Sonntag, 22. Mai 2022

22. Mai 1933

 An diesem Tag wurden "zwei stramme Hitlerjungs geboren", wie ich einst im Stadtarchiv erfuhr, denn dort fand ich die Geburtsanzeige, die mein Opa für Papa und seinen Zwillingsbruder aufgegeben hatte. 

Auch damals gab es schon Fakenews, die Leute waren völlig falsch über den ersten Weltkrieg informiert worden, hatten aber im Gegensatz zu uns heute nur wenig Möglichkeiten, zu hinterfragen, was man ihnen vorsetzte. (Ähnlich geht es den Menschen in Russland vermutlich gerade, oder?)

Wie dem auch sei, Opa wusste es offenbar nicht besser, in die Zukunft mit all dem Schrecklichen, was sie bringen würde, konnte keiner schauen und mein Papa konnte eh nix dafür, er war einfach nur ein Kind, das wie fast alle später in die Hitlerjugend gesteckt wurde.

Erst heute fällt mir auf, dass wir niemals darüber redeten, ich weiß also gar nicht, ob er dort mit Freude oder eher widerwillig hinging, aber letztlich spielt es keine Rolle mehr, weilt er doch nun schon seit dreizehneinhalb Jahren nicht mehr unter uns. 

Heute wäre er 89 Jahre alt geworden und ich hätte ihn sicher mal auf dem Friedhof besucht, wenn Muttern seine Urne nicht 500 Kilometer weit in die Fremde verschleppt hätte.

Gewollt hätte er das mit Sicherheit nicht, aber es war sein eigener Fehler, sich jedem Reden darüber zu verweigern, also hatte meine Mutter freie Hand, als es dann tatsächlich so weit war, und nun muss er halt in seinem Töpfchen im Schwarzwald herumstehen, immerhin aber mit Blick auf den Kandel.  😉

So lange ich denken kann, wünschte er sich, der Jahreszeit entsprechend, an diesem Tag ein Spargelessen und später Erdbeerkuchen und immerhin spielt wenigstens die Natur mit wie eh und je, denn im Garten leuchten mich bereits dicke Früchte in verführerischem Rot an und auch die Schwalben sausen schreiend durch die Lüfte.

"Zu Vatis Geburtstag tauchen sie auf", sagte meine Mutter oft, "und zu meinem (Ende Juli) sind sie dann wieder weg."

Sehr richtig lag sie damit und als ich mir das Spektakel gerade anschaute, fiel mir auf, dass sie ganz nebenher auch noch pünktlich wie zur Feier des Tages einen Blumengruß schickte, denn die blauen und weißen Glockenblumen, von der ich mir vor langer Zeit Ableger aus ihrem Beet mitnahm, stehen ebenfalls in voller Blüte.

Hier sieht man sie klein ganz hinten unter der Harlekinweide:

 


Und hier noch einmal von Näherem:


Papa hat niemals ein Handy besessen, er verweigerte sich ja der modernen Technik komplett, aber ich bin mir sicher, was ich ihm spätestens zum heutigen Tage aufs Auge gedrückt hätte, nämlich ein Smartphone mit WhatsApp darauf.

Gestern Abend meldete sich mein Bruder dort mit "Da bin ich wieder ..." zurück, nachdem er den freien Samstag dazu genutzt hatte, sich ein neues Telefon zu besorgen, weil das alte ja den Geist aufgab.

Das freut mich sehr, denn in diesen paar Tagen merkte ich doch, wie sehr man sich daran gewöhnen kann, mit nur einem Klick sehen zu können, ob es dem anderen gut geht.

Sofern man die Funktion aktiviert hat, ist ja für jeden Kontakt sichbar, wann man zuletzt online war, und wer weiß, vielleicht könnte meine Mutter noch leben, hätte ich sehen können, dass es am Morgen noch keine Aktivität bei ihr gegeben hatte. 

Auch bezüglich meiner Schwester ist mir das immer eine große Beruhigung.

Sie sind nun seit mehr als 300 Tagen mit ihren Rädern auf Europatour, düsen inzwischen im fünfzehnten Land herum und befinden sich zurzeit in den Niederlanden, gar nicht weit von  ihrem Wohnort entfernt.

Nur sehr selten habe ich einmal persönlichen Kontakt zu ihr, aber so lange ich bei WhatsApp und Instagram sehe, dass sich etwas rührt, ist alles okay.

Wobei ich keine Ahnung habe, was nun aus dem noch angedachten Abstecher nach Skandinavien wird.

Ursprünglich sollte das Ganze ja eine richtige Weltreise werden und auch Asien sowie die USA und Kanada beinhalten, aber da hat ihnen Corona einen dicken Strich durch die Rechnung gemacht, was ihrer Erlebnisfreude aber keinen Abbruch zu tun scheint.

So weiß ich also alle meine Lieben gut beisammen und sogar bei Rex gab es gestern eine postive Entwicklung, zumindest hoffe ich das.

"Du, des fühlt sich irgendwie rauh an jetzet ... guck du doch bitte amol danach", sagte F. am frühen Abend zu mir und sogleich machte ich mich ans Untersuchen.

Wirklich etwas sehen konnte ich nicht unter dem dichten Fell, aber ich fühlte es auch deutlich, da hatte sich ein Schorf gebildet und nun merkte ich auch, dass die Schwellung am Kiefer merklich zurückgegangen war.

Offenbar ist das Ding also nach außen aufgeplatzt, das Beste, was geschehen konnte, denke ich und nun reibe ich ihm die Stelle ab und zu mit Panthenolsalbe ein und baue einfach mal ganz dolle darauf, dass es das dann war und wir noch einmal mit einem blauen Auge davongekommen sind.

Aber natürlich werde ich es weiter intensiv beobachten, vor allem auch genau aufpassen, ob und wie viel Freude er am Fressen hat.


Habt einen schönen Sonntag und ... bleibt bitte gesund! 🙂


4 Kommentare:

  1. Dein Garten sieht recht ordentlich aus im Gegegnsatz zu meinem. Es ist viel Unrat zu beseitigen, den ich nicht abtransportieren kann, weil mir das Auto dazu fehlt. Jetzt hoffe ich auf die kommende Woche. Lieder werde ich noch immer vom Heuschnupfen geplagt. Das gefällt mir zwar nicht aber das läßt sich nicht ändern. Heute war ich in der alten Heimat und habe einen Gang über den Friedhof gemacht.

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    1. Das mit dem Auto ist ja wirklich ärgerlich. Sind das denn allgemeine Altersbeschwerden oder ist was Größeres kaputt?

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  2. Hallo, liebe Rex-Mama,
    ich habe deinen Beitrag gelesen, bin dann aber weg, und als ich wieder zurückkam und den Läppi anwarf, hat mich Rex auf myblog angeguckt :-)

    Die Geburtstage der Eltern vergessen wir wohl unser Lebtag nicht, und je älter ich werde, umso mehr denke ich über ihr Leben nach. So viele "was, wann, wo", "wenn, hätte, wäre", "warum" und so viele unbeantwortete Fragen, die ich früher nicht gestellt habe.

    Deine "Erinnerungsblümchen" sind schön und gedeihen hoffentlich weiterhin.

    Und dann hoffe ich natürlich mit dir, dass diese Geschwulst bei Rex kein Tumor war und dass er wieder gesund ist.

    Heute konnte ich übrigens vier Erdbeeren pflücken, und da die junge Familie krank ist, hatte ich keine Erntehelfer :-)
    Sie waren letztes Wochenende in München zur Konfirmation einer Nichte, und ein paar Tage später war die Konfirmantin positiv. Jetzt, seit heute, haben beide Enkel und meine Tochter Corona-Symptome, aber der Test ist (noch?) negativ. Mal sehen ...

    So, jetzt verlassen wir also diese Plattform wieder und wackeln zu myblog ;-)

    Liebe Grüße!

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  3. Lach, liebe Hermine, das ist jetzt echt bissl verrückt alles mit diesem Hin und Her, aber genauso machen wir das. Wenn's drüben läuft, dann dort, ansonsten eben hier. 😉
    Gratuliere zur reichen Erdbeerernte, auch wenn mir das mit den erkrankten Helfern natürlich leid tut.
    Hoffe, sie haben nur leichte Symptome?

    Liebe Grüße zurück und hab einen schön entspannten Abend! 🙂

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