Freitag, 17. Oktober 2025

Wie die Spuren verwehen

 Darüber denke ich nach, seit ich vorgestern zufällig und mit einem halben Jahr Verspätung vom Tod meines Lieblingsonkels erfuhr.

Und was ich mich auch frage, ist, ob mit dem sich wandelnden Bild der Geschlechterrollen ausgeprägte Persönlichkeiten, allen voran die klassischen Patriarchen, verschwinden?

Dieser hier war mein Urgroßvater:


 Er starb bereits 1945, nicht einmal sein einzig noch lebendes Enkelkind, nämlich die Schwester meiner Mutter, kannte ihn noch und mein Cousin, dessen Uropa er ja genauso war wie meiner, hatte noch nie von ihm gehört, wusste bis vor drei Tagen ja nicht einmal Näheres über unsere gemeinsame Oma, also die Tochter jenes Herrn auf dem Foto.

Und  dieser hier war mein Opa väterlicherseits: 


 Acht Kinder machte er meiner Oma, eines starb sehr früh, aber alle anderen entwickelten sich prächtig und sorgten ihrerseits emsig für weitere Nachkommen, doch was bringt ihm das heute noch?

Klar, seine Gene werden weitergetragen, immer mehr mit anderen vermischt, aber ... vermutlich bin ich der einzig noch lebende Mensch, der noch Erinnerungen an ihn hat, und ich gehe jede Wette ein, dass die Kinder meiner Geschwister und Cousins und Cousinen nicht einmal mehr zu sagen wüssten, wer ihr Urgroßvater war - gestorben und vergessen, so schnell geht das, wenn sich keiner mehr interessiert. 

So ist er halt, der Lauf der Dinge, und letztlich sind wir eben auch nichts anderes als Säugetiere. So, wie es der Kuh am Methangas ausstoßenden Allerwertesten vorbeigeht, welcher Bulle sie gezeugt hat, ist es den meisten von uns auch völlig wurscht, wer und was vor uns war. 🙄

 

Übrigens hatte ich gestern etwas vergessen zu erwähnen, als ich vom Frühstück bei A. erzählte.

Die Themen gingen ja kreuz und quer, am Tisch unterhielt ich mich mit A., hinter mir hatte die Tochter auf dem Boden ihre ganzen Schminkutensilien in einer langen Reihe aufgestellt und zwischen allem turnte der Kleine herum.

Der nächstes Jahr sechs wird und in die Schule kommen soll.

Den Test hat er offenbar insofern bestanden, alsdass man ihn für reif genug hält, doch an seinen Deutschkenntnissen hapert es, vermutet A. zumindest, denn er ist ja nicht bereit zu zeigen, wie viel er versteht und auch sagen kann.

"Warum redest du denn nicht immer Deutsch mit ihm?", wandte ich mich nun an B., also die Tochter, die mich daraufhin mit ganz großen Augen ansah, offenbar ist es also wirklich unvorstellbar für sie, im Familienrahmen Deutsch zu sprechen.

Woran mag es liegen?

Wenn ich an mich selbst zurückdenke, ich hätte ab einem gewissen Alter z.B. niemals ein Lied vor meinen Eltern gesungen und empfand es auch als genauso peinlich, wenn meine Mutter eines anstimmte. Wenn sie erzählte, wie sie gemeinsam mit Papa am FKK-Strand war, wäre ich vor Scham am liebsten im Erdboden versunken, da gab es also in vielerlei Hinsicht eine Sperre zwischen uns.

Bei der Tochter wäre Ähnliches denkbar, allerdings ist der Lütte eigentlich noch zu klein dazu, also könnte es vielleicht an dem liegen, was die beiden zweimal in der Woche im Islamunterricht eingetrichtert bekommen? Womöglich schuldet man den Eltern so viel Ehrerbietung, dass die Wahrung von Traditionen und eigener Sprache unbedingt dazugehören?

Mal abwarten, ob sich da noch mehr herausfinden lässt, denn A. kann sich ja auch keinen Reim darauf machen und würde sogar wollen, dass die Tochter Deutsch mit ihr redet, um es mehr zu üben.

Zu dieser sagte ich nun: "Ja, wie soll er es denn sonst lernen? Du bist doch die Einzige, die ihm helfen kann, damit er es in der Schule nicht so schwer haben wird."

Was sie immerhin nachdenklich zu machen schien ...

 

So lief es früher übrigens auch mit meinem Bruder und seiner Familie, oft wurde ich trotz der Entfernung mit einbezogen, was aber im Laufe der Jahre immer weniger wurde und jetzt so gut wie bei Null ist.

Gestern erfuhr ich z.B. nur durch die sozialen Medien, dass die sich gerade in Paris aufhalten. 😟

 

Umso mehr geht es mir ans Herz, dass A. vor einiger Zeit mal zu mir sagte: "Du gehörst zur Familie", denn genauso fühlt es sich bei unseren Zusammentreffen zunehmend an. 🥰

 

So, und jetzt muss ich hurtig los zum Einkaufen, bin sehr gespannt, ob Netto den Nackenbraten aus dem Angebot noch vorrätig hat, denn ich würde sehr gerne mal wieder einen Sauerbraten einlegen.

 

Habt einen schönen Tag und ... bleibt bitte gesund! 😉 



 

 

4 Kommentare:

  1. Ich bedauere, daß unsere Familie nicht mehr den Kontakt hat wie früher. Immer mal wieder kamen sie zu Besuch. Ganz gerne wurde selbst gebackenes Brot gereicht und dazu Wurst aus der eigenen -Schlachtung. Ich erinnere mich noch gerne als ich bei meinem Onkel in den Ferien zu Gast war. Das war Abenteuer pur, denn mein Onkel arbeitete in einem Betonwerk.
    Ich bin mal gespannt wie lange denn noch hochqualifizierte Fachkräfte kommen. Es wird dann enden, wenn diese Herrschaften NICHT mehr alimentiert werden. Ich setze noch große Hoffnung auf die Einführung des Digitalen Euro mit der Abschaffung des Bargelds.
    KI sorgt dafür, daß die Zahl der Erwerbslosen steigt und es zu einem Bürgerkrieg kommt. 1929 lässt grüßen. Die Bundeswehr wird im Inneren eingesetzt. Für abgelehnte Asylanten gibt es ja auch ein Schlaraffenland früher hieß es mal Deutschland.

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    1. Ja, es ist schade, wenn sich Familien buchstäblich auflösen.
      Die Horrorszenarien, die uns drohen, hat Orwell ja eigentlich schon beschrieben.
      Ich fürchte, die Demokratien haben sich mit ihrer Doppelmoral selber ad absurdum geführt, weltweit verlieren sie an Bedeutung und das Recht des Stärkeren hält wieder Einzug.
      China dominiert bereits Asien, ist auf dem besten Wege, dies auf der ganzen Welt zu tun, dicht gefolgt von Indien - die USA spielen (noch) eine wichtige Rolle aufgrund ihrer militärischen Stärke, wie dein Freund Putin mit seinen imperialen Gelüsten ins Spiel passt, muss sich noch zeigen, aber Europa muss höllisch aufpassen, will es nicht immer weiter in die Bedeutungslosigkeit abrutschen, womit es dann allerdings auch für Migranten immer uninteressanter werden dürfte.

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  2. Hallo, Liebe "Rex-Mama"!

    Dein Urgroßvater sieht echt schnieke aus.
    Ein wenig Familienwissen schadet offenbar nicht. Aber ob ich mich je hinsetzen werde meine Ahnen zu erforschen, versprechen kann ich es nicht.

    Bei so einem Islamunterricht würde ich gerne mal hinter die Fassade blicken. Ganz Neutral ohne Vorurteil - einfach mal guggen was genau - wie das gelehrt und gelernt wird.

    Wieso redet denn eigentlich nicht "A" mit ihrer Tochter einfach deutsch, wenn sie es tut, bleibt ihr irgendwann kaum was anderes übrig? (kleiner spontaner Einfall am (Blog-)Rande.

    Bei uns lebt die Famlie gerade ein wenig wieder auf.
    Zu dem was mal wahr natürlich auch kein Vergleich aber immerhin.

    "A" und Du ihr wirkt wirklich familiär. - Wobei ich über "A" staune, sie wirkt in jedem Blog etwas offener wie zuvor - das ist sicher auch deinem Einfluss geschuldet.
    Ob du wohl "M" je wieder zu Gesicht bekommst?

    Ich sing bis heute nicht gern vor anderen. Nur wo das seltsamerweise keine Rolle spielt bei meinen 3 bis 6jährigen - da gibt es ab und an auch mal was mit singen. Wovor ich mich nicht drücken kann.

    Nackenbraten hört sich auch gut an. Hoffentlich konntest noch einen sichern? - "F" würde sich sicher auch freuen!



    Liebe - 3 Uhr fünfundzwanzig ich muss nun ins Bett sonst werd ich ranzig" - Grüße
    Vom lifeminder

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    1. Bei mir geht es ja seit jeher ums Verstehen-Wollen, lieber lifeminder.
      "Es ist halt so" oder gar "ich bin halt so" haben mir noch nie gereicht, denn alles hat ja seinen Grund und beruht auf Entwicklungen, d.h. ich kann den Status quo nur verstehen, wenn ich begreife, warum es dazu kam, und nur dann kann ich, wenn nötig, gezielt etwas daran verändern.
      Woran lag es, dss meine Mutter mich derart klein hielt, mich wie eine Arbeitsmagd behandelte und mir immer wieder klar machte, wie dumm und hässlich ich doch sei?
      Das war nicht Bösartigkeit, sondern sie übernahm völlig unreflektiert das Verhalten ihrer eigenen Mutter, bei der es natürlich auch nicht von ungefähr gekommen war.
      Ich schreibe ja oft von diesen Teufelskreisen, die sich auf diese Weise über die Generationen fortsetzen - auch in der Familie von Mutters Bruder sehe ich es ja gerade -, und genau das passiert eben, wenn man alles einfach als gegeben hinnimmt, statt es und auch sich selbst gründlich zu hinterfragen.
      Mal ganz abgesehen davon, dass die Toten noch nicht ganz so tot sind, so lange sich noch jemand mit ihnen befasst. ;-)
      A. macht das manchmal sogar, also dass sie Deutsch mit der Tochter redet, aber diese antwortet dann stur auf Türkisch, wobei ich vermute, dass sie selbst gar nicht so genau weiß, warum sie das tut.
      M. - keine Ahnung, ich denke, ich bin halt auf den niedrigeren Rang abgerutscht, den Frauen traditionell in seiner Kultur haben, und von daher als Sprachlehrerin irgendwie nicht mehr akzeptabel, zumal ich ja auch noch Atheistin bin und damit dann letztlich gar nichts mehr wert. 🙄
      Das Singen, seufz, ich konnte es früher sogar ziemlich gut, sang im Alt des Kirchenchores, war vor allem absolut tonsicher, trotzdem hätte ich es vor meiner Mutter nie gemacht, weil sie mir auch diesbezüglich einredete, dass sie es - natürlich - deutlich besser konnte als ich.
      (Siehe oben, die Grundsteine für so vieles werden eben schon in unserer Kindheit gelegt. ;-))

      Beim Braten liegt die Betonung auf sauer, denn auch wenn man Sauerbraten meist aus Rindfleisch macht, geht es genauso gut mit anderem Fleisch und an diesem Sonderangebot mochte ich nicht vorbeigehen. ;-)

      Liebe Ein-ranziger-lifeminder-wäre-wahrlich-nicht-gut-Grüße zurück! :-)))

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