... heute früh, als "Baby" (mein Rotkehlchen) nur anderthalb Meter neben mir im Gras landete, so wie es der verschollene Guschtl auch gerne machte.
Sofort gingen meine Gedanken zu meiner Mutter und ich murmelte in mich hinein: "Ist das ein Zeichen, dass es aufwärts geht ...?"
Einbildung natürlich, aber mir geben solche vermeintlichen kleine Fingerzeige immer wieder ein gutes Gefühl, so nach dem Motto, siehste, so ganz alleine biste doch nicht, irgendwo hilft jemand im Verborgenen mit ...
Gläubige können beten, ich springe halt auf solche Dinge an, Hilfe zur Selbsthilfe letzlich, denn alles, was einem auch nur eine Spur Hoffnung vermittelt, stärkt einem ein wenig den Rücken, der es dringend nötig hat.
War es gestern oder vorgestern? Hm, die Tage rauschen so sehr an mir vorbei, dass ich tatsächlich nicht ganz sicher bin, aber doch, es muss gestern gewesen sein, als nämlich die kleinen Bänke sowohl am Krankenhaus wie auch an der Umsteige-Haltestelle von Schülern besetzt waren, die ihre Taschen neben sich verteilen und auf ihren Handys herumdaddelten.
Mit diesem Wackler in den Beinen ist das Stehen für mich nicht sehr angenehm, also wanderte ich hin und her, denn natürlich war mir der Anschlussbus wieder einmal vor der Nase weggefahren, und während ich so tippelte, sah ich es auf einmal metallisch glitzern zwischen den Laubbergen auf dem Bürgersteig.
Oh, guck an, ein Glückscent - den nehme ich für F. mit, auf dass er ihm so richtig viel Glück bringe ...
Und nach ein paar weiteren Schritten passierte mir das Gleiche noch einmal, wie nett, da hat mir jemand für jeden von uns ein bisschen Glück geschenkt, das können wir mehr als gut gebrauchen. 🥰
Ich nahm mir vor, F. gleich am nächsten Tag davon zu berichten, schob die Centstücke in meine Manteltasche und vergaß sie prompt wieder.
Als ich heute früh um elfe im KH ankam, fand ich ein leeres Zimmer vor, sowohl F. wie auch sein Nachbar waren nicht da und ihre Betten mit ihnen verschwunden.
Sofort durchfuhr mich der altbekannte Schrecken, doch dann riss ich mich zusammen, sagte mir, dass man ihn sicherlich zu einer Untersuchung geholt habe, und so war es dann auch, eine knappe halbe Stunde später kam F. angerollt, nachdem sie ihm geröntgt hatten.
Bald darauf erschien der Oberarzt in Begleitung einer anderen Ärztin - beide Ausländer und nicht ganz einfach zu verstehen, doch was ich verstand, klang wieder so beängstigend, wie es schon im letzten Krankenhaus der Fall gewesen war.
Die schienen es einfach nicht kapiert zu haben, dass der Auslöser eine Erkältung, ein Virus gewesen war, und das Ganze nicht etwa auf eine allgemeine Verschlechterung seines Zustandes zurückzuführen war (toitoitoi), und tatsächlich geben sie ihm schon seit Tagen ein Morphin und meinen, das solle er nun dauerhaft nehmen, wogegen sich alles in mir sträubt.
Für Freitag können wir vorsichtig mit Entlassung rechnen und ich werde morgen versuchen beim Hausarzt einen Termin für Montag zu bekommen, bei dem ich mit ihm darüber reden will.
Ich erwähnte ja schon, dass ich während Corona sehr aufmerksam die Diskussionen übers Intubieren verfolgte, denn immer wieder las man, dass das eher alte Schule ist und dass damit unter Umständen bei den Patienten sehr viel Schaden angerichtet wird.
Ein KH in der Nachbarstadt tat sich besondern dadurch hervor, dass der Chefarzt andere Wege ging und damit wohl große Erfolge verzeichnete.
Nun gehört also etwas Glück dazu, auf welcher Linie der Hausarzt schwimmt und dass er meine Bedenken nachvollziehen kann.
Es ist ein etwas ungünstiges Timing so vor dem Wochenende, denn morgen kommt die Sauerstofflieferung und noch habe ich keine Ahnung, wann das der Fall sein wird. Außerdem könnte der Ersatzschlauch morgen eintreffen und einkaufen sollte ich auch noch, denn wenn F. erst mal daheim ist, will und kann ich ihn natürlich erst mal nicht alleine lassen.
Von daher ist es fraglich, ob ich es morgen schaffen werde, zum KH zu fahren, aufteilen und an zwei Orten gleichzeitig sein kann ich mich ja blöderweise nicht, obwohl es wirklich gut wäre, wenn ich zum Abschluss noch mal mit den KH-Ärzten reden könnte.
Gegen halb drei machte ich mich auf den Heimweg und fand die Haltestelle erstaunlicherweise schülerfrei vor.
Nur eine alte Dame saß auf dem Bänkchen und als ich mich mit einem freundlichen Nicken zu ihr gesellte, sprach sie mich sofort an:
"Kommen Sie auch aus dem Krankenhaus, haben Sie auch jemanden dort?"
Ich nickte und sie fragte: "Ihren Mann?"
Ich bejahte und nun brach es aus ihr raus, ihr Mann sei schon seit dem Morgen im OP, solle Stents in Beine und Leiste bekommen, dabei habe er ihr gesagt, er wolle gar nicht mehr.
Er sei 88 und seit Kurzem im Heim, da sie es mit ihren auch schon 85 Jahren allein einfach nicht mehr geschafft habe ...
Oh, wie gut ich sie verstand, ihre Ängste, die innere Pein.
Zwei bis eben noch wildfremde Menschen, nur zufällig gemeinsam an einer Bushaltestelle unter wolkenvergangenem Himmel. So nah waren wir uns, so ungeheuer unsere Verbundenheit ... viele Worte oder gar viel Zeit waren dafür gar nicht nötig.
Und dann auf einmal sah ich es wieder glitzern, stand auf, bückte mich und hob Cent Nr. 3 auf.
"Schaun Sie mal", sagte ich zu ihr und zog die beiden vom Vortag aus meiner Jackentasche, "diese beiden habe ich gestern für meinen Mann und mich gefunden und sie bringen offenbar Glück, denn wenn alles gutgeht, darf ich ihn übermorgen nach Hause holen."
Nun hielt ich ihr die Nr. 3 hin und sagte: "Diesen hier möchte ich Ihnen schenken, ein bisschen Glück für Sie. Wie immer die Sache ausgeht, ich wünsche Ihnen von Herzen, dass es richtig so sein wird und Sie Ihren inneren Frieden finden können ..."
War es ein ganz kurzes Aufblitzen in ihren Augen, was ich sah?
Ich weiß es nicht, auf jeden Fall nahm sie den Cent in die Hand, spitzte die Lippen und machte drei Mal "pftpftpft", so als würde sie zart draufspucken, um das Glück vollends anzulocken.
Dann schob sie ihn wie ich die meinen in ihre Tasche und nun kam auch der Bus und beendete unser kurzes Beisammensein.
Nur ein Cent war es gewesen, dazu nicht mal mein eigener und doch habe ich das Gefühl, dass es eines der wichtigsten "Geschenke" war, die ich jemals jemandem machte.
(... während da draußen die Menschen gerade durch die Läden hetzen, um sich darin zu überbieten, was an Teurem und vermeintlich Kostbaren sie zu Weihnachten verteilen wollen.)
Habt einen schönen Abend und ... bleibt bitte gesund! 😉
Hallo, Liebe "Rex-Mama!"
AntwortenLöschenEs ist wirklich faszinierend, wie du inmitten von schwierigen Momenten immer wieder Trost und Hoffnung in kleinen Zeichen findest. So wie etwa mit dem Glückscent. Deine Reflexionen und Beobachtungen über diese magische Momente, die einem das Gefühl geben, nicht ganz alleine zu sein, finde ich unglaublich.
Der Austusch mit der älteren Dame an der Bushaltestelle bringt einen dazu selbt nach Zeichen zu suchen. So viele unausgesprochene Worte, die eine Verbindung schaffen zwischen zwei fremden Menschen.
Es ist beeindruckend, wie du mit dem Weitergeben des Glückscent, so viel Mitgefühl und Wärme vermittelst. In einer Welt, die oft vor allem von Hektik geprägt ist, sind solche Momente des Menschseins so wertvoll.
Ich wünsche dir einige erholsame Stunden, vor allem aber dass F. bald wieder bei dir zu Hause ist.
Vielleicht kann man ja nicht nur zu dem Allmächtigen beten sondern einfach auch so in die Welt hinein?
Liebe - lustig, lustig tralalala bald ist "F" bestimmt wieder da - Grüße
lifeminder
Genau, lieber lifeminder, einfach so in die Welt hinein, denn da gibt es sehr viel, mit dem man sich verbunden fühlen kann.
LöschenLiebe "Mir reicht es schon, wenn er wieder hier ist, lustig muss es gar nicht unbedingt werden"-Grüße zurück! ;-)