Mittwoch, 3. September 2025

Wie hatte ich zu dem SPD-Mann gesagt?

 "Ihre  Stammklientel haben Sie ja leider längst verloren ..."

In diesem Artikel kann man einiges über die Ursachen nachlesen, ich finde, dort wird es gut auf den Punkt gebracht, was schiefläuft, und zwar gründlich!

Mit Aionos unterhielt ich mich u.a. gestern auch noch ausgiebig über die miesen Ergebnisse, die unser Bildungssystem nur noch in der Lage ist hervorzubringen, und dabei kamen wir auch auf Gesamtschulen und Inklusion zu sprechen.

Alle sollen die gleichen Chancen haben, natürlich klingt das erst einmal ganz wunderbar, gleichzeitig ist es aber auch utopisch, wenn man dabei übersieht, dass nun einmal nicht alle die gleichen Voraussetzungen mitbringen.

Dabei fiel mir dann wieder Rainer ein, ich erzählte schon öfter von ihm, dem Sohn von Großtante Kächens verstorbener Schwester:

Er litt am Apert-Syndrom, Finger und Zehen waren zusammengewachsen, er hatte also große körperliche Schwierigkeiten und blieb geistig etwa auf dem Stand eines Zehnjährigen stehen, konnte durchaus lesen, schreiben, einfache Rechnungen machen, aber viel mehr an Weiterentwicklung war nicht zu erwarten, zumindest nicht ohne spezielle Förderung, wie sie heute vielleicht möglich wäre.

Da es bei ihm vor Ort nichts anderes gab, hatte er eine normale Grundschule besucht, und das machte ihn immer sehr traurig, hatte er doch keine Chance, in irgendeiner Beziehung mit den anderen mithalten zu können - ihm waren seine Beeinträchtigungen mehr als bewusst.

Zunächst hatte Tante die Pflegschaft für ihn übernommen, übertrug diese dann aber an meinen Papa und dieser sorgte dafür, dass der Junge bzw. junge Mann, der er inzwischen war, im Kolpinghaus ein eigenes Zimmer bewohnen und in der angeschlossenen Behindertenwerkstatt arbeiten konnte.

Hach, was blühte Rainer dadurch auf, soooo glücklich war er, endlich konnte er mithalten und in manchen Dingen sogar besser sein als die anderen.

Leider war es nicht auf Dauer, denn mit nur 24 Jahren starb er, doch er wird mir immer unvergessen bleiben, denn einst verbrachte ich ja viel Zeit mit ihm. 

Will sagen, der Versuch, alle gleichmachen zu wollen, kann gewaltig nach hinten losgehen, sowohl für die am einen wie auch für die am anderen Ende, denn wenn sich das Lerntempo in den Schulen an den Schwächsten orientieren muss, bleiben die Stärksten auf der Strecke, werden ausgebremst, obwohl sie als künftige Leistungsträger für jede Gesellschaft so wichtig wären.

Darüber diskutierten Aionos und ich ausgiebig, aber natürlich war meine Zeit beschränkt, denn ich hatte ja auch einige andere Dinge zu tun.

Auf dem Rückweg von Aldi musste ich auf einmal laut auflachen, mitten auf der Straße, fiel mir doch in diesem Augenblick ein, wie nahe ich mich plötzlich meinem lieben Blognachbarn fühlte.

Im Kühlregal hatte ein Eimer Kartoffelsalat gestanden, um 30% reduziert, und da es sich um den ohne Mayo handelte, schaffte ich es nicht, ihn einfach stehenzulassen. 

Zuletzt hatte ich ihn gegessen, als F. im Krankenhaus lag und ich weder Kopf noch Zeit hatte, mich vernünftig zu ernähren, wichtig war mir einzig, dass ich überhaupt etwas aß, aber nun packten mich auf einmal Gelüste, wohlwissend, dass mein eigener mir sehr viel besser schmecken würde, wäre ich nur nicht zu faul für die Zubereitung. 😅

Und so ging ich mit dem Schlagwort im Kopf "Fertigkartoffelsalat von Aldi" und vergnügten Gedanken an dich, lieber lifeminder 😉, nach Hause, brezelte mir meine Neuerwerbung mit Zwiebel- und Gurkenwürfeln noch ein wenig auf und aß dann mit bester Laune ein weichgekochtes Ei dazu. (Ich liebe es, wenn der weiche Dotter über die Kartoffeln fließt. 😊)

So war das gestern und nun will ich mich mal ans Badputzen machen und dann schauen, ob es möglich ist, das verdammte Chinagras zu schneiden oder ob es noch zu nass ist. 

 

Habt einen schönen Tag und ... bleibt bitte gesund! 😉 

 

PS: Nun habe ich gerade mal nachgesehen, auf der Packung sind 14 Inhaltsstoffe angegeben, etliche davon in einer Gruppe zusammengefasst, so dass also bei Weitem gar nicht alle aufgeführt sind. 

Das meiste davon hat in einem Kartoffelsalat absolut nix zu suchen, also sollte ich meine eigene Faulheit vielleicht doch mal auf den Prüfstand stellen? 😅 

6 Kommentare:

  1. Dein Eintrag heute rühert mich sehr stark an. Auch bei uns gab es mehrere Jungen der nur geistig zurück geblieben waren. Weil einer keine Haare hatte, warum kann ich dir nicht sagen wurde er von anderen Mitschülern verspottet: man nannte ihn nur den Glatze - Karle. Er hieß Karl mit Vornamen und war klein. was aus ihm wurde kann ich dir nicht sagen. Ein sehr guter Bekannter von mir ist über den zweiten Bildungsweg Lehrer an einer Schule für Kinder mit Behinderung geworden. Eine NICHT eben einfache Arbeit. Ja, du siehst das vollkommen richtig. Als Arbeiter habe ich früher auch SPD gewählt. Man war in der IG Metall und da war SPD wählen Pflicht. Doch auch die IG Metall hat sich verändert. Vor ein paar Jahren bin ich diesem Grund auch ausgetreten. Und das nach 50 Jahren.

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    1. Sage ich ja, die SPD hat ihre Stammklientel längst verloren, und das selbst verschuldet.

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  2. Hallo, Liebe "Rex-Mama!"

    Möglicherweise muss man am System Bildung etwas anpassen. Dennoch finde ich das Schulsystem mit Haupt- Realschule und Gymnasium noch immer einen guten weg. Ich kenne Leute, die sich über die Hauptschule - auf die Realschule gebracht haben und dann aufs Gymnasium und dann ein Traumabitur abgelegt haben.

    Auch ein guter Hauptschulabschluss ist eine Menge Wert. Oder War es zumindest - früher war die Devise - das wurde mir mehrmals aus unterschiedlichen Lagern mitgeteilt. Liebe ein guter Hauptschuler, als ein schlechter Gymnasiast.

    Möglicherweise muss Schule heute Lebensnaher werden .
    Nachhaltiger?! - Ich weiß zwar - was ich ungefähr in der Schule lernte, in welchen Themen, doch vieles ist verblasst. In den Kopf und wieder vergessen. - Nur manchmal, wenn ich ein Quiz oder ähnliches schaue, fallen mir seltsame Antworten wieder ein, wo ich weiß, das war aus der Schule ... .

    Erstmal müssen die den Unterrichtsausfall in den Griff bekommen. Hatten wir das Thema vor einigen Wochen nicht schon einmal.

    Rainer - das habe ich in der Anfangszeit von Myblog schon einmal mitbekommen. - Ich kann noch nicht einordnen ob tragisch oder - gut zum Ende hin. Mit 24- natürlich viel zu früh verstorben. Aber hatte er in den Werkstätten Freunde gefunden. Hattest du bis zum Ende hin immer mal wieder Kontakt zu ihm ?

    Vor einem Papa und seiner Menschenfreundlichkeit ziehe ich meinen Imaginären Hut. - Das haben sie wirklich großarti gemacht: "Papa von der "Rex-Mama"!

    Danke, auch im Namen des "Fertigkartoffelsalat von Aldi" - der würde sich ja auch selbst bedanken, leider kann er nicht schreiben - das wir bei dir im Blog auftauchen durften. Wir fühlen uns geehrt uns sehr geschmeichelt!

    Du - das geht mir aber auch manchmal so, ich sehe einen Schäferhund oder höre von etwas, das in deinem Blog vorkam auf der Straße oder in den Nachrichten - und zack fühlt man sich noch mehr verbunden.


    Liebe - auf weiterhin viele schöne verbundene Jahre, der Blognachbarschaft - Grüße
    Vom lifeminder

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    1. Genau, lieber lifeminder, dieser Satz hatten früher Hand und Fuß, doch das hat man leider kaputtgemacht im Bestreben, dass am besten jeder Abitur machen sollte.
      So hat man alle drei Formen abgewertet und auch die Einser-Flut bei heutigen Abis sollte man mehr als skeptisch sehen, ist die doch genau der Beleg dafür.
      Klar hatte ich mit Rainer bis zum Schluss viel Kontakt, er gehörte ja zur Familie und ich war (mit 9 Jahren) sogar die Erste, die sein Zimmer betrat, als wir ihn tot dort vorfanden.
      Dass er Freunde gefunden hatte, glaube ich gar nicht mal, das Entscheidende war, dass er den anderen leistungsmäßig endlich gewachsen war.
      Erinnerst du dich an Heike?
      So wie ich keine Lust auf Mensch-ärgere-dich-nicht hätte, wenn ich genau weiß, dass der Würfel meines Mitspielers nur Sechser hat, machte es auch keinen Spaß, gegen sie im Sportunterricht antreten zu müssen, weil ja jedem klar war, dass keiner ihr das Wasser reichen konnte.
      So ähnlich hat es sich für Rainer auf der Grundschule vermutlich auch angefühlt, Auftrieb bekam er erst in einer Umgebung, wo er mithalten konnte.
      Und wenn einer bessere Noten aufgrund schlechterer Voraussetzungen bekäme, dann würde sich das für mich genauso anfühlen, als hätte ich einen Job wegen per Frauenquote statt wegen meiner Qualifikation bekommen.
      Und Papa, er war ja mit Leib und Seele Berufsschullehrer und förderte besonders auch die Schwachen, in denen er Potenzial sah. Oftmals saß einer von ihnen bei uns daheim und bekam private Nachhilfe, und enige nahm er sogar mit zu seinen archäologischen Ausgrabungen. Er konnte jede Hand mehr gebrauchen und die Jungs waren weg von der Straße.
      Einer davon, Roland, war geistig wirklich kein Hochflieger, aber ein lieber Kerl. Er schaffte seine Prüfung mit Ach und Krach, aber viel wichtiger, er fand in der Archäologie einen neuen Lebenshinhalt, der für ihn immer mehr an Bedeutung gewann.
      Über die sozialen Netzwerke bin ich bis heute mit ihm in Kontakt - er ist inzwischen ein alter, kranker Mann, aber sein Herz schlägt immer noch für die Archäologie und von Papa schwärmt er in den höchsten Tönen. :-)

      Liebe Kartoffelsalat-und-Schäferhund-Grüße zurück! :-))

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  3. Stimmt schon, da gibts auch nicht viele Gegenargumente an dem was du schreibst "Liebe Rex-Mama"! - Doch das mit der Einserflut sehe ich weniger kritisch wie du, die Wisschenschaft - hat heute viel bessere Lernmethoden wie früher - es gibt Lektüre um alles mögliche zu verbessern. Man kann heute auch leichter nachfragen, nach Erfahrungswerten und Co.

    Klar - Heike hat sich auch bei mir eingebrannt.

    Aber es muss auch stets die möglichkeit geben, sich zu verbessern und auch die Möglichkeit aufzuschließen ob in Schule oder Sport. Denn manchmal brauch der Schwächste auch nur eine gewisse Anlaufzeit um an die Spitze zu gelangen. - Auch die Aufstiegschance muss gegeben sein.



    Aber genau das ist es! Das hat dein Papa erkannt: er hat dem Kerle ein Lebensinhalt gegeben. -- Ich finden deinen Papa auch toll.


    Liebe - heute haben wir neuen Kartoffelsalat vom "Aldi" besorgt - Grüße
    Vom lifeminder

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    1. Ich denke, es ist fast eher andersherum und das ging schon zu meiner Zeit los, denn später stellten wir immer fest, dass Papa wesentlich mehr Vokabeln oder was auch immer parat hatte, weil man sich früher aufs Wesentliche konzentrierte und nach und nach begann sich immer mehr zuverzetteln. Von allem ein bisschen, aber nix richtig, dabei sollte die Schule ein vernünftiges, dauerhaftes Fundament legen, auf das man später aufbauen kann.
      Und was die Einser-Abis angeht, lach, ich habe viel zu viele studentische Arbeiten in Händen gehabt, als dass ich nicht wüsste, was davon zu halten wäre.
      Viele von ihnen sind nicht in der Lage zu einer zumindest in Grundzügen korrekten Rechtschreibung und Zeichensetzung und Argumente logisch auszuformulieren, so dass sie wirklichen Sinn ergeben, fällt ihnen oft ungeheuer schwer.
      Bei uns flossen solche Dinge in die Notengebung mit ein, heute sagt man eher, ja, wenn der Arme es doch nun einmal nicht kann ...
      Was meinst du, wie die dereinst im direkten Vergleich z.B. zu chinesischen Schülern abschneiden werden?
      Mit Rainer und Heike wollte ich darauf hinaus, dass ich diese fast krampfhaften Versuche der Gleichmacherei für sehr ungut halte, denn wenn man alle in einen Topf wirft, leiden sowohl die ganz oben wie auch die am unteren Ende darunter.
      Heike wäre sicher auf einem Sportinternat gut aufgehoben gewesen, wo sie mit ihren enormen Fähigkeiten nicht wie bei uns Außenseiter gewesen wäre und viel besser weiter gefördert hätte werden können, und Rainer hätte sich von Anfang an auf einer Sonderschule viel wohler gefühlt, so wie es ihm dann erst später in der Behindertenwerkstatt vergönnt war.
      Nicht alles, was auf dem ideologischen Reißbrett verführerisch klingt, macht in der Realität auch wirklich Sinn. ;-)
      Und mein Papa, ja, er brannte sowohl für seinen Beruf wie auch für sein Hobby, die Archäologie, und toll war es natürlich, wenn sich beides auf diese Weise verbinden ließ. :-))

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