Donnerstag, 21. November 2024

Fladenloch, Flockedach?

 Irgendein Wort hatte ich mir in meiner unvergleichlich sauberen Handschrift auf einem der Schmierzettel notiert, die unter einem Platzset auf dem Couchtisch immer bereitliegen - ich weiß noch, dass ich begeistert war, weil diese spontane Wortkreation meine Stimmung, unsere momentane Situation so gut beschrieb, und nahm mir vor, im heutigen Blog darauf einzugehen.

Nur, wie soll ich das machen, wenn ich den Mist selber nicht mehr entziffern kann? 🤣

Falls jemand eine Idee haben sollte, hier ist das ominöse "Werk":


Stimmungsmäßig ist hier wirklich alles sehr mau, mir geht es nicht gut, aber F. geht es richtig schlecht und ich werde gleich mal beim Hausarzt anrufen, ob und was ich noch machen könnte.

Mit Essen ist es ganz schwierig, er verweigert fast alles, das bereits Vorgekochte musste ich tatsächlich wegwerfen, etwas, das hier sonst nie vorkommt.

Der Reis war aber noch okay, also fragte ich F., ob ich ihm dazu vielleicht eine Brühe machen sollte, ob er denke, das bekomme er runter?

Ja, meinte er, und dann fiel mir ein, dass ich auch noch Suppenfleisch eingefroren hatte, also wurde aus der Brühe ein Rindfleischsüppchen, und immerhin einen halben Teller schaffte er, nachdem diese zwei Stunden später fertig war.

Dazu der erste Schnee, der zum Glück nicht liegen blieb, denn schippen zu müssen, das hätte auch mich deutlich überfordert.

So, neuer Zwischenstand, nachdem ich gerade irgendwann doch noch mit meinem Anruf durchkam, obwohl ich eigentlch das Telefon freihalten muss, denn der Gasmann hat sich zwischen 7:45 und 11:45 angekündigt und ruft ja vorher immer noch an.

Wie immer, der Doc ist noch nicht im Hause, steht mit seinem fetten Geländewagen im Stau, den er wohl grundsätzlich nicht einplant, obwohl er ihn jeden Tag betrifft. 🙄

Grippostad hätte ich im Haus, sagte ich der Mitarbeiterin, sei aber unsicher, ob ich ihm das geben könne, und hätte daher lieber eine ärztliche Meinung dazu.

Die sie versprach einzuholen, nur ... das könne eben dauern, weil er ja im Stau stehe. 

Diese Ängste um F. schaffen mich im Moment ganz ordentlich, ständig schaue ich, wie er atmet, wenn er wie ein nasser Sack in seinem Sessel hängt, und immer wieder gehe ich ihm auf die Nerven, dass er doch bitte seinen Finger in den Pulsoximeter stecken möge, um die Sauerstoffsättigung seines Blutes zu ermitteln.

Im Frühjahr hatte er sich ja selber mit CO2 vergiftet, das darf auf keinen Fall noch mal passieren.

Ansonsten sind meine Gedanken nach der gestrigen Diskussion weiter auf Zeitreise und ich muss heute ständig an den Rosenmontag denken, wie er früher einmal war. 

Schon um die vorletzte Jahrhundertwende war der Vater meiner Großtante stolz ein Wohn- und Geschäftshaus an einer der beliebtesten Einkaufsstraßen der Stadt zu besitzen (die sich inzwischen so verändert hat, dass A. der Meinung ist, dort sei es genau wie in Istanbul):

                          (Die Zweite von rechts auf dem Balkon ist übrigens meine Tante.)

Und als ich viele Jahrzehnte später ebenfalls dort aufwuchs, hatte sich am Status nicht viel verändert. Um in den vielen Fachgeschäften auf dieser sehr langen Straße einzukaufen, kamen die Leute auch aus anderen Stadtteilen herbei, doch die schöne Gründerzeitfassade hatte leider einer völlig gesichtslosen weichen müssen, da man die ganze Straßenseite mit einem Arkadengang versah, damit die Menschen nun auch bei Regen im Trockenen flanieren konnten. 

Wir selbst bewohnten schräg gegenüber die gesamte dritte Etage eines ebenfalls wunderschönen Gebäudes und nie werde ich die Stimmung vergessen, die jeden Rosenmontag Einzug hielt.

Ab ca. 10 Uhr fuhren keine Straßenbahnen mehr und auch für Autos war alles gesperrt, nach und nach wurde alles immer feierlich-fröhlicher.

Im ersten Haus neben Tante befand sich ein Juwelier - dort hatte ich es tapfer überlebt, wie man mir die ersten Ohrlöcher stach, daneben war der Frisör, bei dem ich meine langen Haare vor Beginn des ersten Schuljahres ließ, woraufhin ich mich fühlte wie Annika von Pippi Langstrumpf, dann kamen Gemüseladen, chemische Reinigung, der große Supermarkt, in den ich so oft von Muttern geschickt wurde, dann folgen der Platten-Laden, das Möbelgeschäft, Tabak, Drogerie, Damenmoden usw. bis hin zum Elektrogeschäft, das dem Vater eines Grundschulklassenkameraden von mir gehörte.

Sie alle ließen sich nicht lumpen, alles war bunt geschmückt und während an den Ständen die ersten Bierchen flossen, setzte der Fernseh- und Elektromann große Boxen ins Freie und beschallte die ganze Straße mit "Humba Täterääää" ...


Hach, war das immer schön, diese allseits gespannte Vorfreude auf den großen Karnevalsumzug, der traditionell durch unsere Straße führte - bequemer ging's ja gar nicht für uns. 😊

Gegenüber hatten die Tanten sich schon Kissen auf die Fensterbänke gepackt, damit ihre Arme es weich haben sollten, überall lagen die Menschen in den Fenster und vielfach hörte man von innen den Radau fröhlicher Partys nach draußen schallen und man sah, dass viele Wohnungen auch von innen geschmückt waren mit Luftschlangen und -ballons.

Wir Kinder konnten uns oft nicht so recht entscheiden, von wo aus wir schauen sollten - von oben sah man viel mehr, aber unten hatten wir natürlich die Chance, Kamelle zu sammeln, also Bonbons, die mit vollen Händen von den Wagen geworfen wurden.

Und dann war es endlich so weit, irgendwelche Anzeichen verrieten uns immer, dass der Zug nicht mehr weit weg war, was sich auf der Straße noch bewegte, ging nun zunehmend in eine Richtung und immer mehr Menschen versammelten sich auf den Bürgersteigen bzw. den nun natürlich autofreien Parktaschen vor den Arkaden. 

Neben ganz vielen Prinzessinnen sprangen kleine Cowboys und Indianer en masse herum, knallten mit ihren Spielzeugpistolen, was das Zeug hielt, auch viele Erwachsene hatten sich verkleidet und die Stimmung war einfach grandios.

Auch später noch, als wir schon etwas älter waren und meine Freundin A. und ich an diesem Tag gerne noch auf den Jöck gingen, nachdem der Zug durch war.

Auf den Jöck, das hieß, dass wir uns in unseren Verkleidungen mitten ins Kneipentreiben begaben, wir zogen immer weiter, trafen hier Bekannte, lernten dort neue kennen, bis tief in die Nacht bzw. den frühen Morgen ging das und nirgendwo musste man Angst haben.

Dass sich Letzteres rapide zu verändern begann, erlebte ich dann am Rosenmontag 1980, dem Vorabend der Mathe-Vorklausur fürs Abi, ab da war bei aller Liebe nicht mehr zu übersehen, wie sich die Haltung Frauen gegenüber vonseiten mancher junger Herren, wie sich überhaupt alles wandelte.

Aber immerhin schön, wenn man solche Erinnerungen noch hat - einer der wenigen Vorteile, wenn man schon ein paar Tage mehr auf dem Buckel hat. 😀


Sooo, inzwischen hat sich einiges gerührt hier, die Praxis rief zurück, jawoll, F. darf Grippostad einnehmen und der Gasmann meldete sich, er sei in 30 bis 40 Minuten hier, was es für mich mit Rex nicht unbedingt leichter machte, denn an den Vorbereitungen bekam er mit, dass was im Busche war, ließ sich aber kaum einfangen, dazu kam das Problem, dass F. im Moment nicht mal sitzend in der Lage ist, ihn an der Leine zu halten.

Nun ist es überstanden, der Tank wieder voll und Rex aus dem Garten befreit, aber F. gefällt mir nach wie vor nicht, hängt in seinem Sessel und nickt immer wieder weg.

Diese Verantwortung ist schwer für mich zu ertragen - ist es in Anbetracht der Umstände okay oder müsste ich einen Arzt rufen?


Habt einen schönen Tag und bleibt ... bitte gesund! 😉

10 Kommentare:

  1. Macht euer Arzt Hausbesuche?
    Ich würde auf jeden Fall in der Praxis anrufen und seinen Zustand schildern. Nach seiner Vorgeschichte wäre ich auch sehr besorgt und würde nicht einfach darauf hoffen, dass er sich schon mit Grippostad erholt....
    Alles Gute für euch beide, liebe Rex-Mama!

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    1. Das hatte ich ja gemacht, liebe Hermine, bekam den Arzt aber nicht selber ans Telefon, dafür rief mich die Mitarbeiterin zurück, nachdem sie mit ihm gesprochen hatte.
      Ich glaube nicht, dass auch nur einer dieser Gemeinschaftspraxis Hausbesuche macht, deshalb schwimme ich hier grad wirklich blöd herum und versuche ihn so gut wie möglich zu beobachten.

      Danke dir und liebe Grüße zurück!

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    2. Ich würde mich nicht so abfertigen lassen, du Liebe!
      Wenn keiner aus der Praxis kommt, würde ich zuerst die 116117 anrufen, das dauert in der Regel bis du durchkommst, aber die schicken dann einen Notarzt, der entscheidet, ob F. ins KH soll oder ob er zuhause versorgt werden kann.
      Ich würde nicht abwarten wollen bis er kollabiert. Wenn er jetzt gleich ins KH käme, müsste er vielleicht nicht auf die Intensivstation, könnte ins KH in der Nähe und wo du nicht Stunden unterwegs sein musst.
      Denk auch an dich, an die Kraft, die dir gerade ja auch fehlt!

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    3. Danke dir für die Nummer, die habe ich mir gleich mal notiert.
      Im Moment gefällt er mir endlich etwas besser, mag was essen und auch der Sauerstoff im Blut ist jetzt zufriedenstellend.
      Aber mit dieser Nummer fühle ich mich auf jeden ´Fall sicherer.

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    4. Hausärztlicher Notdienst nennt sich das, ist mir jetzt endlich wieder eingefallen :-)

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    5. Macht doch nix, ich hatte es mir eh gleich ergoogelt.
      Irgendwann war mir das auch schon begegnet, hatte ich aber längst wieder vergessen, deshalb war es sehr gut, dass du mich dran erinnert hast. ;-))

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  2. Danke mal für dein "Zwischenergebnis". Ich denke, daß es heute nur sehr wenige Ärzte gibt die Hausbesuche machen. Früher war das ganz anders, Im Nachbarort gab es damals keine Ärztin oder Arzt. Also gab es in einem Nebenraum einer Gaststätte eine "Sprechstunde". Und am Mittwoch gab es die meisten Hausbesuche. Der Sohn der Arzt-Familie, der die Praxis übernehmen sollte wollte das nicht und heuerte statt dessen im Krankenhaus an.
    Wie heißt das: irgendwelche Aneignung. Cowboy und Indianer. Nur ein Serum gegen Dummheit gibt es auch nicht bei AstraZeneca.
    Weiterhin gute Besserung

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    1. Stimmt, deshalb gab es an den Mittwochnachmittagen ja keine Sprechstunde, weil da Hausbesuche anstanden, und nicht nur dann, mein Opa war fast täglich unterwegs dafür.
      Und jo, Cowboy und Indianer zu spielen, war völlig in Ordnung, wir taten es auch, bekamen nur keine Knarren, weil meine Mutter die ablehnte.
      Die heutige "Geisteselite", die sich als moralisch so hochstehend betrachtet, war noch gar nicht geboren und damit das Leben rundum um einiges freier ... und toleranter. ;-)

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  3. Hallo, Liebe "Rex-Mama!"

    Es tut mir so leid zu lesen, wie belastend die Situation gerade für euch ist.
    Deine Liebe und Fürsorge für F. und Rex strahlen in jedem Wort. Ich hoffe, dass sich bald alles ein wenig lichtet. Die Verantwortung, die du trägst, ist nicht leicht, aber du machst das ganz großartig! Ich wünsche euch beiden von Herzen gute Besserung, dass F. sich bald wieder stabilisiert und du auch einmal zur Ruhe kommst.

    Pass gut auf dich auf und übernimm dich bitte nicht.



    Liebe - stabilsierende - Grüße
    Vom lifeminder

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    1. Die Besserungswünsche kann ich nur von Herzen zurückgeben, lieber lifeminder, hoffentlich bist du schnell wieder auf den Beinen und deine Eltern bleiben verschont.

      Liebe Stabilisierungs-Grüße zurück! :-)

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