Sonntag, 7. August 2022

Im Archäologischen Park in Xanten

 Nachdem ich vergeblich an die Pforten des Xantener Domes geklopft und mich zu einem der Haupteingänge des Parkes durchgefragt hatte, war es geschafft, ich hatte 9 Euro Eintritt bezahlt, war nun endlich drin und fand mich nach dem Verlassen der Kassenhalle in direkter Nähe des Amphitheaters wieder, das man zu einem ordentlichen Teil wiederaufgebaut hat:


Als ich so auf den Rängen stand und die Arena langsam umrundete, musste ich an einen Tag vor vielen Jahren zurückdenken.

Wir wohnten noch in Stuttgart, waren für einige Tage bei meinen Eltern zu Besuch und verbrachten einen von ihnen hier im APX.

Etwa dort, wo ich jetzt stand, hatte ich mich mit den Eltern befunden, während F. sich, wie er das so gerne machte, abgeseilt hatte und die unterirdischen Gänge der Arena auf eigene Faust erkundete.

Genau wie jetzt war alles fast menschenleer und während wir dort oben herumstanden, lief gegenüber auf einmal F. durch einen der Zugänge ein, so einsam und tapfer wirkte er, dass eigentlich nur noch der Kampfwagen unter seinen Füßen fehlte, und da dieser Anblick auch meinen Papa beeindruckte, hob er die Hand zum römischen Gruß und rief ganz laut:

"Heil dir, xxxxxius!" 

Was F. dort unten als einsamer Kämpfer in der Arena mit tiefer Befriedigung zur Kenntnis nahm und bis heute nicht vergessen hat. 🤣

Bald darauf, nämlich im Sommer 1991, wurde "Wetten dass" live aus dieser Arena gesendet, was uns natürlich sehr berührte, waren wir doch kurz zuvor noch selber dort gewesen.

Dann sangen die Scoripions ihr "Wind of Change", Gänsehaut pur und seitdem ist dieses Lied für uns untrennbar mit Xanten verbunden.

Sobald es irgendwo ertönt, sagt F.: "Xanten!", und einen Moment später dann "Heil dir, xxxxius!", wodurch natürlich auch mein verstorbener Papa fest zu dieser Gedankenverbindung gehört. 😥

So, wie es auf dieser Tafel zu sehen ist, kannte ich die Anlage übrigens als Kind und erinnere mich sehr gut an die steinernen Sockel, die dort in der Gegend herumstanden, auch wenn ich mir damals noch nicht vorstellen konnte, dass sich auf ihnen einst Zuschauerränge befanden, wie es ja nun heute auch wieder der Fall ist:


Außerhalb des Theaters bewunderte ich noch kurz die alten Gerätschaften, denn dumm waren die Römer ja wahrlich nicht:


Dann wandte ich mich - entlang einem Wachturm der Stadtmauer, die nur teilweise wiedererrichtet und ansonsten durch Hecken symbolisiert wird - der kleinen Siedlung zu, in der man neben einer Taverna auch römisches Wohnambiente bewundern kann:


 Die Speisekarte:
Die Speisekarte


Durch ein Fenster konnte ich in ein typisches Schlafzimmer schauen, mit drei breiten Betten, groß genug für entweder sehr dicke oder aber jeweils für zwei Menschen:

Hier hätte ich mir gewünscht, die, die uns heute regieren, würden den Park ebenfalls mal besuchen, obwohl mir natürlich klar ist, dass die im Gegensatz zu mir über genügend Geld verfügen, sich bei ihrem Jahresurlaub nicht auf einen einzigen Tag beschränken zu müssen:

Immer wieder viel Freude machen mir auch die Latrinen, die mich übrigens sehr an die erinnern, wie ich sie in der einstigen Sowjetunion kennen lernte:


Sehr viel hat sich da auch nach fast 2000 Jahren nicht verändert, scheint mir, auch wenn die Römer beim Spülen sehr viel umweltbewusster umgingen, aber dazu gleich noch mehr:



Hier ist dieses Schild noch mal in größer zu sehen, auch was Graffitis angeht, ist es also immer  noch das Gleiche, es wird beschmiert, was nur geht:


 

Und auch das Geschriebene hat nichts an Aktualität verloren, wie z.B. dies her:

"Es lebe jeder, der liebt! Weg mit dem, der die Liebe nicht kennt! Und zweimal weg mit jedem, der die Liebe verbietet!"

Oder "Ich staune, Wand, dass du nicht zerfallen bist, da du so viel Blödsinn von Schreibern ertragen musst!" 😄

Hier las ich nach, wie umsichtig man damals mit dem Badewasser verfuhr, indem man es für die Klospülung benutzte, auch wenn das anschließende Einleiten in den Rhein weniger clever klingt:

 


 Dann ging ich andächtig durch den dazugehörigen Baderaum und stellte mir Lucius und Flavia vor, wie sie einst in die Wanne stiegen. 😋

Hochinteressant zu lesen fand ich dieses Schild hier, das sehr gut erklärt, wie die experimentelle Archäologie funktioniert, die man dort betreibt:



Und schon war ich wieder unterwegs, auf diesem Plan kann man es vielleicht ganz gut nachvollziehen, welche Wege ich ging.

Vorn sieht man das runde Amphitheater, von dem aus ich zur Siedlung gegangen war und nun machte ich mich auf die Suche nach dem Tempel, den man ein Stück höher am rechten Rand sieht:

 (Meinen Papa veranlasste eben dieses Bild übrigens damals zu einer etwas jecken Phantasie, denn er meinte allen Ernstes zu mir: "Das muss schon toll gewesen sein, bevor der Rhein dann sein Bett verlagerte. Wenn die Römer dort mit ihren Schiffen angefahren kamen, erst der Tempel, dann das Amphitheater und im Hintergrund auch noch die Dom-Spitzen ..."
Nach einem mehr als fragenden Blick von mir bemerkte er dann seinen Irrtum und sagte: "Okay, den Dom gabs damals natürlich noch nicht, dafür haben sie ja andere tolle Sachen gesehen.") 🤣

Warum ich trotz der gewaltigen Höhe der wiedererstellten Tempel-Fragmente danach suchen musste, darauf komme ich gleich noch, denn zunächst einmal fand ich ihn ja:


Dieses Thema konnte ich also nun abhaken, aber wo war denn bloß das verflixte Stadttor geblieben?

Schon x-mal bin ich in diesem Park gewesen und jedes Mal war es schon von Weitem sichtbar, eigentlich sogar von überall her, aber dem war nun nicht mehr so, ich konnte es einfach nicht entdecken.

Hintergrund ist, dass die Römer ihre Städte ja sehr systematisch und perfekt durchdacht anlegten.

Die Straßen kreuzten sich im rechten Winkel und während man nach hinten raus hübsche Gärten hatte, zogen sich zumindest in Xanten zur Straße hin "Bürgersteige" hin, die durchgehend überdacht waren, wobei diese Bedachung natürlich von Säulen gestützt wurde.

Nach und nach gräbt man immer mehr aus, aber im Moment besteht ein großer Teil des wirklich riesigen Parkes aus Grünflächen und dort, wo ehemals die gepflasterten Straßen verliefen, befinden sich nun Schotterwege, alles im gleichen Raster, wie es ehemals war.

Die Ränder dieser Wege hat man alleeartig mit unendlich vielen Bäumen bepflanzt, jeder steht stellvertredend für eine der Säulen, die einst die Vordächer trugen.

Da der Park über die Jahre kontinuierlich gewachsen ist, kann man an der Höhe dieser Bäume gut erkennen, mit welchem Teil man anfing und was dann im Laufe der Zeit noch hinzukam.

Im ältesten Teil war ich gerade unterwegs und deshalb hatte ich solche Mühe, den Tempel und dann auch das große Stadttor wiederzufinden - die Bäume sind halt ordentlich gewachsen.

Dieses Stadttor erinnert mich seit jeher an einen Klassenfahrt nach Trier, wo wir selbstverständlich auch die Porta Nigra besichtigten, auch wenn dieses hier in Xanten vermutlich etwas weniger wuchtig ist.

Es befindet sich an der hinteren Querseite von Colonia Ulpia Traiana, das wusste ich noch genau, also hieß es nun, im rechtwinkligen Zickzackkurs diese Richtung einzuschlagen, denn irgendwie musste ich es auf diese Weise finden.

Verdammt weit war das, die Sonne schlug inzwischen mit voller Wucht zu, aber immerhin wehte ein ständiges Lüftchen, das sogar die Haare fliegen ließ, nur stand sie leider so blöd, dass es mir kaum einmal gelang, im Schatten zu laufen.

Sogar ein kurzes Päuschen musste ich in ohne jeden Schatten verbringen, aber immerhin auf einer steinernen Bank und sogar mein Trinkfläschchen hatte noch nicht zu kochen begonnen. 

Dann endlich ein erster Blick auf das Stadttor:


 

Und irgendwann stand ich auch wirklich davor:


Nun war die große Frage, ob ich mir wirklich die ekelhaften Treppen zumuten wollte.


Sehr hohe Stufen und sehr steil, weil damals Treppenabsätze noch nicht üblich waren.

Wollte ich mir das wirklich über drei Etagen antun, zumal da ja auch noch der Weg nach unten war, der mit mit dem noch immer etwas wackeligen Sehen nicht besonders verlockend erschien. 🙄

Und doch, ich tat es, einfach weil ich die Aussicht von oben genießen wollte, denn hier im Flachland kommt man in einen solchen Genuss ja nicht allzu oft.

Und das war er, der Ausblick:


Hier auch noch einmal gut erkennbar die akurat gesetzten Reihen von Bäumen, von denen ja jeder wie gesagt eine Säule symbolisiert, die dort einst stand.

Nach unten zog ich es vor, ganz langsam und vor allem rückwärts zu klettern und legte dann noch auf einer der Etagen eine kleine Pause ein, um mir die Technik anzuschauen, mittels derer das Tor über lange Eisenketten geöffnet und geschlossen wurde:


Auf dem vorletzten Foto seht ihr rechts im Hintergrund ein großes Gebäude, das ich als Nächstes aufsuchen wollte.

Hierbei handelt es sich um das "Römermuseum", das man den ursprünglich dort stehenden Thermen nachempfunden hat, und zwar auf sehr raffinierte Weise, wie ich finde.

Wieder war der Weg verdammt weit, heiß und auch noch staubig, aber dann war es geschafft und ich ließ den Anblick erst mal auf mich wirken:


Nach der Einlasskontrolle wandte ich mich sofort in die große Halle rechts unter den beiden Spitzdächern, wo man das Untergeschoss, also den Arbeitsbereich unter den Badeeinrichtungen freigelegt und zu seinem Schutz überdacht hat:


Ich wanderte also auf Stegen auf Höhe des ursprünglichen Bodens im Erdgeschoss herum, konnte mir anschauen, wo einst heftig malocht wurde und wie jedes Mal ergriff mich dies hier zutiefst:



Und hier das Modell, wie diese Thermen, auf deren Boden ich nun herummarschierte, einst aussahen: 


Nicht wahr, da erkennt man es sehr gut, wie geschickt man das Gebäude tatsächlich dem anpasste, was einmal war?

Etwa anderthalb Stunden hatte ich noch Zeit, bis der Zug fahren würde, für den ich mich entschieden hatte, und so machte ich mich nun daran, den Rest des Museums zu erkunden, wo ich mich erneut über die irre hohe Halle wunderte, in die man die oberen Etagen einfach hineingehängt zu haben scheint.

Eigentlich sind es mehr Ebenen als Etagen und man kann sie alle über einen "Rundweg" abgehen, der sanft von ganz unten bis ganz oben führt.

Hier kann man es vielleicht ein wenig erahnen, wie seltsam das ist, und schwindelfrei zu sein, ist auf jeden Fall von Vorteil:


 Man verstand zu leben damals, denn wer möchte nicht von so einem "Stummen Diener" verwöhnt werden, der einst ein Tablett in Händen hielt?


Und diese drei Herrschaften brachten mich zum Lachen, weil etwas weiter rechts eine weitere Gestalt herumstand, deren Kleidung mir nicht zu der der anderen zu passen schien.

Bis ich merkte, dass der Vierte im Bunde sich auf einmal bewegte, und natürlich habe ich ihn dann beim Knipsen weggelassen, denn das mögen die Museumsordner nicht so gerne. 🤣

Dieses Foto musste ich unbedingt machen, weil ich zwischen meinen Bauernkeramikgefäßen aus vergleichsweise neuerer Zeit einen kleinen Teller herumstehen habe, der diesen hier zum Verwechseln gleicht, also wohl römisch sein dürfte. (Bei Gelegenheit zeige ich ihn euch zum Vergleich)


Als ich mich dann bis zum Untergeschoss buchstäblich hinuntergeschlängelt hatte über diese Rampen, stolperte ich fast über diesen Herrn hier und dachte, nanu, ist denn heute hier eine Veranstaltung, von der ich noch nichts mitgkriegte?


Von hinten bzw. der Seite hatte ich ihn tatsächlich für lebendig gehalten, merkte dann aber natürlich, dass er es gar nicht war, was seiner Lebendigkeit aber keinen Abbruch tat, ähm, irgendwie ... 😄

Und dann begeisterten mich noch diese Bilder von der einstigen Pracht:



Vor allem im Vergleich dazu, wie man zur gleichen Zeit auf der anderen Seite des Rheines, nämlich der germanischen, noch lebte:


Zum Schluss sprang noch er hier mich in seiner Lebensgröße förmlich an:


Und dann wurde es auch Zeit, mich auf den Weg zu dem Ausgang zu machen, der dem Bahnhof am nächsten lag, auch wenn es bis dort dann noch einmal ein ordentliches Stück zu laufen war, und leider wieder ganz ohne Schatten.

Nun sah ich das Gebäude also von hinten und war wieder sehr beeindruckt:


Zumal ich das mit der hohen Halle und den in ihr nur aufgehängten Ebenen jetzt auch verstand:


Einfach nur klasse gemacht!!! 

Grinsen musste ich über die Rudel-Latine bzw. deren Überreste, die man am nächsten Eck ausgräbt, vor allem das Schild riss mich schier von den müden Füßen:


 60 Leute, die friedlich beim Scheißen nebeneinandersitzen und plaudern, weil es ja keine Trennwände gibt, die sie davon abhalten. 

Das hat doch was, oder? 😂🤣😂

Um mich auch noch zu dieser Halle zu begeben, in der Schiffe in Originalgröße und andere Gegenstände aus Holz, wie z.B. Möbel, nachgebaut werden, fehlte mir leider die Zeit, aber beim nächsten Mal werde ich garantiert auch da noch hineinschauen, sofern dann nicht endlich mal wieder die "Römertage" stattfinden, denn dann ist soooo viel los im Park und man ist derart beschäftigt, dass auch dann an Zeit mangeln könnte. 

Aber irgendwann garantiert ...


Zumindest von Weitem hatte ich aber mindestens ein Schiff gesehen, das gerade in Arbeit ist, das musste reichen, denn inzwischen war ich stehend k.o., weil es einfach nur noch irrsinnig heiß war und ich ja wirklich reichlich Kilometer weggetippelt hatte, zumal ich zuvor ja auch noch in Xanten selbst war.

Das war er also, mein Jahresurlaub, und ich hoffe, der kleine Rundgang hat euch genauso gut gefallen wir mir selbst.

Morgen sehen wir uns dann wieder an vertrauter Stelle bei myblog.de und zum Schluss möchte ich mich noch herzlich bei der Leitung des APX bedanken, die mir freundlicherweise die Genehmigung gab, diese Bilder hier zu zeigen.

 














2 Kommentare:

  1. Vielen Dank für deine vielen Fotos und ich gestehe Xanten ist eine Reise wert. Das erinnert mich auch an eine Reise nach Trier. auch hier gibt es römisches zu bewundern. Vor einiger Zeit habe ich mir die dias von damals noch mal angeschaut. Immerhin sind seither 37 Jahre vergangen udn damals hatte ich noch keine weißen Haare, sondern braune. So viele Latrinen auf einmal....

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  2. Schön, dass du hergefunden hast, Helmut, und ja, Xanten ist absolut eine Reise wert.
    Bei mir ist Trier überigens noch viel länger her, schätze, es war 1976, dass wir mit der Schule dort waren.

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