... schaute ich ins Internet und fand, dass die für sechs oder sieben Kilometer tatsächlich 3,60 Euro von mir haben wollten, für den Rückweg dann natürlich noch mal das Gleiche.
Mit dem Vierer-Ticket hätte ich "nur" 3,30 € pro Fahrt löhnen müssen, aber das dürfen die Busfahrer, die auch den Kopf darüber schütteln, ja nicht mehr verkaufen.
Nun überlegte ich, dass ich notgedrungen am Montagmorgen wohl erst mal zur Post würde gehen müssen, um mich mit Vierertickets einzudecken, merkte aber sofort, dass ich meine Kräfte grad sehr gut einteilen muss und mir nicht noch zusätzliche Wege aufbürden sollte.
Es gibt doch auch 10er-Tickets? Jedenfalls hatte ich davon schon gelesen, forschte weiter und sah, was ich schon befürchtet hatte: Es gibt sie, aber man kann sie nur online kaufen und per Smartphone benutzen.
Genau das also, was ich aus tiefstem Herzen ablehne, trotzdem erschien es mir nun als das kleinere Übel, also meldete ich mich in der App an und besorgte mir das 10er-Ticket für 26,60 Euro, was mich unterm Strich fast 10 Euro einsparen lässt.
Ich hatte mir eigentlich vorgestellt, dass die App mir nun einen QR-Code bereitstellen würde, den ich im Bus vor den Scanner halten könnte, doch von einem Code weit und breit keine Spur - stattdessen muss ich vor jeder Fahrt den Startort eintippen, wobei mir nicht ersichtlich ist, wie ich das den Busfahrern nachweisen soll, und sie selber haben auch keine Ahnung.
Die erste Fahrt wurde durch den Kauf frecherweise sofort aktiviert, d.h. sie war ab diesem Moment für genau 90 Minuten gültig, was mich ins Hetzen brachte, denn nun musste ich eine ganze Stunde früher los als geplant.
Die Rückfahrt hat das Ding mir dafür gar nicht abgezogen, obwohl ich sie sorgsam eingetippt hatte - sehr merkwürdig, diese ganze Sache.
An der Tür zur Intensivstation hängt ein Schild, das Besucher bittet, zwischen 12 und 13 Uhr nicht aufzutauchen, natürlich geriet ich nun genau mitten hinein und musste dumm und sehr unruhig vor der Tür sitzen bleiben, denn die öffneten einfach nicht.
Drei weitere Frauen trudelten ein und als es endlich so weit war, öffnete ausgerechnet die Ärztin die Tür, mit der ich mich gestern kurz unterhalten hatte.
Die drei anderen ließ sie sofort durchgehen, nur ich solle doch noch einen Moment bei ihr bleiben, bat sie mich und zack, war mein Herz schon wieder tief in meiner Hose verschwunden.
Was sollte das nun wieder heißen? Was wollte sie mir mitteilen???
"Er hat sich den Tubus selbst herausgerissen", erklärte sie mir nun und dass man jetzt schauen müsse, wie es mit dem Atmen klappt - nur dass ich Bescheid wisse.
Herrje ... irgendwie fand ich den Weg durch das Gänge-Labyrinth sehr flott und hörte schon vor der Tür meinen lieben Mann herumjammern, schimpfen, stöhnen, irgendwie eine Mischung aus allem.
Sogleich war ich bei ihm und fand einen schweißnassen Menschen vor, der gerade mit gar nichts klarkam.
"Was machen die hier mit mir? Was ist das? Es tut soooo wehhhh ..." kam es schwer verständlich und gequält unter der Atemmaske hervor, während ich ihn erst mal zu streicheln begann, er musste dringend zu mehr Ruhe finden, denn er versuchte seine Arme, die man ihm sicherheitshalber angegurtet hatte, freizubekommen, wollte die Schläuche aus Armen und Leiste, vor allem aber den Katheter loswerden.
"Schatzele, lass das, es ist alles in Ordnung, du darfst nicht daran reißen ... Ich bin doch jetzt da und pass auf dich auf ..."
Wie mir der Pfleger später erzählte, hatte man begonnen, die Betäubungsmittel langsam herunterzufahren, um ihn allmählich wieder aufwachen zu lassen, aber er hatte ihnen gehörig ins Handwerk gepfuscht.
Es wurden dreieinhalb sehr anstrengende Stunden für mich und wie ich aus einem kurzen Austausch von zwei Schwester heraushörte, waren diese wohl sehr froh, dass ich da war, F. immer wieder von dem heftigen Auswurf befreite, den er unter der Maske loswerden musste, und auch auf seine nun wieder freien Hände aufpasste, damit er mit ihnen nicht wieder anfing, herumzureißen.
Ich glaube, er fühlte sich wie mitten in einem Horrorfilm gelandet .... "Sie sind mir unheimlich", sagte er zum Pfleger und zu mir, "Das ist kein Krankenhaus hier, das ist alles Fake ..."
Aber okay, aus seiner Position sah er nichts von den Geräten, die alle seitlich und hinter seinem Kopfende aufgebaut sind und ja nicht ständig laut piepsen, wie es im anderen KH der Fall gewesen war.
Eigentlich sah er nur die gelbliche Decke über sich und vorn die mit Jalousien verhängten Fenster zum Nebenraum, dazu lief wieder die leise Musik, das wird ihm schon sehr unwirklich erschienen sein.
Als er eine andere Maske bekam, um zu inhalieren, verfiel er plötzlich in Panik: "Meine Lippen, alles Salz ..."
"Ach Schatz, leck einfach drüber, du brauchst Mineralien, das gehört zur Inhalation dazu ..."
Das muss alles sehr unangenehm sein, diese wunde Luftröhre, aus der neben Schleim natürlich auch noch Blut kam ... die Husterei unter den diversen Masken und schließlich bot die Schwester ihm an, sie könne ihm noch mal Schleim absaugen. Es würde etwas unangenehm, auf der anderen Seite aber helfen.
Wieder war es gut, dass ich da war, und nun bekam ich wirklich Hochachtung vor meinem Mann, denn ich selber wäre sofort durchgedreht, wenn man mir einen Schlauch durch die Nase tief in mich hineinschieben würde.
Ich hielt seine Hand, er drückte sie ganz, ganz fest, verkrampfte sich regelrecht, ich versuchte ihn abzulenken ... "gleich hast du es schon geschafft ...", und dann war es wirklich erledigt, die Schwester zog den Schlauch aus ihm heraus und zeigte sich hocherfreut, wie viel gekommen war.
Inwieweit er geistig schon wieder voll da ist, kann ich kaum beurteilen, als die Schwester versprochen hatte, er würde gleich etwas zu trinken bekommen, merkte er sich das genau und begann zu meckern, als es noch ziemlich lange dauerte, doch als ich wissen wollte, welche Brille ich ihm mitbringen solle (ich hatte diese Frage extra gestellt, um ihn zu testen), ging ihm das sonstwo vorbei, also schien alles außerhalb des Raumes sehr weit weg für ihn zu sein.
Kein Wunder, wenn man eine "Narkose" von 36 Stunden hinter sich hat - noch immer halte ich diese Maßnahme für falsch -, und nun heißt es abwarten, wie er morgen drauf sein wird.
Gerne wäre ich noch länger geblieben, aber gegen viere begann es dunkel zu werden und dementsprechend unangenehm wurde es dann auch jetzt schon für mich, gleich zweimal an recht unübersichtlichen Haltestellen warten zu müssen - es sind einfach zu viele junge Männer unterwegs - und außerdem wartete ja auch der arme Rexibubi auf mich, der wieder mal gar nicht versteht, was hier abgeht.
Im Bus machte ich dieses Bild vom wunderschönen Sonnenuntergang, der leider nicht ansatzweise so farbenprächtig rüberkommt, wie er wirklich war:
Und dann bekam ich noch mit, wie ein Kollege des Fahrers zustieg und sich mit diesem unterhielt:
"Sag mal, ab morgen müssen wir ja Umwege fahren, weißt du schon, wo lang?"
Ach du je, nun fiel es mir auch ein, dass ich schon vor längerer Zeit gelesen hatte, dass diese einzig sinnvolle Strecke, die unsere beiden Stadtteile verbindet, für mehrere Wochen dichtgemacht wird wegen des Neubaus der Autobahnbrücke.
Gut, dass wir nicht so oft in diese Richtung müssen, hatte ich mich damals noch gefreut, so betrifft es uns eigentlich gar nicht, und nun wurde mir bewusst, dass mein Händchen fürs perfekte Timing mal wieder so richtig zugeschlagen hat.
Die Busse werden fahren, nur wann, das weiß kein Mensch, denn dank der riesigen Umwege sind alle Fahrpläne natürlich außer Gefecht gesetzt.
Das wird ein hübsches Durcheinander werden und ich befürchte, aus den Öffis und mir werden wohl keine innigen Freunde mehr werden.
Dann machte ich mich an die Recherche nach einer Liege, nachdem unser alter Liegestuhl sich tatsächlich nicht mehr aufklappen lässt.
Wenn F. nach Hause darf, wird er die Treppe erst mal nicht schaffen können, also heißt es im Wohnzimmer schlafen und einfacher als das Möbelrücken und Sofaausziehen wird es sicher, wenn ich einen Liegestuhl habe - Hauptsache, ich habe F. im Blick.
Just als ich mich für diesen hier entschieden hatte, gab mein Läppi den Geist auf, nichts ging mehr, gar nichts - er hatte sich beim Updates-Ziehen irgendwie aufgehängt.
Kostete mich ziemliches Gefummele, aber dann bekam ich ihn wieder ans Laufen, schickte meine Bestellung ab und telefonierte dann erst mal mit F.s Schwester, um sie auf den neuesten Stand zu bringen.
Dann war noch ein Haufen Umfragen abzuarbeiten, aber nun um halb elf bin ich durch mit allem und werde mich gleich mal aufs Sofa sinken lassen, um etwas Schlaf zu bekommen.
Und irgendwas essen sollte ich wohl auch mal, vielleicht wenigstens eine Banane?
Habt eine gute Nacht und ... bleibt bitte gesund! 😉