Sonntag, 30. November 2025

Heute früh rief mich ...

 ... meine Dörflifreundin an, meinte, heute würde es sicher besser passen mit dem Gratulieren, wenn der Rummel ja vorbei wäre.

Was mich zu einem, hm, etwas traurigen Grinsen brachte, denn erstens  gibt es ja bei uns niemanden mehr für "Rummel" und zweitens hat sie, obwohl sie viele Jahre bei einem Arzt arbeitete, wohl keine rechte Vorstellung davon, wie sehr man sich mit einem Lungenkranken im Haus von der ganzen Welt abschotten muss.

Zwei ihrer drei Söhne leben mit ihren Familien in ihrer umittelbaren Nachbarschaft, der eine 30 km entfernt und nun erzählte sie, dass sie und ihr Mann im letzten Jahr eigentlich fast ununterbrochen "was hatten", weil die Enkel natürlich ständig Infekte/Erkältungen aus Kindergarten und Schule anschleppen, was übrigens auch meine Schwester sagt - auch sie sind als Grundschullehrer dauererkältet.

Was mich auf den Gedanken brachte, selbst wenn mir mein größter und wichtigster Lebenstraum, nämlich Kinder, erfüllt worden wäre, würde ich trotzdem genauso blöd dasitzen wie jetzt, denn jeder Kontakt beinhaltet nun einmal große Gefahr für F. 🙄

Fast ein bisschen neidisch wurde ich dann außerdem, als sie erwähnte, dass sie sich gleich auf den Weg machen würden zu einer Dorfversammlung  - gestern hatten sie an einem anderen Event teilgenommen - und morgen kommt dann ihre kleine Schwester zum Essen. 

Da sieht unsere Welt leider sehr anders aus und dementsprechend  ruhig blieb es auch gestern hier, ein Tag wie jeder andere, abgesehen von den vielen Glückwünschen, die über Handy bzw. Internet bei mir eintrudelten, was mir durchaus die Zeit ließ, mich endlich um den Schriftkram mit der Krankenkasse  zu kümmern.

Von meinem Bruder, der ziemlicher Frühaufsteher ist, kam am frühen Morgen nix über WhatsApp, ui, dachte ich, das riecht ja förmlich danach, dass später ein Anruf erfolgen könnte - ein Trugschluss, denn stattdessen kam ein Sprüchlein in einem sozialen Netzwerk.

Meine Schwester, mit der ich zumindest zu Geburtstagen in der Regel ein langes Telefonat führe, meldete sich abends um halb zehn aus ... einem Baumhaus, in dem sie auf einer ihrer geliebten Radtouren gerade nächtigen.  

Dafür kam ich dann aber mit meiner Tante, diesmal Mutterns Schwester, gründlich ins Quatschen - vielleicht der Vorweihnachtszeit geschuldet hatte sie das Bedürfnis, wieder einmal über ihre mehr als traurige Kindheit zu reden.

1943, das dritte uneheliche Kind, an Abtreibung war in der Nazizeit kein Denken, aber daheim getraute sich Oma auch nicht, damit anzukommen, also bekam sie das Baby heimlich in der Fremde und gab es dann für die nächsten sechs Jahre in einem Würzburger Kinderheim ab. (Wo die Kleine die Bombardierung miterlebte, die auch das Heim traf. Ein großer Teil ihrer Mitinsassen kam dabei zu Tode und auch mit inzwischen 82 Jahren wirkt das Trauma nach. Feuerwerke kann sie genauso kaum ertragen wie das Weinen von Kindern ... 😢)

Irgendwann ließ es sich nicht vermeiden, dass Oma meine Mutter und ihren Bruder zu einem ihrer seltenen Besuche dorthin mitnahm, diese wiederum verplapperten sich bei der Pflegefamilie, wo sie meist untergebracht waren, die dann aktiv wurde und dafür sorgte, dass die kleine Helga nach Hause geholt wurde, wo sie immer zu spüren bekam, dass Oma sie nicht hatte haben wollen und lieber abgetrieben hätte, so sagte sie es wörtlich, und fuhr dann gleich fort, dass es bei mir im Grunde ja auch nicht anders war, denn auch  meine Mutter hätte mich abgetrieben, wenn sich die Hebamme nicht verrechnet hätte und mich älter machte, als ich tatsächlich war. 

"Und dann diese Launen, mein Gott, was konnte diese Frau schlechte Laune ausstrahlen, und das tagelang", klagte sie,  und auch dabei konnte ich ja mitreden, wieder mal ein Beweis dafür, wie sich bestimmte Verhaltensmuster in Familien über die Generationen fortsetzen können, denn meine Mutter hat das ihrer Mutter 1:1 nachgemacht ...

Für den Abend hatte ich mich, da sonst eh nur Schrott kam, für "Filme fürs Herzken" entschieden, und zwar "Das fliegende Klassenzimmer", gefolgt vom "Doppelten Lottchen", beide in der ganz alten Fassung, bei der Erich Kästner selbst die Drehbücher schrieb und auch als Erzähler auftrat. 

Beide Bücher hatte ich als Kind verschlungen, aber natürlich nie auf die durchaus deutlichen und mahnenden Sätze geachtet, die Kästner einbaute. Vielleicht würde es sich lohnen, sie im Hinblick darauf noch einmal zu lesen?

Für heute hatte ich Herrn Hoover eingeplant, geht nicht anders, weil auch die nächste Woche rappelvoll gepackt ist, aber erst kam mir meine Freundin dazwischen und dann beschloss ich selber, den Burschen noch etwas warten zu lassen, weil ich noch hören wollte, wie es meiner anderen Tante geht, die ja letzte Woche ihre Schwester verloren hat.

Am Ende gab es aber keine Ausflüchte mehr, nun ist das Haus gesaugt und auch F. versorgte ich zwischendurch noch mit Futter, wobei ich das gestrige aber verlockender fand, nämlich Pommes aus frischen Kartoffeln, Hähnchen/Zwiebelpfanne mit Bohnensalat:


 Habt einen schönen Tag und ... bleibt bitte gesund! 😉

 

 

5 Kommentare:

  1. Ja, das ist übel, wenn man NICHT erwünscht ist. Lange Zeit war es für mich sehr schwierig OHNE Vater groß zu werden. Ich erinnere mich an meine Kindheit zurück, alle meine Mitschüler hatten einen Vater, nur ich nicht. Es sehr lange gedauert bis ich das akzeptieren konnte. Wie ich damals in meine alte Heimat zurück gezogen bin, bezog ich die Wohnung in der mein Bruder und seine Frau lebten. Mit seinem Sohn hatte ich ein gutes Verhältnis. Traurig fand ich, daß sich dein Bruder an diesem Tag nicht einmal mit einer WhatsApp - Nachricht bei dir gemeldet hat. Emil und die Detektive war ein Buch, das ich gerne gelesen habe. Meine Patentante versorgte mich mit Büchern von Astrid Lindgren. Und ich las sehr gerne Pippi Langstrumpf und Karlsson vom Dach.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Ja, ich kann mir das gut vorstellen, denn es war ja nicht nur so, dass einem ganz persönlich ein Vater fehlte, sondern zur damaligen Zeit gab einem die Gesellschaft wohl auch das Gefühl, irgendwie einen Makel zu haben, wie meine Mutter es oft erzählte.
      Astrid Lindgren habe ich auch rauf und runter gelesen.

      Löschen
    2. Da triffst ja damit den Nagel auf den Kopf. Ich fühlte mich sehr lange Zeit mit diesem Makel behaftet. Meine Tante gab mir zwar das Gefühl das nicht so zu fühlen. Meine leibliche Mutter und ihr Mann wollten immer, dass ich zu ihnen kommen soll. Meine Tante hat sich dagegen gewehrt. Da sie selbst keinen Beruf hatte war es ihr wichtig, daß ich einen Beruf hatte. Mein Stiefvater hätte mich dann nach der ersten Lehre in die Fabrik geschickt. Meine Tante blieb bei ihrer Einstellung und hatte am Ende einen Beruf. Dafür bin ich ihr unendlich dankbar.

      Löschen
  2. Hallo, Liebe Rex-Mama!

    Ja, ja wenn die Krankheitswelle rollt - ist sie kaum zu stoppen und schnell was eingefangen.
    Wobei ich der Meinung bin - gerade weil ich vielem ausgesetzt bin, bin ich eher selten kran.

    Mit "F" das machst du richtig. Ist jemand Lungenkrank - ist das schon heftig. Ihn vor Befall - gerade im Winter zu Beschützen ist mit das Beste was man überhaupt tun kann.

    Schön, dass an dich so ausreichend gedachtet wurde. Auch wenn du dir - das hätte ich sicher auch, etwas mehr bei den Verwandten an Zeitinvestition in dich - mehr erhofft hattest.

    Dein Bruder verstehe ich nicht. Es gab doch da auch so ein Zwischenhoch im Frühling, wo ihr lange und ausführlich gequatsch habt. Auch über irgendwelche Überschwemmungen oder ähnlichen wo er vor Ort war - und dir Fotos gesendet hatte.

    Das er das wieder so hat abflauen lassen, ist schwer nachzuvollziehen. - Deine NichteN hätten gerne auch mal zum Hörer greifen dürfen oder sollen , du hättest dich sicher gefreut.
    Na ja möglicherweise bin ich aber auch da zu streng - ich frage mich gerade ob ich das insgesamt bei meiner Verwandtschaft besser mache mit den Gratulationen zum Geburtstag.

    Das nachmachen der Mutter - gerade was ich von deiner bisher gelesen habe, schreckt mich. - Das nicht zu knapp!
    Wobei ich das in einem anderen Kontext und auf weichere Art und Weise gerade auch erlebe.

    Das doppelte Lottchen die schwarzweiß Fassung rührt.
    Die ist gut gespielt, wirkt selbst heute wenig angestaubt.


    Liebe- 22 Uhr - Grüße
    lifeminder






    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Ich muss es tun, lieber lifeminder, wobei mir aber natürlich auch bewusst ist, dass es ums Aufbauen von Abwehrkräften schlecht bestellt ist, wenn man alle Gefahren meidet.
      Ich glaube, das funktioniert aber eh bei jedem anders. Meine Schwester und ihr Mann leben ja eigentlich sehr gesund, sind Vegetarier und ständig mit dem Rad unterwegs, doch trotzdem stecken sie sich bei ihren Grundschulkindern ständig an.
      Das mit dem geschwisterlichen Quatschen hatte sich eigentlich schon vor Jahren weitgehend erledigt, als mein Bruder sein Festnetztelefon mehr oder weniger außer Betrieb setzte. Ich selber habe gar keine Handyflatrate fürs Telefonieren und mag es auch überhaupt nicht, Handys anzurufen. Wenn mir nach Reden ist, dann versuche ich es am Festnetzt, wenn jemand drangeht, gut, wenn nicht, auch gut, aber jemanden unterwegs, beim Autofahren oder gar in der Stadt zu erwischen, nein, darauf habe ich keinen Bock, also lasse ich es lieber ganz bleiben.
      Und meine Nichten haben mich tatsächlich noch nie angerufen oder überhaupt auf einen unserer Geburtstage reagiert.
      Eigentlich seltsam, denn sie hingen ja früher mit wirklich inniger Liebe an mir, aber diese fand nur statt, wenn ich vor Ort war - vermutlich ein Versäumnis der Eltern, denn ich an ihrer Stelle hätte sicher ein kleines Erlebnis für sie daraus gemacht nach dem Motto, Piesau hat Geburtstag, wollen wir sie jetzt mal zusammen anrufen?
      Zumindest lief das bei uns früher so und tatsächlich schickte ich meiner geliebten Großtante noch bis ganz zum Schluss von Stuttgart aus Päckchen zu den Festtagen und ich telefonierte auch regelmäßig mit ihr.
      Wobei ich aber weiß Gott auch nicht die ganze riesige Verwandtschaft mit Glückwünschen bedachte, sondern eben nur die, die mir wirklich nahestanden. ;-)
      Das mit dem "Nachmachen" ist, denke ich, das Normalste der Welt, denn wir sind ja nun einmal das Produkt aus unseren Genen und allem, was wir jemals an Input erfuhren. Die Kultur, in der wir aufwuchsen, die Traditionen, die familiären Eigenarten, dazu noch die ganz persönlichen der Vorfahren, all das übernehmen wir zunächst einmal und vieles davon nehmen wir einfach so an, ohne es jemals zu hinterfragen.
      Meine Tante hatte z.B. mal einen kleinen Yorkie, der unter ganz schlimmen Bedingungen nur zwischen Katzen aufgewachsen war. Das Tierchen verhielt sich sein Leben lang wie eine Katze, blickte wohl niemals, dass es ein Hund war, und auch bei A. merkte ich vor einiger Zeit, dass sie selber kurz darüber nachdachte, ob dieses ganze islamische Frauenkorsett, in dem sie drinhängt, wirklich ihrer Religion geschuldet ist oder doch eher den Gepflogenheiten ihrer Familie, ihres Herkunftsdorfes ...
      Ich glaube, über dieses Thema könnte man echt Bücher schreiben ... ;-)

      Liebe 9:33-Grüße zurück! :-))

      Löschen