Samstag, 18. Februar 2023

Zwei Dinge noch zu gestern ...

 Zum einen gibt es eine Diskrepanz, die mir - eh lange bekannt - nun durch M. wieder ins Auge sprang.

Er ist in seiner Community bestens vernetzt, weiß genau, welches Amt für was zuständig ist, wer welchen Sprachkurs bezahlt usw., doch ansonsten konsumiert man TV und Nachrichten aus dem Herkunftsland, zum einen sicher wegen sprachlicher Defizite, zum anderen mangelt es wohl aber auch schlicht an Interesse.

Unter anderem hatten wir uns auch über das Thema Abnehmen und Sport unterhalten, er erkundigte sich nach Vereinen und schließlich ging es ums Schwimmen.

Ich erzählte, wie wir Bürger vor Jahren mit großem Aufwand immerhin unser örtliches Freibad retteten, während der Hallenbadteil aber nicht zu halten war und nun einem Verein gehört.

Das verblüffte ihn, erst recht als ich weiter ausführte, dass es so in fast jedem Stadtteil läuft, ob Bibliotheken, Sporteinrichtungen, Angebote für die Jugend, alles wird nach und nach eingestampft und nun wollte er den Grund dafür wissen.

Geld, diese Stadt ist pleite, es reicht nicht mal mehr für das Nötigste, die Schulen verkommen, die Straßen sind Löcherpisten und für die Bürger gibts kaum noch etwas ...

Ja, wie das denn sein könne? Deutschland sei doch ein so reiches Land?

Er fiel aus allen Wolken, kein Wunder, ich habe es in Tunesien und Thailand erlebt, dass man automatisch jeden Deutschen für reich hielt, und vorgestern blies Ralf Stegner bei Lanz noch einmal ins gleiche Horn, als er sagte, Deutschland sei ein reiches Land.

Gut, das wird M. nicht mitbekommen haben, so wie er im Grunde überhaupt nichts über diese Stadt weiß, also fasste ich es für ihn einmal kurz zusammen, wie es hier war, als der Laden noch brummte, bis dann der Niedergang von Bergbau und Schwerindustrie einsetzte.

Übrig blieb ein riesiges Heer von teilweise nur angelernten Arbeitskräften aus dem In- und Ausland, die nun alle versorgt werden mussten, da es kaum neue Stellen für sie gab.

Hinzu kamen die hohen Transferzahlungen, die die Stadt nach der Wiedervereinigung in den Osten leisten musste, und natürlich weiterer Zuzug in die Sozialsysteme.

Gerade mal nachgeschaut, wir haben hier eine Arbeitslosenquote von über 12 Prozent und mehr als 10 % der eigentlich Erwerbsfähigen erhalten Hartz IV, was man natürlich erst mal aufbringen muss, und klar, dass dafür dann an anderer Stelle gespart wird.

So viel zum "Fachkräftemangel" und ich halte es für ziemlich dämlich, wenn Politiker weiter die Mär vom doch so reichen Land verbreiten, während Niedriglöhner (von denen es viel zu viele gibt) und Rentner Papierkörbe nach Pfandflaschen durchsuchen und an den Tafeln Schlange stehen! 😣

Und dann ließ mich natürlich auch das Thema "Schuhe ausziehen" nicht mehr los, weil es mich doch ziemlich verblüffte, wie sehr die Meinungen dazu auseinandergehen. 😁

Den Artikel, den ich dazu verlinkt hatte, fand ich recht erhellend, stellte er doch die Sicht einer Migrantin, also von innen und außen dar, zumal sie das Wort "Spießer" ins Spiel brachte.

 Oh ja, so richtiges Spießertum lernte ich auch schon als Kind kennen. Da waren z.B. Bekannte aus der Schwimmclub-Klique meiner Eltern.

Meine Mutter wunderte sich oft, dass  dort das ganze Haus wie aus dem Ei gepellt wirkte, wann immer man hinkam. Küche und Bad waren wie alles picobello, so als würde dort überhaupt keiner wohnen.

Des Rätsels Lösung lag im Keller, wie sie dann später herausfand, denn dort existierten beide Räume noch einmal, d.h. gekocht und geduscht wurde dort unten, so dass man oben immer das perfekte Ambiente präsentieren konnte. 😁

Ähnlich läuft es auch heute noch bei den oberspießigen Eltern einer Freundin von mir, man hat Vorzeigeräume und welche, in die kein Fremder hieinkommt.

Womöglich hängt das noch damit zusammen, dass es einst ja durchaus üblich war, sich mit der Familie in der Wohnküche aufzuhalten, während die "gute Stube" nur geheizt wurde, wenn am Wochenende Besuch kam?

Keine Ahnung, jedenfalls passt es bei solchen Leuten auch perfekt ins Bild, wenn sie extra früher aufstehen, nur damit die Rolläden beizeiten hochgezogen sind. 

Was sollen denn sonst die Nachbarn denken ...? 😮😂🤣😂

Und dann gibt es natürlich auch die mit dem Putzteufel-Gen.

Bei einer Verwandten von uns traut man sich kaum, einen Wasserhahn zu benutzen, weil sie sofort mit dem Putzlappen hinter einem steht und nachwischt, damit um Gottes Willen kein Kalkrändchen entstehen kann.

Sitzt man auf dem Sofa, flitzt sie mal eben mit dem Mopp über die Treppe, weil man diese zuvor hinabgegangen war, und eine andere Freundin hockt beim gemeinsamen Rauchen auf dem Balkon mit Handfeger und Kehrblech dort und fegt umgehend jedes womöglich hinabgeflogene Aschekrümelchen auf, selbst wenn gar keines zu sehen ist. 😁

Gut, wenn es sie glücklich macht ..., aber eines ist den beiden Letztern gemein, noch nie musste ich die Schuhe bei ihnen ausziehen, obwohl es eigentlich gut ins Gesamtbild passen würde. 

Und bei mir selbst wird es ganz sicher nie jemand müssen, denn zwar lege ich durchaus Wert auf eine einigermaßen saubere Wohnung, besonders in Küche und Bad kann sogar ich ein wenig pingelig sein, aber ... eines will ich hundertprozentig nicht, nämlich vom Boden essen können.

Alles keimfrei und steril? Da braucht man sich nicht zu wundern, wenn immer mehr Krankheiten, Unverträglichkeiten oder was auch immer auftauchen, und nein, ich werde auch nicht anfangen, Rex bei jedem Rein und Raus jedes Mal die Pfoten zu waschen. 😁

Jeder nach seiner Facon eben und natürlich entblöße ich brav meine Füße, wenn es von mir verlangt wird, aber als angenehm empfinde ich es nicht ...😉  

Und dann war da auch noch die Omi, von der ich ganz vergessen hatte zu erzählen.

Auf dem Rückweg von M. kam sie mir vorgestern auf unserer Straße entgegen, wirklich uralt, mit Rollator und das weiße Gesicht wirkte so eingefallen, dass ich kurz überlegte, wie weit das Jenseits wohl noch von ihr entfernt sein mochte.

Doch im Gegensatz zu diesem Eindruck wirkte sie sehr lebendig, schon von Ferne sah ich, dass sie vor sich hin brabbelte und nun fiel mir auch auf, dass sie über Hose, Pullover und Perlenkette gar keine Jacke trug.

Also war mal wieder jemand nebenan im Heim ausgebüxt, da würde ich etwas tun müssen.

Schon war sie heran und schimpfte sofort los, man halte sie dort gefangen, dann wurde es unverständlich.

"Ach, kommen Sie", sagte ich, "wir gehen mal zusammen hin, dann rede ich mal mit denen, denn das ist ja wirklich nicht in Ordnung."

Neiiiin, auf gar keinen Fall würde sie dorthin noch einmal zurückgehen, keifte sie nun regelrecht und wenn ich ihr nicht helfen wolle, dann würde sie jetzt eben überall klingeln.

Du liebe Zeit, und nun?

Ich versuchte es noch einmal ganz lieb, hatte die Hoffnung, ich könnte sie vielleicht unterhaken und langsam zurück zum Heim begleiten, aber keine Chance, egal wie sehr ich ihr versprach, mich kümmern zu wollen, sie war nicht zur Umkehr zu bewegen.

In ähnlicher Form ist mir das schon häufig passiert, doch nun war es das erste Mal, dass ich tatsächlich hilflos war, denn zwingen konnte ich sie nun nicht dazu, zumal nun auch der viele Tee, den ich bei M. getrunken hatte, begann sich bemerkbar zu machen, also verabschiedete ich mich freundlich, wünschte ihr alles Gute und rannte im Sauseschritt los, um die Ecke herum und bis zum Haupteingang des Heimes.

Wo ich dann allerdings das Problem hatte, dass der Empfang - wie meistens - nicht besetzt war.

Nach einigem Suchen konnte ich jemanden in der Kantine auftun, schilderte, was Sache war und in welcher Richtung die alte Dame sich bewegte.

Dass ich gern mehr getan hätte, fügte ich noch hinzu, aber nicht wusste, was, stieß damit auf großes Verständnis - nein, das hätte ich ja auch nicht können, sagte man mir und bedankte sich herzlich.

Dann bekam ich noch mit, wie jemand herbeigerufen und losgeschickt wurde, um die Entflohene wieder einzufangen, also konnte ich beruhigt nach Hause und in Richtung Klo gehen. 😀

Was mir dadurch aber wieder mal bewusst wurde, war, dass ich beizeiten anfangen sollte, Tabletten für den Notfall zu sammeln, denn sollte ich selbst einmal in die Lage kommen, dass es alleine nicht mehr geht, nein, so enden möchte und werde ich auf keinen Fall, so es denn in meiner Macht liegen sollte, das selbst zu entscheiden.

Wohlgemerkt, ich meine Pflegeheime - ob bei meiner Schwiegermutter oder bei den Nachbarn, ich erlebte und erlebe es so oft, wie sehr viele darunter leiden, das hat mit lebenswert nicht mehr viel zu tun.

Etwas anderes ist es natürlich, wenn man über das nötige Kleingeld verfügt und sich beizeiten in einer "Seniorenresidenz" einmieten kann, da mag es sich durchaus aushalten lassen. 😉

Und nun genug, denn heute müssen wir endlich losfahren, um die Getränkevorräte aufzufrischen, und ich will auch mal sehen, ob es nicht möglich ist, zumindest im Baumarkt getrocknete Rinderkopfhaut für Rex zu einem irgendwie noch annehmbaren Preis zu bekommen.

Schlimm, wie auch die Preise für Hundefutter nach oben schießen, und vieles von seinen Lieblingsdingen bekommt man eh gar nicht mehr. 🙄


Habt einen schönen Samstag und ... bleibt bitte gesund! 😀


4 Kommentare:

  1. Fachkräftemangel ist genau so ein Mist, wie die Erzählungen, dass die Rente nicht reichen würde. Dass der Rentenkasse mehr entnommen wird als reingezahlt von den Verantwortlichen sagt niemand. Und wenn alle Versicherungsfremden Leistungen nicht aus der Rentenkasse bezahlt würden, dann kann die Rente morgen um 12 % steigen. Wird aber NICHT gemacht !! Hier in unserem kleinen Ort mit etwa 6000 Einwohnern gibt es ein Hallen-und Freibad. Das Freibad wird von einem Förderverein getragen. Und ja, Fachkräftemangel, da stimmt dir zu. Was ist mit den Menschen die aktuell in den Statistiken geführt werden. Sind die alle wirklich schlecht vermittelbar? Und es wird weitere Arbeitslose und Pleiten geben.

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  2. Vermittelbar wären sie vermutlich schon, wenn sich jemand die Mühe machen würde, es zu versuchen.
    Wobei die Statistiken meines Wissens aber eh um die geschönt sind, die sich gerade in irgendwelchen Maßnahmen befinden.
    Wir wirkliche Zahl der Arbeitslosen dürfte um einiges höher sein.
    Das mit dem Schwimmbad ist ja interessant. Woher finanziert sich denn dieser Förderverein eigenlich?

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    1. Rex-Mama, viele sind Mitglieder aus dem Ort. die Mitglietsbeiträge bezahlen und Speden abliefern. Ich könnte da im Sommer auch hin laufen.Zugegeben groß ist es nicht. Das Hallenbad, das neben dem Freibad ist, in dem ich beim Aqua-Jogging gemacht habe gehört der Stadt. Zum Thema Fachkräftemangel habe ich eben ein Artikel gelesen, ein Drehermeister fährt Taxi weil er nach 300 Bewerbungen immer noch keinen Job hat.

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    2. Ja, so in der Art höre ich es auch sehr oft, erst neulich ja erst bei der Trauerfeier für den Nachbarshund. Die Leute schreiben sich die Finger wund mit Bewerbungen, aber die Firmen haben es noch nicht einmal nötig, auch nur zu antworten.

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