Das Haus im Schwarzwald ...
... war verkauft und wir überlegten, was wir nun mit dem Geld anfangen könnten, wohin sollte unser Weg uns führen?
Dann fiel mir eine Anzeige in die Finger, ein Haus an einem Fjord in Norwegen mit reichlich Land und etlichen Ferienhütten. Finanziell wäre es hingekommen und ich war rundum begeistert, bis dann die "ja abers" kamen. Norwegen gehörte nicht zur EU, also war es nicht ganz so einfach mit dem Auswandern, zumal auch die Informationsbeschaffung schwierig war, denn vom Internet waren wir noch weit entfernt.
Ich selbst sprach zu dieser Zeit noch fließend Englisch und hätte sicher auch Norwegisch sehr schnell gelernt, doch bei F. sah das genau andersherum aus, vermutlich hätte ich für alle Zeiten als Dolmetscher herhalten müssen und aus heutiger Sicht war es richtig, von diesem Plan Abstand zu nehmen, denn F. ist so gar nicht der Typ für eine Selbstständigkeit, es wäre viel zu viel an mir hängen geblieben.
Auch mit dem Haus an der Ostsee klappte es leider nicht und so landeten wir schließlich hier in meiner Geburtsstadt, von mir aus ohne große Begeisterung, aber immerhin sah ich den Vorteil, hier ja reichlich Familie zu haben.
Was sich dann als Trugschluss herausstellte, denn inzwischen sind wir ja mutterseelenallein hier und so gönne ich mir manchmal, an Tagen wie dem gestrigen z.B., den Traum von Norwegen und stelle mir vor, wie herrlich es sein müsste, wenn einem die lieben Mitmenschen nicht ständig viel zu nah auf die Pelle rückten.
Ob sie nun ins Allerheiligste, nämlich das Schlafzimmer, eindringen und einen mal eben um richtig viel Geld erleichtern, ob sie sich nächtens in unserem Garten herumtreiben oder ob sie ihren Müll einfach in unsere Hecke stecken und mitunter sogar einen ganzen E-Roller - die Räder berührten gerade noch den Boden, der Rest von dem Ding steckte komplett in der Hecke und ich kann es kaum sagen, wie sehr ich diese Teile hasse, die inzwischen überall herumstehen, meist mitten im Weg. 😡
Um meinen Rundgang zu starten, musste ich bis halb zehn warten, leider, denn ich wäre viel lieber wieder daheim gewesen, bevor die Mittagshitze unterträglich wurde, aber ... A. hat sich damals beim Vorstellungsgespräch diese Zeit ausbedungen, was der Apotheker hinnahm, aber mit deutlichem Hinweis darauf, wenn es dann ans nächste, größere und bezahlte Praktikum ginge, müsse sich das ändern, denn er erwarte, dass seine Mitarbeiterinnen um halb neun vor Ort seien.
Inzwischen weiß ich, dass sie das durchaus auch so hätte schaffen können, aber sie zieht es vor, vom Kindergarten aus erst noch einmal nach Hause zu gehen und zu frühstücken, bevor sie zur Arbeit bereit ist. 😅
In der Apotheke lief die Klimaanlage, es war angenehm kühl, A. kam hinter der Theke hervor, um mich zu umarmen, und es fiel ihr wohl selber auf, dass der Kontrast kaum größer hätte sein können.
Ich trug eine Caprijeans und dazu eine ärmellose Bluse aus indischer Baumwolle, lang und flatterig, so dass auch von unten genügend Luft an mich herankam, während sie diesmal ein besonders auffälliges schwarzes Kopftuch aufhatte, das hinten weit über ihren Rücken fiel. Dann eine weite Hose, darüber ein langes, helles Frotteehemd mit selbstverständlich langen Ärmeln, gekrönt von einem offenstehenden weißen Kittel und unten natürlich feste Schuhe, denn es kann ja gar nicht angehen, dass jemand einen ihrer Zehen nackt sähe. 😲
Trotz der Kühle im Raum begann ich allein von diesem Anblick zu schwitzen und sie selbst meinte dann auch zu mir: "Ich weiß, sieht komisch aus, aber ..." 🙄
Unfassbar, was diese Frauen sich von Religion und Jahrtausende alten männerdominierten Tradtitionen antun lassen, und in diesem Gefühl wurde ich noch bestärkt, als ich nach einem ordentlichen Fußmarsch die Frauenarztpraxis betrat, die ja zum Jahreswechsel von meiner alten Ärztin an eine Nachfolgerin arabischen Ursprungs abgegeben wurde.
Die Frau hinter dem Empfang und ich waren die einzigen, die nicht verhüllt waren, alle anderen, also sowohl Patientinnen wie auch Mitarbeiterinnen trugen mindestens den Hidschab, teilweise aber auch den den "Al-Amira".
Letzteres galt für die Ärztin selbst, die ich, während ich wartete, kurz durch den Gang huschen sah, und die Mitarbeiterin, die ihr hinten hilft, war von Kopf bis Fuß in wallende braune Tücher gepackt.
Innerlich musste ich mich zwicken, denn kurz überkam mich das Gefühl, jesses, du bist gar nicht in Deutschland, du träumst das nur und bist in Wirklichkeit im Urlaub in Tunis oder Riad, aber dann wurde mir natürlich klar, dass ich hellewach war und mich bis vor fünf Minuten auch noch mitten in Deutschland befunden hatte.
Auf meine Frage, ob die Praxis denn telefonisch überhaupt nicht mehr erreichbar wäre, erfuhr ich, doch, das seien sie, offenbar wäre der AB falsch eingeschaltet.
Hm, und das dann gleich über etliche Tage hinweg? 🙄
Einen Termin bekam ich, wenn auch erst für Mitte August, ausgerechnet am Todestag meines Schwiegervaters, und ich habe mir vorgenommen, hinzugehen und mir das alles erst mal gründlicher anzuschauen.
In erster Linie will ich die Ergebnisse wissen, die letztes Jahr bei der Probenentnahme herauskamen, denn tatsächlich bin ich danach ja nie wieder dagewesen.
Ob ich mich auf mehr einlasse, werde ich dann entscheiden, denn so ganz geheuer ist es mir bei einem so heiklen Bereich nicht, wenn die gesamte weibliche Belegschaft eine so deutlich andere Vorstellung vom Frausein hat als ich. 🙄
Bis zum Abend wurde es dann derartig heiß und nicht das kleinste Lüftchen regte sich, dass ich irgendwann schon froh war, wenn eine Fliege mein Gesicht oder die Arme umkreiste, denn ihren Fahrtwind spürte ich deutlich. 😂
Die Nacht wurde bei konstanten 36° im Schlafzimmer sehr kuschelig, natürlich kam man kaum ans Schlafen und so musste ich mich um fünfe sehr zum Aufstehen zwingen, egal wie müde ich noch war, denn es überwog die Chance, jetzt vielleicht noch ungestört mit Rex laufen zu können, zumal ich wusste, dass spätenstens um halb sechs der Typ mit den zwei großen Hunden auftauchen wird, der merkwürdigerweise immer in unsere kleine Grünanlage geht, obwohl er aus der Richtung kommt, in der man herrlich weit mit den Hunden durchs Grüne marschieren kann.
Mein Plan ging nicht auf, denn kaum öffnete ich die Haustür, sah ich zunächst auf "Halefs" Bus und dann von rechts den älteren Mann mit seinem Yorkie ankommen, der auch nie weiter als bis zur Grünanlage geht. 😟
Und wieder träume ich von Norwegen oder jedem anderen Ort auf der Welt, wo es nicht derartig von Menschen wimmelt, wo es weniger (fundamentale) Religion, überhaupt von allem etwas weniger gibt ...
Vergeblich natürlich, und da ich es eh nicht ändern kann, habe ich mich dann um sieben Uhr gleich aufs Rasentrimmen und Blumenwässern gestürzt - gut so, denn inzwischen haben wir schon wieder 37 Grad und es soll ja noch heftiger kommen.
Bleibt zu hoffen, dass uns die für den Abend angekündigten Gewitter nicht so arg treffen, dafür aber die Wassertonnen wieder füllen.
Passt gut auf euch auf bei dem Wetter und ... bleibt bitte gesund! 😉