... die Puste fürs Bloggen aus, denn erstens erlebe ich gar nichts mehr abseits von F. und zweitens bin ich durch seine Pflege neben all meinen anderen Pflichten mehr oder weniger rund um die Uhr eingespannt.
Eine große psychische Stützte ist mir im Moment seine Schwester, mit der ich mich immer wieder auf die Ferne austausche, und es tut wirklich gut, telefonisch oder per WhatsApp über alles reden zu können, denn egal, ob gesprochen oder aufgeschrieben, was raus ist, ist raus und besser sortiert, und immerhin sie interessiert natürlich, was bei uns abgeht.
Kurz zum Hausarzt, wo ich gestern früh einen Termin hatte.
Obwohl ich der Mitarbeiterin am Empfang sagte, dass F. erstmalig allein und ohne mich völlig hilflos sei, brachten die es fertig, mich alle Patienten abwarten zu lassen, die sich vor mir im Wartezimmer angesammelt hatten, so dass ich erst eine Stunde nach dem eigentlichen Termin drankam.
Dann allerdings lief es gut, denn im Gegensatz zum etwas arrogant-schnöseligen Lungenfacharzt kann ich mit diesem Doc so richtig gut und so stellte ich ihm gleich folgende Frage:
"Zuallererst würde mich brennend interessieren: Haben Sie eine Haltung gegenüber Intubieren?"
Er nickte und sagte dann das, was ich mir so dringend gewünscht hatte und was meine bisherigen Recherchen voll bestätigte, d.h. einfach mal so intubieren ist überholt, seit Corona weiß man, dass man damit u.U. mehr Schäden anrichten kann als nutzen, von daher darf es wirklich nur die letzte Möglichkeit sein.
Darüber, dass man F. die Chance gegeben hatte, sich den Tubus selbst aus dem Hals zu reißen, war er entsetzt, denn wenn man die Betäubung herunterfährt, muss natürlich gewährleistet sein, dass der Patient dazu keine Möglichkeit hat, weil es zu Verletzungen führen kann.
Wenn vom Personal keiner die Zeit hat, ihn in dieser Zeit zu beaufsichtigen, dann hätte man ihm die Arme festbinden oder warten müssen, bis ich komme, aber das hielt wohl keiner für nötig.
Auch von den Sprachschwierigkeiten mit den Ärzten berichtete ich und auch von allem anderen Unverständlichen, was uns in diesem KH wiederfuhr, er verstand mich sehr gut und beruhigte mich, zumindest ich hätte wirklich alles richtig gemacht.
Auch mit den Medikamenten wurden wir uns einig - die hatten F. zwei Aerosole verpasst und mit nach Hause gegeben, vor denen er sich einfach nur ekelte, und als ich nun vorschlug, ob wir nicht komplett zur alten Medikation zurückkehren sollten, sah er das genauso.
Dann malte er mir noch eine Zeichnung, wie das im Gehirn funktioniert mit dem Bedarf nach Sauerstoff und dem gleichzeitigen Erkennen, wie es mit dem CO2 im Blut aussieht.
Fakt ist, F. sollte die Sauerstoffzufuhr so gering wie möglich halten, um dieses Gleichgewicht herzustellen, im Grunde eine Gefühlssache, denn genaue Anhaltswerte gibt es gar nicht.
Was nun meine Aufgabe ist, denn F. ist noch in der Phase, in der er schnell mal in Panik zu verfallen droht, wenn er meint, es käme nicht genug bei ihm an, also drossele ich nun die Literzahl immer heimlich etwas herunter und baue darauf, dass er das gar nicht mitbekommt.
Schon fast zwischen Tür und Angel erwähnte ich dann dem Doc gegenüber noch meine Familie:
"Ich entsinne mich gut an die Zeiten, als mein Opa und später auch mein Onkel ständig zu Hausbesuchen unterwegs waren. Was ist nur passiert seit damals? Haben Sie jetzt so viel mehr Patienten?"
Was er mir bestätigte, zum einen mehr Patienten, weil es viel zu wenig Ärzte gibt (ich hätte es ja besonders im KH miterlebt, dass deutsche längst zur Mangelware geworden seien), zum anderen werden sie aber auch erschlagen von der irrsinnigen Bürokratie und den vielen Dokumentationspflichten, die einem am Ende immer weniger Zeit für die eigentliche Arbeit lassen.
"Wann sollte ich das noch schaffen?", fragte er mich, zählte mir die Zeiten auf, die er vor Ort in der Praxis sein muss, und erzählte dann noch, dass er bisweilen sogar schon Hausbesuche gemacht habe, die aber oft darin mündeten, dass der Patient gar nichts wirklich Dringliches hatte, sondern eher Lust auf ein gemeinsames Kaffeestündchen.
Tja, da kann ich ihm nicht verdenken, dass es so nicht laufen kann, und im Grunde ist es das Gleiche, über das man auch in den Notaufnahmen klagt - die Leute kommen wegen jedem Fürzchen angerannt und verstopfen so den Weg für die wirklich dringenden Fälle.
So läuft es halt in unserer Gesellschaft, jeder ist sich selbst der Nächste, guckt, was er kriegen kann, und das möglichst als Erster.
Nebenher bekomme ich natürlich trotzdem mit, was in Syrien vor sich geht, auch wenn es im Moment noch niemand wirklich deuten kann und die Folgen, u.U. für die ganze Welt, noch absolut nicht absehbar sind.
Habt ihr euch gestern Abend auch Hape Kerkeling gewidmet?
Ich war - so weit es unsere Klogänge zuließen - mit Freude dabei, nur im Film bekam ich an dem Punkt, wo seine Mutter ihm das unbegrenzte Fernsehen gestattet, um sich dann mit Pillen vollzupumpen, wieder einen dicken Hals, denn genauso habe ich es ja auch erlebt, mit dem Unterschied, dass ich ein Jahr jünger war als er und im Gegensatz zu ihm hellhörig wurde und das Schlimmste verhindern konnte.
So, und nun muss ich im KH anrufen, weil wir noch eine Bescheinigung für die Tagegeldversicherung benötigen.
Habt einen schönen Tag und ... bleibt bitte gesund! 😉
Es ist gut, daß du eine Person des Vertrauens bei dir hast, die dich unterstützt, die dich mit trägt. Welche Dinge sich ansonsten dort abspielen können einem schon zum Wahnsinn treiben. Als ich gestern beim Urologen war, stellte ich fest, daß er seine Öffnungszeiten verändert hat. Freitags ist nun geschlossen. Die Vorsorge beim Urologe passte genau. Ich bin immer noch sehr zufrieden, auch wenn ich weit gefahren bin.
AntwortenLöschenNa ja, so ganz bei mir habe ich diese Person ja nicht, immerhin ist sie fast 500 km weit weg, aber schon allein das Reden-Können tut mal gut zwischendurch.
LöschenDass du zur Vorsorge zum Urologen gehst, finde ich vorbildlich!
Hallo, Liebe "Rex-Mama!"
AntwortenLöschenEs ist unglaublich, wie du dich durch diese fordernde Zeit kämpfst und dabei noch die Energie findest, dass alles so präzise und ehrlich zu reflektieren. - Das würde mir möglicherweise schwerer fallen so objektiv auf diese Situation zu schauen.
Es ist beruhigend, dass dein Hausarzt dir mit seiner kompetenten Art ein Stück Sicherheit geben konnte, gerade in einem so heiklen Thema, und der Pragmatismus, denn du zeigst, um F. zu helfen, verdienen höchsten Respekt
Das heimliche Drosseln des Sauerstoffs zeigt, wie gut du ihn kennst und für ihn da bist. Aber bin noch nicht sicher wie ich in ähnlicher Situation handeln würde.
Wobei du ja auf seine Panik hinweise. Die Entscheidungen die du zu treffen hast sind wirklich unglaublich schwierig.
Es scheint, dass du nicht nur für F., sondern auch weiterhin für viele Missstände im Alltag ein offenes Auge hast
Liebe – vergiss nicht auch auf dich zu achten – Grüße
Vom lifeminder
Das "heimlich" war vielleicht etwas übertrieben, lieber lifeminder, denn wenn ich das Gefühl habe, es geht ihm ordentlich und ich könnte es riskieren, drehe ich halt einen halben Liter herunter, kontrolliere dann aber natürlich auch den Sauerstoffgehalt in seinem Blut, und wenn da alles in Ordnung ist, sage ich ihm, was Sache ist und dass es funktioniert.
LöschenErspart ihm das ungute Gefühl, sich ängstlich selbst zu beobachten, ob es knapp werden könnte.
Und stimmt, weder die Entscheidungen noch die Tätigkeiten, die ich gerade zu verrichten habe, würde ich irgendwem wünschen, selbst wenn ich ihn gar nicht leiden kann. ;-))
Liebe "Jo, irgendetwas zu vergessen, wäre im Moment gar nicht gut"-Grüße zurück! :-)