Mein Lieblingssatz, wenn er von F. kommt, begleitet von einem bedauerdem Schulternzucken, aber dazu gleich, denn zunächst mal ließ sich der gestrige Tag recht vergnüglich an, auch wenn er mir insgesamt fast unwirklich erscheint.
Schon als ich mich um neune auf den Weg zum Einkaufen machte, war es sehr heiß und am Ende unserer Straße saß eine Omi etwas verloren auf dem Sitz ihres Rollators herum.
Sicherheitshalber sprach ich sie an: "Ist bei Ihnen alles in Ordnung, machen Sie nur ein kleines Päuschen?"
Ein Strahlen ging über ihr altersschönes und kaum runzeliges Gesicht, richtig adrett sah sie aus in der weißen Bluse und den pastellfarbenen Caprihosen, dann sagte sie zu mir:
"Das ist aber lieb, dass Sie fragen. Danke, es geht mir gut, ich mache wirklich nur eine kleine Pause, weil es so warm ist."
Und schon waren wir mitten im Gespräch. 91 sei sie, lebe neben uns in dem Heim, wo leider die meisten der Mitbewohner zu bequem seien, mal mit ihr zu tippeln, denn sie selbst lege großen Wert darauf, zweimal am Tag eine Runde zu drehen, es sei doch so wichtig für die Muskulatur, für den ganzen Körper.
Genau, bestätigte ich sie und fügte seufzend hinzu, dass ich eben das auch meinen Mann ständig zu vermitteln suche, leider mit mur mäßigem Erfolg.
"Sagen Sie ihm einen schönen Gruß von mir", trug sie mir auf, ich solle ihm mehr Bewegung unbedingt ans Herz legen, was ich ihr versprach und später auch in die Tat umsetzte.
Weiter ging's zum neuen Gemüse/Lebensmittellädchen am Marktplatz, denn ich brauchte unbedingt einen großen Sack Zwiebeln.
Ein älterer Herr war gerade dabei, diese und auch große Kartons mit Kartoffeln vors Haus zu karren, ich wollte mich nur kurz vergewissern, dass 5 kg nach wie vor 3,99 € kosten, doch schon war ich auch mit ihm im Gespräch.
Der Laden gehöre seiner Familie, berichtete er, sie kämen aus dem Libanon und er selbst sei seit 18 Jahren in Deutschland, habe aber die meiste Zeit davon in Leipzig verbracht.
Während wir fröhlich plauderten, zog er eine Schachtel Zigaretten hervor, steckte sich eine an und bot auch mir eine an. Ich nahm sie, wir rauchten genüsslich zusammen und ich stellte fest, dass es bei ihm das Gleiche ist wie bei M. und A.
Er ist seit langer Zeit im Lande, spricht aber unsere Sprache nur sehr lückenhaft, weil auch er so gut wie keinen Kontakt zu Deutschen hat.
Als Y. stellte er sich vor, ich versprach, gleich wegen der Zwiebeln wiederzukommen, weil ich erst noch eben zu Rossmann wollte, doch so weit kam ich erst mal gar nicht, weil mir nun mein Nachbar M. in die Arme lief.
Mindestens eine halbe Stunde lang hatten auch wir uns viel zu erzählen, unter anderem, dass nun auch er eine neue Heizung hat, Gas, wie wir, nachdem die Stadt mit einem Angebot wegen Fernwärme gar nicht in die Pötte gekommen war und er genauso verunsichert ist wie wir, was die Politik uns noch an weiteren Einschränkungen aufbürden wird.
Sein Gerät ist ebenfalls von Vaillant, aber nur eine einfache und keine Kombitherme, wie wir sie haben, und als ich mich nun erkundigte, welche Firma er gewählt hatte, erklärte er, das habe ein Bekannter von ihm gemacht.
"Oh, dann bist du sicher sehr viel günstiger weggekommen als wir", meinte ich, er sprach von 7000 Euro und ich war echt baff, dass er das für ein Schnäppchen hielt, lagen wir doch mit dem besseren Gerät kaum höher.
Dann schnell Rossmann, zurück zum Gemüseladen und als ich dort meinen Trolley herauszog, quatschte mich der Blumenmann vom Wochenmarkt an, zu dem ich seit vielen Jahren gar keinen Kontakt mehr hatte.
"Hör mal", hihi, er duzte mich, rief er von Weitem, "was machste denn mit so viel Zwiebeln?" 🤣
Ich klärte ihn auf, eine Weile sprachen wir über Gulasch und Tomatenbrote mit ordentlich Zwiebeln drauf, dann zog ich endlich weiter zu Aldi.
Kaum war ich - mit erheblicher Verspätung - wieder daheim, schrieb mich meine liebe A. an, die Sehnsucht nach mit hat und ein Treffen für Donnerstag- oder Freitagabend vorschlug, dem ich gerne zustimmte, und so hätte der Tag eigentlich weitergehen können, wäre es am frühen Abend nicht auf einmal rabenschwarz draußen geworden.
Kurz zuvor hatte ich noch das Thermometer an der Hintertür geknipst, das seit Stunden im Schatten lag, aber immer noch 34° anzeigte:
Und nun setzte Weltuntergangsstimmung ein. Die Gewitter sollten uns für fast vier Stunden begleiten, aber die waren gar nicht mal das Schlimme, sondern der Hagel, mit dem alles begann.
Normalerweise ist der ja nach ein oder zwei Minuten fertig, aber diesmal dauerte der Spuk rund eine Viertelstunde, teilweise waren es tischtennisball große Geschosse, die vom Himmel kamen, besser gesagt, Petrus schleuderte sie auf alles, dessen er habhaft werden konnte.
Der Lärm im Haus war unbeschreiblich, vor allem an der Hintertür klang es, als würden tausend bösartige Fäuste Einlass begehren, und es ist ein Wunder, dass keine Fenster zu Bruch gingen.
F. blieb ungerührt vor dem Fernseher hocken, als ginge ihn das alles gar nichts an, während ich selber wie ein wildgewordenes Hühnchen durchs Haus jagte, immer auf den Fersen gefolgt von Rex, der sich sogar noch an meine nackten Beine drängelte, als ich zwischendurch mal uff Klöchen musste. 😁
Treppauf, treppab, mit einem Aufnehmer bewaffnet, denn natürlich drückte es an den oberen Fenstern etwas Wasser herein, derartigen Massen haben sie aufgrund ihres Alters nicht mehr allzu viel entgegenzusetzen und als ich dann wieder unten die Fenster kontrollierte, konnte ich mir ein Grinsen nicht verkneifen.
Noch mittags hatte ich über L. nachgedacht, die Nachbarin von schräg gegenüber, die, mit der ich mir den Geburtstag teile.
Hatte ich sie jemals nicht piekfein herausgeputzt gesehen, hatte ich überlegt und mich gefragt, ob sie wohl auch noch so perfekt hergerichtet ins Bett geht, doch nun sah ich sie in Richtung ihres Autos flitzen. Nackte Beine, eine Art Morgenrock hatte sie übergeworfen und sich ein Handtuch um den Kopf gewickelt ... ein mehr als ungewohnter Anblick. 😅
Den ich aber sogleich nachvollziehen konnte, denn sie hatte ihren teuren SUV so geparkt, dass die Motorhaube nicht unter dem Dach war, also schnell weiter hineingesetzt, dringend nötig, denn heute las ich, dass der Hagel in unserer Stadt Unmengen an Autos geliefert hat, neben anderen Schäden. Die Bilder bei FB waren wirklich heftig, beispielsweise lief das Wasser wildbachgleich hinab in die U-Bahn. 😲
Vom Schlafzimmerfenster aus sah ich Ähnliches, auch unsere Straßen glichen Flüssen:
Als es etwas nachließ und ich mich endlich traute, die Hintertür zu öffnen, hörte ich lautes Rauschen und entdeckte, dass die Ursache ein Wasserfall war, denn es hatte das Regenfallrohr auseinandergerissen:
Sogleich eilte ich mit diesem Foto zu F., denn da musste gleich etwas geschehen, doch dann bekam ich nur obigen Satz zu hören, so dass ich mir selber die Leiter schnappte, mich in den Regen begab und die Teile der Rinne wieder zusammensteckte, was zum Glück einfach ging, da nichts beschädigt war.
So sahen die Blumentöpfe rechts und links der Tür aus:
Was die Schnecken und Rex mit seinem Hintern nicht geschafft haben, der Hagel hat es nun erledigt ...
Dann wieder raus, eine Menge Äpfel hatte es vom Baum gehauen, die wollte ich schnell noch retten, bevor es endgültig zu dunkel wurde, und das wirklich böse Erwachen kam dann erst heute Morgen:
Der halbe Garten ist zerstört, der Schmetterlingsflieder hat kaum noch Blätter, alle meine Planzen sind hinüber:
Die paar Tomaten und Paprika, die trotz Dauerregen und Kälte gewachsen waren, hat es buchstäblich zermantscht, Gießkanne und fast sämtliche Töpfe und einen Kasten wurden zerdeppert und leider auch die Schutzhülle meines Sonnenschirmes:
Doch das Übelste ist dies hier:
Die Dachrinne der Pergola ist regelrecht perforiert und dass das Dach überlebte, ist sicher nur dem Umstand zu verdanken, dass der Nachbar seine Weiden so weit drüberwachsen ließ.
An sich ist das nichts Großes, normalerweise wären wir in den Baumarkt gefahren, hätten ein paar Meter Dachrinne besorgt und das selber gemacht, doch ... seufz, wenn einer nicht mehr kann, wird es eng damit und allein kann ich das nicht wuppen.
Also habe ich eben mal bei der Versicherung angerufen und nach rund einer Stunde Wartescheife auch jemanden erreicht.
Ich muss den Schaden mit Fotos belegen, dann sieht man weiter, wäre ja schön, wenn wir das vielleicht von einer Firma machen lassen könnten, so sich denn eine für solchen Kleinkram findet.
Nun muss ich draußen aufräumen gehen, selbst meine Teichfiguren hat es teilweise zerdeppert, aber alles in allem können wir wohl noch froh sein, dass nichts Schlimmeres passiert ist.
Habt einen schönen Tag und ... bleibt bitte gesund! 😉
PS: Eine neue Schutzhülle habe ich bereits bestellt, wäre ja traurig, wenn mein schöner neuer Schirm nun auch noch dran glauben müsste.
Wie furchtbar! Bei uns hat es vor ein paar Tagen auch gehagelt, aber so wie du es als "normalerweise" beschrieben hast. Die Hagelkörner waren nicht größer als Murmeln und alles hat nicht länger als zwei Minuten gedauert.
AntwortenLöschenSo einen Hagel habe ich noch nie erlebt, das tut mir sehr leid für euch, liebe Rex-Mama.
Viel Glück für die Auseinandersetzung mit der Versicherung und alles Gute für die Schadensbeseitigung.
Lieben Gruß :-)
Danke dir, liebe Hermine, ja, das war schon heftig, aber als ich eben sah, wie eine Nachbarin von umme Ecke ihr Auto in allen Einzelheiten knipste, wurde mir noch klarer, dass wir ziemliches Glück hatten, andere hat es deutlich schlimmer erwischt, auch wenn es mir sogar stellenweise die Farbe vom Haus absprengte.
LöschenKönnte Petrus nicht wenigstens mit Schokoladeneis werfen? ;-))
Lieben Gruß zurück! :-)
Ich freue mich, daß die alte Dame angesprochen hast. Sie wird sich dabei gedacht haben: es gibt doch noch Menschen die sich für mich interessieren. Hier war auch der Strom angeschaltet. deshalb gab es kein Internet. erst am Nachmittag. Post und Pakete gab es heute nicht wegen Wasserschadens. Nun hoffe ich, daß es in der nacht nicht noch einmal so ein Unwetter gibt. Die Menschen hier vor Ort werden auch noch morgen damit beschäftigt sein aufzuräumen.
AntwortenLöschenIch habe es in den Nachrichten gesehen, dass es eure Region ähnlich heftig wie unsere erwischt hatte, wobei das tatsächlich sehr regional war. Hier war nicht einmal jeder Stadtteil betroffen, unserer dafür allerdings so richtig dolle.
LöschenHallo, Liebe "Rex-Mama!"
AntwortenLöschenNa, Gott sei Dank habt ihr keinen Schaden genommen!
Ich fürchte "F" bekommt für seinen schlimmen Satz in dieser Woche keinen Kuchen. ;)
Dass du in den Regen raus bist, Schäden zu reparieren alle Achtung.
Warst du denn danach nicht auch Patschenass?
Hoffentlich übernimmt die Versicherung die Schäden, bin sehr gespannt wie sie reagiert auf deine Fotos? - Ja, ich sehe es auch so, das man das eine Firma machen lassen sollte, wenn "F" nicht mithelfen kann, ist das für dich nur eine zusätzliche Plackerei, die dir einfach nicht guttun kann.
Ich finde es schön und erschreckend wie unterschiedlich unser Wetter und Leben oftmals sind, was dabei herauskommt, möglicherweise gibt jedoch auch das unseren Blogbesuchen eine gesunde Würze?
Die schönen Pflanzen und Teichfiguren alles dahin? - Vielleicht lässt sich ja doch noch was retten?
Der erste Teil deines Blogs war fast als hättest du einmal querbeet mit allen Bevölkerungsschichten ein Schwätzchen gehalten, ich hatte beim Lesen besonders große Freude daran.
Relativ sicher bin ich, dass du zu den Personen gehörst, die mit am besten wissen, was unterschiedliche Bevölkerungsschichten glauben und denken, vielleicht wird es ja doch noch was mit der "Rex-Mama" und der Politik?
Liebe - Menschsein wie ein Sonnenschein - Grüße
Vom lifeminder
Lach, lieber lifeminder, es wird genau andersherum sein, am Wochenende muss ich unbedingt Kuchen backen, denn die viele heruntergefallenen, noch unreifen und teilweise arg zerdepperten Äpfel müssen ja weg.
LöschenDein letzter Satz hat mich zum Nachdenken gebracht, denn ich denke, damit liegst du ziemlich richtig.
Schon seit frühester Kindheit begleitet es mich ja, dass ich stets Kontakt zu den unterschiedlichsten Bevölkerungsgruppen hatte, die ersten Jahre gab es noch Hauspersonal und im Dörfli lernte ich das einstige feudale Leben bei "Adels" zumindest ansatzweise noch kennen, weil wir ja im gräflichen Schloss lebten. Dann zog der Onkel in eine wunderbare Wohnung in einem alten Fachwerkhaus und ich tauchte bei meiner Freundin auf dem Nachbarhof tief ins Bäuerliche ein - damals bestand tatsächlich noch ein erheblicher unterschied zwischen Stadt- und Landbevölkerung.
Daheim lebten wir in einem Arbeiterstadtteil, doch ich besuchte ein elitäres Mädchengymnasium und im Schwimmclub tummelten sich eher die oberen Zehntausend, während ich später meine Freizeit mit Hippies, Junkies und Rockern verbrachte, so ich mich nicht in einer der beiden Kirchen herumtrieb.
So zieht sich das bis heute durch mein Leben und ich mag es sehr, nicht nur im eigenen Suppenteller herumzupaddeln. :-))
Liebe Sonnenschein-Grüße zurück! :-)
Schreibe ich doch! Schreibe ich doch! :)
AntwortenLöschenDu hast so viele Einblicke in verschiedenste Gruppen und teilweise kannst du sogar miteinander heute und früher vergleichen, wer kann das schon so gut wie du?
Ich bin mir ziemlich sicher, dass du zumindest einen Anteil daran hast, zwar einen guten, wie ich selbst auf Menschen schaue.
Das ist das schöne, hin und wieder kann ich auch mal mit dir abgleichen, wie wir Dinge sehen.
So ein Blog ist manchmal so viel mehr wie nur eine Tages-Lebens- und Geschichtenbeschreibung. - Was mir glaube, die ersten Jahre noch nicht klar war?'
Liebe - Blog-Sonnenschein-Grüße
Vom lifeminder
Danke dir, mein Lieber, dieser Satz ist so ziemlich das Schönste, was man als Schreiberling zu lesen bekommen kann! 🥰
LöschenFür mich war das Schreiben schon immer eine Möglichkeit, mich selbst und einige meiner Erlebnisse zu reflektieren, und als ich dann das Bloggen entdeckte, vermischte sich Rex (der ja der eigentliche Auslöser gewesen war) mit dem Rest meines Lebens, weil das eine ohne das andere ja gar nicht denkbar wäre.
So schmählich uns myblog.de auch im Stich ließ, ich rechne es dieser Seite hoch an, dass man dort auch in das hineinschauen konnte, was andere Blogger so umtrieb, denn ich finde es fatal, wenn in unserer heutigen Gesellschaft jeder sein eigenes Süppchen kocht und sich keiner für den anderen interessiert.
Dadurch trat dann der Idealfall ein, dass sich nämlich einige zusammenfinden, die auf diese Weise Anteil nehmen am Leben des anderen, was das Reflektieren ganz schön erweitern kann - so man sich denn nicht nur auf Blabla beschränken will. ;-)
Will sagen, so macht es richtig Spaß! :-))
Liebe Sonnenschein-Grüße zurück! :-))