... mein Bruder beeindruckende Fotos vom Baumwipfelpfad Bad Camberg, auf dem er mit Frau und Kindern sowie einem weiteren Mädchen unterwegs war, von dem er meinte, es sei auf einmal einfach da gewesen. 🤣
Wobei die "Kinder", also meine beiden Nichten meine ich jetzt, inzwischen ja schon 15 und 17 Jahre alt sind und längst auf der Schwelle zum Erwachsenwerden.
Brüderlein hat Papas Gene geerbt, genau wie er seinerzeit liebt er es, ständig unterwegs zu sein, die Gegend mitsamt lohnenswerten Ausflugszielen zu erkunden und ... hihi ... die Familie dabei durchaus mal mit viele Kilometer langen Märschen zu quälen. 😁
Was mich wundert, ist, dass die Mädels dabei noch so willig mitspielen, denn bei uns lief das damals ganz anders ab.
Zum einen waren unsere Eltern froh, endlich wieder etwas mehr Zeit für Zweisamkeit zu haben, und zum anderen hatten wir längst das Interesse daran verloren, gemeinsam mit ihnen die Sonn- oder Feiertage zu verbringen.
Zwar riss ich daheim nach wie vor brav mein Hausmagdprogramm ab, aber ansonsten war ich doch längst damit beschäftigt, meinen eigenen Weg zu finden, und dazu gehörte das Beisammensein mit anderen Jugendlichen, das Ausschauhalten nach "geeigneten Jungs", das Flirten, das viele Diskutieren, aber eben auch Spaß mit anderen zu haben.
Auf der Suche waren wir, so kann man es wohl beschreiben, und eines steht fest: Das, was wir suchten, konnten wir auf keinen Fall bei den Eltern finden.
Natürlich lebten wir im Gegensatz zu meinem Bruder heute in der Stadt, hatten sehr viel mehr Möglichkeiten, allerdings lief es im Dörfli ganz ähnlich.
Die ganze Jugend bildete dort eine einzige riesige Klique, es war immer was los und auch da galt das Prinzip des Suchens und ... Flirtens. 😊
Auch meine zehn Jahre jünger Schwester begleitete mich später öfter zum Großonkel, auch sie hatte eine "beste Freundin" im Dörfli, aber merkwürdigerweise ging es bei ihnen völlig anders zu. Da gab es keinen Zusammenhalt mehr mit den anderen, die beiden hockten meist in der Bude zum Spielen und all das, was wir an Spannendem erlebten, erleben durften, fand bei ihnen schon nicht mehr statt.
Die Zeiten hatten sich rapide verändert, denn nun drängten die ehemaligen Achtundsechziger, die "Neuen Linken" in die Erziehungsberufe, und das war's dann mit der Freiheit, aber auch zunehmend mit dem Gedanken, beizeiten die Verantwortung für sich selbst und sein Tun zu übernehmen.
Zufällig waren F. und ich anwesend, als meine Schwester meine Eltern fragte, ob sie nicht mit ihrem Freund in eine ihrer Mietwohnungen einziehen könne.
Beide hatten gerade angefangen zu studieren und machten sich überhaupt keinen Kopf darüber, dass Papa ja auf diese Weise auf Jahre hinaus die Mieteinnahmen entgehen würden, zumal sie ja auch noch Geld zum Leben brauchten, das sie mit ihren kleinen Nebenjobs nicht selbst verdienen konnten.
Keine Frage, dass man sich auch gleich recht nobel einrichtete mit einer Ikea-Küche, Laminatböden usw., während ich dagegen ganz klein anfing mit einer Einrichtung, die diesen Namen gar nicht verdiente, weil ich mir ja jeden Löffel, jede Gabel erst mal selber verdienen musste.
Was aber auch dazu führte, dass ich die Dinge sehr viel mehr zu schätzen wusste. Noch heute habe ich fast alles, was ich mir in Stuttgart nach und nach aufbaute, während bei meiner Schwester alles ständig ausgetauscht wird - erstaunlich dabei, dass sie ja die Grünen sind 😁.
Ich entsinne mich, wie sie Papa einen alten, wunderschönen Bücherschrank abschwatzten, der noch aus dem Haus meines Opas stammte. Ruckzuck war das Ding verschandelt, weil sie es nämlich weiß anpinselten, und es dauerte gar nicht lange, bis sie es weiterverschenkten, weil es ihnen nicht mehr gefiel und etwas Neues hermusste.
Noch heute blutet mir das Herz bei dem Gedanken daran, denn ich hätte diesen Schrank im Originalzustand mit Handkuss genommen und ganz sicher in Ehren gehalten ... 😥
Die Tage rief ich meine Schwester an, um ihr zum Geburtstag zu gratulieren und staunte nicht schlecht, dass sie bereits umgezogen sind. Das Haus ist verkauft, nun leben sie in einem kleinen Städchen (inkl. Kulturschock 🤣), was aber nur ein Zwischenspiel sein wird, bevor sie nach dem nächsten Sabbatjahr nach Bonn übersiedeln wollen.
Für mich unvorstellbar, so häufig und vor allem so leicht alles Vertraute aufzugeben, was ich gerade aber durchaus hinterfrage.
Hänge ich vielleicht zu sehr an physischen Dingen, die mich am Ende dann nur belasten? *grübel*
Gestern sagte jemand im TV den Satz: "Du bist deine Erinnerungen ...", den jemand anderer sinngemäß so fortführte, "... wenn du keine mehr hast, bist du dement."
Jep, das unterschreibe ich, denn mir ist sehr bewusst, dass ich das Produkt bin aus meinen Genen und allem, was ich jemals erlebte.
Und da ich es ja niemals hinnehme zu sagen, ich bin eben so und fertig, nehme ich dieses Produkt oftmals auseinander und setzte es etwas neu geordnet wieder zusammen, wobei mir dann die vielen kleinen Erinnerungsstützen (da gibt es so gut wie nichts, von dem ich nicht genau wüsste, wo es herstammt und das nicht irgendeine Bedeutung für mich hat) hier im Haus wirklich helfen, das, was einst geschah zu bewerten, einzuordnen.
Von daher ist es gut so, wie es ist, jeder muss auf seine Weise mit seinem Leben umgehen, was aber nichts daran ändert, dass ich über meine Nichten staune und immer noch denke, dass wir früher im gleichen Alter wesentlich reifer waren. 😅
Und nun auch genug der Grübeleien, denn Nieselregen hin oder her, ich muss los zum Freitagseinkauf und kann den Menschen im Südosten des Landes nur die Daumen drücken, dass es mit den Regenmassen nicht ganz so schlimm kommt wie angekündigt.
Habt einen schönen Tag und ... bleibt bitte gesund! 😉