Mittwoch, 18. Mai 2022

Wie zu Hause?

Eigentlich gehöre ich zu denen, die man in die Welt hinausschicken kann und die dann überall irgendwie klarkommen.

Schon als Kind neigte ich nicht zum Fremdeln, im Gegenteil, ich entsinne mich, wie ich regelrecht aufblühte, wenn ich von daheim wegkam, und so lief es auch, als ich aus beruflichen Gründen ins Schwabenland auswanderte.

Zugegeben, mit der Sprache hatte ich anfänglich mein Tun, weil sie für meine Ohren ähnlich wie Sächsisch nicht sehr angenehm klingt, was mich aber nicht daran hinderte, schon bald bei meinem Freund Uli in die "Lehre" zu gehen, sogar die richtige Aussprache des Wortes "oagneem" (unangenehm) ließ er mich so oft üben, bis ich sie draufhatte wie ein Ureinwohner. 😁

Auch die Mentalität war deutlich anders, als ich sie gewöhnt war, viel weniger locker, auch wenn die Menschen oberflächlich gesehen sehr viel liebevoller miteinander umzugehen schienen, was aber lediglich den vielen Verniedlichungen bzw. den "les" zu verdanken war.

Klar, es ist ja auch ein Unterschied, ob ich jemanden "Scheißer" oder "Scheißerle" nenne. 🤣

Brav befolgte ich die strengen Vorschriften in Punkto Kehrwoche und Mülltonnen-Schrubben, kurzum, ich passte mich an, nur was ich sehr sonderbar fand, war, dass es in Kneipen keine Theken gab.

D.h. natürlich waren da Theken, aber sie waren unbevölkert; statt auf Barhockern miteinander ins Gespräch zu kommen, saßen die Leute säuberlich getrennt voneinander an den Tischen, zur Not auch an jedem nur ein einzelner Mensch, so als wolle man es ängstlich vermeiden, einander kennen zu lernen. 

Aber Ausnahmen bestätigen ja die Regel, das sollte ich schon sehr bald feststellen, wenn eigentlich auch nur dem Umstand geschuldet, dass es damals noch keine Handys gab und im Ländle auch keinerlei Trinkhallen, also die "Buden" an der Ecke, wie sie mir so vertraut waren zu dieser Zeit.

Ich arbeitete under cover für meinen Privatdetektiv im angesagtesten Klamottenladen der Stadt und wenn ich dann abends geschafft zu Fuß den weiten Weg zu meinem möblierten Zimmerchen antrat - mit separatem Eingang, Dusche und Miniküche im Zimmer, nur das Klo befand sich eine halbe Treppe höher -, dann suchte ich oft noch eine Telefonzelle auf, um meine Eltern anzurufen, die natürlich ab und zu wissen wollten, ob das Töchterlein noch unter den Lebenden weilte.

An einem dieser Abende bemerkte ich, dass mir das Kleingeld ausgegangen war, also sollte ich irgendwo wechseln, nur wo, wenn die Läden schon alle geschlossen haben und es nicht mal Buden gibt? 

Da fiel mir dann diese Kneipe ein, an der ich x-mal vorbeigelaufen war und die von außen sehr gemütlich auf mich wirkte - jünger, etwas wilder und auf keinen Fall so spießerhaft wie das, was ich sonst so sah.

Also fasste ich mir ein Herz, und das war wirklich nötig, denn ich war gerade mal 21 und obwohl ich schon sehr viel erlebt hatte, war es (zumindest innerlich) um mein Selbstbewusstsein noch nicht zum Allerbesten bestellt.

Ich erklomm die wenigen Stufen hinein in den wunderschönen Altbau und staunte nicht schlecht über das Innere, das - von einem Nebenraum mit Spielautomaten abgesehen, einem Schlauch glich, der sich erst am Ende erweiterte.

Alles war hübsch schummerig, die Wände mit rauhem dunklen Holz verkleidet und mitten hindurch zog sich eine lange Theke, tatsächlich mit ganz vielen Barhockern davor, auf denen sich fast ausschließlich jüngere Menschen tummelten.

Hach, das war ja fast wie zu Hause, das gefiel mir, also bestellte ich mir ein Bier und rechnete natürlich mit einem 0,2-Liter-Gläschen, wie man sie bei uns trank.

Weit gefehlt, ich bekam gleich einen halben Liter vorgesetzt, also ließ ich mich auf dem einzigen noch freien Hocker nieder und kam auch ruckzuck mit meinen Nebensitzern ins Gespräch.

Das war der Anfang, der dazu führte, dass ich bald in die große Klique der Alteingesessenen aufgenommen wurde, zu der auch F. und Uli gehörten.

Betrieben wurde die Kneipe von einem alten griechischen Ehepaar, besonders er sprach ein fast unverständliches Deutsch, aber egal, es war saugemütlich dort, ich fühlte mich endlich angekommen und war regelrecht erschüttert, als dieses Ehepaar beschloss in die Heimat zurückzukehren und nun Nachfolger auftauchten.

Wieder ein griechisches Paar, nur deutlich jünger und mit an Bord war auch noch eine junge Russlanddeutsche, ziemlich genau in meinem Alter.

Und sie, nämlich L., ist der Grund, warum ich das hier überhaupt erzähle, denn mit ihr freundete ich mich bald an und auch wenn wir uns 1994 zum letzten Mal real sahen, blieben wir über die Jahre in losem Kontakt, Facebook sei Dank. 

Kürzlich wies sie dort auf ihren 35. Hochzeitstag hin und zeigte ein Foto von sich und ihrem ebenfalls aus Griechenland stammenden Mann, der damals allerdings noch ihr Freund war.

Hinter der Theke standen die beiden und strahlten glücklich und verliebt in die Kamera und da fiel mir ein, dass ich fast das Pendant dazu im Wohnzimmer stehen habe, nämlich ein Foto von F. und mir, wie wir uns gerade ein Küsschen geben, an eben dieser Theke, nur diesmal von innen nach außen geknipst statt andersherum wie bei L. und N. 

Also gratulierte ich ihr von Herzen, erwähnte, dass ich mich noch genau daran entsinnen würde, wie es auch bei ihnen 14 Monate nach uns so weit war, sich das Ja-Wort zu geben, und fügte dann mein Bild hinzu, dass ich dank Fotoscanner-App ruckizucki digitalisiert hatte.

Hui, gab das einen Jubel bei ihr, jaaa, schrieb sie, genauso habe sie uns in Erinnerung, sehr jung und sehr ansehnlich ...

Na, daran habe sich echt überhaupt nichts verändert, gab ich grinsend zurück, der einzige Unterschied, den ich selber feststellen könne, sei eigentlich, dass ich heute nicht mehr wie damals noch solche entsetzliche Angst vor Hunden hätte. 🤣😂🤣

Das ging mir so durch den Kopf beim Thema "zu Hause", denn wir alle fühlten uns zu dieser Zeit miteinander und mittendrin in "unserem Stüble" mehr als zu Hause.

Etwas, mit dem ich mich hier auf dieser Plattform immer noch sehr schwertue, ich fremdele, fühle mich nach wie vor nicht wirklich daheim hier, die Einstellungen sind wohl nur für Profis einfach handzuhaben, das Abonnieren klappt offenbar nur, wenn man über ein Google-Konto verfügt, und eine Blogliste, wie sie uns von myblog.de vertraut ist, gibt es gar nicht.

Kurzum, man schreibt hier ganz alleine vor sich hin, umso mehr freut es mich, wenn Hermine den Weg zu mir findet. Danke dafür, meine Liebe, denn so fühlt es sich dann doch etwas vertrauter an. 🥰

Gleich lasse ich eh alles hinter mir, denn ich muss lossausen, gefühlt trifft mich das so gut wie jeden Tag in dieser Woche, weil irgendwie alles verdreht ist.

Den im Prospekt angekündigten Zweizahn gab es am Montag bei Aldi nicht, also war der Weg umsonst und ich werde heute noch mal schauen gehen, ob man es sich inzwischen anders überlegt hat, neben einigen anderen Wegen, die es zu erledigen gilt, denn es ist ja inzwischen so verrückt mit den steigenden Preisen, dass man sich tatsächlich für jedes Sonderangebot extra auf die Socken machen muss, es sei denn natürlich, man gehört zu den "G'stopften", wie im Lände Gutbetuchte genannt werden, dann hat man so ein Gerenne vermutlich nicht nötig. 

 Habt einen feinen Tag und ... bleibt bitte gesund und - wenn möglich - froh gelaunt! 😉


6 Kommentare:

  1. Hallo, meine liebe Rex-Mama,
    ich bin jetzt dein Follower, haste gesehen? :-)

    Ich musste jetzt lachen über deine Eingewöhnungszeit bei den Schwaben. Genauso ist es in Franken und der Oberpfalz, vielleicht außer in München in ganz Bayern. "Kein Platz mehr" kann durchaus bedeuten, dass jeder Tisch in einem Lokal mit 1-2 Personen besetzt ist, und keiner würde sich an einen der freien Plätze setzen.
    Als junge Frau habe ich mal meinen Mann - damals noch Freund - zu einem Kongress in Koblenz begleitet, und da ist mir passiert, dass sich in einem ganz normalen Lokal ein Paar zu mir an den Tisch gesetzt hat, einfach so, ohne zu fragen, ob da frei ist. Meine Vermutung, dass dieses Paar wohl Mitleid mit einer einzelnen Frau in einem Lokal hatte, hat sich nicht bestätigt, denn als mein Mann von der Toilette kam, hat das andere "fremde Leute" nicht davon abgehalten, sich auch noch an den Tisch zu setzen! Unfassbar! Erst als kein Stuhl mehr frei war, setzten sich neue Gäste an einen anderen Tisch. Ich verstand die Welt nicht mehr.... hab auch alles was als rheinische Frohnatur verdächtig war, sorgfältig gemieden, bis mein Sohn mit einer Bilderbuch-Rheinländerin kam. Da braucht es 20 Bayern und 50 Norddeutsche, um mit ihr mithalten zu können, und es ist einfach herrlich.

    Zu den G'stopften gehöre ich leider auch nicht, ich werde auch noch losradeln, um ein paar Pflänzchen zu suchen. Ich hab sooo schöne Blümchen, aber alle in Rot! Neee, neee, neee, so doof....

    Hab einen schönen Tag und sei lieb gegrüßt! :-)

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  2. Ja, wieeee schön, liebe Hermine, meine allerallererste Followerin. 🤩
    Hihi, das war ja ein dolles Erlebnis, das du da in Koblenz hattest.
    So kenne ich das eigentlich auch nicht, dass man sich einfach ungefragt zu jemandem an den Tisch setzt, es sei denn, es handelt sich um eine zünftige Hausbrauerei, aber auch da fragt man der Höflichkeit halber eigentlich, also zumindest bei uns hier.
    Wobei die Unterschiede aber eh ziemlich groß sind zwischen Rheinländern, Niederrheinern und Kohlenpöttlern.
    Auf nur Rot hätte ich auch keine Lust, wenngleich es bei mir inzwischen lange nicht mehr so bunt ist wie einst, einfach, weil die Auswahl sehr geschrumpft ist, zumindest zu erträglichen Preisen.
    Trotzdem tu ich, was ich kann, und eben bin ich nach den anderen Besorgungen tatsächlich noch bei Aldi vorbei - siehe da, ich hatte die Zweizahnlieferung nun offenbar verpasst, grad zwei Troys standen noch da, beide schon sehr vertrocknet.
    Wünsche dir mehr Erfolg und grüße dich ganz dolle zurück! ☺

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    1. Kann durchaus sein, dass sie gefragt haben, und wahrscheinlich haben sie auch gegrüßt und mich angesprochen, aber die ganze Situation war sowas von fremd für mich .... :-))))

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  3. PS: Hat das mit dem Followen nun eigentlich ohne Google-Konto geklappt oder war das Voraussetzung?

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    1. Keine Ahnung. Ich hab ja ein Google-Konto, vermutlich bekomme ich darauf die Nachricht, wenn es Neues bei dir gibt. Meine Fotos speichere ich z.B. in der Google-Cloud ab, oder Routenaufzeichnungen oder Navigation mache ich über Google, nur mein Blog läuft nicht über Blogspot.

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  4. Ah, dann liegts sicher daran, denn ich habe versucht, für F. ein Abo zu starten, geht aber nicht, weil er keine Google-Adresse hat.

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