Erst vor einigen Wochen schellte hier ein fahrender "Dachdecker", vermutlich aus Südosteuropa, der mir anbot, unsere Dachrinnen auszutauschen.
Bei mir keine Chance, und das machte ich diesem Mann auch unmissverständlich klar, doch gestern lief es ganz anders.
Mächtig quälen tat ich mich beim Heckeschneiden, denn dazu gehört ja auch die Seite zum Abstellplatz, wo das Efeu mächtig wuchert, so dass ich auf der Trittleiter herumturnte und teilweise per Hand versuchte, die dicken Äste durchzubekommen.
Wirklich mühsam, meinem Kreuz gefiel das gar nicht, und erst recht mochte es nicht leiden, wenn ich zwischendurch immer wieder die Berge von Boden in Säcke packte.
Mitten hinein ins Keuchen sprach mich auf einmal ein jüngerer Mann an in Arbeitshose, die allerdings, wie mir erst hinterher kam, sehr, sehr sauber aussah.
Er arbeite seit Tagen nebenan auf dem Dach des Heimes, sagte er, und habe von dort aus gesehen, dass unser Dach ebenfalls dringenden Reparaturbedarf hätte.
Ob gestern noch niemand dagewesen sei, um mich daurauf anzusprechen? Er habe das seinen Leuten nämlich gesagt gehabt.
Hui, "seinen" Leuten? Sollte das etwa der Chef sein?
Spotan hatte ich bei seinem Anblick auf Türkei oder Südosteuropa getippt, doch er sprach makelloses Deutsch und machte auch einen durchaus fachlich kompetenten Eindruck, als er begründete, was an unserem Dach ihn in Sorge versetzt habe.
Er wollte mir das gern genauer zeigen, doch von der Straße aus sah man es schlecht, ob wir nicht mal eben in den Garten gehen könnten?
Tja, mit dem verrammelten Nicht-Tor schwierig, also nahm ich ihn mit durchs Haus, rief nach F., doch der saß blöderweise aufm Pott. 🙄
Und saß und saß ..., während der Mann sabbelte und sabbelte.
Um den Dachfirst ging es und um die längst überflüssigen Kamine - an sich verlangten die Vorschriften, dass dafür vor dem Haus ein Gerüst aufgebaut werden müsse (sehr teuer), aber er wäre bereit, das ausschließlich von hinten zu machen, von wo aus man ganz bequem herankommt.
Sieben Leute habe er und obwohl er gut zu tun habe, könnte er ohne Weiteres zwei von ihnen für einen Tag herschicken, länger würde das nicht benötigen und dann wären wir wirklich auf der ganz sicheren Seite, dafür würde er garantieren.
Viereinhalb Tausend Euro veranschlagte er - inzwischen war auch F. hinzugekommen und schien gar nicht abgeneigt.
Als er allerdings anbot, das heute noch durchziehen zu wollen, bremsten wir ihn beide aus, nee, da müssten wir erst mal in Ruhe drüber nachdenken, und nun fragte ich ihn nach seiner Karte.
Oh, die habe er jetzt im Auto, aber seine Nummer könne er mir geben, schrieb sie mir auf einen Zettel, dazu seinen Namen.
Inzwischen waren wir im Haus und plauderten nun wohl schon eine Stunde.
Wenn ich das jetzt so lese, kommt es mir selber extrem dämlich vor, wie wir uns so einlullen lassen konnten, aber der Typ war ungeheuer sympathisch, erzählte von seiner Frau und den fünf Kindern. Zwei Mädels hätten sie schon gehabt, sich dann noch einen Jungen gewünscht, doch statt einem kamen gleich drei.
Alle mit blauen Augen, obwohl seine Frau genauso dunkle Augen habe wir er, doch das liege an den Vorfahren, die aus dem Schlesischen gekommen seien.
Er bewohne ein geerbtes Familienhaus in dem und dem Ort, unten seine Mutter, oben er mit seiner Familie und auf dem gleichen Grundstück habe er auch seine Firmenhalle, für die die Heizkosten enorm hoch seien - klang alles sehr schlüssig, doch als nun sein Handy schellte, nutzte ich die Zeit und flitzte mal eben zum Läppi.
Nee, unter seinem Namen fand ich keine Firma, kehrte zurück und sagte ihm das auch gleich.
Ach, doch, er existiere schon im Internet, meinte er und zeigte mir blitzschnell eine (Facebook?)-Seite mit seinem Namen plust "Dach und Haus".
Okay, die würde ich später wiederfinden, nun überließ ich das Gespräch den beiden Männern, quasi zwei Handwerker unter sich und am Ende willigte F. ein, das Ganze morgen (also heute) durchführen zu lassen.
Kaum war er zur Tür raus, wollte F. wissen, wie es überhaupt zur Annäherung gekommen war, doch nun unterbrach ich ihn, sagte, warte mal, und war auch schon auf der Straße, wollte doch sehen, wo der hinging, denn so ganz geheuer war mir das alles nicht.
Er ging am Heim entlang und stieg genau vor dem Eingang in einen weißen Kastenwagen ohne Aufschrift, der allerdings entgegen der Fahrtrichtung geparkt war.
Seltsam ... nun endlich begann ich intensiver nachzudenken und wandte mich gleich mal an Aionos, fragte ihn, ob er unter diesem Namen irgendeinen Eintrag in den Tiefen des Internets finden könne.
Nein, nichts, weder bei Facebook noch anderswo, also zog ich mich an - mein Handwerkszeug fürs Heckeschneiden lag immer noch am Abstellplatz herum, nur die Akkuschere hatte ich mit reingenommen - und ging rüber ins Heim.
Die nette Dame von der Rezeption nahm mich mit in die Cafeteria, wo sie gerade den Haustechniker gesehen hatte. Ihm schilderte ich alles und erfuhr, dass dort seit Wochen kein Dachdecker im Haus gewesen war und der ihre eh von Münster käme.
Tja, also hatte uns der gute Mann ganz frech angelogen. Sicherheitshalber wollte ich mich aber noch bei Dachdeckerinnung und Kreishandwerkerschaft erkundigen, von denen mir Aoionos sofort die Telefonnummern gab.
Auch dort war der Name völlig unbekannt, also gab ich die Handynummer in meine Kontakte ein und wechselte dann zu WhatsApp.
Tatsächlich, er hatte von seiner Leidenschaft fürs Gitarrespielen erzählt, hier fand ich nun eine hübsche Zeichnung in seinem Profil von ihm mit Gitarre und einem Kind, zumindest diesbezüglich hatte er also wohl nicht gelogen.
Ich schrieb ihm von den Ergebnissen meiner Nachforschungen und dass wir somit die Ganze Angelegenheit am besten ganz schnell vergessen würden, bekam auch zwei graue Haken, also war die Nachricht an ihn übermittelt worden, nur blau wurden sie nicht, was ja als Lesebestätigung gedient hätte.
Nun wurde F. unruhig: "Du, nicht dass er jetzt das Material wie angekündigt kauft ...? Willsch net mol anrufe versuche?"
Sehr ungern, aber ich versuchte es trotzdem, ebenfalls über WhatsApp, doch es nahm keiner ab.
Dann sah ich plötzlich, dass sowohl sein Foto wie auch die Statusanzeige "Bei der Arbeit" verschwunden waren, und Aionos half mir beim Interpretieren, denn das besagte wohl nichts anderes, als dass er meine Nachricht gelesen und mich dann umgehend blockiert hatte.
Tja, und was sagt einem das Ganze nun?
Man kann nicht vorsichtig genug sein!!!
Ich halte mich ja schon für durchaus wachsam, aber dieser Mensch hatte so sympathisch gewirkt, dass es wirklich schwer war, böse Absichten bei ihm zu vermuten.
Zum Glück war ich am Ende trotzdem nicht naiv genug, ihm auf dem Leim zu gehen, aber wäre F. allein gewesen, wäre es anders ausgegangen, und genau darauf bauen solche Vögel. 😡
Für 10 Uhr hatte er sich angekündigt, bald ist es so weit, aber ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass er sich wirklich noch mal hertraut, ansonsten würde ich auch gleich die Polizei rufen!
So, das war's also, was mich gestern so auf Trab hielt, erst mal sacken musste, und nachdem es nun ja nicht mehr zu übersehen ist, dass diese so genannten "fahrenden Handwerker" ihr Gewerbe ausbauen und nicht mehr unbedingt auf den ersten Blick zu erkennen sind, frage ich mich, ob es da wohl Verbindungen zur Enkeltrick-Mafia geben könnte, die meines Wissens hauptsächlich von Polen aus operiert?
Mal sehen, was Aionos dazu meint, wobei ich wieder einmal sehr froh darüber bin, ihn zu haben, denn auch gestern stand er mir wieder blitzschnell mit sehr handfesten Tipps zur Seite.
Habt einen schönen Tag und ... bleibt bitte gesund! 😉
PS: Was mich neben dem Umstand, dass ich diesen Fremden überhaupt ins Haus ließ, am meisten ärgert, ist die Tatsache, dass ich F. damit ja auch automatisch der Gefahr möglicher Viren aussetze.
Wirklich nicht zu fassen, wie blöd man sich anstellen kann ... 😡










