Bislang wusste ich wenig über die Familie, die das Haus der leider vor drei Jahren verstorbenen Frau S. in der Querstraße gekauft hat, nur dass die Damen alle noch ausgiebiger verschleiert sind als A., das war nicht zu übersehen.
Der Mann arbeitete bei einer örtlichen Sanitärfirma, gut erkennbar an seinem Geschäftsbus, den er oft mit nach Hause nahm, dann machte er sich offenbar selbstständig, denn auf einmal fuhr er einen andersfarbigen Bus mit einem türkischen Namen darauf und leider parkte er diesen gern bei mir vor dem Küchenfenster.
Seit Freitag stand dort sein Privatwagen und als ich gestern früh stundenlang mit dem Anbraten von Fleisch und Zwiebeln beschäftigt war, bekam ich mit, wie er nun auch noch den Bus holte, um ihn vor das andere Auto zu setzen.
Wie gut, dass ich es mal live mitbekam, denn nun machte ich einfach Nägeln mit Köpfen, ging vor die Tür und sprach ihn an.
Was für ein netter Mensch, anders kann ich es nicht sagen!
Sofort ging er ganz freundlich auf mich ein und als ich ihm erzählte, dass ich mich in meiner Küche fühle wie zugenagelt, wenn der Bus genau vor dem Fenster steht, konnte er das sehr gut nachvollziehen.
Das habe er ja nicht geahnt, meinte er, und trotzdem habe er kürzlich sogar überlegt, ob es wohl in Ordnung gehe, wenn er hier parkt, aber ... bei ihm vor dem Haus sei halt ständig alles voll.
Klar, die Häuser haben fast alle keine Garagen, wo sollen sie dann hin mit den Autos?
Ich sagte ihm, was ich auch schon U.s neuem Freud erklärte, der ebenfalls selbstständig ist und seinen Bus allzugern vor unser Haus pflanzt: Bitte mitten vor die Haustür, da stört es mich nicht, nur direkt vor den Fenstern wird es arg unangenehm für uns.
Fein, wäre das nun auch geklärt und immerhin sind wir uns jetzt nicht mehr ganz so fremd.
Irgendwann war ich durch mit dem Brutscheln, nun durfte das Gulasch für anderthalb bis zwei Stunden sanft vor sich hin köcheln, der Salat war schnell geputzt, die Nudeln würde ich später kochen, also hatte ich nun Zeit für F. und ... das neue Fenstergitter.
Am Vorabend hatten wir noch einmal darüber geredet und er stellte sich ziemlich blöd an, was die Planung fürs Ausmessen der Bohrstellen anging.
"Meine Güte", sagte ich, "wer ist denn hier eigentlich der gelernte Handwerker, du oder ich? Wo ist der Mann bloß hin, der mich einst so überraschte, als ich nächtens vom Autorentreff nach Hause kam und feststellte, dass er den neuen riesigen Spiegelschrank im Bad ganz allein an die Wand gebracht hatte, während ich mich sorgte, wie um alles in der Welt wir das zu zweit bloß hinbekommen könnten?"
Das war ihm offenbar nachgegangen, denn nun ergriff er von sich aus die Initiative, lud den Akkuschrauber auf und auch die große Hilti-Bohrmaschine und alles andere Benötigte lagen schon draußen bereit, als ich hinzustieß.
Einen ziemlich verzweifelten Mann fand ich vor, denn dieses Haus ist ja uralt und nichts an ihm ist wirklich gerade, selbst das Fensterloch ist leicht schräg und nun war die Frage, wonach man sich richten sollte, nach dem etwas schiefen Fenster oder doch nach der Wasserwaage?
F. hatte schon Kreuze aufgemalt, war sich aber unsicher und nun entschied ich mich kurzerhand für einen Mittelweg. Zu zweit stemmten wir das wirklich schwere Gitter hoch, F. drückte es an die Wand, ich richtete es noch ein Muckesäckele weit aus und fuhr dann mit einem Stift die Schraublöcher ab, natürlich alles begleitet von der Wasserwaage.
Dann kam der schwierige Teil, denn der arme F. musste extrem nach Atem ringen und rutschte zunächst mal mit der Bohrmaschine ab.
Also besorgte ich eine alte spitze Schraube aus der Schale mit dem Metallmüll, holte einen Hammer, und nach ein paar Schlägen fand der Hilti dann Halt.
Ich schlug vor, dass ich das Bohren übernehme, aber das kam für F. gar nicht in Frage ... einige Sekunden, dann musste er unterbrechen, runter von der Leiter und sich erst mal setzen, um wieder Luft zu bekommen, mehr als mühsam und ich überlegte laut, dass wir bei diesem Tempo wohl nicht mehr als ein Loch pro Tag schaffen würden, denn über allem stand ja die Angst, dass F. sich übernehmen könnte.
Doch dann ging es immer besser, blieb zwar mühsam, aber ich merkte, wie er mit wachsendem Erfolg richtig Auftrieb und immer mehr Selbstvertrauen bekam.
Klar, im letzten Jahr kämpfte er zweimal auf der Intensivstation ums Überleben, konnte hinterher nicht einmal mehr die einfachsten Verrichtungen allein erledigen, dazu die ständige Luftnot, das muss einen ja immer mehr an den eigenen Fähigkeiten zweifeln lassen.
Umso schöner, dass nun nach und nach der alte Kämpfer wieder zum Vorschein kam, so weit es seine kranke Lunge eben zuließ, und am Ende stand der Erfolg.
Morgens hatte das Fenster noch so ausgesehen:
Und nun präsentierte es sich so:
Hach, war das eine Freude und neben dem Umstand, dass das wieder ein kleines Stück Sicherheit mehr ist, tat F. dieses Erfolgserlebnis ungeheuer gut. 🥰
Um kurz nach drei war alles erledigt, das Gulasch hatte ich zwischendurch schon fertiggemacht, nun ging ich noch schnell Nudeln kochen, dann konnte ich F. dies hier servieren:
Danach fiel er erst mal in einen kurzen, aber tiefen Sesselschlaf und als ich später überlegte, ob wir uns den ESC überhaupt ansehen sollten, weil der ja bis tief in die Nacht ging, verblüffte er mich schon wieder, denn er zeigte durchaus Lust darauf, also schauten wir, bis alle Lieder gesungen waren.Dann machte sich die Erschöpfung doch bemerkbar, wir gingen nach oben und ich schaute mir den Rest vom Bett aus an, ziemlich fassungslos über das Ergebnis, das mich irgendwie ans letzte Jahr erinnerte, und vor allem bin ich mir noch nicht schlüssig, was davon zu halten ist, dass Israel trotz aller Proteste den zweiten Platz schaffte ...
So, und nun muss ich mich hurtig Herrn Hoover widmen, denn morgen bin ich mit A. verabredet, übermorgen steht Labortermin für F. an, d.h. die Woche wird wieder ziemlich voll werden.
Habt einen schönen Sonntag und ... bleibt bitte gesund! 😉
Hallo, Liebe „Rex-Mama!“
AntwortenLöschenDas klingt doch ganz gut, dass du mit dem Nachbar mal Kontakt aufgenommen hast. Mal gespannt, ob ihr hin und wieder es miteinander zu tun bekommt und er weiterhin so nett und freundlich bleibt. – Das wäre echt wünschenswert.
Möglicherweise baut sich doch eine Art neue Nachbarschaft wieder bei euch auf?
Schön, dass du „F“ so anfeuerst und „F“ erneut Kampfgeist bewiesen hat. Auch schön, wie du „F“ im Blog strahlen lässt.
Das Gitter sitzt nun an Ort und Stelle und gibt dir hoffentlich viel Sicherheit und Selbstvertrauen in die eigenen 4-Wände zurück.
Den ESC schauten wir auch.
Wir fanden manche Beiträge grausig. – Möglicherweise haben wir auch die Kunst dahinter nicht verstanden.
So richtig in die Ohren gingen uns nur vielleicht ein Viertel der Beiträge.
Wir lachten sehr, dass genau der Titel gewann, denn wir am schlimmsten fanden. – Wobei zugegeben bei der 2. Darbietung, hörte es sich leicht besser für uns an.
Gulasch find ich ganz wunderbar. Ich liebe ihn im Herbst und Winter noch mehr. Gulasch ist so eine Sache, die ich Tag für Tage ohne großes zetern in mich „hineinstopfen“ könnte
Ob du dich wohl heute mal ausruhst? … und einfach mit „F“ und „Rex“ den Sonntag genießt?
Oder bist schon wieder zu neuen Abenteuern unterwegs? 😉
Liebe – bleib so „rex-mamaisch“ wie du bist Grüße
Vom lifeminder
Das ist wohl eher nicht zu erwarten, lieber lifeminder, denn in jedes Haus, das hier in letzter Zeit verkauft wurde, zogen strenggläubige Muslime, und zwar aus verschiedenen Ländern.
LöschenDa gibt es nicht nur Sprachprobleme, sondern ich weiß es ja von A., dass sich Türken und Araber eher ablehnen, zumal es selbst bei gleichem Herkunftsland unterschiedliche Islamrichtungen gibt, die sich dann auch nicht grün sind und ihre Freizeit lieber in der eigenen Religionscommunity verbringen.
Die wenigen Deutschen, die von den lustigen Zeiten noch übrig sind in der Nachbarschaft, grillen gern und trinken dann Bier, was wiederum bei den neu Hizugezogenen sehr verpönt ist - es kann also nicht mehr so werden, wie es war, sondern nun bilden sich auch hier auf engstem Raum Parallelgesellschaften.
Aber es ist ja schon viel wert, wenn man sich zumindest vom Sehen her kennt und auch grüßt. :-)
Hihi, über das Kunstverständnis, dass enigen von vermeintlich Verstehenden so gern abgesprochen wird, über dieses ganze Geschafele habe ich schon x Kurzgeschichten geschrieben - der "Hurz" lässt grüßen. 🤣
Mir kam die Wahl des Siegertitels wie schon im letzten Jahr politisch sehr korrekt vor, das war's und immerhin ist es ein Zeichen, dass der Trumpismus sich in Europa noch nicht breitmachen konnte.
Ausruhen? Na ja, wir haben ja fast im ganzen Haus Teppiche und bis ich sie alle mit Herrn Hoover von Hundehaaren befreit habe, das dauert, aber ansonsten war mein Sonntag recht ruhig. :-)
Liebe Rex-mamisch-ist-eine-wunderbare-Wortschöpfung-Grüße zurück! :-)))
Ich freue mich sehr darüber, daß F. mit verständlichen Unterbrechungen das Gitter montiert hat. Konntet ihr das fertig erwerben? Mir gefällt es gut und ich finde es passend. Ich wünsche mir, daß du ein größeres Sicherheitsgefühl bekommst. Das wäre doch sehr wichtig. Nebenbei verfolge ich die Bürgermeisterwahl in einem Nachbarort. Die einzige Frau holte auf Anhieb über 52 % der Stimmen. Das ganz entgegen aller Vermutungen, die auf eine Stichwahl gesetzt haben. Morgen habe ich einen Urologen Termin . Ich bin gespannt was der sagt.
AntwortenLöschenJa, wir haben das Gitter so, wie es ist, im Internet bestellt, nachdem wir die notwenidgen Ausmaße ermittelt hatten.
LöschenVon welcher Partei ist die Frau denn, die gleich die Mehrheit holte, oder ist sie parteilos?
Viel Glück beim Urologen, ich bin schon sehr gespannt, was er sagen wird.
Die Frau ist unabhängig angetreten. Nun hier vor Ort haben wir die nächste Wahl, bisher ohne Kandidatin. Ich bin wirklich mal gespannt, was der Urologe meint.
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