... ein Schild auf der Stirn kleben: "Sprinter und LKWs bitte unbedingt bei uns vor dem Haus abstellen!"?
Genauso kommt es mir inzwischen vor, denn fast täglich fühle ich mich eingesperrt, weil der Bürgersteig vor unserem Haus ja nun einmal nicht breit und es ziemlich schäbig ist, wenn man kein Licht mehr bekommt und nur noch auf Wände direkt vor den Fenstern starrt.
Von vorgestern auf gestern war es dieser LKW, der mir fast 24 Stunden lang die Freiheit raubte, weil er auch das Küchenfenster verdeckte:
Das war also der erste Anblick, als ich um kurz vor sieben lossauste zu Netto, um meinen Freitagseinkauf zu erledigen, weil ich ja später noch den Zahnarzttermin hatte.
Schnell stellte ich fest, dass diese Uhrzeit genauso blöd ist, wie wenn man nachmittags kommt, denn die Regale, die mich interessieren, sind so oder so oftmals leer.
In diesem Falle waren sie noch nicht gefüllt - ich hatte im Prospekt Suppenfleisch im Angebot gesehen (wenn auch trotzdem viel zu teuer) und da F. Rindfleischsuppe über alles liebt, wollte ich wenigstens ein Pfund mitnehmen.
Pustekuchen, zwar sah ich den Kühlwagen im Gang stehen, aber der junge Mitarbeiter ließ sich sehr viel Zeit, und die hatte ich ja nun einmal nicht. Einen kleinen Moment des Wartens räumte ich mir trotzdem ein, merkte aber sehr schnell, dass es sinnllos war, doch eines fiel mir währenddessen auf, denn inzwischen wimmelte es im Laden von Schülern, die sich allerhand Schnuckzeugs und Getränke für die Schule besorgten.
Zwei gibbelnde, sehr laute junge Mädels wandten sich auch dem Fleischschrank zu, vor dem ich ja stand - ich staunte und dachte, nanu, watt wollen die denn mit Fleisch? Die werden sich doch in der Schule nix kochen?
Nee, des Rätsels Lösung war, dass die sich eine Sushiplatte besorgten - man gönnt sich ja sonst nix und ich fragte mich, warum die offenbar heutzutage so viel mehr Geld haben als wir früher? Mal ganz abgesehen von den Ansprüchen, die mir auch deutlich gestiegen zu sein scheinen.
Auf dem Heimweg überlegte ich, dass ich gleich ja eh noch mal losmusste, dann könnte ich vom Zahnarzt aus einen zweiten Anlauf bei Netto starten, zumal ich eh vergessen hatte, mir eine Stange Porree in den Wagen zu packen, die ich für die Linsensuppe nächste Woche benötige und schon mal fertig geputzt einfrieren könnte.
Also jut, ich war eh seit vor halb fünfe am Rennen, da kam es dann auch nicht mehr drauf an ...
Als ich dann zum Doc ging - zuvor wollte ich noch eben unsere roten Wahlbriefe in den Kasten werfen, bekam mich wieder der nette SPD-Ratsherr an seinem Stand zu packen. Ich grinste, hielt meine Briefe hoch und meinte: "Ist eh schon passiert ..." 😁
Beim Zahnarzt kam ich sofort an die Reihe, bissl Zahnstein entfernen, das Übliche halt und als ich vermeldete, dass mir ein Backenzahn beim Essen leichte Probleme macht, meinte er, ja, da sei eine Ritze zum Nachbarzahn, er werde diese einfach etwas vergrößern.
Was er dann auch tat, doch ob ich mit dem Ergebnis zufrieden bin, muss sich erst noch zeigen, denn bis jetzt ist das Essen noch sehr unangenehm, mal sehen, ob es besser wird, wenn das Zahnfleisch sich beruhigt hat. 🙄
Weiter zu Tedi, erneut zu Netto, wo ich nun mein Fleisch bekam und an der Kasse auf eine alte Dame aufmerksam wurde.
So wie ich inzwischen einen Blick habe für muslimische Damenkleidung, die sich je nach regionaler Herkunft schon unterscheiden kann, entwickle ich ihn natürlich auch für Menschen, die mobile Sauerstoffgeräte auf dem Rollator mit sich führen, wie es auch diese Dame tat.
Die Kundin vor ihr in der Schlange half ihr beim Auspacken der Artikel, die sie auf mehrere Taschen verteilt hatte und die nun zum Kassieren aufs Band mussten, und dann bekam ich mit, wie sie "Urmensch" bat, ihr anschließend beim Einpacken zu helfen.
("Urmensch" nenne ich diesen jungen Kassierer für mich, weil er sein tiefschwarzes Haar in einer gewaltigen und sehr buschigen Zottelmähne trägt. 😁)
Eine große Henkel-Tüte legte sie ihm hin und eine Stofftasche, aber ich merkte schon von hinten, dass er Erstere zu vollpackte mit sehr schweren Obstbeuteln. Das würde so nix werden, denn sie musste sie ja an die Griffe hängen und nun war das Ganze eh zu schwer, als dass sie es alleine vom Band hätte heben können.
"Warten Sie mal, ich komme nach vorne, das kriegen wir hin", sagte ich, quetschte mich zwischen, meinem Wagen, Omi, Rollator und Eistruhe vorbei und dann verteilte ich mit Urmenschens Hilfe das Gewicht gleichmäßiger auf die Taschen, nahm sie runter und hängte sie an den Griffen auf.
Dann musste ich mich kurz meinem eigenen Bezahlvorgang widmen, denn hinter uns war die Schlange nun sehr lang geworden, wobei aber wirklich niemand ungeduldig wirkte, sie bekamen es ja alle mit, wie hilflos die alte Dame war, der ich mich dann auch gleich wieder zuwandte, denn jetzt hatte sie ein Problem mit ihrem Schlauch.
"Bekommen Sie überhaupt noch Sauerstoff?"
Nein, der sei eh leer, meinte sie, und ach, es sei nicht schön, wenn man nicht mehr so könne.
"Ich weiß, mein Mann hängt auch an solch einem Ding", sagte ich und bemerkte nun auch, dass ihr ein Stromkabel um die Beine bammelte.
Jesses, sie hatte aber auch ein Durcheinander an ihrem Rollator, dessen Tasche ja mit dem Mobilgerät komplett gefüllt war, und zusätzlich zu den beiden Taschen, die ich ihr an die Griffe gehängt hatte, waren da auch noch etliche andere.
Wie dieses Stromkabel da nun zwischengeraten war und warum sie es überhaupt mit sich führte, wusste sie auch nicht, also rollte ich es auf und packte es zu ihren anderen Sachen, damit es nicht noch verloren ging. Mehr konnte ich dann nicht mehr machen, denn nun näherte sich das Taxi, das sie sich gerufen hatte.
X-mal bedankte sie sich, so als hätte ich irgendetwas Weltbewegendes getan, und ich sagte nur augenzwinkernd "Sehr gerne, ich weiß ja, wie das ist", wünschte ihr alles Gute und zog meiner Wege.
Ganz demütig machen mich solche Erlebnisse immer und wieder einmal wurde mir bewusst, wie dankbar man für jeden Tag sein sollte, an dem man gesund und fit in der Lage ist, alles allein erledigen zu können.
Carpe diem!
Daheim musste ich erst mal meine Männer mit Mittageessen versorgen und mich meinen Umfragen widmen, dann stellte ich fest, dass es nun auch für F. draußen warm genug sein müsste, veranlasste ihn, seinen Hoodie auszuziehen und steckte ihn stattdessen in meinen Friseurumhang.
Dann schnipselte ich ihm aus Leibeskräften an Haaren und Bart herum, wobei das mit den Leibeskräften etwas übertrieben ist, denn ich war ja wirklich seit fast mitten in der Nacht aktiv und mindestens meinem Kreuz gefiel das allmählich nicht mehr, aber ich bekam es hin, sehr gut sogar, wie ich selber fand, und als ich ihn zum Abschluss bat, sich noch einen Moment auf den Gartenstuhl zu setzen, weil ich mein Werk für seine Schwester knipsen wollte, führte das zu einem sehr erstaunlichen Ergebnis.
Er hatte den Stuhl gewählt, auf dem er mit dem Rücken zur Sonne saß, und diese beschien seinen Kopf so intensiv, dass es auf dem Foto aussah, als hätte er schneeweiße Haare. 🤣
Dies schickte ich dann meiner Schwägerin und schrieb dazu, nein, er habe nicht vor lauter Angst vor dem Ergebnis meiner Tätigkeit mit einem Schlag schlohweiße Haare bekommen, sondern es habe wirklich nur an der Sonne gelegen. 😁
Dann hängte ich ein weiteres Bild an, denn nun hatte er den Stuhl gewechselt und auf einmal wieder dunkles Haar. 😅
Abends fiel mir dann noch auf, dass die Laterne vor unserer Hecke auf einmal wieder brennt, nachdem sie das seit Jahren nicht mehr tat.
Ich fand es immer ganz angenehm ohne, denn diese Lichtverschmutzung überall ist nicht gut für die Natur, doch nun leuchtet sie wieder, aber im Gegensatz zu allen anderen in der Umgebung nicht mehr orangefarben, sondern weiß, und zwar derartig hell, dass alles drumherum wirkt, als habe man es in Neonlicht getaucht. 🙄
Etwas gewöhnungsbedürftig und abends vom Garten aus nach Sternschnuppen schauen zu wollen, kann ich mir nun endgültig abgewöhnen. 🙄
So, und jetzt fahren wir los, Getränke und ein paar andere Dinge besorgen - habt einen schönen Tag und ... bleibt bitte gesund! 😉
PS: Ganz vergessen zu erwähnen, auch bei meinem Zahnarzt ist eingebrochen worden, sogar schon zwei Mal innerhalb gar nicht langer Zeit, und das, obwohl er alles versucht, um sich dagegen zu schützen. .😡


Gestern habe ich erfahren, daß ein Baggerfahrer dafür verantwortlich war, daß das Internet gestreikt hatte. Das mit dem Einbruch beim Zahnarzt ist ja sehr heftig. Mein Nachbar erzählte mir, dass der Bruder ( 67 Jährchen) seiner Frau einen Tumor im Kopf hat der nicht zu operieren ist, deshalb bin ich für jeden Tag dankbar an dem es mir gut geht. Du hast es richtig formuliert: demütig zu sein !!! Deine Beschreibung hat mich an die Reha erinnert auch hier waren Mitpatienten da, die ihre Sauerstoffversorgung im Trolly transportierten. In jedem Zimmer gab es übrigens die Möglichkeit, daß eine Sauerstoff - Möglichkeit angeschlossen werden konnte.
AntwortenLöschenDas kenne ich vom Krankenhaus, wo über F.s Bett auch eine Anschlussmöglichkeit war. Problem war nur, dass die keine Schläuche hatten, die lang genug waren, dass sie bis aufs Klo gereicht hätten, also musste ich einen Schlauch von zu Hause für ihn mitbringen.
LöschenHallo, Liebe "Rex-Mama"!
AntwortenLöschenDu machst Geschichte so lebendig, dass selbst Urmenschen an der Kasse sitzen. - Auch insgesamt größten Respekt vor dem Pensum, dass du zurückgelegt hast.
Schön, dass du dem Mensch mit dem Sauerstoff helfen konntest, wie schwer muss es sein, wenn man auf Sauerstoff angewiesen ist, alleine damit zurechtzukommen. - Da gruselts einen schon bei der Vorstellung.
Mach den lieben "F" nicht älter als er isst.
Obwohl solche Farbendspiele dank der Sonne schon witzig zu beobachten sind. Dazu fällt mir nur der Gassenhauer ein: "Ich habe Ehrfurcht vor schneeweißen Haaren.
Habt ihr schon mal über so ein Schild nachgedacht: "Ausfahrt Tag und Nacht freihalten" vielleicht schreckt es ab - sogar wenn es nicht einmal genau die Einfahrt ist, die blockiert wird. Ein Blick aus dem Fenster ist ab und an nämlich Goldwert.
Ich hoffe sehr, dass du mittlereweile ungestört Essen kannst. Der Gang zum Zahnarzt war aber so oder so das Beste was du in dieser Situation machen konntest und den Stempel für die Kontrolle hast ja auch gleicht mit-eingesackt.
Bei euch ist sogar nachts taghell. Wobei das Bild von der Straße doch sehr Idylisch und gemütlich wirkt.
Selbst das Böse hat keinen Respekt mehr - sogar beim Zahnarzt klauen sie wie die Raben. - Möglicherweise eine Runde Gebisse für die Verwandtschaft, neben den Einnahmen.
Liebe - 6 uhr 6 - Grüße
Vom lifeminder
Ja, lieber lifeminder, es ist wirklich eine schreckliche Vorstellung, alt, die Kräfte lassen nach, man ringt um Luft, ist auf Sauerstoff angewiesen und wenn dann noch hinzukommt, dass man mit der Technik nicht Schritt hielt und sich sein Leben lang auf andere verließ, dann kann man am Ende wirklich blöd dastehen.
LöschenMeinem Zahnarzt gehört ein großes Haus direkt am Marktplatz, die oberen beiden Etagen bewohnt er mit seiner Familie und im Erdgeschoss befinden sich die Praxisräume. Wo genau die eingestiegen sind, weiß ich nicht, aber Fakt ist, dass bei uns sehr viel eingebrochen wird, und das ist nicht gut!
Unsere Garageneinfahrt wird eigentlich nie zugeparkt, ob nun ein Schild dranhängt oder nicht, aber vor dem Haus darf man ja parken, unschön wirds halt nur, wenn ständig solche Riesenteile dort stehen, die uns gegen eine Wand starren lassen.
Machen dagegen kann man gar nichts - die dürfen es, also tun sie es.
Das ist halt die Kehrseite, wenn wir so viel Wert darauf legen, dass sich jeder möglichst frei entfalten soll. Man vergisst dann gern, dass das für die um einen herum ja auch gelten sollte. ;-)
Liebe Schon-8:17-Grüße zurück! :-))