Sonntag, 12. Mai 2024

Hilflose Wut

 Bei uns in der Familie gab es nie ein gemeinsames Frühstück, weil Muttern gerne lange schlief, und so war es auch an jenem Muttertag, als ich 7 oder 8 Jahre alt war.

Mehrere Wochen lang hatte ich mein winziges Taschengeld gespart und sehe es noch heute vor mir, den kleinen quadratischen tönernen Blumenübertopf, der eine Backsteinmauer nachahmte, und das Stück teure Duftseife, in kostbares Seidenpapier eingewickelt.

Wie immer waren Papa und wir Kinder früh aufgestanden und damit auch wirklich Ruhe in der Wohnung herrschte für Mutterns Bis-in-die-Puppen-Schlaf, schnappte Papa Brüderlein und mich und fuhr mit uns "auf die Weide", wie er das gerne nannte.

Irgendwohin ins Grüne ging es immer, mal an einen See, mal in die Nähe eines Spielplatzes, etwas Spannendes fiel ihm immer ein und diesmal fuhren wir raus an den Niederrhein, aufs Land, wo ich noch einen hübschen Blumenstrauß pflücken wollte, der meine Geschenke vollends abrunden sollte.

Bis dahin lief alles wie am Schnürchen, bestens gelaunt kamen wir zurück, doch nun folgte das böse Erwachen, im wahrsten Sinne des Wortes.

Unsere Mutter war wider Erwarten etwas früher aufgestanden und fand nun ... nichts vor.

Sie hätte sich denken können, dass die Überraschungen noch kommen sollen, aber es nützte nichts, sie war so erbost, dass sie nicht gleich nach dem Aufwachen von uns beschenkt wurde, dass es ein schreckliches Donnerwetter gab.

Nein, meine Geschenke wollte sie nun nicht mehr haben, schickte uns zur Strafe sogar in unser Zimmer, wo wir die nächsten Stunden still aufharren mussten, und ihr Beleidigtsein, ihr strafendes Schweigen sollte uns die nächsten Wochen begleiten.

Es war das erste Mal in meinem Leben, dass mich Rebellionsgedanken überkamen. Ich saß bedröppelt im Zimmer, wagte keinen Mucks mehr von mir zu geben, aber ich weiß es noch genau, wie ich überlegte, wie gut es sich anfühlen müsste, Blumentopf, Strauß und Seife einfach aus dem Fenster zu werfen, stellte mir vor, wie alles auf dem Dach (wir wohnten in einer Mansardenwohnung) zu Bruch gehen würde ...

Natürlich tat ich es nicht, die Strafe hätte ich nicht ertragen wollen, aber immerhin diese heimlichen Revoluzzergedanken, die konnte sie mir nicht auch noch verbieten.

So klein ich noch war, dieses Erlebnis hat mich nachhaltig geprägt und nie wieder kam ich zu spät mit meinen muttertäglichen Pflichtübungen, die später meist so aussahen, dass ich tagelang herumwirtschaftete, um die ganze Familie inkl. Muttern an diesem Tag zu bewirten und verwöhnen.

Wirkliche Freude konnte ich dabei nie mehr empfinden, denn immer war mir bewusst, dass ich damit ja nur die Erwartungen erfüllte, die man an mich stellte, und dieses Geschenke-Kaufen zu bestimmten Gelegenheiten ist bis heute nicht mein Ding.

Also ich schenke schon gerne, aber vorzugsweise wenn jemand wirklich etwas braucht oder ich eine zündende Idee habe, worüber derjenige sich freuen könnte, unabhängig von diesen Pflichttagen, die eigentlich nur zur Ankurbelung des Konsums dienen.

Jeder hat alles, doch es ist nie genug, man sammelt immer weiter irgendwelchen Kram an, nur weil es "sich so gehört" ... 

Nichtsdestotrotz wären F. und ich natürlich froh, wenn wir heute noch Mütter hätten. 😉

Ansonsten lief der gestrige Tag wie erwartet, die optische Aufpeppung tat uns beiden gut und sogar meine Strähnchen gelangen mir prima.

F. montierte seinen neuen Badehocker gleich zusammen, von dem wir uns allerdings vorgestellt hatten, dass man ihn noch niedriger einstellen könnte, denn so wird das ein wüstes Gespritze werden:


Und - zu viel Arbeit hin oder her - so ganz ohne ein paar bunte Farbtupfer halte ich es im Garten denn doch nicht aus, also gab es zumindest eine erste Notbepflanzung:



Etwas Farbe zum Nicht-Muttertag, ob nun im Garten oder auf dem Kopf, so kann man es wohl zusammenfassen. 😊


Habt einen schönen Tag und ... bleibt bitte gesund! 😉

7 Kommentare:

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    1. Dir auch einen guten Morgen bzw. nun ja schon Mittag, lieber Faradei! 😊

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  2. Hallo, Liebe "Rex-Mama!"

    Wie grausam kann man als Mutter sein? - Wie hättet ihr denn sie verwöhnen sollen, wenn ihr gar nicht da seid? - Das ist unfassbar seine Kinder dafür auch noch zu bestrafen.

    Warum allerdings euer Vater nicht einschritt? - Bleibt wohl ein Geheimnis, er hätte sie hier zurechtstutzen müssen und für euch Partei ergreifen sollen, vielleicht sogar müssen.

    Deine Mutter hat sich durchgesetzt offenbar, hast du sie doch in späteren Jahren zu Muttertag wie von ihr erwartet bewirtet.
    Meisterin der Kopfspielchen, ein anderer Begriff fällt mir gerade nicht ein für eure Mutter.

    Genauso danach das wochenlange Schweigen.
    Normal ist das nicht. Keineswegs. Weder früher noch heute akzeptabel.


    Der neue Duschhocker sieht gut und stabil aus,
    bin gespannt was ihr nach seinem Premieren-Einsatz zu berichten habt, ob er alle Erwartungen erfüllt hat.

    Deine Blümchen wie eh und je ein hingucker.


    Liebe - sommerliche Sonntag - Grüße
    Vom lifeminder

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    1. Natürlich hat sie sich durchgesetzt, lieber lifeminder, denn sie war nun einmal eine Meisterin im Erpressen, so lange, bis sich jeder so verhielt, wie sie es wünschte.
      Und genau das hielt meinen Papa auch davon ab, dagegen einzuschreiten, denn dann bekam er selbst es ja genauso ab.
      Am Ende war ich es, die ihn vor ihr beschützte, umgekehrt war es nie der Fall.

      Da doch lieber bunte Blümchen, nicht wahr? ;-)

      Liebe Heute-sogar-heiße-Grüße zurück! :-)

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    2. Viel liebe bunte Blümchen und weiße und schwarze, so ziemlich alles besser ist das, was du da mitgemacht hast.

      Pass weiterhin gut auf dich auf.

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  3. Ich hatte in meiner Kindheit keine großen Schwierigkeiten. Den Revoluzzer gab ich eher nach außen hin mit langen Haaren und auffälliger Kleidung. Deine Blümchen gefallen mir gut. Zum Thema spritzen im Bad hätte ich folgenden Vorschlag Stange montieren und Duschvorhang hin. In meiner alten Wohnung hatte ich das so. Hier habe ich eine Badewanne und eine Dusche. Ich dusche meist.

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    1. Diese Vorhänge fand ich immer ziemlich unhygienisch, aber zum Glück haben wir auch beides, und die Dusche mit Glaswänden.
      Wenn es in der Wanne also nicht klappen sollte mit dem Hocker, kann er immer noch nach dort ausweichen, auch wenn ihm die Wanne wohl bequemer erscheint.

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