Sonntag, 30. März 2025

"Bayramin mübarek olsun"

 Das wünschte ich eben A. und ihrer Familie, also einen schönen Feiertag, nachdem sie den Ramadan heute abschließen und das Zuckerfest beginnt.

Sofort bedankte sie sich mit einigen Herzchen und schickte mir auch ein Foto. Da ihr gülenistischer Verein ja aus lauter Flüchtlingen aus der Türkei besteht und keiner von ihnen mit der Familie feiern kann, wie es sich eigentlich zu diesem Anlass gehört, haben sie sich nun im großen Saal des Vereinshauses ein feines Büffet hergerichtet und begehen diesen feierlichen Tag halt gemeinsam mit den Schicksalsgenossen.

Mehr als gut kann ich nachvollziehen, welche Traurigkeit sie heute begleitet, geht es mir doch Weihnachten ganz ähnlich, das bei uns einst ein großes Familienfest war, während F. und ich heutzutage ganz alleine dasitzen. 😢

(Wobei sie aber im Gegensatz zu uns immerhin die eigene kleine Familie hat und den großen Freundeskreis im Verein.) 

Gut, dass ich mich gestern an die Blumenkästen machte, denn heute regnet es leicht und wenn die Erde erst mit Wasser vollgesogen ist, hätte ich noch viel mehr zu kämpfen gehabt, sie unsere enge und steile Treppe nach unten zu schleppen.

Fast war es schade um die Winterbesteckung, das Tannengrün hatte sich bis jetzt hervorragend gehalten und sah immer noch tipptopp aus, aber ich brauche ja Platz für die Geranien.

Also schnappte ich mir die kleine Wäschewanne, um direkt am Fenster alles klein- und dort hinein zu schnibbeln, und kam dabei ins Grübeln.

Wie alt mag diese Wanne wohl sein?


 In sie floss einst in der elterlichen Waschküche das Abwasser aus der auf einem hohen Sockel stehenden Waschmaschine, bevor es überlief und von dort aus in die Senke.

Das letzte Spülwasser blieb also zunächst in ihr stehen und vor dem Auskippen musste ich darin immer Vaters und Bruders Socken per Hand vorwaschen, notfalls bis mir vom vielen Rubbeln die Fingerknöchel blutig waren. 😡

Meine Güte, wie viel Zeit habe ich in diesem Scheißkeller verbracht. Vor der Waschküche befand sich am Fuß der alten hölzernen Treppe eine Art Flur, in dem Mangel und Bügelbrett standen, ausschließlich mein Arbeitsbereich und Muttern wollte wirklich alles gebügelt haben. Die Windeln meiner kleinen Schwester, Bettwäsche, sogar Handtücher und Nachthemden, ganz zu schweigen von den unzähligen Hemden und Blusen und natürlich ihrer Unterwäsche. 🙄

Meine Eltern bevorzugten eine gemeinsame Decke, d.h. die Bezüge waren 2 mal 2 Meter groß und es war ein unendlicher Kampf für mich, bis ich die so glatt hatte, das auch wirklich nirgendwo mehr die kleinste Falte zu sehen war. 

Und wenn ich mit diesen Bergen durch war, ging es mit den 33 Fenstern weiter, die ich (und nur ich) alle drei Wochen putzen musste, neben den vielen Türen, die ich auch ständig abseifte. Dann war da noch der tägliche Saustall, den Muttern nach dem Kochen in der Küche hinterließ und den selbstverständlich ich zu beseitigen hatte, natürlich erst, nachdem ich auch beim Kochen geholfen hatte, sofern ich früh genug von der Schule zurück war.

Saugen und Staub wischen, den Küchenboden mit Schmierseife und Bürste schrubben? Na klar, das auch noch und auch die kleine Schwester musste ich oft genug hüten ... und so weiter und so fort ...

Was für ein Glück, dass mir zumindest in der Schule alles so zuflog, denn hätte ich auch noch Zeit zum Lernen gebraucht, keine Ahnung, wo ich die hätte hernehmen sollen. 🙄

Doch eines muss ich meiner Mutter lassen - so sehr ich die viele Arbeit als Kind und Jugendliche hasste, fürs Leben hat sie mich damit bestens vorbereitet, auch wenn es damals noch nicht absehbar war, dass ich später nicht zu den "G'stopften" gehören würde, die es sich leisten können, andere für die Arbeiten zu bezahlen, die sie selber nicht gern erledigen.  

Das war es also, wohin mich die kleine Wäschewanne entführte, während ich mich um die Kästen kümmerte. Besser als wenn man sich dabei langweilen würde ... 😅

Später schrieb mir dann mein Bruder, dass seine Große im Mai an der HipHop-Meisterschaft in einer unserer Nachbarstädte teilnehmen wird.

Noch steht nicht fest, ob die ganze Familie sie begleitet oder ob sie alleine fährt, und spontan überlegte ich, ob ich nicht vielleicht zusammen mit A. hingehen könnte?

Als ich dann aber hörte, dass der Eintritt pro Person 20 Euro kostet und sich die Veranstaltung dann auch noch über viele (langweilige) Stunden hinzieht, verging mir dieser Gedanke wieder, also erst mal abwarten, wie sie sich entscheiden und ob man sich dann vielleicht mal kurz sehen könnte.

Und nun ruft die Küche nach mir, Spaghetti nach Art des Hauses soll es geben, aber bis jetzt liegt nur das aufgetaute Gehackte im Kühlschrank, also sollte ich bissl reinhauen, damit mir der arme F. nicht verhungert. 😀

 

Habt einen schönen Sonntag und ... bleibt bitte gesund! 😉

4 Kommentare:

  1. An so eine Plastikwanne kann ich mich nicht mehr erinnern. Dagegen schon an eine Zinkwanne in der ich am Samstagabend gebadet worden bin. Die stand auf einem Hocker und das sogenannte "Schiff" am Kohle / Holz Herd sorgte für warmes Wasser. Später wurde dann der Badofen angeheizt, bevor man warmes Wasser bekommen hat. Manchmal wurde dabei Badedas verwendet in der legendären gelben Flasche. Der weiße Verschluß wurde mit dem Zusatz befüllt und ins Badewasser gegeben.. Siehste du hast mit der Wanne viele Erinnerungen an Früher bei mir ausgelöst.

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    1. Bei meiner Oma gab es die Zinkwanne auch noch. Sie hatte nicht einmal ein Badezimmer, also wurde das Baden in der Waschküche erledigt.

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  2. Hallo, Liebe „Rex-Mama!“

    Da spürt man direkt, wie sehr das gemeinsame Feiern und Erinnern miteinander verwoben ist. Bayramin mübarek olsun an alle, die heute zusammenkommen, auch wenn das Schicksal nicht immer die perfekten Familienfeste beschert.

    Bei uns war Weihnachten früher auch ein großes Familienfest. – Heute sind wir meist unter uns, im engsten Kreis. Was ich mehr und mehr über die vergangenen Jahre zu schätzen lernte.
    Wobei ich die Weihnachten mit Großeltern – und Cousinen und Cousins, die Erinnerungen für nichts in der Welt hergeben mag.

    Deine Erinnerung an die Tage in der elterlichen Waschküche, mit all den endlosen Pflichten, die quälten, dich aber auch stark gemacht haben, trifft mich besonders.
    Das ist grausam, Kind- bzw. Jugendfeindlich.
    Das war sicher so auch früher kein Standard!
    Ja, man darf auch mal als Kind oder Jugendlicher Pflichten haben im Haushalt und auch mal unbequeme Dinge tun müssen, doch das ist ich wiederhole mich, empfinde ich als sehr: G-R-A-U-S-A-M! -
    Das du den Blick für das Positive bewahrt hast ist (fast) verwunderlich.


    Deiner Nichte wünsche ich tolles Abschneiden bei den Meisterschaften! – Aber 20 Euro Eintritt? – Das ist viel, viel Geld. – Davon auszugehen ist, dass hier Essen und Getränke nicht im Eintrittspreis enthalten sind.


    Liebe – liebenswerte – Grüße
    Vom lifeminder

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    1. Eben, lieber lifeminder, und da ich ja A. natürlich eingeladen hätte, wären es gleich 40 Euro geworden. Das ist mir eindeutig zu viel für stundenlanges Gruppen-Rumgehüpfe, zumal ich den Stand der Leistungen, wie ich ihn von unzähligen Videos kenne, auch gar nicht als besonders meisterlich empfinde.
      Dass Weihnachten im ganz großen Familienkreis gefeiert wurde, erlebte ich nur als Kind - da waren wir dann aber wirklich auch immer sehr viele Leute, da mein Papa ja 6 Geschwister hatte.
      Aber auch bei uns im kleinen Kreis wuchs die Sache, da ja die Partner von uns Kindern hinzukamen und bei meinen Geschwistern auch der Nachwuchs.
      Wenn man dann auf einmal nur noch zu zweit dasitzt, hat das mit Familie natürlich nix mehr zu tun und so bin ich immer froh, wenn es vorbei ist.
      Meine Mutter war wirklich ein Fall für sich und es war ja nicht nur die viele Arbeit, sondern noch viel schlimmer war ihre ständige schlechte Laune für mich und diese absolute Ich-Bezogenheit.
      Umso mehr weiß ich es heute zu schätzen, wenn ich auf Leute treffe, die sich selbst und ihre (vermeintlichen) Bedürfnisse nicht ganz so verbissen ernst nehmen, aber natürlich hat das auch meinen Blick geschärft für "charakterliche Unebenheiten". ;-)

      Liebe Liebenswert-Grüße zurück! :-)

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