... als mein Opa und auch mein Onkel ständig unterwegs waren, um ihre Patienten auch zu Hause zu besuchen, wenn sie zu krank waren, um selber zu kommen.
So weit ich es ermitteln konnte, sind Haus- und sogar auch Fachärzte auch heute noch dazu verpflichtet, doch halten tut sich kaum noch einer dran.
Heute früh rief ich mal in unserer Hausarztpraxis an, um herauszufinden, wie man es dort hält.
"Wenn unsere Patienten krank sind, kommen sie zu uns und nicht wir zu ihnen", erklärte mir die Mitarbeiterin fast etwas vorwurfsvoll und als ich nachhakte, was denn sei, wenn jemand wirklich nicht könne, war sie ratlos und verprach, das in den nächten zwei Tagen näher zu erkunden und mir dann mitzuteilen.
Ich bin immer mehr davon überzeugt, dass man uns das KH und vor allem F. die Qual der Intubierung hätte ersparen können, hätte nur mal ein Arzt hier zu Hause nach ihm geschaut und ihm vielleicht ein Antibiotikum verpasst.
So aber hat man ihn drastisch geschwächt und nun muss er ganz von vorne anfangen, das Sprechen fällt ihm schwer und der Kopf wird nur langsam wieder klarer.
Pfui kann ich da nur sagen!!!
Ein paar Löffel Suppe habe er gegessen, vermeldete er, als ich hinkam, und da noch ein Minibecher mit Fruchtjoghurt herumstand, habe ich ihm den auch gleich noch hineingelöffelt.
Rund ums Nebenbett herrschte reichlich Trubel, vom Tod des alten Mannes hat F. dankenswerterweise nichts mitbekommen und nun hat man ihm einen Herzinfarkt ins Zimmer gepackt.
Ärzte und Schwestern überschlugen sich förmlich hinter dem Paravent, ich bekam mit, wie man kurz abklärte, dass er - selbstverständlich - privat versichert sei, und als dann auch noch der Chefarzt bei ihm auftauchte, entnahm ich dem Gespräch, dass der Patient offenbar selbst auch Arzt ist, Jahrgang 1948, also sicher lange im Ruhestand.
Das Fachgespräch, das die beiden führten, erinnerte mich an zwei Automechaniker, die sich über die besten Reparaturmöglichkeiten austauschen, nur dass es in diesem Falle natürlich nicht um ein Auto, sondern um den Körper des alten Herrn ging.
Und nun ließ sich auch bei uns jemand blicken, die Schwester, die mich am Montag über die Mittagszeit erst rausschmeißen wollte, dann aber doch froh war, dass ich da war und ihr Arbeit abnahm.
"Was sagen Sie denn zu Ihrem Mann?", fragte sie mich und ich antwortete, "toll, immerhin ist der Turboschlauch weg und er hat jetzt die normale Nasenbrille auf. Aber viel interessanter für mich: Was sagen Sie denn zu ihm?"
"Ich bin stolz auf ihn", meinte sie und strahlte mich an, eben habe er inhaliert und auf seinen Füßen gestanden habe er heute auch schon. Abgesehen davon seien die Werte immer besser ..."
Nun sprach ich sie auf die etwas gelbliche Hautfarbe an, ob da auch mal nach den Leberwerten geschaut würde?
Darüber müsse ich mit dem Arzt reden, lautete die Antwort und als ich sie darauf hinwies, dass F. über Schmerzen in den Oberschenkel jammere und ich dies normalerweise sehr schnell mit etwas Kalzium und Magnesium in den Griff kriege, wurden ihre Augen ganz groß:
"Sie kümmern sich aber wirklich toll ..."
"Ach, wissen Sie, nach fast 40 gemeinsamen Jahren gehört das doch einfach dazu", sagte ich augenzwinkernd und nun wandte sie sich direkt an F.:
"Sagen Sie mal, wissen Sie eigentlich, was für ein Goldstück von Frau Sie da haben? Halten Sie die bloß gut fest und passen Sie auf sie auf ..." 😊
Das ging mir natürlich runter wie Öl, und da ich an Lob, schon gar nicht aus so vollem Herzen, eigentlich gar nicht gewöhnt bin, überspielte ich das, indem ich ihr erklärte, dass "das Goldstück" leider ein wenig marode Bandscheiben habe und nun traurig sei, dass man den Stuhl der vergangenen Tage durch einen Hocker ohne Lehne ersetzt hatte.
Ob man da vielleicht was machen könne?
Man bzw. sie konnte, alsbald kam sie mit meinem Stuhl zurück, ich bedankte mich dolle und sagte lachend: "Nun müssen wir aber mal abklären, wer hier das größere Goldstück ist." 😉
Irgendwann tauchte auch der junge ecuadorianische Arzt - komisch, beim Privatpatienten nebenan wurde allerbestes Deutsch gesprochen - auf und fragte: "Herr xxx, wie geht Ihnen?"
Eigentlich wollten wir genau das ja von ihm wissen und als ich nun nachhakte, setzte er an zu erklären, die Werte seien alle gut, doch in diesem Moment schellte sein Handy, er nahm den Anruf entgegen, verschwand plaudernd und ward auch nicht mehr gesehen. 🙄
Nun ja, habe ich halt außer etwas Allgemeinem nichts übers Labor erfahren, aber immerhin hatte ich selber ja die ganze Zeit die Gerätschaften und Monitiore hinter F. im Blick und die Werte, die ich zuordnen und interpretieren konnte, sahen alle wirklich sehr gut aus.
Bleibt zu hoffen, dass er auch weiterhin mit der normalen "Nasenbrille" (dieses Wort habe ich erst jetzt gelernt 😁) klarkommt, denn das entspräche dann dem, was wir eh schon zu Hause haben, von daher kann ich nun nur weiter ganz feste die Daumen drücken und ihn so gut wie möglich dabei unterstützen, wieder zu Kräften zu kommen.
Habt einen schönen Abend und ... bleibt bitte gesund! 😉
Hallo, Liebe "Sparköchin!"
AntwortenLöschenDein Bericht hat mich sofort an frühere Zeiten erinnert, als Hausbesuche selbstverständlich waren und Patienten sich gut aufgehoben fühlten. Ich selbst habe nie einen Hausbesuch hinnehmen müssen, doch bei Opa und Oma war das öfters der Fall.
Man könnte fast meinen, Empathie sei aus dem medizinischen Alltag verschwunden.
Besonders bedrückend finde ich, wie man deinem F. diese belastende Intubierung hätte ersparen können. Die Vorstellung, dass ein simpler Hausbesuch vielleicht gereicht hätte, lässt einen nur den Kopf schütteln.
Trotzdem schaffst du es - Stichwort Positivität - selbst in dieser schwierigen Situation einen kühlen Kopf zu bewahren und dich mit Herzblut um ihn zu kümmern.
Dass die Schwester dein Engagement so lobt, zeigt, wie viel Kraft und Liebe du aufbringst. Das klingt nach einer Schwester, die auch Freude daran hat, Angehörige aufzubauen.
Das du nach fast 40 Jahren so intensiv dabei ist, einfach bewundernswert. Ich wünsche dir und F. weiterhin viel Stärke und hoffe, dass er bald wieder ganz bei Kräften ist.
Liebe - bitte bleib auch du stark und gesund - Grüße
Vom lifeminder
Ja, so ist es leider, lieber lifeminder, wie alle Unternehmer werden auch Ärzte heutzutage von Dokumentationspflichten und Bürokratie derartig aufgefressen, dass kaum noch Zeit für das bleibt, was ihren Beruf eigentlich ausmachen sollte.
LöschenSchön, dass es dann trotzdem immer noch solche Schwestern gibt, nicht wahr? ;-)
Liebe Stark-und-gesund-wäre-toll-Grüße zurück! :-)