Sonntag, 18. August 2024

Lebenswelten

 Wie sehr sich die doch unterscheiden, in die ich hin und wieder Einblick bekommen darf.

Gerade schickte mir mein Bruder Fotos aus Thailand, gemacht in ihrem Haus.

Ein großer Raum, fast leer, durchgehend gekachelt, oben eine hölzerne Decke.

Auf dem Boden sieht man die Familie sitzen, meine Nichten, aber auch einige alte Damen - weiß der Deibel, wie die das machen, mein Rücken würde in dieser Position gewaltiges Theater machen.

Vor einer Wand hocken drei orangefarben gekleidete Mönche, schlagen sich genüsslich die immer hungrigen Bäuchlein voll.

Meine Schwägerin hat sie dazu eingeladen, ein feierlicher Akt, sie werden bewirtet  und segnen im Gegenzug Haus und Bewohner. 

Auch ich trage immer noch ein (ehemals) weißes Bändchen, dass mir solch ein Mönch im Jahre 2012 um den Arm knotete, ursprünglich waren es drei gewesen, er hatte gemeint, sie sollten auch meine Familie beschützen, und immerhin eins davon hält bis heute, auch wenn man über seine Wirkung geteilter Meinung sein kann. 😉

Am Donnerstag waren es zwei ganz andere Lebenswelten, die sich mit mir als Bindeglied fast begegneten.

Ich stand gegenüber vor dem Gartentor, quatschte mit U., die sich ganz offensichtlich schon ein Bierchen gegönnt hatte, obwohl es erst kurz vor sechs war. Sie trug Basecap, Trägertop und Shorts und von ihren nackten Beinen und Armen prangten mir die vielen Tattoos entgegen, nach denen sie inzwischen fast süchtig zu sein scheint.

Erst am Vortag hatte sie Bilder von den neuesten geteilt, gleich drei von den drei Hunden, die ihr im Leben wichtig waren bzw. wind, zugegebenermaßen sehr schön gemacht, doch an der Wand wären sie mir persönlich lieber als großflächig auf ihrem Oberschenkel.

Was aber natürlich Geschmackssache ist ...

Dann fuhr A. vor und entführte mich in die strenge Regelwelt ihrer muslimischen Religion, natürlich von Kopf bis Fuß sorgsam eingehüllt.

Sie mache gerade die erste Diät ihres Lebens, verriet sie mir später und ich war verblüfft, dass wir fast das Gleiche wiegen. Sie ist 7 cm kleiner als ich, wirkt wirklich schlank, aber ... bei ihr kann man halt die wahren Konturen nicht mal erahnen.

Was mich wieder einmal vor die Frage stellt, warum die Frauen dabei mitspielen, denn das Äußere ist ... sicher nicht der wichtigste, aber doch durchaus ein Teil unserer Persönlichkeit.

Ich merke es schon, dass auch in ihr "viel Frau" oder vielleicht auch einfach viel Mensch steckt. Sie kann sich unheimlich freuen, wenn mir die Form ihrer neuen Brille gefällt oder wenn ich ihr ein Kompliment mache, weil ich die Farbe ihres Gewandes mag, also ist ihr das wichtig, doch leider ist damit auch schon die Grenze erreicht, denn mehr Individualität beim Aussehen ist ihr ja nicht gestattet. 

Sie hat ein bildhübsches Gesicht und ich bin davon überzeugt, würde ich sie nur einmal mit Haaren und in schicken Klamotten sehen dürfen, sie wäre eine der schönsten Frauen, die ich jemals traf.

Wirklich schade ... 

Dann fragte sie mich, ob ich mitbekommen hätte, welche Änderungen es nun für Flüchtlinge gäbe?

Nicht mehr jeder bekäme den B2-Deutschkurs bezahlt, jep, davon wusste ich, offenbar sind es nur noch die Akademiker, von denen man sich erhofft, dass sich die Investition zumindest teilweise irgendwann rechnen könnte.

Außerdem erschreckte es sie, dass man bei Ablehnung einer angebotenen Arbeit sanktioniert werden kann, woraufhin ich versuchte ihr klarzumachen, dass unser Sozialsystem sehr viel Geld kostet und eigentlich ja auf Solidarität beruht. D.h. alle zahlen ein und geraten sie unverschuldet in Not, wird ihnen geholfen, so zumindest der Grundgedanke.

Sie sind nun rund 6 Jahre in Deutschland, fahren ein Auto, haben eine schöne Wohnung in Toplage, frequentieren gesundheitliche Einrichtungen gerne und häufig, besuchen alle vier Lernstätten und Kinderklamotten werden nicht etwa im Sozialladen oder bei Kik gekauft, sondern in anderen, teurere Läden.

M. geplante Umschulung wird noch einmal zwei Jahre dauern, sie sind während der ganzen Zeit finanziell deutlich bessergestellt als so mancher Rentner im Lande und noch nie wurden sie damit behelligt, selber zu ihrem Lebensunterhalt beitragen zu sollen.

Ich glaube, einige Empfänger von Sozialgeldern, ganz egal, ob Ausländer oder Deutsche, machen sich nicht wirklich klar, dass jeder Cent, den sie empfangen, ja von anderen zunächst einmal verdient werden muss, wobei bei Ersteren hinzukommt, dass sie in der Regel gar nichts von den Finanznöten im neuen Land mitbekommen, weil natürlich nur heimatliche Nachrichten verfolgt werden.

A. war z.B. höchst erstaunt, als ich ihr erzählte, dass sie das Freibad kürzlich nur besuchen konnten, weil wir Bürger es vor etlichen Jahren retteten, denn die Stadt ist pleite und hatte es schließen wollen. 

Und nicht minder baff war sie, als sie mich zu U. befragte, von der sie schon gehört, die sie aber nun zum ersten Mal gesehen hatte, als sie mich abholte.

Den ganzen Tag arbeiten gehen und dann abends und am Wochenende ein Fernstudium absolvieren - wie das denn funktionieren könne?

Das geht, wenn man nämlich Kinder und Hunger hat und von keinem etwas geschenkt bekommt, erklärte ich ihr recht ungerührt ... 😁

Und nun noch zu den Lebenswelten in meinem Garten.

Ich habe den Verdacht, dass der Guschtl mir aufmerksam zuhörte, als ich ihn neulich aufforderte, doch endlich mal eine Frau anzuschleppen und Babys zu machen, denn neuerdings sehe ich ihn immer mit Würmchen im Kirschlorbeer verschwinden.

Wobei seine Herzensdame aber dann eine sehr schüchterne sein muss, wenn sie sich so gar nicht zeigen mag.

Außerdem empfing mich heute früh im Flur dieses liebe Tierchen auf der Rauhfasertapete neben der Tür:


Vermutlich sind sie sauer, dass es nach dem Hagelsturm im Garten nix Leckeres mehr für sie gibt, also ab ins Haus.

Bleibt nur zu hoffen, dass sie den Weg in Küche und Speisekammer nicht finden ... 😅


Und nun werde ich F. die Haare schneiden gehen.


Habt einen schönen Tag und ... bleibt bitte gesund! 😉



4 Kommentare:

  1. Ich werdees mal so machen wie unsere Facharbeiter aus Syrien und der Ukraine - Urlaub zu Hause. Wir hören doch immer wieder, daß man die Leute dort hin nicht abschieben könne weil es so gefährlich wäre. Aber dort Urlaub zu machen das geht sehr wohl. Und Frauen mit Wandmalereien finde ich so was von potthäßlich. Aber jede soll nach ihrer Vasson selig werden. Gerade beginnt es wieder zu regnen und ich hoffe sehr, daß es nicht noch einmal zu so einer solchen Katastrophe kommt. Die Leute hier sind am Ende ihrer Kräfte. Am Freitag konnte ich zur Apotheke gehen. Vorher war es leider nicht möglich. Am Straßenrand türmten sich Sperrmüll und Schlamm. Noch immer sind noch Straßen gesperrt. Im Nachbarort ist es teilweise noch schlimmer wie hier. Die Bundeswehr kommt und unterstützt die Menschen tatkräftig. Also tun sie mal etwas vernünftiges.

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    1. Stimmt schon, das ist an Naivität kaum noch zu überbieten und das mit dem Hochwasser ist wirklich schrecklich. Ruckzuck sind ganze Existenzen zerstört ...

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  2. Hallo, Liebe "Rex-Mama!"

    Mir scheint "A" dennoch auf dem richtig Weg zu sein.
    Du hast sie schon zu so viel ermutigt, was mir spass macht ohne die Frau jemals eine Sekunde gesprochen zu haben, dass sie sich offenbar eben auch über die kleinen Dinge des Lebens freuen kann.

    Auch Stark wie du ihr unser Sozialsystem vermittel hast, das hätte ich niemals so gekonnt, weiß nun aber wie ich das zu machen habe. :)

    Wie es wohl die Schnecke ins Haus geschafft hat, das wäre auch eine sehr intressante Geschichte, ich bin sicher es handelst sich hier um eine waschechte "Rennschnecke".


    Bin gespannt auf "F" Sommerhaarschnitt oder werden die Haare bereits länger gelassen, in etwas mehr als vier Wochen befinden wir uns bereits im Herbst?



    Liebe - du bist und bleibst meine Lieblings-Hotelrezeptionistin - Grüße
    Vom lifeminder





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    1. Dabei ist ja gerade das der springende Punkt, lieber lifeminder, dass eben auch hier die gebratenen Täubchen nicht einfach so von den Bäumen fallen, sondern erst einmal von den Steuerzahlern finanziert werden müssen, was übrigens besonders die Rentner zu spüren bekommen. Eben las ich einen Artikel darüber, dass die kleinen Rentenerhöhungen die Inflation nicht ausgleichen können, d.h. die Altersarmut schreitet weiter voran und immer mehr alte Menschen sieht man Papierkörbe nach Leergut durchsuchen, bevor sie dann im Winter in ihre eiskalte Wohnung zurückkehren, weil sie sich das Heizen nicht mehr leisten können.
      Die Schnecke ist einfach ins Haus gekrochen, denn die sind weder langsam noch scheuen sie sich vor irgendwelchen Untergründen.

      Liebe Vor-Herbst/Winter-und-den-Klamottenmassen-gruselt-mir-schon-ordentlich-Grüße zurück! :-)

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