Gut, dass ich gestern so fleißig war, denn heute früh begrüßte mich der Herbst mit feinem Geniesele, da hätte ich keine Chance mehr gehabt, Decken und Kissenzeugs im Garten trocken zu bekommen, so wie es gestern noch der Fall war.
Auch Herr Hoover hat mich mit seiner Polsterbürste positiv überrascht, das war wirklich ein guter Kauf und nun strahlt mich mein Sofa wieder an und duftet so richtig frisch. 😊
Zwischendurch hatte ich F. ein Stück von der Torte serviert, die A. mir gebracht hatte, schickte ihr auch gleich ein Foto vom mampfenden F., doch dass die Sache kein gutes Ende nahm, verschwieg ich ihr lieber. 😁
Creme und Sahne waren halt die Hauptbestandteile, gar nicht mal übelschmeckend, aber F. bekam so viel Fett trotzdem nicht, alsbald begann er zu klagen und erst ein Glas Schwedenkräutermischung konnte Abhilfe und wieder Ordnung in seinem Bauch schaffen.
Nun werde ich das letzte Stück selber essen müssen, Probleme macht mir das zum Glück keine, nur muss ich mir die vielen Kalorien dann halt von meiner einen Hauptmahlzeit abziehen. 🙄
Dann geschah etwas, das mich wirklich freute:
Schon vorgestern hatte mich jemand angeschrieben wegen eines Paares Arbeitsschuhe, die ich für 22 Euro annonciert hatte.
Frau, dachte ich mir und anhand der Rechtschreibung, sicher eine Ausländerin.
Ob sie die Schuhe am Sonntag um 13 Uhr abholen könne?
Ich setzte gerade zu einer Antwort an, da kam "Entschuldigung, um 15 Uhr ..."
Hm, ausgerechnet meine Nickerchenzeit, aber okay, mir sollte es trotzdem recht sein.
Also schrieb ich ihr das, bat sie aber, mir Bescheid zu geben, falls etwas dazwischenkäme, was sie versprach.
Gestern Morgen hakte ich noch einmal nach, ob es dabei bliebe.
Ja!
Und tatsächlich, um Punkt drei Uhr klingelte es und ein Pärchen stand vor der Tür, vielleicht Mitte der Dreißiger.
Ich übergab ihnen den Karton, er schlüpfte kurz hinein und sagte "charascho!"
"Charascho?", fragte ich gleich, "also passen sie?"
Erfreut sahen mich beide an, weil ich ihre Sprache verstand, und nun erkundigte ich mich, wo sie herkämen, Russland oder Ukraine?
Ukraine war es, natürlich ...
Ihr Deutsch war noch sehr mager, trotzdem reichte es für eine kurze Unterhaltung und ich erfuhr, dass "Putin ihr Zuhause weggebombt" hatte und sie nun seit einem Jahr hier seien. Die Schuhe bräuchte er für die Arbeit, weil seine alten kaputt seien ...
Jawoll, so stelle ich mir das mit der Zuwanderung vor!
Arbeit aufgenommen, sobald man es ihnen gestattete, selbst für sich sorgen, dazu superpünktlich, richtig nett und höflich und ... sie haben nicht einmal versucht zu handeln, sondern gaben mir ohne jedes Theater den Preis, den ich angesetzt hatte.
Das hat mich wirklich begeistert! 😊
Und dann kam noch der erlösende Anruf von meiner Dörflifreundin.
Ihrem Mann hatte man ja kürzlich zwei Drittel einer Niere weggeschnitten und es hatte sich bestätigt, dass es Krebs war.
Sie haben das Ding aber komplett erwischt, nicht einmal eine weitere Behandlung wie Chemo oder so ist nötig, nur eine Reha gibt es noch und ... die Restniere arbeitet einwandfrei.
Uff, das tat sooo gut zu hören und nun konnten wir beide in allerbester Laune noch eine ganze Weile plaudern.
Durch ihre Heirat zog sie damals in den Nachbarort, lebt also gar nicht mehr in MEINEM Dörfli, trotzdem ist sie aber einigermaßen auf dem Laufenden, was dort so abgeht, berichtete mir davon, sagte gleich dazu: "Da ist gar nichts mehr so, wie es war." 😢
Die Metzgerei/Pension/Gasthaus unten am Fuß unseres Berges ist inzwischen nur noch Metzgerei, ein wahres Luxusding, wie sie erzählte, nur wohnen und essen kann man dort nicht mehr.
Der damals noch junge Chef, dessen Mutter in der Küche ein strenges Regiment führte, ist längst gestorben, seine Frau hochgradig an Demenz erkrankt. Der Sohn, der alles übernahm, ist inzwischen vom Krebs zerfressen und nun führt dessen Sohn alles weiter.
Das junge Ehepaar, das damals das Postamt führte, ist auch nur noch zur Hälfte vorhanden, eine Post gibt es schon seit Jahrzehnten nicht mehr, das wunderschöne Bauerngehöft, in dem mein Großonkel sich eingemietet hatte, gehört auch nicht mehr den Kindern der Familie Müller, sondern ist längst in fremden Händen und B.s Neffe, der das alte Anwesen ihrer Familie nach dem frühen Tod des Bruders weiterführt, ist gerade dabei, den größten Teil der mir noch vertrauten Gebäude abzureißen.
In der alten Schmiede, wo zu meiner Zeit die Pferde zum Beschlagen auf dem Hof standen und wo es immer hämmerte und dröhnte, befinden sich nun Wohnungen und das wunderbare alte Pfarrhaus steht leer, weil es keinen Pastor mehr im Dörfli gibt.
Bullerbü ... oft denke ich ans Dörfli, wenn ich im TV zufällig in eine Astrid-Lindgren-Verfilmung gerate. Michel aus Lönneberga oder wie sie alle heißen, immer muss ich dabei ans Dörfli denken, denn ähnlich heil empfand ich die dortige Welt damals.
Natürlich hatten die Menschen ihre Probleme, aber ... obwohl es ein recht großes Dorf war, kannte man sich, half sich und redete vor allem miteinander.
Alte Leute in ein Heim abschieben?
Nein, so etwas gab es dort nicht, fast überall lebten mehrere Generationen unter einem Dach, die Alten halfen mit, so lange sie es noch konnten, saßen auch gern mal auf den Bänken vor den Häusern zusammen und keiner wurde weggeschickt, wenn es nicht mehr so ging.
Und dann war da natürlich noch das gestrenge Fräulein K., mit ihrer hohen, dürren Gestalt und dem unvermeidlichen Dutt vom Typ Fräulein Rottenmeyer.
Sie leitete das Bürgermeisteramt, das in dem wunderschönen Fachwerkgebäude untergebracht war, nachdem es als Schule zu klein geworden war, und nie werde ich den Geruch nach Papier und Akten vergessen, wenn man dort hineinkam.
Fräulein K. bewohnte mit ihrer Schwester eines der malerischen alten Gehöfte, die den Berg hoch fächerförmig um die uralte Kirche angeordnet waren, und am Ostersonntag lud sie immer sämtliche Kinder zu sich in den Garten ein. Dort durften wir auf Deibel komm raus Ostereier suchen ...
So traumhaft schön war es damals dort, vom Bett aus hörte ich immer die Geräusche, die das Vieh in den Ställen von B.s Eltern machte, die Hühner gackerten friedlich unter meinem Fenster und ab und zu krähte der Hahn.
Jede, wirklich jede Schulferien verbrachte ich dort, selbst wenn es nur drei oder vier freie Tage gab, und immer führte ich eine Strichliste, begann damit am Abreisetag und zählte dann mit, wie lang es noch dauern würde bis zu meinem nächsten Besuch.
Die Freiheit, die wir dort hatten, war so unbeschreiblich groß.
Den ganzen Tag konnten wir herumspringen, ohne dass sich einer auch nur den Hauch von Sorgen machen musste, und wir duften wirklich alles benutzen.
Bauer S., der das Haus direkt unterhalb von uns bewohnte, war der größte Bauer weit und breit mit riesigen Ländereien.
Die Scheune hinter seinem großen Hof stand immer offen und ganz selbstverständlich waren wir dort ständig unterwegs, mit oder ohne seine Kinder, gingen oft hindurch, um dann im "Schießgraben", über dessen Namen wir uns damals keine Gedanken machten, zu spielen oder im Winter Schlitten zu fahren. Die ausgedienten Bienenhäuser und allerlei andere Schuppen auf seinem Gelände waren der ideale Ort für uns zum Toben ... die Freiheit war wirklich grenzenlos.
Heute alles abgezäunt und piccobello, nix is mehr mit den vielen verwunschenen Ecken und natürlich haben die Nachbarn nicht mehr viel miteinander zu tun, zumal es auch nicht eine einzige Kneipe mehr gibt, wo man sich mal treffen könnte.
Fräulein K., die uns damals uralt erschien, obwohl sie vermutlich nicht einmal 40 war, weilt längst nicht mehr unter den Lebenden und das Bürgermeisteramt in der ehemaligen Schule existiert nicht mehr, d.h. das Gebäude gibt es noch, aber ... es wird nun von Flüchtlingen bewohnt.
Bullerbü ist ... nirgendwo ...
So, und nun will ich mal sehen, was Herr Hoover zum nächsten Arbeitseinsatz sagt, denn vom Träumen von früheren Zeiten, die sowieso unwiderbringlich verloren sind, wird das Haus nicht sauber.
Habt einen schönen Tag und ... bleibt bitte gesund! 😉
Das mit der Krebsgeschichte ist einfach nur sehr sehr heftig. Ich bin mal gespannt, was meine Bekannte erzählt, die OP bei ihrer Tochter verlaufen ist.. Weist du es gibt immer wieder Dinge im Leben eines Menschen, die einen sehr ratlos zurück lassen. Als ich deine Überschrift las, da fiel mir ein wie oft ich Kinderbücher von meiner Patentante bekommen habe. Sie handelnden immer von diesem kleinen schwedischen Mädchen mit seinen blonden Zöpfen. Diese Bücher las ich sehr gerne. Wo sie hin gekommen sind kann ich dir nicht sagen. Genau... die gute alte Zeit kommt nicht mehr zurück...
AntwortenLöschenHatte deine Patentante die Bücher noch von ihren eigenen Kindern oder kaufte sie Pippi Langstrumpf gezielt für einen Jungen?
LöschenRot waren ihre Haare übrigens und geliebt habe ich sie auch. :-))
Alles Gute für die Tochter deiner Bekannten!
Meine Patentante hatte keine Kinder. Sie hat sie aussschlielich für mch gekauft. Danke für deine korrektur. Und Herr Nilsson war der Affe von Pipi. Das geht doch dann sehr tief in meine Erinnerungen. Aber es macht mir sehr große Freude.
AntwortenLöschenIch mochte die Geschichten von Astrid Lindgren auch sehr und finde, dass man sie damals sogar sehr schön verfilmt hat, ob nun den Michel oder eben auch Pippi Langstrumpf.
LöschenHier kannste mal reingucken:
https://www.zdf.de/kinder/astrid-lindgren
Hallo, Liebe "Rex-Mama!"
AntwortenLöschenAstrid Lindgren ist und bleibt eine Meisterin der Geschichtenerzähler, auch wenn das heutzutage viele anzweifeln und alles, was heute nicht mehr aktuell ist, am liebsten aus den Büchern herausgestrichen werden soll, dabei sind diese Geschichten doch auch ein Zeugnis ihrer Zeit - manche lassen sich so gut, auch ins heute übertragen, oder täusche ich mich da?
Nach deinen Beschreibungen gab es doch Bullerbü.
Diese Freiheit, von der du sprichst, die habe ich als Kind auch genossen, und zwar über Jahre hinweg.
Die Veränderungen in Dörfern kenne ich natürlich auch, wenn plötzlich sich alles ändernd und geliebte Dinge anderen weichen müssen. - Immer ein trauriger Abschied.
Doch die Erinnerung lebt!
Die Schuhgeschichte macht Freude.
Aber die tolle Nachricht über den Ehemann deiner Freundin geht zu Herzen. Man kann sich da unglaublich mitfreuen. Möge er noch lange, lange leben!
Herbstputz. Sollte ich machen, nur die Lust ist noch nicht bei mir aufgekommen.
Liebe - Ruhige Herbstage - Grüße
Vom lifeminder
Also mich, lieber lifeminder, können die kreuzweise mit ihrer Political-correctness-Besessenheit, die mich übrigens sehr an autokratische Systeme erinnert, auch dort darf ja nicht geschrieben stehen, was einem nicht in den Kram passt.
LöschenGerade fällt mir dazu etwas ein, das mich grinsen lässt, werde es gleich im heutigen Eintrag mal aufgreifen. ;-)
Fakt ist jedenfalls, Pippi und all die anderen von Lindgren erdachten Figuren sind nach wie vor wunderbar, auch wenn man heutige Kinder damit wohl immer weniger ansprechen kann, weil sie einfach viel zu zugedröhnt sind.
Ich versuchte es vor Jahren bei meinen Nichten mal mit der Augsburger Puppenkiste und Jim Knopf und leider wirkten sie von dem recht gelangweilt, was mich einst faszinierte.
Klar, sie durften schon vor der Schule auf die Mattscheibe starren, was aber an meiner Schwägerin lag, nicht etwa an meinem Bruder.
Dadurch waren sie bereits in jungen Jahren von schnellen, bunten Bildern so übersättigt, dass es schwer war, sie noch zu begeistern.
Wie anders lief das doch bei mir noch. Es gab ja kaum TV-Programm und selbst das wurde uns von meiner Mutter nur mit strenger Auswahl und Zeitlimit gestattet.
Dafür las ich aber all die Bücher, die später nach und nach verfilmt wurden, mit großer Begeisterung, meiner Phantasie hat das nicht geschadet und meinem Empfinden für Fairness ganz sicher auch nicht.
Die Dörfer, ja, früher war man nicht so mobil, also verwalteten sich die kleinen Orte viel mehr selbst, es gab Bauern, Handwerker, Geschäftsleute, alles war in Bewegung und die Dinge in Benutzung. Heute ist fast alles zubetoniert und sieht aus wie geleckt, nichts knarrt und quietscht mehr, die kleinen "Geheimgänge" sind verschwunden und mit ihnen die wunderbaren alten Holzschuppen und die Gerätschaften, die auf den Höfen herumstanden, während die Hühner munter umherpickten.
Mein Dörfli hat noch nicht einmal mehr seinen Namen, d.h. er existiert noch, aber nur noch als Ortsteilbezeichnung, weil es längst mit anderen zu etwas Großem zusammengeschlossen wurde.
Die Erinnerung bleibt, aber eben nur so lange, wie es noch jemanden gibt, der sich erinnert.
Astrid Lindgren beschrieb ja in ihren Geschichten wohl auch eine Welt, wie sie sie als Kind erlebte und wie es sie heute auch nicht mehr gibt.
Veränderungen gehören natürlich dazu, aber sie geschehen zu schnell, zu drastisch und ich denke, man nimmt den Menschen letztlich damit die Chance, sich irgendwo und mit irgendwas wirklich verwurzelt zu fühlen.
Liebe "Mal sehen, ob die Herbsttage wirklich ruhig werden"-Grüße zurück! :-)