Mit A. war es anstrengend, aber schön wie immer. Ein Medikament gegen Herzinsuffizienz nahmen wir uns vor, besprachen alle Hintergründe, mögliche Neben- oder Wechselwirkungen und spielten Kundengespräche durch mitsamt Fragen, die auftauchen könnten.
Dann stellte sie mir eine Frage, von der sie aber wohl vorher schon ahnte, wie meine Antwort ausfallen würde. Es ging um das islamische Opferfest, das in diesem Jahr am Abend des 5. Juni beginnt und vier Tage dauert, ihre Kinder - was ich bisher nicht wusste - dürfen dann der Schule fernbleiben und nun wollte sie wissen, wie es denn wohl mit dem Praktikum aussähe.
"Nein", sagte ich rigoros, "das kannste nicht bringen, gerade mal eine Woche da und dann schon wegen der Religion eine Sonderrolle beanspruchen. Ich fürchte, da musst du nun durch, wenn du ernsthaft interessiert bist!"
Sie sah es am Ende genauso wie ich und die Kinder werden sich halt auch fügen müssen und trotz der hohen muslimischen Feiertage in Schule und Kindergarten gehen.
Auf dem Rückweg sprang ich noch wegen Hundeleckerlis bei TEDI hinein und stellte wieder einmal fest, dass man in diesem Laden mitunter wirklich gute Qualität zum niedrigen Preis bekommen kann.
Ein Küchenmesser guckte mich fast vorwurfsvoll an, wollte unbedingt von mir mitgenommen werden und als ich es später ausprobierte, war ich hellauf begeistert, so gut liegt es in der Hand und so gut schneidet es vor allem. Wahrlich zwei gut investierte Euros.
F. hatte gerade sein Mittagessen beendet, das für ihn in der Mikrowelle bereitgestanden hatte, also musste ich mich nur noch um Rex' Bäuchlein kümmern, dann hatte ich einen Moment Zeit für mich selbst, zog mich um und setzte mich auf meinen Stuhl im Garten, um in Ruhe eine zu rauchen.
Zufällig ging mein Blick an der Badwand entlang, an die sich der Zugang zum Garten anschließt, der dank immer noch ausstehender Montage des neuen Tores nur provisorisch mit Brettern verrammelt ist.
Verdammt, was war das denn?
Eine Nase tauchte auf, dann ein ganzes Gesicht und davor ein Handy, von zwei Händen gehalten.
Ich sprang auf, sauste nach vorn und erwischte einen mittelalten Mann just, wie er Fotos von unserem Garten machen wollte.
"Was soll das denn?", donnerte ich ihn an, "was fällt Ihnen ein, bei uns zu knipsen???"
Ja, ähm, eierte er herum, die Häuser Nr. xxx bis xxx seinen von der Bank finanziert und in deren Auftrag solle er nun Bilder machen, man wolle wissen, wie es hier um alles stehe ...
Hähhhhh???
"Was für eine Unverschämtheit!!! Erstens ist hier die Nummer xxx, unser Haus steht also gar nicht auf Ihrer Liste, zweitens ist hier gar nichts finanziert und selbst wenn, wüsste ich nicht, was Sie das anginge, also lassen Sie das gefälligst!!!"
Er murmelte irgendetwas vor sich hin, zog sich aber zurück, verließ unseren Abstellplatz, verschwand um die Hausecke nach vorn und natürlich wollte ich wissen, was der hier weiter trieb, also flitzte ich durchs Haus, öffnete vorn die Tür und sah ihn nun vielleicht schon 30 Meter entfernt auf der gegenüberliegenden Straßenseite, das Handy wieder vor dem Gesicht.
"Heyyy!!!", rief ich laut und wackelte verbietend mit dem Zeigefinger, er gestikulierte, wollte mir zu verstehen geben, dass er nur die Nachbarhäuser fotografierte, was natürlich genauso wenig in Ordnung war.
Schnell schnappte ich mir den Schlüssel, zog die Haustür zu und ging nebenan schellen.
Seltsamerweise sind das die einzigen Nachbarn, mit denen ich immer noch per Sie bin, obwohl wir schon über 30 Jahre nebeneinander wohnen, aber egal, "Sie" öffnete die Tür und ich zeigte ihr in wenigen Worten auf, was hier abging.
Sie war genauso empört wie ich und während wir beobachteten, wie dieser Mann auf der anderen Straßenseite weitertippelte, war auch T., ihr direkter Nachbar zur anderen Seite (unser Häuschen ist das einzige freistehende hier, alle anderen hängen aneinander), aufmerksam geworden und gesellte sich zu uns.
Von dem Einbruch bei uns hatte er schon gehört und nun beschloss er, die Polizei anzurufen, die auch versprach, einen Streifenwagen vorbeizuschicken.
Inzwischen tauchte der Mann wieder auf, näherte sich einem Auto mit Mainzer Kennzeichen und ich bat Frau N., doch schnell einen Zettel zu holen, ich würde ihr die komplette Autonummer ansagen, damit wir irgendetwas in der Hand hätten.
T. stieß einen Pfiff aus, forderte den Mann mittels Handzeichen auf zu uns zu kommen, was dieser auch tatsächlich tat, nur um T. zu bitten, ob er sein Haus auch mal von innen fotografieren dürfe ... 😲
Er käme von der xxx-Bank in Berlin, diese wolle mehr über den Zustand unserer Häuser erfahren ... und nun erlebte der arme Mann ein wahres Gewitter und wurde immer kleinlauter, als wir ihm sagten, dass die Polizei im Anmarsch sei.
Dann brachte uns Frau N. des Rätsels Lösung ein gewaltiges Stück näher, als sie ihn nämlich fragte, ob er hier denn überhaupt richtig sei, zu welcher Postleitzahl er eigentlich wolle?
Dass ich da nicht selber drauf gekommen war ... *koppklatsch*
Durch die Eingemeindungen in den Siebzigerjahren gibt es in unserer Stadt einige Straßennamen mehrfach und wer die Postleitzahl nicht mit ins Navy eingibt, landet zu einem hohen Prozentsatz im falschen Stadtteil, wenn auch der Straßenname zu stimmen scheint.
So war es hier nun auch, der Mann wollte ganz woanders hin, nun löschte er vor unseren Augen die gemachten Fotos und wir gerieten alle vier noch ein nettes Gespräch, während T. die Polizei verständigte, dass kein Einsatz mehr nötig war.
Ein reales Gewitter unterbrach uns, sonst hätten wir sicher noch länger gequasselt, so aber verzog sich jeder rasch in seine vier Wände bzw. ins Auto.
Uff, viel Aufregung um letztlich gar nichts, aber Frau N. bedankte sich mehrfach bei mir, dass ich bei ihr klingelte, und wir waren uns einig, wie wichtig es gerade in diesen Zeiten ist, dass wir aufeinander aufpassen.
Der Rest des Tages verlief ganz friedlich, ich konnte mich in aller Ruhe allen noch anstehenden Aufgaben widmen, doch um 20:13 gab es dann noch eine wunderbare Überraschung.
WhatsApp piepte und eine mir unbekannte Nummer schrieb mir: Hallo, liebe xxx, hier ist das langersehnte Bild von meiner Mama 😊, dreimal darfst du raten, wer es dir wohl geschickt hat. 😉
Hihi ...
Mit einem lachenden Smiley schrieb ich zurück: Hallo xxx, das freut mich jetzt aber so richtig, dich kennen zu lernen, denn das konnte ja nur mein Cousin sein.
Sogleich entschuldigte er sich, dass ihm das nicht selber eingefallen sei, vor allem, als das Telefon seiner Mutter so lange kaputt war und ich mir solche Sorgen machte, aber den Zahn zog ich ihm gleich, meinte, die Hauptsache wäre doch, dass wir es nun hinbekommen hätten.
Ein richtig nettes Gespräch entstand, er erzählte, Mama stehe neben ihm und er habe zu ihr gesagt, jetzt versuchen wir das mal zusammen.
Sofort suchte ich Fotos von uns dreien heraus, nachdem ich die beiden ja nun auch erstmalig gesehen hatte, und seine Antwort lautete: Jetzt hast du Mama aber glücklich gemacht, sie hat Tränen in den Augen.
Dazu ein Umarmsmiley und dieser hier: 😘
Hach, ich war hin und weg, wie locker und vor allem auch herzlich es zwischen uns von der ersten Sekunden an lief, zumal er wie auch seine Mutter mir auf den Fotos ungeheuer sympathisch erschienen. Er schickte gleich noch ein Selfie von sich und Mama hinterher und dann schoss er den Vogel ab, indem er nämlich einfach durchklingelte, und so hörten wir uns zum allerersten Mal im Leben, denn ich lernte als Kind nur seine beiden älteren Geschwister kennen, danach brach sein Vater mit unserer Oma, aus gutem Grund, wie ich inzwischen weiß.
Er hatte sein Telefon auf laut gestellt, also plauderten wir fröhlich zu dritt und einmal sagte er das, was ich mir auch schon die ganze Zeit dachte: Mein Gott, da hat man sooo nette Verwandte und ahnte jahrzehntelang nix davon, weil "höhere Mächte" es verhinderten.
Warum bloß, frage er, ich antwortete, dass es von unserer Seite her an meiner Mutter lag, die uns irgendwie versuchte, sowohl vom väterlichen wie auch von ihrem Teil der Familie fernzuhalten.
Dann kam etwas, das uns sicher noch Gesprächsstoff bieten wird, denn er meinte, das hätte genauso gut von seinem Vater kommen können.
Sie waren halt beide Kinder von Oma, ihre unheivolle Art hat sich über die Generationen fortgesetzt und tut es teilweise ja noch heute.
Wir waren uns einig, dass es so, wie es mir ja auch schon mit seiner Mutter ergangen war, nun auch zwischen uns beiden sofort "geschnackelt" hatte, wozu übrigens auch sein norddeutscher Akzent noch beitrug, den ich ja so sehr mag.
Wir würden nun aber ganz sicher öfter voneinander hören, meinte er, und ich sah und sehe das ganz genauso, kurzum, ich hab so richtig Spaß in den Backen, freue mich dolle über den Familienzuwachs.😀
Nachher werde ich ihm mal Bilder schicken von unseren Urgroßeltern, zwar habe ich keine Ahnung, ob er sich überhaupt für die Familiengeschichte interessiert, aber ... versuchen kann ich es ja mal. 😅
Die Sauerstofffirma hat uns ein Zeitfenster zwischen 12:45 und 16:45 mitgeteilt, mal sehen, wann der Gasmann dann wirklich auftaucht. Letztlich isses aber eh wurscht, es ist ja Feiertag und ich habe gar nicht vor auszugehen, werde die Zeit nutzen, um einen großen Topf Linsensuppe bzw. -eintopf zu kochen und ansonsten nur Kleinigkeiten erledigen.
Habt einen schönen Tag und ... bleibt bitte gesund! 😉
Ich finde es gut, daß ihr den unbekannten Fotografen angesprochen habt. Hoffentlich hat er alle Fotos, die er unerlaubt gemacht hat wieder gelöscht. Im Augenblick kann ich nicht auf mein web.de Konto zurück greifen, weil ich einen Ad-Blocker eingeschaltet habe.. Um bei Youtube kommentieren zu können, muß ich mich ausweisen.
AntwortenLöschenBeim Urologen wurde nur der Katheter entfernt und mir einen neuen Termin verpasst. Außerdem wurde ich darauf hingewiesen,
daß es so sei, Patieten müssen dort zum Arzt wo sie wohnen. Also
gibt es keine freie Arztwahl mehr ?
Doch, in Deutschland haben wir freie Arztwahlt, aber ich habe es bei einem Facharzt auch erlebt, dass er neue Patienten nur aufnahm, wenn sie hier aus dem Stadtteil stammen.
LöschenSchätze, das ist sein gutes Recht.
Den Adblocker kann man für einzelne Seiten deaktivieren, kommt schon mal vor, dass man es machen muss, aber ist ja kein Drama.
Gut, dass du das blöde Ding jetzt los bist. Hoffentlich bleibt es dabei?
Hallo, Liebe „Rex-Mama!“
AntwortenLöschenDer Schnüffel-Fotograf dem ist sicher das Herz stehengeblieben wie er gesehen hat, wie du ihn ausschimpfst. – Aber was ich noch besser fand, dadurch hat sich die Nachbarschaft mal wieder als Gemeinschaft präsentiert. – Das man aufeinander aufpassen will find ich auch toll.
„A“ muss dadurch, was die Feiertage betrifft.
Ich hätte ihr wahrscheinlich dasselbe gesagt: „Da musst du durch“. Gleich – das Praktikum zu Beginn gleich einmal hintenanstellen ist meist keine gute Idee. Das sie mit solchen Fragen zu dir kommt ist mal wieder beleg eurer Freundschaft!
Das mit dem Cousin fand ich einfach nur begeisternd.
Das du auch in diese Richtung deine Fühler ausgestreckt hat. Ich schrieb es ja schon, derzeit ziehst du Menschen mehr denn je an.
Das macht Mut!
Hast du denn was Neues in Sachen „Schmuck-Diebstahl“ gehört?
Liebe – Blogschnüffler – Grüße
Vom lifeminder