Donnerstag, 2. Februar 2023

Körperverletzung

 Während ich staunend nach Frankreich schaue, wo die Leute auf die Straße gehen, weil sie es nicht einsehen, auch nur einen Tag länger als bis 64 zu arbeiten, wundere ich mich wieder einmal darüber, dass hier in Deutschland die rapide wachsende Altersarmut fast klaglos hingenommen wird.

Durch das von der SPD verursachte Lohndumping und das immer weiter abgesenkte Niveau sind die Renten teilweise so niedrig, dass es keinen Spielraum gibt, Inflation und horrende Energiepreise auffangen zu können, mit der Folge, dass die Leute frierend in ihren ungeheizten Wohnungen sitzen, so wie wir ja nun auch schon seit Monaten.

Gestern wurde mir das wieder einmal besonders schmerzlich bewusst, als ich nämlich F. die Haare schnitt.

Meine Finger sind durch die Kälte derartig geschwollen, dass sie kaum noch durch die Grifflöcher der Schere passen, bei jeder neuen Strähne muss man umgreifen, also ständig rein und raus und jedes Mal schrappt die wehe Haut am Metall entlang - nein, ein Vergnügen war das wahrlich nicht, aber immerhin habe ich nun wieder einen gutaussehenden Mann. 🤴 😊

Datt is ja echt Körperverletzung, watt die hier mit einem machen, grummelte ich vor mich hin und am Abend ging mir dieses Wort wieder durch den Kopf, als es nämlich bei SternTV um "Detransition" ging, von der ich noch nie zuvor gehört hatte.

Gleich zwei junge Frauen saßen im Studio, die beide mit der Pubertät nicht klargekommen waren und meinten ihre psychischen Probleme mit einer Geschlechtsumwandlung aus dem Weg räumen zu können.

Das notwendige Okay eines Psychologen war schnell eingeholt und schon ging es los: Sie ließen sich die Brüste abschneiden und begannen männliche Hormone einzuwerfen, doch dann passierte genau das, was ich bei diesem Thema immer zu bedenken gebe, denn sie merkten, dass sich das, was in ihrer Seele quersaß, eben doch nicht so einfach lösen ließ, indem man am Körper herumoperiert.

Dann die Detransition, also die Rückverwandlung, so dass das genetisch ja eh festgelegte Geschlecht wieder mit dem Rest zusammenpasst, so weit das dann noch einmal möglich ist.

Die Brüste sind natürlich weg, aber gut, die kann man notfalls vielleicht wieder künstlich erschaffen und Glück, wenn man sich nicht auch schon Gebärmutter und Eierstöcke hat entfernen lassen. Bei der Stimme ist allerdings schon Schluss, denn das Tieferwerden lässt sich nicht mehr rückgängig machen, also müssen sie künftig damit leben wie auch mit dem Rest, den das Spiel mit den Hormonen anrichtete.

Und dann wurde ich sehr nachdenklich, als die eine davon erzählte, wie es bei ihr anfing, dass sie ihre Brüste als "falsch" empfand.

Auf einmal durfte sie nicht mehr mit ihren Brüdern "oben ohne" im Garten herumtoben, weil ihr Oberkörper begann anders auszusehen als der der Jungs - und hier kommen die Eltern ins Spiel, denn nun entsann ich mich, wie peinlich für mich selbst damals die Pubertät ablief.

Bis heute habe ich keine Ahnung, womit meine Mutter ihre monatlichen Blutungen auffing, zumindest bis zu ihrer Totaloperartion, die sie schon mit Mitte 30 durchführen ließ.

Weder von Tampons noch von Binden hatte ich jemals gehört - damals haute einem ja die Wertung solches Zeugs noch nicht ständig um die Ohren und zumindest sichtbar existierte bei uns zu Hause nichts dieser Art.

Natürlich wusste ich, dass ich irgendwann mit der ersten Blutung rechnen musste, auch wenn darüber nie gesprochen wurde, und meinen Klassenkameradinnen gegenüber war es mir richtig peinlich, dass ich auch mit 14 Jahren noch kein einziges Tröpflein vermelden konnte. 😟

Ob bei mir überhaupt alles "normal" war? 

Ich wusste es nicht, hätte mich aber auch nie getraut, meine Mutter darauf anzusprechen, viel zu groß war die Angst davor, wieder einmal ausgelacht zu werden nach dem Motto, warum sollte ausgerechnet bei dir etwas anders sein? Nimm dich doch nicht immer so wichtig ...

Dass ich ein Nichts war, ja, das mir immer wieder einzuimpfen, darin war sie wirklich gut und so blieb mir nichts anderes, als abzuwarten, und tatsächlich, in der Nacht zum ersten Mai 1975 schlug die Natur dann zu, ich wachte mitten in der Nacht auf, weil sich mein Bett nass anfühlte.

Mein Gott, wie peinlich, wie ungeheuer peinlich, das ganze Bettlaken war versaut und ich geriet in eine ziemliche Panik, was Muttern dazu wohl sagen würde.

Ein ums andere Mal marschierte ich ... so leise wie möglich, um niemanden zu wecken, ins Bad, bewaffnete mich mit Lappen und versuchte mein Bett so gut wie möglich zu reinigen, die Unnerbüx notdürftig austestopft mit Klopapier.

Ich zermarterte mir das Hirn, wie um alles in der Welt sollte ich meiner Mutter das unterjubeln? Wie schlimm würde die Standpauke ausfallen ...? 😨

Als der Morgen endlich da war und ich aus meinem nun ja erst recht feuchten Bett entfliehen konnte, kam ich nicht mehr umhin, musste zur Beichte antreten.

"Hier haste zwei Mark, geh mal schräg gegenüber an den Automaten der Drogerie, da kannste OBs ziehen."

Hähhhh?

Da ich nicht wusste, was das war und wie so ein OB auszusehen hatte, erntete ich ganz böses Gelächter, als ich mit einem Päcken .... Kondome heimkehrte 😁, musste noch einmal los und bekam hinterher kurz erklärt, wie so ein Tampon zu handhaben sei.

Das Datum habe ich mir so gut gemerkt, weil an diesem Tag das jährlichen Einschwimmen im Schwimmclub stattfand, d.h. das beheizte Becken wurde für die Saison eröffnet und ich fühle es noch heute, wie ich auf dem Terrassenstuhl herumrutschte in meinem Krepprock und dem orangefarbenen Oberteil, denn kein Mensch hatte mir gesagt, wie tief man so einen Tampon hineinbohren sollte, so dass er nur halb in mir drinsteckte, während die andere Hälfte mir das Sitzen deutlich erschwerte. 😂

Übrigens sollten es die einzigen Tampons meines Lebens sein, die ich nicht selber bezahlte, denn da das Thema ja tabu war, musste ich mich fortan allein darum kümmern und die damals noch sehr teuren Dinger von meinem knappen Taschengeld kaufen.

Einmal wagte ich in meiner Verzweiflung, sie mit auf den Weihnachtswunschzettel zu schreiben. Herrjehhh, was gab's dafür für ein Donnerwetter, und ein anderes Mal hatte die Packung offen in meinem Zimmer herumsgestanden - im Bad war es eh strengstens verboten -, als sich ausgerechnet der Heizungsableser angekündigt hatte.

"Sag mal, willst du mich bis auf die Knochen blamieren? Wie kannst du es wagen, so etwas herumstehen zu lassen, wenn du doch genau weißt, dass da ein fremder Mann ins Haus kommt?"🤯😡

Das war die eine Seite, die andere waren dann die Brüste.

Auch hier war ich etwas spät dran, machte mir tief in mir drin erhebliche Sorgen, doch dann begann ganz zögerlich sich etwas zu verändern und diesmal reagierte Muttern zu früh.

"Komm mal in die Küche", rief sie mich und zog aus ihrer Einkaufstasche einen winzigen weißen BH mit ganz kleinen grünen Punkten hervor, natürlich gut gepolstert, denn es ging ihr wohl darum, dass auf keinen Fall eine Brustwarze durch den Pullover hindurch erkennbar sein dürfte.

Ach du liebe Zeit, nun musste ich mir etwas einfallen lassen beim An- und Ausziehen, denn ich teilte mir ja ein Zimmer mit meinem Bruder und der sollte davon natürlich nichts mitbekommen.

Nicht auszudenken ... 😮

In einer Ecke hatten wir ein großes metallenes Regal stehen, jeder von uns hatte zwei Fächer darin zur Verfügung und da es über Eck neben einem Schrank stand, gelang es mir nun, den Vorhang immer so über diesen zu ziehen, dass ich damit eine Art Umkleidekabine hatte, was Brüderlein etwas ratlos zur Kenntnis nahm, aber doch akzeptierte.

Bis er dann den Grund dafür endeckte, denn irgendwie hatte ich diesen neuen BH, der übrigens zunächst einmal vorwiegend mit Luft statt mit Brust gefüllt war, nicht gut genug versteckt im Regal, nachdem ich ihn abends ausgezogen hatte.

"Hahaaaaa! Was ist das denn??? Hahaaaaa, soooo was Blödes ....!" 😁

So lachte er mich nach Kräften aus, meinen BH mit zwei Fingern in der Hand haltend und durch die Luft schaukelnd. 

"Hihiiii, meine Schwester ist soooo blöööööde ..." 😁

Ungeheueren Spaß machte ihm das und ich selbst ... schämte mich zu Tode, so unendlich peinlich war es mir und doch hatte ich diesem Spott, dieser bösen Häme so gar nichts entgegenzusetzen.

Natürlich kam ich nicht auf die Idee, meinen Körper deshalb abzulehnen oder gar mein Geschlecht infrage zu stellen, hätte mir ja auch nicht viel gebracht, denn noch war die Medizin nicht so weit und es sprach auch noch niemand darüber, wie "hip" es sein könnte, irgendeiner geschlechtsbezogenen "Community" anzugehören. 

Was aber wäre gewesen, wäre mir das Gleiche heute passiert?

Wäre ich dann einen ähnlichen Weg gegangen wie die zwei jungen Frauen bei SternTV, eben weil es einem inzwischen so verlockend angeboten wird, Problme, die eigentlich ganz woanders ihren Ursprung haben, mittels Operationen zu lösen?

Ganz erschreckend fand ich, wie der ebenfalls anwesende Psychologe erklärte, dass viele seiner Kollegen, die das "grüne Licht" für Geschlechtsumwandlungen geben, viel zu wenig in Bezug darauf ausgebildet sind, d.h., das Okay wird selbst bei erst 19-Jährigen ganz schnell erteilt, zumal der Zeitgeist es ja auch fast verlangt, das alles niemals infrage zu stellen.

Was dabei herauskommen kann, sah man in der Sendung und ich frage mich:

Quo vadis, Deutschland?

Ist das die richtige Richtung, in der wir uns bewegen?


Habt einen schönen Tag und ... bleibt bitte gesund! 😀


5 Kommentare:

  1. Hallo Rex-Mama,
    über deinen heutigen Kommentar bin ich richtig erschrocken. Ich finde du behandelst das Thema Geschlechtsumwandlung sehr oberflächlich und hast einige abwertende Formulierungen im Text, die mir weh tun.
    Die Rolle der Psycholog:innen ist in diesem Fall vielleicht wirklich keine rühmliche. Das ist aber auch bei Magenbändern oder Scheidenlippen-OPs manchmal so, leider.
    In meinem Umfeld ist mir das Thema Geschlechtsumwandlung schon mehrmals begegnet. Ich kann dir sagen: das macht niemand aus Jux und Tollerei.
    Vielleicht ist aber auch sterntv.de nicht die allumfassende Informationsquelle.
    Tut mir leid, das sagen zu müssen.
    Grüße von der Sparköchin

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  2. Was genau, liebe Sparköchin, hast du denn als abwertend empfunden?
    Es ging darum, dass in diesem Falle bereits bei einer Neunzehnjährigen die Brüste amputiert wurden, die psychische Probleme hatte und hoffte, dass sich diese durch eine Geschlechtsumwandlung auflösen würden.
    Wie alt die zweite bei dieser OP war, weiß ich nicht mehr genau, aber sie war ebenfalls sehr jung.
    Bei beiden stellte sich das als Fehlentscheidung heraus, beide versuchen die bisherigen Maßnahmen so gut wie möglich rückgängig zu machen. Die Brüste sind allerdings weg und eine hat unter dauerhaften körperlichen Problemen zu leiden, mal abgesehen von den Stimmen, die sich auch nicht mehr auf ihre normale Höhe zurückbringen lassen.
    Und genau das wiederum mich mehr als erschrocken gemacht!
    In einem Alter, in dem die Pubertät sich in so machen von uns noch mit aller Gewalt austobt, also viel zu früh, wurde zu Maßnahmen gegriffen, die nicht mehr umkehrbar sind, was in meinen Augen gemeinschaftliche Körperverletzung ist, wenn auch mit Zustimmung der Betroffenen, die es im Gegensatz zu den Ärzten vielleicht nicht besser wissen konnten.
    NUR darum ging es, um dieses viel zu Frühe bei gleichzeitiger unzureichender psychologischer Begleitung!
    Das kann ich nicht in Ordnung finden und es tut mir leid, wenn du es anders sieht.

    Trotzdem schön, dass du hergefunden hast, und natürlich ...

    lieben Gruß zurück 🙂

    PS: Wie siehts denn bei dir eigentlich mit dem Bloggen aus, hast noch kein neues "Zuhause" gefunden dafür?

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  3. Tja, was wir nicht so alles zu erdulden haben wir obrigkeitshörige Deutschen. Nun ja, unsere Nachbarn lassen sich nicht ALLES gefallen und gehen auf die Straße. Hier geht man erst auf die Straße, wenn es KEIN Bier mehr gibt und wenn die Bundesliga im TV abgeschafft wird.
    Und ja, Herr Schröder gehört für seine Niedriglohnpolitik noch heute geteert und gefedert. Das hat ja zur Folge, dass der Staat immer tiefer in die Tasche greifen darf. Aber macht ja NIX. Wir haben es ja.
    Zum Kostzen finde ich, dass dies Leute noch immer die Gleichen wählen würden. Glaubt man den Meinungsforschern. NIX dazu gelernt.

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  4. Die Sendung habe ich nicht gesehen, aber folgende Formulierungen finde ich im Zusammenhang mit Geschlechtsumwandlungen unangebracht.
    "die beide mit der Pubertät nicht klargekommen waren und meinten ihre psychischen Probleme mit einer Geschlechtsumwandlung aus dem Weg räumen zu können"
    "ließen sich die Brüste abschneiden und begannen männliche Hormone einzuwerfen"
    "doch dann passierte genau das, was ich bei diesem Thema immer zu bedenken gebe, denn sie merkten, dass sich das, was in ihrer Seele quersaß, eben doch nicht so einfach lösen ließ, indem man am Körper herumoperiert."
    "das Spiel mit den Hormonen "
    "Natürlich kam ich nicht auf die Idee, meinen Körper deshalb abzulehnen oder gar mein Geschlecht infrage zu stellen, hätte mir ja auch nicht viel gebracht, denn noch war die Medizin nicht so weit und es sprach auch noch niemand darüber, wie "hip" es sein könnte, irgendeiner geschlechtsbezogenen "Community" anzugehören. "
    "zumal der Zeitgeist es ja auch fast verlangt, das alles niemals infrage zu stellen."

    Was du in deiner Antwort auf meinen Kommentar schreibst, klingt schon ganz anders als dein Eintrag. Dennoch gebe ich in aller Deutlichkeit zu bedenken, dass eine Geschlechtsumwandlung nichts ist, was man sich zum Geburtstag wünscht (dann noch eher eine Scheidenlippen-OP, leider).
    Es ist nach wie vor nicht hip, diesen jahrelangen Prozess durchzumachen, um zur LGBTQIA+ Gruppe zu gehören. Der Zeitgeist erlaubt heute aber zum Glück, dass auch Menschen, die nicht dem Mainstream entsprechen, auf ihre Art halbwegs glücklich werden können.
    Möglicherweise gibt es einige vereinzelte Problemfälle, und es ist das Ziel von privaten Sendern, durch Sensationen Aufmerksamkeit und Quoten zu erzielen.
    Trotzdem können wir als Beobachter:innen dazu beitragen, nicht eine ohnehin schon marginalisierte Gruppe weiter zu verunglimpfen.

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  5. Ob "Scheidenlippen", Brüste oder was auch immer für OPs, die nicht einer medizinischen Notwendigkeit entspringen, sie sind mir alle nicht geheuer und ich tue mich deutlich schwer damit, wenn der Fokus nun ständig auf Geschlechter gerichtet wird statt auf das Menschsein an sich, das ich als wesentlich wichtiger empfinde.
    Wobei dieser Beitrag von SternTV übrigens alles andere als reißerisch oder effekthaschend war.
    Was mich immer wieder ins Grübeln bringt, ist dieses "im falschen Körper geboren", denn auf der einen Seite glaube ich ja nicht an eine Allmacht, die uns bei der Geburt eine Seele mitgibt, auf der anderen verfolge ich aber interessiert, welche Fortschritte die Physik in Punkto Möglichkeit von Paralleluniversen macht.
    Wenn an dieser Theorie etwas dran sein sollte, könnte es also durchaus sein, dass man parallel in ganz anderer Form, in anderem Geschlecht oder wie auch immer existiert, nur ... würde dann dieses Gefühl des "falschen Körpers" nicht ein Erinnern voraussetzen?
    Bis jetzt reine Spekulationen, deshalb fand ich das, was das eine Mädel über die Brüder erzählte, wesentlich naheliegender, dass nämlich ganz früh die Weichen falsch gestellt wurden in Bezug drauf, wie sie ihren eigenen Körper wahrnahm.
    Deshalb erzählte ich auch so ausführlich von meinen eigenen Nöten in diesem Alter, die weiß Gott nicht dazu beitrugen, mich selbst und die Haut, in der ich steckte, lieben zu lernen, denn auf jeden Fall würde ich es vorziehen, erst einmal da, also innen anzusetzen, bevor man zu drastischeren Maßnahmen greift.

    @Helmut: Jep, Schröders Politik hat der Wirtschaft sehr gedient und vielen Menschen sehr geschadet und ohne die Tafeln hätten wir inzwischen wohl ein echtes Hungerproblem. :-(

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