Samstag, 24. August 2024

Wechselbad der Gefühle

 Eigentlich ging es ganz gut los gestern. DHL kündigte die Lieferung der Kombi-Mikrowelle an, ich musste mich also mit dem Einkaufen beeilen, um rechtzeitig zu Hause zu sein, und sogar F. fühlte sich stark genug, mit mir zusammen das alte Gerät aus der Speisekammer zu schaffen.

Etwas wehmütig musste ich im Vorfeld an eine Begebenheit in Stuttgart denken, als ich mir große Sorgen machte, wie wir zu zweit einen riesigen Röhrenfernseher vom vierten Stock nach unten schleppen könnten. 

Das machte mir tatsächlich Kopfzerbrechen, doch bis ich daheim war, hatte F. das schon ganz allein erledigt.

Diese Zeiten sind leider unwiederbringlich vorbei, aber zusammen geht es dann doch, wobei das Ding mit nicht mal 20 kg nicht einmal sonderlich schwer ist, nur eben unhandlich und die Ecke so schwer begehbar..

Wir parkten sie auf dem Küchentisch, ich reinigte den Standplatz und kaum waren meine Einkäufe erledigt, schellte es auch schon.

Der Fahrer, ein schwarzbärtiger Bär von Mann packte das gewaltig große Paket ganz locker, ich sagte: "Ui, sieht ganz schön schwer aus", und dieser liebe Mensch fragte von sich aus, ob er helfen solle.

"Wäre ganz lieb, wenn sie sie nicht nur auf die Treppe, sondern eben bis in den Flur stellen könnten", was er innerhalb einer halben Sekunde erledigt hatte.

Gut so, denn schon war Rex heran und wollte durch die offene Tür ins Freie, sah er doch gegenüber einen Hund.

Der Rest ging besser als erwartet und nicht mal eine halbe Stunde später war sie aufgestellt und eingestöpselt.

Nun erst fiel es mir auf, dass nur eine Kurzanleitung beigefügt war, die mir zwar verriet, dass ich erst mal alles auswaschen, dann 10 Minuten den Backofen auf 230° laufen lassen und hinterher noch mal reinigen müsste, aber mehr erfuhr ich nicht.

Wohl dem, der Internet hat, denn dort fand ich das komplette Benutzerhandbuch, hatte aber nun das Problem, dass ich mir z.B. fürs Einstellen der Uhrzeit nicht sämtliche Tastendrucke auswendig merken konnte, also hin und her rennen musste.

Bis ich auf die Idee kam, die Anleitung des alten Gerätes aus dem Altpapier zu fischen, zwar ein Vorgängermodell, aber immerhin doch von der gleichen Firma und einige Punkte gleichen sich.

Bald darauf hatte ich F.s Mittagessen darin erwärmt, großer Pluspunkt, ich benötige deutlich weniger Zeit, werde also ordentlich Strom sparen, denn schon nach vier Minuten war alles kochend heiß.

Bis fünfe war ich mit allen möglichen Dingen beschäftigt, dann bekam auch ich mein Früh-/Mittag-/Abendstück und döste hinterher mit wohlig gefülltem Bäuchlein prompt auf dem Sofa ein, doch nicht für lange, denn schon ließ mich das Telefon wieder hochspringen.

Meine liebe U. war's, wollte hören, ob ich mitkomme zum Stadtteilfest.

Ganz kurz zögerte ich, weiß aber aus langjähriger Erfahrung, wie wir dort immer im großen Kreis in Bühnennähe herumstanden, stundenlang - das macht mein Rücken im Moment nicht mit, also beschloss ich daheim zu bleiben und da ich nun eh wach war, rief ich gleich noch meine Dörflifreundin an, die mir neulich ja nur ganz kurz schrieb, dass ihr Mann am 2. September unters Messer muss.

Gerade gestern waren sie in Göttingen zum Vorgespräch gewesen und hatten erfahren, dass der Tumor bösartig ist und man etwa zwei Drittel der Niere entfernen müsse.

Verdammter Mist, sie selber hatte schon zweimal Krebs, beide Eltern starben an dieser verdammten Krankheit, im letzten Jahr auch ihr jüngerer Bruder und nun erwischt es auch noch ihren Mann.

Immerhin scheint es keine Metastasen zu geben, toitoitoi, dass sie das Biest wirklich komplett erwischen können. 

Im Gegenzug erzählte ich ihr, was bei uns bzw. bei F. Heftiges passierte, und das Wunderbare war, dass wir trotzdem herzlich miteinander lachen konnten.

Ich kenne auch Menschen, die ihr Leben lang mehr oder weniger am Hypochondertum entlangschrappen, ständig leidend sind, das alles extrem verbissen sehen und immerzu um die eigene Gesundheit kreisen. Wie angenehm sind dagegen doch solche, die sich, selbst wenn es ganz hart auf hart kommt, noch eine Prise Humor bewahren können.

Den Rest des Abends verbrachten wir mit dem Dschungelcamp, auch wenn es mich zusehends nervt, wie sich die Kerle tränendrüsig abküssen und die Weiber aus dem bösartigen Keifen gar nicht mehr herauskommen.

Schade, der einzige, den ich wirklich mochte, wurde rausgewählt, von ihm hätte ich gerne noch mehr trockene Sprüche gehört, aber egal, den der wirkliche Schock kam im Bett.

Ich hatte oben den Fernseher eingeschaltet, zappte herum, landete bei N-TV und war schlagartig wieder hellwach, als ich die vielen Blaulichter in Solingen sah.

3 Tote vermeldeten sie, weitere Verletzte und 6 Menschen habe man wiederbeleben müssen, nur weil so ein Arschloch Lust darauf hatte, wahllos auf den Hals von Leuten einzustechen, die nichts wollten, als Vielfalt zu feiern. 

Womit mir endgültig die Lust vergangen ist, mich heute Abend eventuell doch noch zumindest für ein Stündchen den Nachbarn anzuschließen, wenn sie zum nächsten Teil des Stadtteilfestes aufbrechen.

Wo kann man sich überhaupt noch sicher fühlen?

Bahnhöfe, Haltestellen, Feste, Menschenmengen, überall muss man inzwischen mit Messern rechnen, selbst am Baggersee ist es mir ja nicht mehr geheuer - wirklich nicht angenehm, wie rapide sich alles verändert hat ... 

Dafür lief es aber heute früh dann wieder gut.

Um Punkt achte fuhren wir beim Recyclinghof vor, nun isse weg, die alte Mikrowelle und F. hat es einigermaßen gut überstanden.

Hinterher gleich weiter zum Tanken, hihi, einen Zwanziger hat er verballert und es war überhaupt das erste Tanken in diesem Jahr. 😁

Das Reingehen und Bezahlen habe ich übernommen, damit F. sich gleich wieder setzen konnte, beim Wegfahren stellten wir fest, dass der Spritpreis innerhalb dieser wenigen Minuten um 2 Cent gesunken war, und dann sprang ich gleich noch nebenan bei Netto rein, um meine Coupons loszuwerden, die ich in der gestrigen Hektik vergessen hatte einzustecken.

Schon um neun Uhr war alles erledigt, wir wieder daheim und nun gehe ich in die Küche, um mich weiter mit der neuen Mikro vertraut zu machen.

Wobei ich endlich wieder "komplett angezogen bin". Fürs MRT hatte ich ja Ohrringe und Kettchen abgelegt und offenbar beim Wiederanlegen einen Fehler gemacht, denn als ich heute Nacht mal runterging, sah ich auf der Treppe einen Ohrring liegen.

Sofort machte ich mich mit der Taschenlampe auf die Suche nach dem hinteren Gegenstück, aber zwecklos, denn ich habe keine Ahnung, wann genau und wo es mir runterrutschte, also habe ich nun meine Schmuckkisten durchsucht und einem anderen Hänger sein Hinterteil gemopst - gar nicht so einfach übrigens, denn die Lochbreiten unterscheiden sich ganz schön, wie ich dabei feststellte.

Nun bin ich also wieder komplett und der Tag mag weitergehen. 😊


Lasst es euch gutgehen und ... bleibt bitte gesund! 😉

2 Kommentare:

  1. Das ist doch allemal positiv. Weniger Zeit = wewniger Strom das ist doch sehr gut. Dazu kommt noch der freundliche Paketbote, der von sich aus nachfragt wohin der den Karton hinstellen soll. Das ist sicher sehr sehr selten. Aber man sieht eben doch, daß es noch freundliche Mitmenschen gibt. Hast du deinen Schmuck wieder gefunden? Gerade entnehme ich der Tagespresse, daß im Nachbarort eine Familie beim Hochwasser ALLES verloren hat, doch die Versicherung bezahlt nicht, weshalb kann ich nicht sagen. Die Zeitung macht es jetzt so: wenn du den Artikel lesen willst muß man bezahlen. Umsonst ist der Tod und der kostet das Leben.

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    1. Ja, an diesen Bezahlschranken bleibe ich auch oft hängen.
      Schade, mir wäre es lieber, die würden sich durch Werbung statt durch Abos finanzieren.

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