Als ich vorgestern im Kruschtfach meines Portemonnaies nach dem Kurzstrecken-Viererticket suchte, das ich vor einigen Monaten in der Sparkasse fand und das damals noch drei ungestempelte Abschnitte aufwies, staunte ich nicht schlecht, als ich es herausfischte und sah, dass ich entgegen meiner Meinung offenbar schon zweimal damit gefahren war und nur noch eine Fahrt draufhatte.
Im Bus bekommt man nun keine Mehrfahrtenkarten mehr zu kaufen, einen Tag vorher extra zur Post zu rennen, um eine zu besorgen, dazu fehlte mir die Zeit und der Verkehrsgesellschaft den Aufpreis zu einem Einzelticket in den Rachen zu werfen, die Lust, also beschloss ich den Hinweg zu Fuß zu absolvieren.
An der stark befahrenen Straße entlangzulaufen macht keinen Spaß, also warf ich meine Sicherheitsbedenken über Bord und marschierte durch den Park, in dem ich besonders mit Püppi früher viel unterwegs war und in dem mich Rex so manches Mal mit dem Hintern auf den Boden beförderte. 😅
Damals war es dort noch wunderschön, auch wenn die ganze Ecke mich immer deutlich darauf hinweist, wie sehr sich hier alles verändert hat.
In direkter Nähe befand sich einst ein Bergwerk, das schon lange stillgelegt war, als wir hierherzogen. Die wunderschönen historischen Gebäude verkamen und wurden dann größtenteils abgerissen, um einem Gewerbegebiet Platz zu machen.
Das prächtige alte Schulgebäude, das man leider durch etliche "moderne" Anbauten in alle Richtungen arg entstellt hatte, war damals noch in Betrieb, wurde dann aber ebenfalls geschlossen und seitdem ist der Verfall nicht mehr aufzuhalten.
Rundum gab es riesige alte Bäume und ich ging ganz selbstverständlich aus, dass sie zu dem angrenzenden Park gehörten, weil ja alles nahtlos ineinander überging.
Oh, wie ich es liebte, dort herumzustromern ...
Dann hieß es, das ganze Ding sei von einem Düsseldorfer Moscheeverein gekauft worden, der leider nichts Eiligeres zu tun wusste, als sämtliche Baumriesen gnadenlos zu töten.
Mehr rührte sich dann aber nicht mehr, die Gebäude werden allmählich zu Ruinen, vorn am Haupteingang sehe ich immer Afrikaner mit Sprintern vorfahren - das Portal wird von innen geöffnet, also scheint dort jemand zu wohnen, auch nachts sah ich schon öfter kleine Lichter und ab und zu gibt es Brände - immer nachts.
Keine Ahnung, was da vor sich geht, aber der Anblick zerreißt mir nach wie vor jedes Mal das Herz, man stelle sich mal vor, dass dies hier ursprünglich regelrechter Wald war mit saftigem Gras am Boden:
Schnell wandte ich mich nach rechts, wo es noch ein bisschen wie früher ist, auch wenn man leider vor allem zu den Straßen hin fast sämtliche Büsche plattgemacht hat. Klar, das spart Kosten und ... es erhöht wohl auch das Sicherheitsgefühl der Bürger, denn in unmittelbarer Nähe befindet sich ein "sozialer Brennpunkt" ...
Ich genoss die Natur und das Gefühl, einen Moment lang ausblenden zu können, dass man sich ja doch in einer Großstadt befindet:
Nach einer halben Stunde strammen Laufens hatte ich den Nachbarstadtteil erreicht und da ich gut in der Zeit lag, ging ich gleich noch zu Aldi - prima Entscheidung, denn tatsächlich erwischte ich die letzten Calcium- und Magnesiumpillen.
Dann weiter zum Neurologen, wo ich beim Anblick des Wartezimmers ziemlich geschockt war, denn jeder Platz war besetzt, also stellte ich mich in eine Ecke und stülpte mir die Maske über das Gesicht, weil mir das eindeutig zu virenträchtig war.
Schon zwei Minuten später das Aufatmen, denn entgegen allen bösen Befürchtungen wurde ich von einer Mitarbeiterin, die mir schon beim letzten Mal wegen ihres enorm ausladenden Hinterteiles aufgefallen war, direkt aufgerufen und konnte durchgehen zu einem kleinen Kabüffchen.
Natürlich hatte ich im Internet recherchiert, war extra in Crocs losmarschiert und hatte statt einer Röhren- eine Jeans mit ab dem Knie etwas weiteren Beinen gewählt. Gut so, denn als sie mich nun aufforderte, Schuhe, Strümpfe und Hose auszuziehen, fragte ich, ob Letzteres wirklich nötig sei, und sie meinte, nein, eigentlich nicht, vorausgesetzt, ich bekäme die Hosenbeine bis zum Knie hochgezogen.
Was ja der Fall war - fein, denn ich war vom Laufen ganz schön durchgefroren.
Dann setzte sie ihre Elektroden an, an wechselnden Stellen und bei unterschiedlichen Beinstellungen, wobei sich die Stromstöße sehr gut aushalten ließen. Immer wieder ein kurzer stechender Schmerz, so als würde man von mehreren Nadeln gleichzeitig gepiekst, rundum ein Bitzeln, so ging das etwa 20 Minuten lang, während wir uns dabei angeregt unterhielten.
Ich erzählte ihr, dass mich das volle Wartezimmer erschreckt hatte, weil ich ja alles tue, um F. vor Viren zu schützen, und so dachte sie mit und schickte mich anschließend gar nicht erst zurück nach dort, sondern ich konnte ein Kabüffchen weiter auf die Ärztin warten - etwa eine Viertelstunde lang, die ich für einen WhatsApp-Austausch mit F. nutzte.
Das Ergebnis, na ja sie sagte mir gleich, dass sich in 92% aller Fälle überhaupt keine eindeutige Ursache für den Tremor finden ließe, stellte allerdings fest, dass es kleine Schädigungen, vor allem auch im Bereich der Knie gibt.
Zur Sicherheit wolle sie auch noch einen bestimmten Blutwert ermitteln, natürlich nicht gleich, sondern nächste Woche Mittwoch. Klar, ich habe ja eh noch nicht genug Terminchaos an der Backe ... 🙄
Und dann kam sie auf die Betablocker zu sprechen.
Seit über 20 Jahren nehme ich sie, urpsprünglich waren es zwei am Tag, was ich aber selber so reduziert hatte, dass ich nur bei Bedarf mal eine Viertelpille einwarf.
Letztes Mal hatte sie gemeint, ich soll drei halbe täglich nehmen, und nun will sie, dass ich das auf drei ganze erhöhe.
Ob ich dann nicht die ganze Zeit nur noch pennen will? *grübel*
Ich werde das noch mit dem Hausarzt besprechen, denn wirklich begeistert bin ich davon nicht, aber eines kann ich sagen, ich werde froh sein, wenn im nächsten Jahr die elektronische Patientenakte kommt.
Früher hätte ich sie vermutlich abgelehnt, bin aber inzwischen von ihrem Sinn überzeugt, denn dieses Hin und Her zwischen den Ärzten ist ziemlich doof und wenn ich an F. denke - als die Rettungssanitäter anrücken mussten, wäre uns allen sehr geholfen gewesen, wenn sie mit der Karte alles auf einen Blick hätten sehen können.
Als ich weiterzog, um noch diverse Einkäufe zu erledigen - vor allem Weihnachtsgeschenke für F. -, freute ich mir schier ein Loch in den Bauch, dass ich kürzlich nicht die teuren 100er-LED-Birnen bei Rossmann gekauft hatte, nachdem TEDI ja keine vorrätig hätte.
Letzterer führt sie grundsätzlich für 3,55 Euro, doch nun entdeckte ich sie bei Kodi für nur 2,99€ - wohl dem, der Geduld hat. 😊
Später stand ich an der Bushaltestelle und staunte nicht schlecht, als ich das Ticket aus dem Geldbeutel kramte.
Hähhhh?
War ich nicht extra gelaufen, weil dort nur noch eine einzige Fahrt drauf war?
Wie konnte es denn angehen, dass ich nun auf einmal zwei sah? *kopfzerbrech*
Und dann kam mir endlich die Erleuchtung, denn ich hatte tatsächlich zwei angebrochene Mehrfahrtenkarten - eine für Kurzstrecke und eine normale. Warum sacht einem datt denn keiner ...? 🤣
Erst wollte ich mich ärgern, dass ich für nix und wieder nix den weiten Hinweg gelaufen war, aber dann fiel mir ein, dass ja nun nächste Woche eh ein weiterer Termin ansteht.
Prima, für den habe ich genau noch zwei Fahrten zur Verfügung, werde also nicht laufen müssen und da ich davon ausgehe, dass das für dieses Jahr meine letzten Busfahrten sein werden - toitoitoi -, trifft sich das sehr gut so, weil die Preise ja im Januar eh schon wieder erhöht werden und sie dann verfallen würden.
Ende gut, alles gut und am Abend sah ich, dass die neue App der Sauerstofffirma funktioniert, wenn auch noch nicht in vollem Umfang.
Statt wie bisher per SMS bekam ich nun dort das Zeitfenster für die Lieferung mitgeteilt, sogar ein etwas kleineres von nicht mehr 4, sondern 3,25 Stunden, die zwischen 12:45 und 16:00 liegen sollen.
Nickerchen ade also, aber das passt ins Gesamtbild, denn gestern gab es auch keines.
Natürlich war ich stehend k.o., als ich endlich wieder daheim war von meinem Ausflug, doch just hatte ich mich um halb drei nach oben verkrümelt, als auch schon F. brüllte: "Eulääähhh, Telefon!"
Meine 86-jährige Tante war es, die mir mitteilen wollte, dass sie sich nach einem Krankenhausaufenthalt in Reha befindet - ich solle mich also nicht wundern, wenn niemand ans Telefon ginge.
Fand ich sehr lieb von ihr, doch auf einmal riss das Gespräch ab. 😲
Nein, es hatte nicht an ihr gelegen, sondern die Telekom hatte einen Ausfall, bei uns brach kurzfristig alles zusammen, weder Internet noch TV oder Telefon funktionierten und da ich aber ihre Handynummer auf dem Display sah, versuchte ich mein Glück am Smartphone über WhatsApp.
Was sie natürlich gar nicht hat, also schickte ich ihr eine SMS (sehr ungewohnt für mich, da ich so etwas nie mache) in der Hoffnung, dass sie damit umzugehen weiß.
Und nun muss ich hurtig los zur Sparkasse und Rossmann, weil mich das morgen zu sehr aufhalten würde und ich ja noch Zeit habe, bis der Gasmann kommt.
Nass werde ich wohl werden, aber was soll's - vielleicht isses ja gut für den Haarwuchs? 😁
Habt einen schönen Tag und ... bleibt bitte gesund! 😉
Hallo, Liebe "Rex-Mama!"
AntwortenLöschenDas klingt nach einem turbulenten Tag, aber irgendwie hast du wie immer das Beste draus gemacht! Superschön fand ich, wie du trotz aller Hindernisse immer einen Moment gefunden hast, die Natur zu genießen oder mal wieder das ein oder andere Schnäppchen zu machen.
Hoffentlich wird der nächste Termin beim Doc nicht ganz so chaotisch.
Ich freue mich auch weiterhin darüber wie positiv du im Leben verankert bist und Dinge doch zumeist positiv siehst.
Bleibt zu hoffen, dass alles gut läuft mit den Medikamenten und der Sauerstoff-App.
Liebe - Manchmal ist es wahnsinn was wir alles an so einem Tag schaffen - Grüße
Vom lifemidner
Mit diesem "Positiv-Sehen" hast du mich nachdenklich gemacht, lieber lifeminder, denn ich denke, ich bin sehr weit davon entfernt, mit rosaroter Brille herumzulaufen. ;-"
LöschenDazu befasse ich mich wohl viel zu viel mit Geschichte und ihren Entwicklungen und betrachte unsere Spezies als Ganzes sogar mit großer Fassungslosigkeit. Wir haben die fähigsten Gehirne von allen abbekommen und wissen sie nicht zu nutzen, sondern tun in unserer unermesslichen Gier alles, um uns selbst (als Spezies)letztlich zu zerstören.
Wenn man das alles betrachtet, auch unsere westliche Welt, die sich nicht nur in meinen Augen im Niedergang befindet, dann muss man sich schon sehr am Riemen reißen, um nicht daran zu verzweifeln, und da hilft es nun mal am besten, wenn man Humor hat und kleine positive Dinge zu genießen weiß.
Bei dem, was man selbst in der Hand hat, siehts dann etwas besser aus, denn ich ruhe mich ja eher nicht auf "kann ich nicht" aus, sondern fummle mich in so manches hinein, oftmals mit Erfolg, weil ich (im Gegensatz zu F.) nicht gleich aufgebe. ;-)
Liebe Es-könnte-so-einfach-sein,-wenn-der-Tag-nur-mehr-Stunden-hätte-Grüße zurück! :-)
PS: An den Fotos hatte mich selber fasziniert, dass man auf ihnen ja wirklich nicht das Gefühl bekommt, mitten in der Großstadt zu sein. Es hängt halt immer vom Blickwinkel ab. ;-)