Hihi, das fragte mich F. gestern Mittag allen Ernstes, als Rex um kurz nach zwei begann, extrem nörgelig zu werden.
Er begann zu piepsen, kam bei mir an, stupste mich mit der Nase und als ich versuchte beruhigend auf ihn einzuwirken ... "Ja, ist ja gut, gleich gehen wir schlafen, geh du schon mal hoch, ich komme gleich ...", wurde er wütend, marschierte zu seinem Bett im Esszimmer und fing an es zu verwüsten.
Ein Bild für die Götter, wie er dann die obenauf liegende Matte durch die Luft wirbelt - mit so viel Power, dass sie mitunter am anderen Ende des Raumes landet, und leider kündigt er das vorher nicht an, so dass ich es nie schaffe, diesen Akt mal zu filmen, obwohl er zu seinem Standardrepertoire gehört. 🤣
Es fehlte nur noch, dass er sagen würde: "Ey Alte, es wird Zeit, dass wir ins Bett gehen, komm jetzt endlich!!!" ... 😂🤣😂
Wenn er dann sieht, dass ich den Läppi zuklappe und den Strom abschalte, ist übrigens schlagartig alles gut, dann klettert er schnurstracks die Treppe hoch, legt sich oben ab und strahlt mich regelrecht an, wenn ich dann auch ein trudele. 😀
Selbst was das Putzen angeht, trägt er Züge von so manchem Ehemann, dem der Wusch der Gattin nach einem sauberen Haus sonst wo vorbeigeht.
Zwei Minuten, nachdem ich im Bad fertig war und alles gewienert hatte, sah der Boden nämlich schon wieder so aus:
Offenbar hatte er eine Art Inspektionsrunde gedreht und dabei gleich wieder den halben Garten dort verteilt, den er zuvor kontrolliert hatte. 😂
Auf der anderen Seite kann er aber auch durchaus rücksichtsvoll sein, denn als ich später einmal hinaus wollte, stand er wie so oft auf der Stufe der tagsüber ja immer geöffneten Hintertür.
Wieder mal typisch "John Wayne", genau in der Mitte hatte er sich platziert und wäre er wirklich ein Cowboy, würde ich seine Haltung als breitbeinig beschreiben, die Hand sozusagen am Colt.
Nun aber hörte er mich von hinten kommen und rückte automatisch einen Schritt zur Seite, bevor ich überhaupt heran war - genau wie es auch ein Mensch gemacht hätte, und am Ende standen wir dann eng nebeneinander in der Tür und schauten gemeinsam ins Freie.
Scheinbar bedeutungslose kleine Momente, die aber doch so viel Innigkeit, fast etwas Intimes an sich haben, zumindest so, wie ich sie empfinde. 🥰
Tja, und dann ist da noch die Sache mit den Vögeln ...
Den Grundstein dafür legte meine Mutter, zu der ich zwar ein sehr ambivalentes Verhältnis hatte, was aber nichts daran ändert, dass wir uns sehr nahe waren.
Vermutlich habe ich mit keinem Menschen auf dieser Welt so viel geredet wie mit ihr und die Telefonate fehlen mir noch heute sehr.
Sie legte oben auf ihrer Terrasse immer Nüsschen aus, eigentlich allgemein für die Vögel gedacht, aber besonders ein Amselmännchen hatte große Freude daran und kam täglich zum Picken. Der "August" eben, der ihr auch einige Jahre treu blieb und bald Gesellschaft bekam von einer Maus, die sie kurzerhand "mein Mäuschen" taufte und die sich einmal sobar bis in mein Zimmer verirrte.
Auch bei mir in Stuttgart gab es so ein Amselkerlchen - immer saß es am Haus gegenüber auf der Antenne und sang aus Leibeskräften und wenn ich im Sommer bei weit geöffnetem Fenster im Bett lag, hatte ich es genau im Blickfeld und dachte mir oft, es sänge nur für mich und wäre sicher ein Kumpel von "August" und ... auch meiner Mutter. Will sagen, ich fühlte mich ihr irgendwie immer verbunden, wenn ich dem Bürschlein lauschte.
Daher auch der Name "Guschtl", als sich viele Jahre später und lange nach dem Tod meiner Mutter ein Amselmännchen auch hier im Garten häuslich einrichtete. Besonders erfreulich, weil Amseln zumindest hier in der Gegend extrem selten geworden sind.
Nun ist er schon viele Wochen verschwunden, mein Guschtl - keine Ahnung, ob er vielleicht gen Süden geflogen ist oder ihm etwas passierte, jedenfalls fehlt er mir sehr, denn auch bei ihm spürte ich diese Verbindung zu meiner Mutter und so blöd es klingen mag, ich holte mir gerne mal Kraft bei ihm.
Bei uns gab es ja in diesem Jahr so einige Arzttermine, von denen man nicht wusste, wie sie ausgehen, und wenn ich dann im Vorfeld mal in meinem Rauchereckchen saß und grübelte, während er nah bei mir herumhopste, dann sagte ich mitunter zu ihm:
"Nun sag schon, hat dich die Mimi geschickt, damit du mich beruhigen sollst - es wird schon alles gutgehen? Wenn ja, dann guck mich doch bitte mal an und hüpfe in meine Richtung ..."
Nichts anderes eigentlich, als wenn ein Glaubender zu seinem Gott betet - ich suche nach (vermeintlichem) Halt, nach etwas, das mich positiver und zuversichtlicher stimmt und ... das Verrückte daran, oft genug tat der Guschtl dann genau das, was ich ihm aufgetragen hatte, so als hätte er mich wirklich verstanden und als gäbe es tatsächlich einen Draht zu meiner Mutter.
Natürlich ist mir bewusst, was das für Spinnereien sind, trotzdem kann man aber ... nachdenklich werden 😉, zumal nach dem, was gestern geschah.
Wenn ich abends die Venus am Himmel leuchten sehe, wandern meine Gedanken automatisch zu Papa, der diesen Stern sehr liebte und ihn immer suchte, und dann passiert es auch, dass ich mit ihm rede, so als wäre er wirklich noch da ... nur eben nicht mehr hier bei mir.
Auch bei ihm spielen Vögel im Nachhinein eine Rolle, denn als ich von seinem Totenbett im Krankenhaus ins Freie trat, es begann gerade hell zu werden und am Himmel jagten sich die düsteren Wolken, sah ich einen Vogelschwarm scheinbar genau in diese hineinfliegen und dachte "Ja, mein Papa, flieg, flieg mit ihnen los in die Freiheit ..."
Womit ich mir selbst in meiner Verzweiflung nichts anderes suggerieren wollte als ... lass ihn los.
Bei der Familie angekommen, sah ich, dass diese schon die Traueranzeige vorbereitet hatte, mit mehreren Vögeln, und als ich einige Tage später nächtens mit Püppi unterwegs war und recht verzweifelt hochsah zur Venus, flog mit einem Mal fast direkt über meinem Kopf ein großer Vogel, von unten weiß, nur ganz kurz, dann verdeckten hohe Büsche mir die Sicht und er war verschwunden.
Offenbar eine Eule - seltsam, wo das doch mein Spitzname ist und sie ausgerechnet in diesem Moment auftauchte, als ich mich so sehr nach Papa sehnte ...
Und bei Muttern sind es erst recht die Vögel ...
Gestern früh saß ich wieder einmal draußen, besah mir den leeren Rasen, auf dem keiner mehr herumpickt, und murmelte vor mich hin: "Tja, Mimmelchen, was ist los mit dem Guschtl? Wenn nicht ihn, kannste mir dann nicht wenigstens mal nen anderen schicken?"
Ich glaube, abgesehen vom Guschtl habe ich tatsächlich den ganzen Sommer über keine einzige Amsel gesehen oder gehört, doch nur eine Stunde später stutzte ich, als ich im Bad zufällig aus dem Fenster sah.
Was war das für ein dunkler Vogel, den ich meinte, kurz hinter dem Kirschlorbeer gesehen zu haben?
Neugierig ging ich nach draußen, ließ mich auf meinem Stühlchen nieder, möglichst vorsichtig, weil ich ihn ja nicht vertreiben wollte, und nach und nach konnte ich mehr erkennen.
Ein Amselweibchen war es, das sich nicht so recht entscheiden konnte, wo es nun hinwollte - Kirschlorbeer oder doch lieber das Rupfhuhn? Nein, dann doch eher der Schmetterlingsflieder.
Hin und her ging es und obwohl ich sanft mit ihm redete, ließ sich das Tierchen nicht verschrecken, blieb aber in sicherer Entfernung oben in den Büschen.
Nach einigen Minuten war es vorbei, die Amsel flog davon und seitdem habe ich weder sie noch eine andere gesehen, nur Baby setzte sich heute Morgen, als es noch fast stockdunkel war, nur zwei Meter von mir entfernt auf den Rasen und sang sehr laut für mich.
Nette kleine Erlebnisse eben ... 🥰
Und nun muss ich mich aufmachen in die Küche und einen großen Topf Spaghettisoße anfertigen, denn diese Woche werde ich nicht mehr viel Zeit für große Kocherei haben.
Habt einen schönen Tag und ... bleibt bitte gesund! 😉
Hallo, Liebe "Rex-Mama!"
AntwortenLöschenTierisch faszinierend. Schön, dass du überhaupt dir aus solchen kleinen Momenten Stärke gewinnen kannst.
Ob "Rex", Amsel, Guschtl oder sonwem.
Deine Mutter erstaunt mich, ob ich ihr diese Sanftheit mit Tieren zugetraut hätte? Noch mehr, dass du wohl offenbar ein wirklich sehr enges Verhältnis zu ihr hattest trotz ihrer Ausbrüche, dass habe ich möglicherweise auch jetzt erst verstanden, wie nah deine Mutter und ihr euch ward?
Es ist schön, wie du dich erinnern kannst und noch immer deinen Vater bei solchen kleinen Dingen, die er auch mochte, fühlst.
Das ist meiner Meinung nach eine schöne Gabe.
"Rex" ist und bleibt wohl ein wilder Bub mit sanften Zügen.
Möglicherweise sind Hunde uns Menschen ja doch näher uns Menschen und verstehen mehr wie wir meinen?
Dir wünsche ich weiterhin Kraft und Zuversicht!
Liebe - selbst wenn und manche Menschen auf die Nerven gehen die wir lieben hören wir mit dem Vermissen nicht auf, weil sie uns so viel mehr gegeben haben - Grüße
Vom lifeminder
Meine Mutter hatte tatsächlich viele Facetten, lieber lifeminder, und vermutlich würden weder der Platz im Blog noch meine Worte ganz ausreichen, um mein kompliziertes Verhältnis zu ihr zu beschreiben
LöschenSie hatte wie so viele Hochbegabte ein Problem damit, sich selbst mit ihrer Umwelt in Einklang zu bringen, und ganz sicher das Gefühl, sich mit ihrem Dasein als "nur" Hausfrau und Mutter weit unter Wert verkauft zu haben.
Vielleicht um das zu kompensieren, ließ sie andere gern spüren, dass sie weit unter ihr standen, ihr das Wasser nicht reichen konnten, besonders ich bekam das als Kind ab, so nach dem Motto, halte andere klein, um selbst höher zu stehen.
Vor Hunden hatte sie Angst, aber kleine Tiere stellten keine Bedrohung und vor allem keine Konkurrenz dar also konnte sie schon sehr lieb mit ihnen umgehen und sich an ihnen erfreuen, genau wie an Pflanzen übrigens - sie war richtige Fachfrau, was Botanik angeht.
Unser Verhältnis hat sich im Laufe der Jahre immer wieder gewandelt, war nie starr, und obwohl es ihr zunächst fast gelungen war, mich zu zerstören, wurschtelte ich mich da mit sehr viel Reflektieren heraus und je weiter ich mich entwickelte, umso mehr war sie auch zumindest zu einer gewissen Anerkennung fähig.
Und abgesehen von diesen Veränderungen, gequatscht haben wir immer viel, eigentlich fast jeden Tag telefoniert, nachdem mein Papa gestorben war, sogar zwei Mal täglich.
Rex hast du gut beschrieben, er ist bei weitem nicht so sensibel, wie Püppi es war, trotzdem hat aber auch er seine sanften Seiten und ja, Hunde verstehen ungeheuer viel, sie lesen dich wie wir ein Buch und sie kennen und interpretieren uns deutlich besser als wir sie.
Ich würde es dir wirklich wünschen, dass du das alles einmal kennen lernen könntest, wie schön es ist, eine Beziehung zu einem Hund aufzubauen. :-))
Liebe "Stimmt, das Vermissen hört nie auf"-Grüße zurück! :-)