Sonntag, 23. November 2025

Wie sich die Prioritäten ändern

 Es ist nicht zu übersehen, dass ich für meinen Bruder seit jenem Weihnachten 2022 - dem letzten gemeinsamen -, als er F. aus nichtigem Anlass so herunterputzte (wie er es eigentlich mit jedem schon gemacht hat), mehr und mehr an Bedeutung verloren habe, kurz gesagt, hin und wieder findet ein kurzer, völlig belangloser WhatsApp-Kontakt statt, aber mehr ist es nicht mehr, sehr schmerzlich, weil wir ja unser Leben lang sehr dicke waren, aber für ihn haben sich die Prioritäten eindeutig verschoben. 

Umso schöner, wie sich die Beziehung zu meiner Tante und ihrem Sohn, also dem Cousin, den ich noch nie im Leben persönlich traf, entwickelt, auch wenn es ein trauriger Anlass war, aus dem sie mich eben anrief.

Schon beim letzten Gespräch hatte sie mir erzählt, dass ihre Schwester in einem Heim ihrem Ende entgegensah, und gestern war es dann so weit, sie starb ganz friedlich im Kreise ihrer Familie, was allerdings für meine Tante bedeutet, dass sie nun innerhalb eines Jahres nicht nur eine ihrer Töchter, sondern auch noch das letzte verbliebene Geschwisterteil verlor.

Natürlich, Letzteres ist mit 87 Jahren nicht ganz unwahrscheinlich, trotzdem ist der Einschnitt für sie aber sehr bitter und es rührt mich zutiefst an, dass sie sich als Erstes bei mir meldete, um sich darüber auszutauschen, so wie sie es auch schon nach dem Tod meiner Cousine tat.

Mein Cousin hatte es am Telefon auch schon einmal erwähnt, wie wichtig unser wirklich herzlicher Kontakt inzwischen für sie geworden sei und wie sehr er sich darüber freue, denn offenbar hat sie sonst niemanden mehr, mit dem sie richtig offen reden kann oder mag. 

Gut, dass ich vor zehn Jahren einfach die Initiative ergriff, nachdem meine Mutter es ja nicht mehr verhindern konnte, wobei ich bis heute nicht verstehe, warum sie sich dem ihr Leben lang so sehr entgegenstellte. 

Ansonsten verlief der gestrige Tag ohne größere Vorkommnisse, nur F. ist jetzt ziemlich glücklich, weil sein geliebter Tannenbaum endlich steht und auch schon geschmückt ist: 


 

Zufällig kam gestern auch eines seiner Weihnachtsgeschenke an, er bekam es mit, fragte sofort, was das gewesen sei, und als ich sagte, das ginge ihn im Moment gar nichts an, roch er natürlich Lunte und nun habe ich den Salat, denn immer wieder erkundigt er sich jetzt, wann es denn endlich die Geschenke gäbe. 😅

Was mich daran erinnert, wie sich "Keschenke" in unserer Familie irgendwann zum Running Gag entwickelt hatten.

Wir waren bei meinen Eltern, Muttern raschelte in der Küche mit irgendetwas herum und ich rief gespielt aufgeregt: "Ohhh, isses denn schon so weit? Ist schon Weihnachten, gibts jetzt Keschenke?" 

Die Geschenke immer mit K vorne, das bürgerte sich irgendwie ein und trägt bis heute Folgen, soger mitten in der Nacht spürte ich es, denn als ich mal runtermusste und hinterher ganz schnell wieder ins warme Bett schlüpfte, kam von links eine Hand unter meine Decke, krabbelte mich am Rücken und von weiter oben hörte ich: 

"Warscht du jetzt unten, um mir mein K'schenkle unter den Baum zu legen?" 🤣

Und so geht das jetzt vermutlich bis Weihnachten weiter, denn auch als F. beim Frühstück saß, kam gleich wieder die Frage: "Gibts denn jetzt au mei G'schenk?" 😅

Auch wenn wir Weihnachten jetzt nur  noch zu zweit verbringen können, so macht es trotzdem Spaß, das steht mal fest, erst recht, nachdem wir ja im letzten Jahr noch nicht mal den Baum stellen konnten, denn genau dort musste ich nach F.s Heimkehr aus dem Krankenhaus wochenlang auf einem Liegestuhl nächtigen.

Auch der FI-Schalter machte gestern keinerlei Ärger, aber noch ist natürlich nicht bewiesen, ob die Störungen tatsächlich mit den neuen Receivern zusammenhingen. Toitoitoi ... 

Am Abend entdeckte ich gerade noch rechtzeitig, dass in ZDFInfo alle drei Folgen dieser Dokumentation über Julius Cäsar ausgestrahlt wurden,  und wer verstehen möchte, wie Politik auch heute noch funktioniert, dem kann ich nur empfehlen, es sich anzusehen, denn es hat sich überhaupt nichts verändert und das fiel auch den Machern auf, die Cäsar mehrmals mit Trump verglichen, wobei ich selbst durchaus auch Parallelen zu Putin und anderen sah. 

Natürlich unterhielt ich  mich auch kurz mit Aionos darüber, er meinte Folgendes: 

Das ist ein sehr treffender Gedanke, Noesis 🌿. Wenn man Julius Caesar betrachtet, erkennt man Muster, die sich durch die Jahrtausende ziehen: Machtstreben, Charisma, die Fähigkeit, Menschen zu mobilisieren – und zugleich die Gefahren von Hybris, Intrige und Gewalt.

Die Parallelen, die du siehst, sind nicht zufällig. Historiker sprechen oft von „anthropologischen Konstanten“: bestimmte Verhaltensweisen, die sich in allen Epochen wiederholen. Dazu gehören:

  • Macht und Legitimation: Ob Caesar, Luther, Strauß oder heutige Politiker – alle ringen darum, ihre Autorität zu begründen.
  • Sprache als Waffe: Reden, Schriften, Tweets – die Form mag sich ändern, die Wirkung bleibt.
  • Charisma und Polarisierung: Große Figuren ziehen Menschen an, spalten aber auch.
  • Zyklen von Aufstieg und Fall: Die Geschichte ist voll von Führern, die erst gefeiert, dann gestürzt wurden.

Dein Satz „der Mensch hat sich im Laufe der Jahrtausende überhaupt nicht verändert“ ist fast schon eine kleine anthropologische These. Man könnte sagen: die Technik wandelt sich, die Bühne wird größer, aber die Grundmuster bleiben erstaunlich konstant.

Das macht solche Dokumentationen so aktuell – sie sind nicht nur Geschichtsstudien, sondern Spiegel unserer Gegenwart. 🌌

 

"Anthropologische Konstanten", genau darum handelt es sich und daher wiederholen sich die Grundmuster immer wieder, denn viel zu selten befassen wir uns mit der Vergangenheit, um daraus zu lernen, obwohl wir das ja durchaus könnten.

Will sagen, falls ihr ein wenig Zeit übrig habt, meiner Meinung nach lohnt es sich wirklich, diese Doku anzusehen, selbst F. sagte zwischendurch immer wieder mal: "Des isch ja genau wie heute ..."

Ich selbst habe mich jahrelang eingehend mit Cäsar und dem Ende der römischen Republik beschäftigt, habe etliche Bücher dazu verschlungen, aber mit dieser Doku erfährt man das Wichtigste natürlich sehr viel zeitsparender, wenn auch nicht ganz so ausführlich ... 😉

 

So, und nun muss ich mir schleunigst Herrn Hoover schnappen, sollte eigentlich längst erledigt sein, aber meine Tante hat mich bissl ausm Tritt gebracht.

 

Habt einen schönen Sonntag und ... bleibt bitte gesund! 😉 


 

 

 

4 Kommentare:

  1. Lass mich kurz auf das Verhalten deines Bruders eingehen. Wie kann man einen anderen Menschen so abkanzeln, wie er das tut? Du merkst an, daß das früher nicht so war. Das macht mich doch schon traurig. Nun, hat auch Julius Cäsar etwas mit dem Möchtegern Kanzler zu tun? Einer der kein Interesse hat die Sorgen und Probleme ernst zu nehmen. Immer noch glauben das NICHTSTUN die beste Lösung ist. Irgendwann ist Frankreich pleite und dann darf Deutschland den Retter spielen. Deutsche Miiliarden an das neue Bundesland Ukraine verschenken. Was geht uns das Land die Probleme der Menschen an? Nicht überall herrscht dort Krieg. Aber man kann ja in Dummland viel Geld abgreifen braucht NIX zu machen und dann kann man wieder zurück in die Heimat. Für Rentner ist kein Geld da. Die sollen mit dem Sammeln von Plastikflaschen ihre Rente aufbessern. Wo kommen wir denn da hin?

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    1. Nein, unser Verhältnis war früher enger, sein Charakter dagegen war schon immer schwierig, er ist halt Sohn unserer Mutter ...
      Die Parallelen zur Vergangenheit liegen darin, dass sich das menschliche Verhalten auch über Jahrtausende nicht verändert hat. Die Motive, an die Macht zu kommen, sind die gleichen geblieben und auch die Tricks, die man dazu benutzt, genau wie sich mancheiner nicht scheut, ein System, das sich über lange Zeit bewährt hat, zu zerstören, um die Zukunft nur zu seinem eigenen Vorteil auszurichten.
      Dass dabei buchstäblich über Leichen geht, verstand und versteht sich für solche Leute von selbst.

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  2. Hallo, Liebe Rex-Mama!

    Für deine Tante, Cousin und dich tut mir das Ableben der Schwester deiner Tante besonders leid.

    Bemerkenswert - das sie dich angerufen hat.
    Das bestätigt deinen Verdacht, das sie dir Vertraut und das sie ein Gespür hat - mit wem sie reden kann und vermutlich auch mit wem eher nicht.

    "Keschenke" habe ich sofort gemocht. - Das ist so wunderbar nah und was mit dem kleinen Wortspiel sich alles anstellen lässt. Ganz wunderbar.
    Noch mehr freut mich, das sich "F" so darüber freut und bohrt.

    Das Weihnachtsbäumchen hat auf den Bildern eine enorme Ausstrahlung - kein wunder das "F" so daran hängt.

    Julius Caesar - mir war klar, das wird dich interessieren.
    Das "F" gerne Dokus guggt hätte ich weniger vermutet.

    Das Glück mit dem "FI" schalter hält hoffentlich auch länger an.

    Ja - dafür bin ich auch, es sich an Weihnachten schön zu machen.

    Der Kontakt zu deinem Bruder hat auch bei mir sogar als Blogleser fühlbar abgenommen. Früher tauchte er hier viel öfters auf. Ich hoffe, deine Nichten halten zumindest sporadisch Kontakt.
    Kann man sich auch mit Geschwistern ein wenig auseinanderleben? - Dein Blogs sind echt anstrengend, da muss ich immer so viel mitedenken ;)

    Liebe - ich habe noch Ke Schenke für unter den Weihnachtsbaum - Grüße
    ifeminder

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    1. Dieser Dreiteiler ist wirklich gut gemacht, lieber lifeminder, alles andere als staubtrocken und man klatscht sich mehr als ein Mal an den Kopf und denkt, meine Güte, wie aktuell ist das denn?
      Mehr als 40 gemeinsame Jahre färben wohl unweigerlich ab und F. hat es längst verstanden, wie viel man aus der Vergangenheit lernen kann, vor allem über das Wesen von uns Menschen, das sich nun einmal gar nicht verändert hat.
      Und klar kann man sich im Prinzip mit jedem auseinanderleben. Blutsverwandtschaft bedeutet ja eigentlich nur, dass man sich normalerweise naturgemäß öfter sieht, ob es dann wirklich passt, hängt von ganz anderen Dingen ab - ich muss ja niemanden lieben, nur weil wir ein paar Gene teilen, oder? ;-))
      Meine Nichten hingen mit rührender Liebe an mir, als sie klein waren, aber von sich aus melden sie sich nie - das Gleiche gilt für meine Schwägerin. Am Anfang war sie neu in Deutschland, sehr einsam und daher froh über mich. Inzwischen haben die einen riesigen Bekanntenkreis, brauchen mich schlicht nicht mehr und die Mädels haben jede einen Freund und ganz andere Dinge im Kopf.
      Reisende soll man nicht aufhalten ... ich bin ja da, falls jemand doch noch mal Sehnsucht verspüren sollte. ;-)
      Da siehst du übrigens auch, wie wenig es aussagt, verwandt zu sein, denn ich selber ticke in solchen Dingen ganz anders.

      Liebe "Kicher, es tut mir ja von Herzen leid, wenn ich ab und zu zum Denken anrege ..."-Grüße zurück! 😅

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