Sonntag, 10. November 2024

Es ist offenbar ...

... nicht das Verkehrteste, samstagmorgens in aller Früh noch mal einkaufen zu gehen, denn ich stieß auf so einige Schnäppchen. Ob Suppenfleisch oder Gulasch und diverse andere Artikel, alles um 30% reduziert, also schlug ich zu, obwohl ich eigentlich vorhatte, meinen Gefrierschrank endlich mal etwas leerer zu bekommen.

Dieser Einkauf lohnte sich wirklich, zumal ich auch feststellte, dass meine Reis-Entscheidung richtig gewesen war.

F. liebt "Parboiled Reis" über alles, kann sich da wirklich an jedem lockeren Körnchen erfreuen, deshalb ärgerte es mich sehr, als im Zuge der Corona-Inflation sein Preis gleich mal verdoppelt wurde.

Dann sank er von 1,99 € wieder auf 1,49 pro Kilo, doch letzte Woche stellte ich bei Netto fest, dass man wieder um 25% angezogen hatte und nun wieder 1,99 haben wollte.

Den können die behalten, dachte ich und nahm mir vor, erst mal bei Aldi danach zu schauen, und siehe da, sie hatten ihn wirklich für 1,49€, also schnappte ich mir gleich drei Packungen, denn wenn die einen den Preis erhöht haben, kann man Gift drauf nehmen, dass die anderen bald hinterherziehen. 🙄

Rein mit den Einkäufen ins Auto und weiter in Richtung Krankenhaus auf die andere Rheinseite.

A. schrieb ich von unterwegs, dass wir demnächst da seien, sie also schon mal runterkommen sollte, was sie dann auch einhielt.

Gut so, denn auch im so extrem heruntergekommenen Stadtteil meiner Kindheit und Jugend sind Parkplätze absolute Mangelware, also hieß ich F. einfach aufs kleine Rondell vor dem Eingang fahren und auf einem der eh freien Taxiplätze warten.

Ich war ja in Sichtweite, wäre irgendwas, könnte ich ganz schnell reagieren, und viel Zeit für ein Gespräch hatte ich eh nicht, musste ich doch schauen, dass F. schnell wieder nach Hause und an seinen Sauerstoffschlauch käme.

Also machte ich es kurz und fragte A. gleich mal: "Warum um alles in der Welt nimmst du keine Klamotten mit, wenn du dich an deinen Lieblingsort begibst?"

"Ich weiß schon, Notfallköfferchen", sagte sie kleinlaut, "du hast es mir ja erst vor ganz Kurzem ans Herz gelegt."

"Alles andere macht ja auch keinen Sinn", erwiderte ich ungerührt, "du hast zu viel Zeit, also beobachtest du dich ständig und beim kleinsten Verdacht, es könnte was nicht stimmen, gerätst du in Panik und steigerst dich so richtig schön hinein, bis du es dann endlich gerechtfertigt siehst, den Notarzt zu rufen ..."

Was sie mir so auch mehr oder weniger bestätigte, woraufhin ich sie noch mal an die Selbsthilfegruppe Angst erinnerte, deren Link ich kürztlich beim Neurologen entdeckte und ihr schickte.

"Ja, es bringt doch nix, wenn ich dann eh nicht hingehe, gar nicht aus dem Haus gehe ..."

"Was du dann aber selber schuld bist! Du könntest ein richtig schönes Leben haben, aber du versaust es dir selber, wenn du den Hintern nicht hochkriegst und irgendwie immer davon auszugehen scheinst, andere könnten alles für dich ausbügeln. Dabei bist du es selber, die ihr Leben leben muss und auch dafür verantwortlich ist."

"Stimmt", meinte sie nun, "ich könnte es wirklich schön haben, Geld ist ja da, jetzt, wo ich sogar noch geerbt habe ..."

"Dann pack mit an und vertrau nicht immer darauf, dass die in der Psychiatrie dir schon weiterhelfen, denn das tun sie ja nicht, wie wir inzwischen doch wissen."

Trotzdem macht sie es immer wieder und ich habe den leisen Verdacht, dass sie insgeheim auf dieses scheiß Tavor hofft, die kleinen Pillen, die wohl gut helfen, aber auch schwerstabhängig machen.

Ich weiß aus ihren Erzählungen, dass in den Psychiatrien damit wohl regelrecht geschachert wird zwischen den Patienten, sie ist immer glücklich, wenn sie sich ein paar davon unter der Hand besorgen kann, und ärgert sich dann schwarz, dass die Ärzte ihr das Zeugs nicht dauerhaft verschreiben.

Das ist dieser fatale Hang zur Sucht - egal nach was -, gegen den man erst mal ein "Gegenmittel" finden muss, also den entscheidenden Klick im Gehirn.

Nein, ich habe keine Psychologie studiert und lehne mich sicher weit aus dem Fenster, wenn ich die "Fachleute" kritisiere, aber meiner Meinung nach machen die es sich viel zu einfach, wenn sie einfach "Bipolare Störung" diagnostizieren, Pillen verschreiben und die Patienten dann mit sinnreichen Dingen wie dem Malen von Mandalas beschäftigen.

Was soll das denn bringen?

Mir fehlt da eine logische Herangehensweise, denn A. ist ja nicht doof, sie weiß nur mit ihrem Gehirn nicht richtig umzugehen.

Schon klar, diese Geschichte mit den beiden Gehirnhälften, von denen die eine für die Logik, die andere für die Gefühle zuständig ist, ist so platt wissenschaftlich nicht haltbar, trotzdem kann man mit dieser Vorstellung aber sehr gut umgehen, wie ich aus eigener Erfahrung weiß.

Etwa so: Die eine Seite signalisiert mir Angst, sofort lasse ich mich in sie hineinfallen und steigere mich immer weiter hinein, bis gar nichts mehr geht, weil ja keinerlei "Instanz" da ist, die regulierend eingreifen würde.

Wenn mir aber klar ist, dass es ja auch noch diese andere Seite gibt, die nämlich logisch denken kann und nicht sofort abdriftet, dann kann ich diese "hinzuschalten" ... guck doch mal, was da nebenan vor sich geht. Muss das wirklich so sein oder kriegen wir das hin? Mach "der anderen" doch mal klar, warum sie gerade so tickt und dass sie das ja im Grunde gar nicht will, wenn "wir" ihr nur einen Ausweg zeigen.

Gar nicht so einfach, in ein paar dürren schriftlichen Worten das auszudrücken, worauf ich hinauswill, auf jeden Fall geht es letztlich um eine gewisse Distanz zu sich selbst, etwas, auf das mich Püppi brachte.

Irgendwie mussten wir beide damals lernen miteinander klarzukommen, unsere gegenseitige Sprache zu verstehen, worin sie sehr viel besser war als ich.

Dann fing ich an, mich selber zu beobachten, versuchte mich mit ihren Augen zu sehen, denn nur so konnte ich ja dahinterkommen, wie sie meine Mimik, gewisse Gesten interpretierte, und im Grunde landete ich damit schon bei diesen beiden "Hälften" in meinem Kopf.

Die eine agierte und die andere beobachtete, ordnete ein und korrigierte bei Bedarf.

Ich denke, in diese Richtung sollte es mehr oder weniger gehen, man muss herauskriegen, wie diese Mechanismen in A.s Kopf funktionieren, und sie selber muss lernen, damit besser umzugehen - das halte ich für deutlich sinnvoller als diese blöden Malstunden und Tabletten.

Wenn ich sie doch nur besser zu packen kriegte - eigentlich wohnt sie gar nicht wirklich weit weg von mir, aber es wäre deutlich praktischer, wenn sie hier im Stadtteil lebte und man gegenseitig mal eben vorbeispringen könnte, ohne von den unzuverlässigen Öffis abhängig zu sein.

Mal abwarten, wie das weitergeht, und nun muss ich eh dringend in die Küche, wo anderthalb Kilo Hack darauf warten, zu Königsberger Klopsen verarbeitet zu werden, für dich ich leider vor lauter Theater gestern vergaß, Brötchen mitzubringen. Also muss ich sie im Fleischteig durch Toastbrot ersetzen ...

(Und das Bad sollte ich auch noch putzen ... 🙄)


Habt einen schönen Sonntag und ... bleibt bitte gesund! 😉

4 Kommentare:

  1. Das Bad habe ich gestern nach langer Zeit geputzt. Geerbt habe ich auch aber nur so viel wie meine Mutter als Schonvermögen behalten durfte. Der Rest ging als Anteil für die Pfelgekosten drauf. Und zwar Trotz Unterstützung aus der Pflegekasse drauf. Das Schonvermögen reichte nicht einmal für die Bestatungskkosten plus Inschrift für den Gedankstein. Das Richten der Grabstätte habe ich einem Gärtner übertragen. Im halben Jahr schlägt das mit 190 Euro zu buche. Das beazhle ich aus eigener Tasche. Kein Vergleich zu dem was meine Mutter in mich investiert hat. Sie hat nie aufgegeben bis ich einen Beruf erlernt hatte.
    Wenn ich einkaufe, dann schaue ich immer ob ich bei Aldi oder netto reduziertes entdecke. Manchmal findete ich aber auch nichts.

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    1. Ja, das ist leider so, dass pflegebedürftig werden oder gar sterben eigentlich nur noch was für Reiche ist.
      Oder für die, die gar nix haben, da übernimmt die Allgemeinheit halt alles, aber wehe du hast dir mit Müh und Not nur ein bissl was zusammengespart. Das ist dann schneller weg, als man gucken kann.
      Das mit den reduzierten Waren ist hier auch so, man muss viel Glück haben, denn es stürzen sich ja nicht nur die drauf, die tatsächlich drauf angewiesen sind, sondern auch die, die genug Kohle haben, aber meinen, ein gutes Werk als "Retter" zu tun.

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  2. Hallo, liebe „Rex-Mama!“

    Ein schöner Einblick in deinen Samstagmorgen – man kann richtig spüren, wie du die Chancen genutzt hast, die sich beim Einkaufen geboten haben!

    Gerade beim Parboiled Reis kann ich gut verstehen, dass du bei solchen Preissteigerungen frustriert bist, besonders wenn es ein Lieblingsprodukt ist. Ich bin es übrigens bei ganz vielen Produkten auch.

    Dein Gedanke mit dem Notfallköfferchen für A. ist eine wirklich clevere Idee, um in vorgesehenen Stresssituationen besser vorbereitet zu sein.

    deine Sicht auf die Psychiatrie bringt es auf den Punkt – oft helfen persönliche Strategien, Reflexion und die richtigen Worte mehr als bloße Medikation.
    Es braucht Mut und die richtigen Ansätze, sich diesen Herausforderungen zu stellen.
    Hoffentlich findet deine Freund A. irgendwann auch diese innere Stärke. Ich wünsche dir gutes Gelingen in der Küche und einen entspannten Sonntag! 😊


    Liebe – hoffentlich war dein Sonntag entspannter -Grüße
    lifeminder

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    1. Natürlich sollte man vorbereitet sein, lieber lifeminder. Ich selbst landete vor über 20 Jahren von jetzt auf gleich für vier Wochen im KH, seitdem habe ich immer eine Reisetasche mit einem Stapel Nachthemden bereitstehen, genau wie einen gefüllten Kulturbeutel, den ich eh bei meinen vielen Reisen in der Vergangenheit ständig brauchte.
      Und grad jemand, der sich alle paar Wochen mehr oder weniger selber einweist, sollte das im Hinterstübchen haben, denn es kann nicht angehen, dass man andere springen lässt, nur weil man selber zu bequem ist.
      In meinen Augen geht es bei allem auf der Welt um Logik, d.h. um Folgerichtigkeit, unabhängig davon, ob wir sie nun nachvollziehen können oder nicht.
      Bei A. gehört unbedingt eine genetische Veranlagung mit dazu, denn schon ihr Vater war heftiger Alkoholiker und wurde als schizophren diagnostiziert und im Grunde hat sie zwei Möglichkeiten, entweder sich voll in ihre "Macken" reinfallen lassen und auf Pillen hoffen oder aber - wie du richtig sagst - den Mut aufbringen und sich sich selber stellen, Zusammenhänge erkennen und dann auch aktiv gegenwirken zu können.
      Ersteres wird sie eher früher als später völlig zerstören, also ist Zweiteres einen Versuch wert, doch dabei benötigt sie Hilfe, und genau die scheint sie in der Psychiatrie nicht zu bekommen.

      Liebe "Arbeitsreich war er, der Sonntag"-Grüße zurück! :-))

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