Habt einen schönen Tag und ... bleibt bitte gesund! 🙂

 

9 Kommentare:

  1. Liebe, ist es nicht dein Gefühl für ein Paralleluniversum welches dir die Sicherheit deiner Gefühle für die Vorderen vermittelt. Derartige Literatur, welche in deinem Besitz ist, ist für dich essentiell und kann niemals im Altpapier landen.
    🙏😀 Faradei

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  2. So ein Telefon Bücherhäusle gibt es auch hier vor Ort. Allerdings bisher nicht sehr stark "befüllt". Das ist ja ein sehr schöner Einband des Nibelungenbuches und sicher auch kostbar. Damals waren die Bücher nicht nur Lesestoff, sondern auch echte Schmuckstücke. Hast du schon mal gelbe Tomaten gesehen oder sogar in deinem Garten gehabt. Diese Woche bekam ich allerlei selbst angebautes Gemüse von der Cousine meiner Mutter. Dabei war auch ein gelber Zucchini., das hatte ich bisher nur im Supermarkt für teueres Gedl gesehen. Deshalb fiel der Kauf ins Wasser. Die gelben Tomaten haben einen eingenartigen Geschmack - nämlich gar keinen. Jetzt werde ich mal nach Tomaten Rezepten Ausschau halten.

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    1. Das stimmt, nicht umsonst trugen die Prinzessinnen ja vermutlich voller Stolz vorne ihre Namen ein.
      Zu gelben Tomaten zeige ich dir gleich im Blog mal ein Foto, denn ich habe dieses Jahr welche, und zwar gelbe Minis, die aber wirklich gut schmecken.
      Eine gelbe Zucchini hatte ich ja auch, leider blieb es bei dem einen Exemplar.
      Übrigens habe ich die Deklination nun endlich einmal nachgeschlagen. Im Italienischen muss der Singular natürlich Zucchino heißen, aber das Wort ist längst eingedeutscht und laut Duden ist dann "eine Zucchini" korrekt.
      Wollte ich doch endlich mal rauskriegen ... ;-)))))
      Was hast du denn nun aus den Tomaten gemacht?
      Bevor ich sie verkoche, würden sie bei mir ja vorzugsweise im Salat landen. :-))

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  3. Hallo, Liebe "Rex-Mama!"

    Schön, dass du die Bücher doch noch irgendwie losgeworden bist. "F" scheint sich von Dingen genauso schwer trennen zu können wie ich, wobei das bei mir langsam besser wird, seit ich mich frage, nehme ich das je wieder in die Hand?

    Ich erinnere mich so gut, das soll was heißen wie du vom Salon und anderem berichtest in dem Schloss, in dem du einige Lebensjahre verbracht hast. Auf dem Blogportal, das lange mein Zuhause war und noch viel länger deines.

    Sayn Wittgenstein, damit hast du bei mir was ausgelöst. 2004 las ich "Filippas Engel - aus den Tagebüchern der Filippa Sayn-Wittgenstein", die leider viel zu früh bei einem Autounfall verstarb. Ein Buch, das mich damals berührte. Es heute auch noch tut. Ich habe es gesucht und gefunden und geblättert. - Hierfür Danke.

    Dein Graben und Nachforschungen zu allen möglichen Themen ist stets inspirierend. - Lass dich ja nicht bremsen.

    Ich bin sehr gespannt, wie die "Rex-Mama" den Sonntag verbracht hat?



    Liebe Grüße
    Vom lifeminder

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    1. Lach, lieber lifeminder, den Sonntag verbrachte ich wie eigentlich jeden Tag u.a. mit ziemlich viel Arbeit, denn die Umfragen kennen ja kein Wochenende und auch das Chinagras wollte endlich vollständig zurückgeschnitten werden, was ziemlich mühsam war.
      Und - noch mal lach -, nee, natürlich werde ich mich nicht bremsen lassen, denn mein Kopf giert ja regelrecht darauf, sich auf alle möglichen Themen zu stürzen. :-)))

      Liebe Montags-Grüße zurück! :-)

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  4. Da lobe ich mir das Österreichische Wörterbuch, das ist viel toleranter und erlaubt beide Varianten: Zucchino und Zucchini :)
    Naja, wir liegen ja auch südlicher als ihr, wir haben vielleicht schon ein bisserl mehr von der mediterranen Entspanntheit!
    Lieben Gruß

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    1. Lach, der Duden erlaubt es ja, gibt die italienische Form aber als die seltener gebraucht an.
      Unterscheidet der Duden denn eigentlich bei den einzelnen Ländern? Ich hätte gedacht, dass ihr den gleichen wie wir benutzt?

      Lieben Gruß zurück!

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    2. Eben. Der Duden ist der gleiche, deshalb benutze ich lieber das Österreichische Wörterbuch. Ob du es glaubst oder nicht: Wir haben ein eigenes!

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    3. HIhi, in expliziter Opposition zum Duden sogar:
      https://de.wikipedia.org/wiki/%C3%96sterreichisches_W%C3%B6rterbuch

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